Fichter Verwaltungsgebäude

Profilglas strukturiert Fassade

Auf dem lang gestreckten Grundstück an einer Allee entstanden ein viergeschossiges Verwaltungsgebäude, ein Magazin, eine Werkstatt sowie der Betriebshof für die Baufahrzeuge. Im dritten OG befindet sich der Garten- und Landschaftsbau, im zweiten OG der Tief- und Straßenbau und im ersten OG die Holding der Fichter Gruppe. Der Eingangsbereich erstreckt sich über einen bis ins erste Obergeschoss reichenden Luftraum. Das Architekturbüro Pauly + Fichter in Neu-Isenburg ordnete die drei Gebäudevolumen in U-Form mit dem Rücken zur Allee an, sodass von dort aus keine Einsicht auf den Betriebshof möglich ist. Die Geschosse des Verwaltungsgebäudes werden über das Treppenhaus, das sich an der Süd-West-Fassade zum Hof befindet, und über einen Aufzug verbunden.

Die Fassadenkonstruktion
Die Schmalseiten des als Stahlbetonkonstruktion errichteten Verwaltungsgebäudes sind nach Süd-Osten und nach Nord-Westen ausgerichtet. Die Fassadenseiten sind mit einem vorgehängten und hinterlüfteten Blech-Fassadensystem versehen. Die beiden Längsfassaden des viergeschossigen Gebäudes sind von einem auskragenden Rahmen aus Betonfertigteilen eingefasst, der auch das sich über zwei Geschosse erstreckende Foyer umfasst. Anthrazitfarbene Riemen umsäumen die einzelnen Geschosse. Die Längsfassade im Norden ist die Hauptfassade des Gebäudes und besteht aus verglasten Fensterflächen und Profilglas.
Das Profilglas wechselt sich mit den Fenstern ab und soll auf den Betrachter wie ein Barcode wirken. Die Überlagerung des Gebäuderasters mit dem Profilglasraster sowie das Versetzen der Bürotrennwände in den einzelnen Geschossen ermöglicht das schachbrettartige Fensterspiel in der Fassade. Damit die Stützen nicht sichtbar sind, integrierten die Architekten diese in die in allen Räumen geplanten Einbauschränke.
Die Nordfassade wurde detailliert geplant. Schneidet im Normalfall das Glasbauunternehmen das Glas auf die passende Breite zu, um zum Beispiel die letzte Lücke zum Rahmen zu verschließen, so war bei der Fassade des Verwaltungsgebäudes die Vorgabe, kein Glas zu schneiden und überall den gleichen Fugenabstand von vier Millimetern zu haben. Pauly + Fichter plante Lamberts Profilgläser unterschiedlicher Breiten ein und stellte dem Glas- und Metallbauunternehmen Metz, Wilnsdorf, detaillierte Zeichnungen zur Verfügung. Aus diesen ging hervor, welches Glas wo einzusetzen war. Metz wurden alle Materialien auf die Baustelle geliefert. Dort wurden auch die dünn gesponnenen Glasfasern in die Profilgläser eingebracht. „Entscheidend ist, dass das Glasgespinst von den Metallbauern in sauberem Zustand eingebracht wird“, erklärt Dipl.-Ing. Achim Kehl, Erfinder der transparenten Wärmedämmung. Je nachdem, welcher U-Wert und welche Lichtdurchlässigkeit erreicht werden soll, wird das Glasgespinst ein- oder mehrlagig verbaut. Anders als bei Glasfassaden in Pfosten-Riegel-Konstruktion können mit dem doppelschaligen U-Profilglas Fensterräume ohne Rastermaß in beliebigen Längen endlos und in einer Höhe bis ca. 6 m ausgefüllt werden.
Pauly + Fichter hätte gerne die Südfassade analog zur Nordfassade geplant, was jedoch im frühen Planungsstadium aufgrund des Energieträgers Gas ausgeschlossen wurde. Um die EnEV zu erfüllen, planen die Architekten auf der Südseite eine traditionelle Lochfassade mit einer vorgehängten Glasschale, die sich optisch an die Nordfassade anpasst. TIMax Decor von Wacotech ermöglicht in Kombination mit TIMax GL ein einheitliches Erscheinungsbild. Hier sind 245 Quadratmeter der Sonnenschutzeinlage TIMax LT auf der Innenseite der Glasschale aufgetragen, um vor sommerlicher Überhitzung zu schützen.
Während des Bauprozesses wurde dann allerdings der Energieträger von Gas auf Fernwärme geändert. Wäre das zu Beginn bekannt gewesen, hätten die Planer auch die Südfassade durch eine Profilglasfassade mit der transluzenten Wärmedämmung von Wacotech realisieren und damit die EnEV erfüllen können.

Transluzente Wärmedämmung
Die Fassade besteht aus zweischaligem Profilglas mit einer transluzenten Wärmedämmung. Die U-förmigen Glasbahnen des Profilglases sind in ein Rahmenprofilsystem eingesetzt und seitlich mit Silikon abgedichtet. Insgesamt sind ca. 516 Quadratmeter der transluzenten Wärmedämmung TIMax GL in zwei Lagen in der Nordfassade eingebaut. Der überwiegende Teil des Profilglases – ca. 255 Quadratmeter Fassadenfläche – ist mit dem schmalsten Profil des Glasherstellers Lamberts aus Burgdorf, dem LINIT P23/60/7, ausgeführt. Dieses hat eine Außenbreite von 23,2 cm. Bei ca. drei Quadratmetern Fassadenfläche kommt das Profil Lamberts LINIT P26/60/7 mit einer Außenbreite von 26,2 cm zum Einsatz. Der Hauptanwendungsbereich liegt bei großflächigen Fassadenverglasungen im Industrie- und Gewerbebau, im Sportstätten- und Schulbau.

System 0,8 von Wacotech
Mit dem System Ug 0,8 von Wacotech sind mit der Konstruktion deutlich verbesserte U-Werte zu erreichen, indem der Scheibenzwischenraum von 130 Millimeter auf 152 Millimeter vergrößert wird. Dies geschieht, indem zwei einschalige Profilglassysteme mit 152 Millimeter Abstand gegeneinander gesetzt und zwei Lagen von TIMax GL eingebracht werden. Erreicht wird dadurch ein Ug-Wert von 0,79 W/m²K. Der Gesamtenergiedurchlassgrad (g-Wert), ein Maß für die Sonnenschutzeigenschaften, verbessert sich auf 0,19. Das System bietet zudem eine optimale Lichtstreuung und Lichtverteilung in die Raumtiefe. „Je nach Windlast lässt sich das System für eine Profilglashöhe bis 7 m einsetzen“, sagt Dipl.-Ing. Achim Kehl, Geschäftsführer von Wacotech in Herford.
Ein Prüfzeugnis von HFB Engineering, einer Prüfstelle für Baustoffe und Bauelemente in Leipzig, liegt bezogen auf den Glasaufbau des Systems 0,8 mit Lamberts Profilglas und zwei Lagen Wärmedämmung TIMax GL  vor und bescheinigt einen UWert von 0,79 W/m²K.

Prinzip der Transparenten Wärmedämmung
Die Transparente Wärmedämmung (TWD) ist der Natur abgeschaut, denn das weiße Fell eines Eisbären ähnelt einer TWD. Es ist lichtdurchlässig und sehr gut wärmedämmend, da die einzelnen Haare transparent und hohl sind. Durch Streuung und Reflexion gelangt das Sonnenlicht auf die schwarze Haut des Eisbären, wo es in Wärme umgewandelt wird. Das Glasgespinst TIMax GL, dem Eisbärenfell optisch ähnlich, besitzt eine Lichtdurchlässigkeit von 30 – 50 % und erreicht seine Wärmedämmung durch das eingeschlossene stehende Luftpolster. Zudem absorbiert TIMax GL einen großen Teil der Wärmestrahlung im Infrarot. Dies ist eine wichtige physikalische Eigenschaft, um eine gute Wärmedämmung zu erreichen.
Nachhaltig ist aber nicht nur die spezielle Wärmedämmung ausgefallen, sondern auch die Umstellung von Gas auf Fernwärme als Energieträger. Das Werkstattgebäude wurde mit einer PV-Anlage ausgestattet, die Dachbegrünung des Verwaltungs- und Magazinbaus ist in Planung.

Fazit
Beim Einsatz von Profilglas ergeben sich vielgestaltige Lichtspiele, allerdings müssen Architektur, Raumgestaltung und Fassadenstruktur im Detail aufeinander abgestimmt werden. Die einheitliche Optik von Nord- und Südfassade trotz unterschiedlicher Bauweise ist ein Versuch: Während auf der Nordseite das Profilglas in ein Aluminium-Rahmenprofil eingesetzt wurde, gestalteten die Architekten die Betonwand mit Lochfenster an der Südfassade mit einer einschaligen hinterlüfteten Decorpaneele im gleichen Farbton. Ein Jahr lang hat die Pauly + Fichter Planungsgesellschaft an den Entwürfen für die Betriebsgebäude gearbeitet, ein Jahr dauerte der Baustellenbetrieb, bis im März 2015 das Unternehmen von Dreieich nach Raunheim umziehen konnte.⇥red ◊

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