„Digitalisierung im Metallbau“

Neue Weiterbildung für Metallbauer

Im Juli 2018 endete der dreimonatige Lehrgang „Digitalisierung im Metallbau“. Ziel der bundesweit ersten Fortbildung dieser Art war es, Metallbauer auf die Herausforderungen der Digitalisierung vorzubereiten. Initiiert wurde diese Weiterbildung von Schüco, der IHK-Akademie Ostwestfalen und dem Kompetenzzentrum „Digital in NRW“. Ein Resümee zum Pilotprojekt.

Um Metallbauer gut auf die Herausforderungen der Digitalisierung vorzubereiten, fand zwischen April und Juli 2018 der Lehrgang „Digitalisierung im Metallbau“ statt. Entwickelt haben ihn das Kompetenzzentrum „Digital in NRW“ sowie die IHK-Akademie Ostwestfalen. Schüco hat die Metallbau-Qualifizierung durch weitere Bausteine und die Ausrichtung der Projektarbeit auf den Metallbau ausgerichtet.

Das Lehrgangskonzept „Digitalisierung“ ist allgemein für alle produzierenden Unternehmen entwickelt worden. Durch die Aufnahme eines Zusatzmoduls wurde der Lehrgang spezifisch auf die Belange des Metallbaus ausgerichtet. Zielgruppe dieses Lehrgangs waren Betriebs- und Produktionsleiter, Angestellte mit Schnittstellenfunktion sowie Facharbeiter aus kleinen und mittleren Metallbauunternehmen, die sich für die Industrie 4.0 fit machen wollten.

Lehrgang mit sieben Modulen

Aufgebaut wurde der Lehrgang als sogenanntes „Blended-Learning-Modell“ mit sieben Modulen. Dabei wurde der klassische Unterricht mit Online-Lehrinhalten kombiniert. Innerhalb der drei Monate besuchten Facharbeiter aus kleinen und mittelgroßen Metallverarbeitungsunternehmen die Präsenzveranstaltungen, verfolgten die Online-Angebote und arbeiteten eine Projektarbeit aus, die sie am Ende ihren Kollegen präsentierten.

Zum erfolgreichen Abschluss des Lehrgangs erhielten die Teilnehmer das Zertifikat „Digitalisierung im Metallbau“. „Digital in NRW“ war für die Inhalte von fünf Modulen verantwortlich: Grundlagen, Prozesse, Daten, Vernetzung und Umsetzen. Das sechste Modul zu den Soft Skills wurde von der IHK-Akademie betreut, das siebte „Praxis“modul von Schüco. Zudem verfassten die Teilnehmer während der Schulung eine Projektarbeit. In den drei Monaten waren insgesamt 140 Stunden für den Lehrgang zu investieren, davon 84 Präsenzstunden, 32 E-Learning-Stunden und 24 Stunden für die Projektarbeit.

Unterrichtsinhalte für den Metallbau

Die besondere Herausforderung für die Metallbaubranche ist, dass viele verschiedene Gewerke zusammenarbeiten müssen. Im Fokus steht ein transparenter Austausch. Dem Unternehmen Schüco ist es wichtig, die Kunden dabei zu begleiten, die gesamte Wertschöpfungskette zu digitalisieren – von der Angebotsphase bis zur Montage auf der Baustelle. Dafür ist eine nahtlose Datenübergabe nötig.

Jörg Faulstich ist Head of Global Training bei Schüco. Als Kopf des unternehmensinternen Bildungsdienstleisters für alle produkt- und kundenbezogenen Bildungsinhalte war er maßgeblich bei der Entwicklung des Metaller-Moduls beteiligt: „Der Lehrgang vermittelte das grundlegende Verständnis über Daten, Prozesse und die Vernetzung, aber auch zu den Soft Skills. Abgerundet haben wir diese Inhalte mit einem Praxistag in unserem Hause.“ An diesem Tag haben die Teilnehmer Lösungen kennengelernt, mit denen sie diesen Prozess bewerkstelligen können wie zum Beispiel das BIM-Modell.

Weiter zeigten die Bielefelder den Teilnehmern einen Ausblick auf den Einsatz von digitalen Lösungen wie die AR-Anwendung für die Fertigung einer Brandschutztür. AR steht hier für die Begriffe „augmented reality“. Begleitend zum Lehrgang haben die Teilnehmer ein eigenes Projektthema in ihrem Betrieb umgesetzt. „Sie konnten die Inhalte so direkt in die Praxis übersetzen und den Digitalisierungsprozess im eigenen Betrieb umsetzen oder zumindest anstoßen“, sagt Faulstich. „Ein besonderes Erfolgserlebnis ist, dass sich die Teilnehmer über ihre Themen ausgetauscht haben und sich Synergien gezeigt haben.“

Digital in NRW

Ganz ähnlich zufrieden zeigte sich am Ende Nazanin Budeus vom Kompetenzzentrum „Digital in NRW“: „Es war uns eine Freude, am Abschlusstag bei der Präsentation der Projektarbeiten zu sehen, dass im Laufe des Lehrgangs die Teilnehmer bereits äußerst strukturiert kleine bis große Digitalisierungsprojekte innerhalb ihrer Unternehmen initiiert und zum Teil sogar umgesetzt haben. Genauso hatten wir uns das bei der Konzipierung des Lehrgangs vorgestellt!“

Jenseits der branchenspezifischen Inhalte vermittelten die drei Dozenten des Kompetenzzentrums „Digital in NRW“, unter anderem Nazanin Budeus, Rainer Pivit und Sait Baskaya, Methoden und Werkzeuge, um die digitale Transformation im eigenen Unternehmen anzustoßen und zu begleiten. Die Teilnehmer waren gefordert, die Inhalte des Unterrichts mithilfe von Fragen in die Praxis zu transferieren: Beispielsweise, wie kann ich unsere Unternehmensprozesse abbilden? Wie analysiere ich diese? Wie kann ich sie durch den Einsatz digitaler Lösungen verbessern?

Herausforderungen der Organisatoren

In der Tat waren die Herausforderungen für die Organisatoren groß: Nazanin Budeus, die der Lehrgangs-Initiatorin Maria Beck nachgefolgt ist, sah die größte im Abstimmungsaufwand der Koordinationspartner IHK, Schüco und Digital in NRW. „Durch die Kooperation war natürlich ein enormer Abstimmungsaufwand notwendig, zumal von unserer Seite aus bereits drei Partner verschiedener Einrichtungen in einem Zeitraum von 15 Monaten die Modulstruktur entwickelt haben. Darunter das WZL aus Aachen, das Fraunhofer IOSB-INA aus Lemgo und das Fraunhofer IML aus Dortmund, bei dem ich selbst seit 2008 als wissenschaftliche Angestellte in der Abteilung Supply Chain Development & Strategy tätig bin.“

Jörg Faulstichs größte Herausforderungen lagen vor allem darin, die Metallbauer – insbesondere die kleinen und mittelständischen Unternehmen – bei der Digitalisierung zu unterstützen: „Wir haben Kunden, die sich bereits sehr aktiv mit der Digitalisierung beschäftigen. Andere tasten sich langsam an die Thematik heran. Neben der Wissensvermittlung geht es uns auch darum, das Umdenken unserer Kunden zu begleiten.“

Nachfrage

Etwas enttäuscht zeigten sich die Organisatoren über die handverlesene Teilnehmerzahl, aber sie können dem auch viel Positives abgewinnen: „Da es sich um einen Pilotlehrgang handelte, wurde der Unterricht mit nur vier Teilnehmern und zwei hospitierenden Dozenten durchgeführt“, sagt Uwe Lammersmann, Teamleiter Technische Weiterbildung sowie IT-Weiterbildung bei der IHK-Akademie Ostwestfalen. Jörg Faulstich berichtet von zunächst großem Interesse im Schüco-Kundenkreis, nannte aber einen elementaren Grund, warum es dann doch weniger Anmeldungen geworden sind als erwartet: „Dem Schritt zur Anmeldung stand wohl die gute Auftragslage im Metallbau gegenüber. Wir freuen uns, wenn unsere Kunden gefragt und ausgelastet sind. Damit das so bleibt, wäre es klasse, wenn noch mehr Metallbauer den Lehrgang besuchen und sich damit gut für die Zukunft aufstellen.“

Kosten

An den Kosten kann es eher nicht gelegen haben, dass nicht mehr Anmeldungen eingegangen sind. Die Kosten für die fünf Module 1 und 3 bis 6 trug „Digital in NRW“ komplett. Das bestätigt Uwe Lammersmann und holt hierzu etwas mehr aus: „Die Kosten für den Lehrgang wurden im ersten Durchgang von ‚Digital in NRW‘ gefördert und betrugen daher lediglich 750 Euro.“ Das Teilnahmeentgelt in den nächsten Lehrgängen wird 2.250 Euro betragen. Darin enthalten sind Unterricht, Online-Inhalte, Tests und die Ausstellung des Zertifikats bei erfolgreicher Teilnahme.“ Damit lässt der Teamleiter der IHK-Akademie schon erahnen, dass die Ausbildung zum digitalen Metallbauer fortgeführt wird. „Die nächsten Lehrgänge sind in der Planung. Es ist beabsichtigt, drei Lehrgänge zum Ende dieses oder zu Beginn des nächsten Jahres durchzuführen. Dabei soll je ein Lehrgang im Norden, im Süden und in der Mitte Deutschlands angeboten werden.“ Jörg Faulstich unterstreicht nochmals die Bedeutung der Inhalte: „Die Digitalisierung ist ein fortschreitender Prozess. Ebenso wollen wir das Bildungsangebot weiterführen. Der zweite Durchlauf ist bereits in Planung und wir wollen das Angebot auf zusätzliche Schulungsstandorte ausweiten, um weitere Metallbauer zu erreichen.“

Zielgruppe

Geeignet ist der Lehrgang sowohl für Facharbeiter als auch für Meister und Betriebsleiter. Die Teilnehmer der ersten Runde kamen aus beiden Zielgruppen und alle verfügten über langjährige Berufserfahrung. Teilweise haben sie eine Ausbildung absolviert, teilweise auch studiert. Alle kamen aus unterschiedlichen Arbeitsbereichen, zum Beispiel aus dem operativen Geschäft. Entsprechend unterschiedlich sei auch die Vorbildung gewesen, erinnert sich Nazanin Budeus: „Diese war sehr unterschiedlich, insbesondere hinsichtlich dem Einsatz von Computer und Co.“

Resümee der Teilnehmer

Hans-Peter Smeets war einer der Lehrgangs-Teilnehmer. Er ist bei NR-Metallbau in Straelen in der Arbeitsvorbereitung BAZ tätig. Seine Aufgaben umreißen das Programmieren und Koordinieren der CNC-Maschinen HS100 und AF500 von Schüco. Der gelernte Betriebsschlosser und staatlich geprüfte Maschinenbau-Techniker resümiert: „Ganz erfüllt haben sich meine Erwartungen nicht. Aber gut war, sich mit den Arbeitsprozessen zu beschäftigen, denn nur so können Schwachstellen erkannt und beseitigt werden.“ Auch der Praxisbezug war ihm zu gering, er hält aber zugute, dass der Unterricht sehr locker gewesen sei. „Ich fand es sehr abwechslungsreich, dass wir neben dem Frontalunterricht auch spielerisch und in Gruppen gearbeitet haben“, sagt Smeets. Sein Fazit: „Um einen Einblick in den Prozessablauf einer Firma zu erhalten, ist der Lehrgang nicht schlecht. Es ist aber noch Luft nach oben: Zum Beispiel sollte der Metallbauteil größer sein, in jedem Fall mindestens zwei Tage in Anspruch nehmen.“

Metallbaumeister und Fertigungsleiter bei NR-Metallbau Franz-Josef Dufhaus nahm ebenfalls wie sein Kollege Smeets am Lehrgang teil. Auch er vermisste einen Großteil Praxisbezug zum Metallbau, er nannte allerdings auch zahlreiche positive Aspekte: „Interessant fand ich, Einblick in die BIM-Arbeitsweise zu erhalten, das Tool plan2fabricate für Projektmanagement kennenzulernen sowie die Funktionsweise von Produkt Configuratoren.“ Weiter kamen in seinem Urteil die Unterrichtsinhalte zu den Prozessen gut weg sowie die Soft-Skill-Tage und: „die lockere Atmosphäre unter uns Metallbauern“.

Info & Kontakte
Uwe Lammersmann
IHK-Akademie Ostwestfalen
Tel. 0521 554 139
Informationen und Anmeldung:
www.ihk-akademie.de

Zertifikatslehrgang „Digitalisierung im Metallbau“


Zielgruppe: Gelernte Metallbauer, Betriebs- und Produktionsleiter, Facharbeiter und Gesellen, Angestellte mit Schnittstellenfunktion im Metallbau.

Zeitpunkt und Dauer: 3 Monate: davon fünf Präsenzveranstaltungen mit je zwei Tagen:
84 Präsenz-Unterrichtsstunden, ca. 32 Stunden E-Learning, 24 Stunden Erarbeitung, Dokumentation und Präsentation einer Projektarbeit (als Hausarbeit).

Inhalte:
Modul 1: Einführung, Grundlagen
Modul 2: Soft skills
Modul 3: Prozessverständnis
Modul 4: Daten
Modul 5: Vernetzung
Modul 6: Umsetzen
Modul 7: Anwendungsbeispiele aus der Praxis

Teilnehmer: bis maximal 15 Personen

Kosten: bislang 750 Euro, ab sofort: 2.250 Euro

Veranstalter und Organisatoren: Veranstalter und Organisatoren sind die IHK-Akademie Ostwestfalen, das Kompetenzzentrum „Digital in NRW“ sowie die Schüco International KG.

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