International School Bonn

Bäume aus Stahl tragen Glasdach

Die International School in Bonn hat eine Mensa, in die sehr viel Tageslicht einfällt. Dort, wo früher ein Atrium unter freiem Himmel war, befindet sich heute unter einem 340 Quadratmeter großen Glasdach eine Mensa. Hingucker sind die zehn Meter hohen Stahlbäume, die sich nach oben zum Dach hin verästeln und als Unterkonstruktion für das Oberlicht dienen.

Ein großer Baum, der für die Überdachung des Mensahofes in der International School in Bonn weichen musste, inspirierte die Gestaltung der Überdachung. Vier Stahlstützen mit jeweils vier abgehenden Ästen tragen eine Glas-Stahl-Konstruktion mit elegant geformten Umrissen. Geplant, gefertigt und umgesetzt wurde das Bauvorhaben von Mirotec, einem Glas- und Metallbau-Unternehmen von Lamilux. Das Atrium ist zu jeder Jahreszeit ein beliebter Aufenthalts- und Lernort – und ein architektonischer Hingucker. In dieser Schule können Kinder und Lehrkräfte nun bei jeder Witterung im Tageslicht lernen, essen und Freistunden genießen.

Transparente Überdachung

Eine filigrane Metall-Glas-Konstruktion spannt sich zwischen die Gebäude und überdacht den 340 Quadratmeter großen Lichthof. Hiervon wurden rund zehn Quadratmeter als Entrauchungsfläche geplant und deshalb mit Rauch- und Wärmeabzugsklappen (RWA) versehen. An diese ist ein Regen-Wind-Wächter angeschlossen, damit die Fenster automatisch schließen können. Die außergewöhnliche Konstruktion brachte einige Herausforderungen für Diplom-Ingenieur Heiner Lütke-Harmölle mit sich. Er war bei Mirotec für die Kalkulation und Optimierung der Konstruktion zuständig: „Der ursprüngliche Entwurf sah bereits die Idee mit den Baumstützen und dem Glasdach vor. Allerdings sollten die Verzweigungen an den Ästen mit Gussknoten realisiert werden. Diese Ausführung hätte rund 40 Prozent mehr gekostet. Wir mussten also erst einmal Alternativen mit derselben Optik vorschlagen, die in der Ausführung günstiger waren.“ Das Ziel bei der Dimensionierung von Gussknoten ist die Minimierung von Spannungskonzentrationen durch variable Ausrundungen im Übergangsbereich der Rohre. Dadurch wird eine Reduzierung der erforderlichen Blechdicken gegenüber geschweißten Rohrknoten ermöglicht. Der Bauherr wählte am Ende aus vier Angebotsvarianten eine Gesamtkonstruktion aus Stahl und Glas mit verschweißten Schnittstellen aus. Die Ausführungsvariante mit den geschweißten Knotenpunkten aus Stahlblechen wurde vorab mit den Architekten besprochen. Grundsätzlich gibt der Architekt die Werkpläne zur Ausführung frei. Die Termine für die Werkplanung, Herstellung, Lieferung und Montage sind bei der Vergabe der Konstruktion definiert worden. 

Die Konstruktion des Pultdachs

Die Konstruktion des flachen Pultdachs hat eine leichte Neigung von sieben Prozent und besteht aus rasterförmig angeordneten Pfosten und Riegeln. Jedes Raster hat eine Größe von 1,20 x 1,65 Metern. Auf den zirka zehn Meter hohen Baumstützen liegt die Stahlkonstruktion auf insgesamt 64 Knotenpunkten gelenkig auf und zusätzlich auf einem beidseitig an den Gebäudeachsen verlaufenden Überzug. Auf den Stahlhohlprofilen ist die thermisch getrennte Glasdachkonstruktion befestigt. Sie schließt den Rohbau nach außen wind- und schlagregendicht, wärmegedämmt und schallgeschützt ab sowie dampfdiffusionsdicht nach innen an. Die Unterkonstruktion trägt insgesamt 196 Glasscheiben und zehn RWA-Elemente. Diese haben einen freien Lüftungsquerschnitt von zehn Quadratmetern. Die RWA-Anlage erfüllt damit die Vorgaben der DIN EN 12101-2 mit den entsprechenden Komponenten.

Solare Einträge und Sonnenschutz

Eine wichtige Kenngröße für die Auswahl der Verglasung war der Energieeintrag durch die Sonneneinstrahlung. Das Glasdach sollte ohne eine zusätzliche Sonnenschutzanlage realisiert werden, gleichzeitig durfte die Sonneneinstrahlung nicht zu hoch sein. Priorität hatte außerdem die Helligkeit unter dem Glasdach, die dem Wunsch der Architekten nach „angenehm“ sein sollte. Um einen g-Wert von 17 Prozent zu erreichen, hat man sich für eine Sonnenschutzschicht mit einem Siebdruck entschieden. Die Bedruckung mit kleinen weißen Punkten fällt über die Distanz von rund zehn Metern nicht auf und man nimmt das wahre Tageslicht unter dem Glasdach auf.

Neben den Tageslichteinträgen spielt aber auch der Rauch- und Brandschutz eine tragende Rolle. Deshalb wurde unterhalb der Stahlkonstruktion eine ringförmige Brandmeldeanlage angebracht, die bei Rauchentwicklung über eine Schnittstelle die RWA-Anlage auslöst.

Die Klappen stammen vom Hersteller Lamilux. Sie öffnen sich mithilfe eines elektrisch gesteuerten Motors mit Kettenantrieb. Unabhängig vom Brandschutz werden die RWA-Elemente auch zur Be- und Entlüftung genutzt. Zwar wird der Mensahof über die Gebäudesteuerung mechanisch belüftet, aber gerade in den schwülen Sommermonaten lässt sich durch die zusätzliche manuelle Bedienung der Elemente ein angenehmes Klima erzeugen. Auf Basis der Werkplanung bei Mirotec wurden die Dachklappen bei Lamilux bestellt. Der Einbau und die Installation der Steuerung lag bei Mirotec.

Montage des Dachs

Um die Gesamtkonstruktion sauber montieren zu können, gab es verschiedene Apsekte, die das Montage-Team von Mirotec beachten mussten. Ein entscheidender Faktor war die genaue Positionierung der Astspitzen im Raum, da an den Stellen die Verschraubung von den Ästen zur Dachkonstruktion stattfand und diese ohne Zwang montiert werden sollten. „Auf der Baustelle mussten wir die Standorte der Äste mithilfe eines Tachymeters im Raum ermitteln, um die Konstruktion montieren zu können. Dabei handelt es sich um ein Aufmaßsystem, das neben Vertikal- und Horizontalwinkeln auch Entfernungen misst. Mithilfe dieses 3D-Aufmaßes konnten wir die Baustellensituation genau aufnehmen und unsere Werkplanung daran anpassen“, berichtet Lütke-Harmölle. Die Stahl-Glas-Konstruktion des Pultdaches ist schwimmend auf der umlaufenden Traufkante gelagert, die im Zuge der neuen Überdachung aufgemauert wurde und mit einem Stahlbetonband abschließt. Zum Start der Montage wurden zunächst die Positionen der vier Baumstützen im Baufeld exakt festgelegt und montiert. Die ersten Astverzweigungen wurden temporär fixiert.

Die Dachkonstruktion wurde in transportfähigen Leiterteilen zur Baustelle geliefert. Die Spannweite dieser Bauteile ging von Drempel zu Drempel. Nach der Ausrichtung der Leiterteile auf die Systemachsen konnte die Montage der Äste an die Dach- bzw. Baumknoten beginnen. Diese Arbeiten erfolgten analog für alle Leiterteile und Astverzweigungen. Zur Vervollständigung wurden die Riegelstücke in die Auflagertaschen der gegenüberliegenden Leiterteile gelegt. Als die Stahlkonstruktion komplett aufgebaut war, konnte die finale Verschweißung der Knotenpunkte an den Baumstützen erfolgen. Im Anschluss wurden mit Baukran und Glassauger die 196 betretbaren Sonnenschutzgläser und die zehn RWA-Dachklappen in die Pfosten-Riegel-Konstruktion eingelegt. Den konstruktiven Abschluss für die gesamte Stahl-Glas-Konstruktion bildet die wärmegedämmte Randeinfassung auf dem Stahlbeton-Drempel. Im Verlauf der geschwungenen Randkontur sind die Abschlussbleche mit Rillenschubstücken vorgefertigt und nach Positionierung auf der Baustelle montiert worden.

Brandschutzbeschichtung vor Ort

Die Stahlkonstruktion sollte mit einer F30-Brandschutzbeschichtung ausgeführt werden. Die Verglasung selbst musste aber keine Brandschutzanforderungen erfüllen. „Wir haben“, sagt Lütke-Harmölle, „die weiche Brandschutzbeschichtung erst nach der Montage vor Ort aufgetragen, damit die Konstruktion und alle Anschlüsse optisch sauber verarbeitet werden konnten. Um das zu erreichen und um die umgebenden Bauteile zu schützen, haben die Monteure erst alle Gläser sorgfältig abgeklebt.“ Für den Auftrag der Schicht wurde ein Brandschutzsystem ohne Lösemittel gewählt, um die Arbeiten vor Ort gut ausführen zu können. Neun Wochen dauerte es insgesamt, bis das Glasdach fertig montiert war. In dieser kurzen Zeit wurde die Stahlkonstruktion aufgestellt, die Verglasung sowie RWA-Klappen installiert, eine F30-Brandschutzbeschichtung an der Dachkonstruktion aufgetragen und die Randverblechung installiert. Während der Stahl-Glas-Aufbau von einem Flächengerüst aus von unten nach oben festgeschraubt wurde, konnten die RWA-Dachklappen als letzte Bauelemente direkt vom Dach aus installiert werden.

Infos & Kontakt


Lamilux Heinrich Strunz Holding GmbH & Co. KG
Zehstraße 2
D-95111 Rehau
Tel. +49 92 83 595-0

www.lamilux.de


Mirotec Glas- und Metallbau GmbH
Rothenberger Straße 40
48493 Wettringen
Tel. +49 25 57 93 61-0

www.mirotec.de

Bautafel

Objekt: Bonn International School – Erweiterung
Standort: Martin-Luther-King-Straße 14, Bonn
Bauherr: Bonn International School e.V.
Architekt: RKW Rhode Kellermann Wawrowsky GmbH +Co. KG, Düsseldorf
Stahl-Glas-Konstruktion: Mirotec Glas - und Metallbau GmbH, Wettringen
Glas: Flachglas Wernberg GmbH, Wernberg-Köblitz
Dachklappen: Lamilux Heinrich Strunz GmbH, Rehau
Fertigstellung Überdachung: Oktober 2016

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