Ein Fassadenpuzzle

Lochbleche am Parkhaus

Lochbleche sind funktional und sehen gut aus – von der einfachen Lösung bis zum gebäudehohen Gemälde ist alles möglich.

In direkter Nachbarschaft zum Frankfurter Flughafen ist die neue Firmenzentrale des Condor Flugdienstes Gateway Gardens entstanden. Südlich davon außerdem noch ein Parkhaus mit rund 700 Stellplätzen. Die Parkhausfassade ist ein besonderer Hingucker geworden. Denn sie wird von mehr als 2.500 Lochblechkassetten gebildet mit einer speziell hierfür entwickelten Rautenlochung aus dem Hause Moradelli in Kirchheim bei München. Die Lochbleche wurden pulverbeschichtet und einbaufertig, inklusive aller Kantungen und Befestigungsbohrungen, auf die Baustelle in Frankfurt geliefert.
„Lochbleche sind eine von vielen Gestaltungsmöglichkeiten an der Fassade“, sagt Sebastian Gast von der Baufirma Goldbeck. Das Unternehmen war für das Parkhaus des Condor Flugdienstes zuständig. „Eine Lochblechfassade ist wie ein riesengroßes Puzzle“, findet er. Dabei können es Tausende Teile sein, die klar nach Plan zusammengesetzt werden müssen. Eine optimale Abstimmung zwischen Hersteller und Monteur ist da ein absolutes Muss. „Es gibt viele Faktoren, die man dabei im Kopf haben muss.“
Für viele ist die Lochblechfassade längst Routine geworden. „Dennoch sollte man gedanklich immer dabei sein“, so Gast. So gelten im Stahlbau andere Toleranzen als im Umgang mit Feinblech. Überträgt man diese auf das Gebäude und die dort angehängte Fassade, können diese Unschärfen zum Problem werden. „Wir reden hier über Werte im Millimeterbereich, diese Toleranzen in den Griff zu bekommen, kann sich aufwändig gestalten.“
Die Nachfrage nach Lochblechen ist laut Gast weiter ungebrochen. „Es kommen immer mal wieder Projekte zustande. Letztendlich ist es ganz einfach eine Geschmacksfrage. Es geht darum, was der Architekt sich vorstellt und was der Bauherr bezahlen mag.“ Große Vor- oder Nachteile von Lochblechen gegenüber anderen Varianten sieht er nicht.

Park & Ride-Parkhaus in München
Das Park & Ride-Parkhaus in München zeigt eine optisch einheitliche Lochblechfassade. Auch für dieses Objekt hat Moradelli die drei Meter hohen und mehr als 1,20 Meter breiten Lochbleche hergestellt. Sie wurden seitlich abgekantet und sind zwei Millimeter stark aus Stahl verzinkt. Die Lochweite beträgt 12 mm und die Lochlänge 50 mm. Die Ein- und Ausstanzflächen wurden verzinkt. Die Oberfläche ist pulverbeschichtet in RAL 9007 grau.
Die Bleche wurden von Schneider Stahl- und Metallbau aus Treuen in Sachsen geliefert und montiert. „Es gibt immer wieder neue Einflüsse und Trends in der Architektur“, sagt Inhaber Henry Schneider. „Vor ein paar Jahren kamen Lochbleche sehr in Mode. Heute hat sich das ein wenig weiterentwickelt, etwa in Richtung Streckmetall.“ Dabei wird kein Lochmuster geformt, sondern eines aus Rauten, das optisch ein wenig an Bienenwaben erinnert.

Quartiersgarage Landau
Im Herzen von Landau ist eine Quartiersgarage mit 92 Stellplätzen entstanden. Die Parkgarage dient der verbesserten Erschließung und Versorgung des Altstadtviertels, das von der bogenförmig ansteigenden Hauptstraße und der besonders steilen Ludwigstraße begrenzt wird. Es handelt sich um ein Parkhaus, das mit senkrechtstehenden gekanteten Lochblechlamellen verkleidet ist. Die Lamellen sind mit jeweils gegenläufigen C-Kantungen versehen und passen sich in ihrer Länge den Geländegegebenheiten an. Moradelli fertigte 46 verschiedene Längen (beginnend von 2.227 mm bis 5.427 mm) aus drei Millimeter starken Alublechen. Gerade der farbliche Kontrast der Pulverbeschichtung im RAL-Farbton Perlmausgrau mit den farblich stark hervorgehobenen Funktionsbauteilen, etwa den roten Treppenhäusern, bereichert diesen Straßenzug.
Die Lamellen schützen und verbergen gleichzeitig die 92 Stellplätze in zwei hellen, stützenfreien Parkdecks, die jeweils höhengleich von der Hauptstraße angefahren werden können. Die skulptural ausgebildete metallene Lamellenfassade und ein markanter Aufzugsturm mit Skywalk lassen die Stadtauffahrt  so zum Erlebnis werden. Auf zwei Ebenen können die Fahrer mit ihren Autos in die Quartiersgarage ein- und ausfahren. Einfach: Dort wo es reingeht, geht es auch wieder hinaus. Die Stellflächen selbst sind hell und freundlich gestaltet. Säulen, die die Sicht beim Ein- und Ausparken behindern, gibt es nicht. Auf dem Dach des Parkhauses ist eine Grünanlage mit Kinderspielplätzen verwirklicht.
Eine interessante neue Perspektive auf die Hauptstraße bietet sich durch den Aufzugsturm, der auf vier Ebenen Halt macht. Gefördert wurde das Bauvorhaben aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE). Die Planung erfolgte durch die AGS-Architekten in München. Die Montage der Lochbleche wurde von der Firma Will Stahlbau ausgeführt. Deren Projektleiter Josef Pirkl sieht die Nachfrage nach Lochblechen schon wieder deutlich abgeschwächt. „Es gibt immer noch Projekte, aber sie sind deutlich weniger geworden“, sagt er. Pirkl hat in Landau den Bauplan für die Lochblechfassade am Parkhaus erstellt und diese dann beim Hersteller eingekauft. „Es waren etwa 150 Bleche in fast 50 verschiedenen Abmessungen“, sagt er. Also wahrlich ein Puzzle, bei dem immer nur zwei Teile richtig zueinander passten. „Mit der Zeit ist die Abwicklung mit dem Hersteller aber Routine geworden“, sagt Pirkl. Die Fassade in Landau hat etwa 150.000 Euro gekostet. „Optisch macht das einiges her, aber der Bauherr muss natürlich bereit sein, es zu bezahlen.“

Parkhaus Atollen in Jönköping
Moradelli kann mit Lochblechen auch Gemälde an Häuserfassaden projektieren. In der südschwedischen Universitätsstadt Jönköping wurde ein Bildwerk gebaut, das die Historie der Stadt reflektiert. Das Werk beinhaltet 353 Darstellungen und zeigt unter anderem Jönköping im 17. Jahrhundert. Insgesamt wurden für das Werk 255 Lochblechkassetten aus Aluminium benötigt, die in Bayern gefertigt und dann in Schweden von einem lokalen Handwerker montiert wurden. Eine genaue Dokumentation, in welcher Anordnung die Montage erfolgt, war da unerlässlich. Jede Kassette hat ein individuelles Muster mit unterschiedlich großen Löchern, die im Gesamteindruck das Bild ergeben. Aus nächster Nähe kann man noch die Löcher in einer Größe von 6 bis 30 mm erkennen. Doch schon aus ein paar Metern Entfernung werden aus den Löchern Pixel oder Pinseltupfer in einem Gesamtkunstwerk. Das mit gelochten Blechen Bilder gemalt werden, ist kein Einzelfall. Für die Winzergenossenschaft Sasbach aus der Nähe von Freiburg hat Moradelli etwa eine Lochblechfassade realisiert, die an eine Rebenlandschaft erinnert.

Fazit
Heute werden Parkhäuser vielfach als Aushängeschild angesehen — beispielsweise öffnen sie den Weg in die Stadt. Ein einladender Empfang wird gefordert, die Optik im Allgemeinen spielt eine größere Rolle. Lochblechfassaden erzeugen ein homogenes Bild von einem Gebäude, da die Wandflächen und Fenstergrößen von außen nur schemenhaft erkennbar sind. Je nach Wahl von Lochabstand und Lochgröße lassen sich eine dauerhafte Lichttransmission und die Wirksamkeit des Sichtschutzes verringern oder vergrößern.
Bei dem Projekt in Frankfurt wurde mit Einsatz eines gelochten Blechs im Zusammenspiel mit einem Gewebe der Charakter eines Verwaltungsgebäudes erzielt, obwohl sich dahinter ein funktionales Parkhaus verbirgt. Lochbleche lassen sich ideal als leicht wirkende Außenhülle verwenden, praktisch sind sie als Absturzsicherung und hilfreich zugleich für die Ableitung der Autoabgase und der Feuchtigkeit. Meist kann sich der Bauherr bei einer Lochblechfassade eine aufwändige zusätzliche technische Be- und Entlüftung sparen. ⇥red ◊

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