Experten sprechen mit Schülern
Verriegelungs- und SchließtechnikSicherheitstechnik rund um das Haus sowie Einbruchschutz sind Standardthemen der Metallbaubranche. Im Objektbereich geht es bei der Türtechnik zudem um Brand- und Rauchschutz. Ein Segment also mit hohem Beratungs- und Umsatzpotenzial. Für dieses Fachgespräch mit den Berufsschülern an der David-Roentgen-Schule-Neuwied standen Experten von Abus und dormakaba zur Verfügung.
Zum Thema Verriegelungstechnik referierte Markus Bonsels von der Firma Abus. Der Fokus lag auf Profilzylindern als sicherheitsrelevante Bauteile, die sich je nach Kundenwunsch oder einsatzbedingt unter anderem im Aufbau, in der Funktion und in der Widerstandsklasse (RC) unterscheiden. Die Klasse der Metallbauer und Produktdesigner erhielt wie bei jedem Expertengespräch eine Lernaufgabe zu einer praxisorientierten Lernsituation, die vor allem im Dialog mit dem Praxisvertreter bearbeitet werden sollte. Im Fachunterricht sollten die Schüler u.a. folgende Kompetenzen erwerben:
Ich kann …:
den wesentlichen Aufbau eines Profilzylinders benennen.
den technischen Aufbau von Profilzylindern mit unterschiedlichen Widerstandsklassen (RC) wiedergeben.
die Funktion eines Elekronikzylinders erläutern.
die grundlegende Funktion einer Hauptschlüsselanlage und Zentralschlossanlage erläutern.
Bonsels skizzierte zunächst die historische Entwicklung vom mechanischen bis zum elektromechanischen Profilzylinder (PZ). Die Fachsprache des Experten machte den Schülern schnell klar, dass ohne hinreichende Vorkenntnisse der Vortrag kaum zu verstehen gewesen wäre.
So nahmen sie erstaunt zur Kenntnis, dass bei einem mechanischen PZ „die Not- und Gefahrenfunktion nur für den tatsächlichen Notfall und nicht, wie so häufig, aus Bequemlichkeit eingesetzt werden sollte“. Grund dafür ist, dass die Feder im PZ durch den Gebrauch stetig verschleißt. So besteht nach einer gewissen Zeit die Gefahr, dass diese bricht und die Türe (von außen) im tatsächlichen Notfall nicht geöffnet werden kann, wie Bonsels erklärte. Für die Beratung von Kunden ist dies eine sehr wichtige Information.
Ein Schlüssel für mehrere Zylinder?
Die DIN EN 1627 fordert 30.000 bis 100.000 wiederkehrende Schließungen bzw. verschiedene Schlüssel (siehe auch DIN EN 1303 Klassen 4-6). Nach einer Beispielrechnung könnten bei einem PZ mit 13 Stiftpaaren theoretisch 4.826.809 Schlüssel funktionieren. Bedingt durch Einschränkungen nach DIN EN 1303 lassen sich praktisch eine Anzahl von 225.424 möglichen Schlüsseln ermitteln, mit denen der PZ bedienbar wäre. Weiter gedacht stellte Schüler Heiko Hansen die Frage, ob „es sein kann, dass mein Schlüssel auf einen anderen Zylinder passt“. Bonsels bestätigte, was dann doch zu Staunen in der Lerngruppe führte. In der Realität ist die Trefferqoute allerdings extrem gering und nahezu ausgeschlossen, dass Straftaten auf diesem Wege verübt werden.
Mit Blick auf eine Aufgabenstellung des Lernjobs wurden unterschiedliche Türzylinder (Stiftzylinder) mit besonderen Kennzeichen, Einsätze und deren RC-Klassen für verschiedene Anforderungen vorgestellt. Für die Lerner aus dem Bereich der Tür- und Fenstertechnik durchaus bekannte Inhalte. Diese Schüler hatten so die Möglichkeit, ihren Kenntnisstand aus dem betrieblichen Kontext mit dem Expertenwissen abzugleichen. Im Sinne der Ermöglichungsdidaktik wurde die Bildung und Weiterentwicklung von Wissensnetzwerken für die Kompetenzförderung angeregt.
Die anderen Nachwuchskräfte konnten aufgrund der vorbereitenden Unterrichtseinheit an die Inhalte des Expertengesprächs anschließen und ihr Wissen durch die praxisorientierten Aussagen des Fachmanns erweitern. Schüler Andre Konradi stellte in der Nachbesprechung zum Expertengespräch fest: „Die Modelle waren für das Verständnis gut.“ Bezugnehmend zur Sicherheit bei PZ stellte Bonsels unterschiedliche Schutzmaßnahmen als Angriffswiderstand gegen mechanische Gewalteinwirkungen für das Zerstören eines PZ vor. Zu nennen sind beispielsweise die Widerstandsfähigkeit gegen Aufbohren, Abdrehen, Herausziehen des Zylinderkerns/Schließzylinders und die Torsionsfestigkeit des Zylinderkerns. „Die Schlüsselhersteller“, so der Mitarbeiter von Abus, „versuchten viele Merkmale zu schaffen, um Sicherheiten zu erlangen“. Bei dieser Gelegenheit kam er auf Öffnungsversuche mit Pittingpistolen im Fernsehen zu sprechen. Diese sind seiner Einschätzung nach „gestellt und geben nicht die Realität wieder“.
Schließanlagen einrichten
Zum Thema „Schließanlagen“ hatten die Schüler vorab Fragen erarbeitet, die für alle lesbar an eine Pinwand geheftet wurden. Diese konnten sowohl durch die Präsentation als auch im Dialog mit dem Fachmann beantwortet werden. Darüber hinaus gab er den praktischen Hinweis, dass nicht persönliche Wünsche die Planungsgrundlage für eine Schließanlage sein dürfen. Personen sind zeitlich begrenzt für Unternehmen tätig. Es ist sinnvoller, wenn die zuständige Abteilung objektiv und sachlich über den Schließplan und über die Vergabe von Schließrechten entscheidet.
Handlungsorientierte Türschließtechnik
Beim Bericht über die Firmenhistorie von dormakaba wies Michael Klasen auf die erweiterten Anforderungen hin, die an die Mitarbeiter eines international agierenden Unternehmens gestellt werden. Er betonte aus eigener Erfahrung ausdrücklich, „dass man sich ständig weiterbilden muss. Bleibt am Ball und entwickelt euch weiter. Dann habt ihr auch Spaß an der Arbeit“. Die Notwendigkeit des „lebenslangen Lernens“ ist inzwischen Voraussetzung für den beruflichen Erfolg in einer sich rasch wandelnden Arbeitswelt. Im Feedbackgespräch äußerte Schüler Mark Neumann: „Der Hinweis auf das lebenslange Lernen war gut, wir müssen uns mit Neuerungen auseinandersetzen. Das sehe ich genauso und werde das auch tun.“ Der den Schülern ausgehändigte Lernjob intendierte die Förderung u.a. folgender Fachkompetenzen:
Ich kann …
unterschiedliche Türschließerbauarten und deren Bewegungsmechanik unterscheiden.
das Prinzip der hydraulischen Dämpfung erklären.
den Verlauf des Öffnungs- und Schließmoments eines Zahntriebtürschließers beschreiben.
Einstellungen diverser Features an einem Gleitschienentürschließer vornehmen.
Klasen erläuterte zunächst den Aufbau und die Funktion eines Türschließers mit Zahntrieb und anschließend eines Schließers mit herzförmiger Nockenscheibe. Unterstützt wurde der Lernprozess durch die Darbietung vieler Türschließerbauteile, die die Schüler in die Hand nehmen und untersuchen konnten. An einem Modell führte der Experte unter der Mitwirkung von Schülerin Jasmin Jakobs vor, wie sich die Schließkraft durch Vorspannen der Feder verändert.
In diesem Zusammenhang kritisierte Klasen: „Viele Monteure machen das nicht und verstellen nur die Schließgeschwindigkeit und den Endschlag.“ Mangelnde Fachkompetenz trete weiterhin zutage, so der Fachmann weiter, wenn der Servicemitarbeiter während der Arbeit erkläre, dass „… schon mal überall dran gedreht wurde“. Dazu ergänzte dieser, dass „mittlerweile für Personal Schulungen gefordert werden. Mir ist es am liebsten, wenn dies Fachbetriebe übernehmen. … Aber es gibt auch Betriebe, die nicht ordentlich arbeiten und auf fehlerhafte Schließer ihre Prüfplakette kleben“. Dies kommt bei Feuer- und Rauschschutztüren einer Sicherheitslücke gleich und birgt die Gefahr, dass durch eine Fehlfunktion des Schließers die Türanlage im Brandfall lebensgefährlich versagt.
Im Anschluss benannte Klasen die unterschiedlichen Bauarten an Türschließern und lenkte den Fokus auf die am häufigsten eingesetzten Obentürschließer, die er unter anderem in den bereits besprochenen Ausführungen als Modelle dabei hatte. Durch entsprechende Einstellungen und Aktionen an den Schließermodellen thematisierte der Experte auszugsweise folgende Inhalte:
Weitere hydraulische Steuerungsmöglichkeiten des Türschließers
Schließerverhalten „Öffnungsdämpfung“ und „Schließverzögerung“
Elektromechanische Feststellung
Freilauftürschließer
Hands on
Nach einer kurzen Hinführung startete der workshop. Die Schüler hatten mit ihrem Lehrer die Möglichkeit, selbstgesteuert und eigenverantwortlich die zuvor thematisierten Steuerungsmöglichkeiten an den Gleitschienen-Türschließermodellen konstruktiv zu erproben. Dabei stand der Experte mit Rat und Tat den Lerngruppen zur Seite, sodass viele Fachdialoge initiiert werden konnten. Die Schüler mit betrieblichen Erfahrungen sicherten ihr Wissen ab und unterstützten ihre Mitschüler für ein besseres fachliches Verständnis. Zu beobachten waren Selbstlernprozesse, die zur Kompetenzentwicklung bei den Nachwuchskräften beitrugen. Schüler Christoph Becker resümierte: „Der praktische Teil des Expertengesprächs war sehr lehrreich. Die Arbeit an den Modellen hat Spaß gemacht und war einprägsam, weil sie gut begleitet wurde.“