Experten sprechen mit Schülern
Würth-Mitarbeiter zur DübelmontageWenngleich die Dübelmontage zum Standardrepertoire des Metallbauers gehört, haben die Azubis der David-Roentgen-Schule in Neuwied in der Vorbereitung auf das Expertengespräch von vielerlei Praktiken berichtet, die fachlich nicht immer den bekannten Verarbeitungshinweisen für Dübel entsprachen.
Im Hinblick auf den Lernbedarf der Auszubildenden war es also eine gute Entscheidung, einen Experten für die praxis-orientierte Aufarbeitung der Montagetechnik zu engagieren. Trainer Benjamin Maus vom Globalplayer Würth sagte zu. Ein Unternehmen, das den technischen Unterricht an der David-Roentgen-Schule in Neuwied schon viele Jahre mit seiner Fachkompetenz unterstützt.
Gravierende Fehler in der Praxis!
Maus begann seinen Vortrag mit der Frage: „Wie lange gibt es schon Bauordnungen?“ Mit der Information darüber, dass erste Nachweise für Regelungen zur Erstellung von Bauwerken bereits vor unserer Zeitrechnung datiert wurden, überraschte der Befestigungsexperte die Schüler.
Höchste Aufmerksamkeit schenkten ihm seine Zuhörer, als er darüber berichtete, dass ein Errichter seine Inkompetenz in Sachen Befestigungstechnik mit dem Leben bezahlen musste. In der Rückschau auf eigene Montagearbeiten eine durchaus ernüchternde Aussicht nach einem Schadensfall. Weitere Berichte über mangelhafte Dübelmontagen, die zum Absturz von tragenden Metallbaukonstruktionen führten – teils mit Todesfolge – sollten die Schüler für die Brisanz des Themas sensibilisieren. Maus betonte: „Murks verjährt nie.“
Zulassungen & Bauordnungen
Auf die Frage von Maus, wie sich der fachgerechte Dübel findet, wusste Schüler Arvid Link: „Es steht in der Zulassung des Dübels, welche Last aufgenommen werden kann, und auch die Montagebedingungen sind dort zu finden.“ Maus unterstrich, dass es keine Norm, sondern Zulassungen für Dübel gebe. „Man findet immer unterschiedliche Untergründe vor, sodass eine allgemeingültige Norm für Dübel nicht sinnvoll ist. Diese müssen einen Nachweis (Zulassung) erbringen, durch den die Eignung des Dübels für den Einsatz im jeweiligen Baustoff nachgewiesen wird. Die Leistungserklärungen zu den unterschiedlichen Dübeln müssen die Hersteller bereitstellen, die die Dübel in Verkehr bringen.
Aus seiner praktischen Erfahrung und basierend auf einem vor-angegangenen Unterrichtsgespräch gab Schüler Murat Akkoyun an, dass „… Montagemittel ohne Zulassung nicht verwendet werden (dürfen). Dabei muss man besonders konzentriert arbeiten.“ Fachmann Maus ergänzte, dass „die Prüfpflicht dem Eigentümer des Bauwerks (obliegt)“.
Zulassung für Monteure
Genauso wie Dübel mit einer Leistungserklärung ausgestattet sein müssen, benötigen die Monteure eine Zulassung, um qualifiziert Montagearbeiten mit Dübel ausführen zu können. Maus berichtete von einer Baustelle, die geschlossen wurde, weil die Metallbauer nicht den vom DIBt anerkannten Nachweis über die Verarbeitung des betreffenden zugelassenen Dübels der Bauaufsicht vorlegen konnten. Wie so oft ging es in diesem Fall um die sichere Fixierung von tragenden Bauteilen.
Die Anforderungen für die zu thematisierenden Inhalte einer Dübelschulung legt das DIBt fest. Über die Qualifikation einer grundlegenden Schulung hinaus bieten Dübelhersteller Qualifizierungsmaßnahmen an, die mit einer Prüfung abschließen. Mit dem erfolgreichen Abschluss dürfen die nach DIBt-Vorgaben ausgebildeten Fachkräfte als zertifizierte Befestigungstechniker auf Baustellen auch das Verarbeiten bestimmter Dübel beaufsichtigen.
Was das Errichten von Bauwerken inklusive der erforderlichen Berechnungen sowie die Verwendung von Bauprodukten anbelangt, sind in Deutschland die technischen Baubestimmungen der jeweiligen Landesbauordnung zu erfüllen. Diese haben somit für Dübel als Montagemittel Gültigkeit und informieren den Metallbauer, worauf er zu achten hat.
Der Blick auf die Baustelle
Maus prüfte die praktische Erfahrung der angehenden Fachkräfte und wollte wissen, wer der Bauleiter auf einer Baustelle sei? Die Schüler benannten verschiedene „Bauleute“ wie zum Beispiel den Ausbilder als Unternehmer, den Vorarbeiter oder auch den Architekten. Experte Maus stellte klar, dass einem Mitarbeiter des Betriebs im Einvernehmen mit diesem vom Metallbauunternehmer die Bauleitung stellvertretend übertragen werden kann.
Im weiteren Unterricht ging es um konkrete Baustellensituationen mit Blick auf die Auswahl und Zulassung des Dübels im Kontext unterschiedlicher Untergründe. Wenn auf der Baustelle beispielsweise Deckensteine verarbeitet werden, müssen exakt mit dem vorgesehenen Anker dessen Eigenschaften unter Belastung in dem Stein mittels Auszugsversuch im Untergrund geprüft werden. Maus erläutert: Gerechnet wird mit dem schlechtesten Zugergebnis. Der Stein muss als Referenzstein in der Zulassung aufgeführt sein. Wenn sich anderes als das dem zugelassenen Stein entsprechende Bohrmehl zeigt, muss über die Wahl des Dübels neu beraten werden. Im Falle von Stahlbeton kann mittels Bewehrungssuchgeräten auf der Baustelle die Position der Bewehrung im Beton geprüft werden, „da so gut wie nie ein Lieferschein zu finden ist“, so der Experte. Dank Auszugsversuch lassen sich Fehlbohrungen vermeiden, die mit hochfestem, schwindarmen Mörtel zu verschließen sind.
Der Untergrund als Parameter
Eine immer wiederkehrende und unbedingt zu berücksichtigende Frage für den Montage-Newcomer ist bei der Analyse des Untergrundes, ob es sich um ungerissenen oder gerissenen Beton handelt, dessen jeweilige Eigenarten bei der Entscheidung über das zu verwendende Ankersystem gravierend sind. Dazu berichtete der Referent von einem Unglück aus dem Jahr 1985, als eine Schwimmbaddecke unvermittelt einbrach. Schüler Arvid Link äußerte die Vermutung, dass das in Schwimmbädern vorherrschende Chlorklima mit zur Ursache beigetragen haben könnte. Experte Maus bestätigte die Einschätzung und ergänzte mit der Erläuterung zur Spannungsrisskorrosion, die aufgrund einer Chlorversprödung die verzinkten Anker versagen ließen. Menschleben sei zum Glück allerdings nicht zu beklagen gewesen.
Bei diesem Beispiel lag für die Schüler die wesentliche Erkenntnis darin, dass immer auch die Umgebungseinflüsse bei der Entscheidung zur Wahl des Dübelsystems mitberücksichtigt werden müssen. Maus lenkte im Austausch mit den Schülern den Fokus auf den Zustand des Betons und fragte: „Wie könnt ihr feststellen, ob gerissener oder ungerissener Beton vorliegt?“ Schüler Link schlug bei unsicherer Sachlage vor, immer Anker für einen gerissenen Beton zu verwenden. Dem stimmte Experte Maus zu und ergänzte, dass deshalb im Handel vermehrt Anker für gerissenen Beton angeboten werden.
Ein weiterer schwieriger Untergrund für Dübel sind Hohlkammerdecken. Nach Aussage des Experten kann bereits eine Fehlbohrung in den Stahl zum unmittelbaren Versagen der Decke führen. Für die Bearbeitung von Porenbeton gab Maus den Tipp, dass mit vergleichsweise wenig Aufwand durch Einschlagen mit einem Dorn die Bohrung in den Untergrund eingebracht wird. Dabei wird der Randbereich des Loches verdichtet, was die Kraftübertragung zwischen Dübel und Werkstoff begünstigt.
Putz auf Untergrund
„Was ist zu tun, wenn der Untergrund mit Putz überdeckt ist?“, fragte Maus die Nachwuchskräfte. Schüler Nils Bauer schlug pragmatisch vor, den Putz an eher verdeckter Stelle wegzuschlagen. Maus unterstützte diese Vorgehensweise, wobei ratsam ist, sich beim Gebäudeeigentümer, Verwalter oder Bauleiter Informationen zu beschaffen, bevor das Mauerwerk freigelegt wird. Ist der Mauerziegel festgestellt, muss geprüft werden, so der Experte, ob dieser als Beleg für die zugelassene Verwendbarkeit im vorliegenden Untergrund in der Referenztabelle des Dübelherstellers aufgeführt ist. Zu beachten wäre auch, so Maus weiter, dass die Putzdicke mit zur Länge des Anbauteils gezählt werde. „Putz kann wichtige Millimeter für die Montage/Dübelauswahl kosten“, so der Referent.
Fachgespräch mit Schülern
Maus bezog immer wieder die engagierten Schüler in die Überlegungen mit ein, beispielsweise indem er sie nach der Berechnung der Schraubenlänge fragte. Zu diesem Thema konnte Arvid Link seine Fachkenntnisse einbringen: Der Schüler gab die relevanten Bauteilgrößen für die Berechnung der Schraubenlänge an. Provozierend schlug Maus vor, statt der zum Schwerlastanker dazugehörigen Sechskantmutter eine ansehnliche Hutmutter als Alternative für die Montage des Anbauteils zu verwenden, und bat um Stellungnahme. Schüler Murat Akkoyun konnte klarstellen, dass „das nicht zulässig (ist). Man muss immer die dazugehörige Mutter verwenden, weil ansonsten die Zulassung ihre Gültigkeit verliert“. Maus bestätigte dies lobend und warnte die Azubis mit Hinweis auf die benannte Leistungserklärung des Befestigungssystems, von unsachgemäßen Kundenwünschen Abstand zu nehmen.
Handwerkliches Können
Im Sinne berufspädagogischer Befunde wurde ein zweiter Teil des Expertengesprächs als Workshop gestaltet. Teile der erarbeiteten Theorie konnten im Baulabor praktisch erprobt werden. Intention dieser Unterrichtsmethode ist, durch auf die Theorie bezogenes praktisches Tun nachhaltiges Lernen zu begünstigen.
Werkzeuge und eine Auswahl an Bauwerkstoffen, wie ein Hochlochziegel aus Ton, ein Porenbetonstein sowie ein Betonblock aus C 20 wurden von der Firma Würth bereitgestellt. Die Schüler erhielten die Möglichkeit, ihr Erfahrungswissen im Sinne des handlungsorientierten Konzepts handwerklich umzusetzen. Folgende Dübel und Anker wurden gemäß der Verarbeitungshinweise für Montagearbeiten eingesetzt:
FAZ- Anker in Beton
Schraubanker in Beton
Rahmendübel in Porenbeton
Beim Workshop fanden sich Experten, Schüler und Lehrer an der Akkubohrmaschine zum Fertigen der Bohrungen, beim vorschriftsmäßigen Reinigen der Bohrungen und anschließend am Drehmomentschlüssel wieder, um Anbauteile zu montieren. Experte Maus kommentierte fachlich die richtige Auswahl des Dübels. Wichtig sei, betonte Maus, dass die Verarbeitungshinweise der Montagemittel beachtet würden.
Sehr eindrücklich konnte die Wirkung von Schmiermittel am Ankergewinde beim Anzug der Mutter des FAZ-Ankers im Beton gezeigt werden. Diese unzulässige Vorgehensweise führte dazu, dass das vorgeschriebene Drehmoment bedingt durch die deutlich verringerte Gewindereibung zwischen Mutter und Gewindebolzen des Ankers bei Weitem nicht erreicht wurde. Indes brach durch die erzeugte, immense Spreizkraft der Beton und der Anker war haltlos. Auszugskraftmessungen zeigten im weiteren Verlauf deutlich die Wirkung gereinigter Bohrungswandungen durch höhere Zahlenwerte.
Fazit
Unter den Eindrücken eines handlungsstarken, lebendigen und eindrucksvollen Unterrichts bilanzierte Schüler Lorenz Riedel das Expertengespräch: „Der Fachmann von Würth hat gut erklärt, aber der Unterricht vorab war dafür wichtig. Ich wusste zwar schon viel, aber werde doch künftig auf eine bessere Bohrlochreinigung achten und die Vorgaben zur Verarbeitung unserer Dübel und Anker im Betrieb bewusster lesen.“