Metallbau seit fünf Generationen

Tamussino V − „Gemeinsam sind wir stark“

Seit fünf Generationen trägt nicht nur das Unternehmen den Namen Thomas Tamussino, sondern traditionell erhält ihn auch der jeweils erstgeborene Sohn. Doch es ist Zufall, betont Thomas Tamussino V, dass mit der Namensweitergabe an die nächste Generation auch der Wunsch zur Inhaberschaft quasi vererbt wurde. Wichtig ist in der Familie immer gewesen, dass der Betrieb als gesundes Unternehmen übergeben wird, sich mit Kreativität von Generation zu Generation weiterentwickelt. Und Ideen hatten die Tamussinos schon immer. Als zugewanderter Handwerker aus der damals österreichischen Provinz Udine gründete Thomas Tamussino I im Jahr 1856 in Mödling eine Reparaturschlosserei. Diese erlangte wenige Jahre später durch die Erfindung des Drahtfederneinsatzes im Eisenbett von Kaiser Franz Joseph hohe Bekanntheit. Heute befindet sich das Metallbauunternehmen noch immer in Mödling nahe Wien, beschäftigt 40 Mitarbeiter und fertigt neben den typischen Metallbauarbeiten auch Sonderkonstruktionen in Aluminium, Stahl und Nirosta an.  

Erfolg mit Qualität, Liefertreue und Preis

Das Unternehmen verfügt über gut ausgebildete Fachkräfte. In den Bereichen Konstruktion, Planung, Einkauf, Kalkulation, Arbeitsvorbereitung, Rechnungswesen und Büro sind allein zehn Mitarbeiter beschäftigt. Die Montagen führen eigene Spezialisten unter der Führung eines Montageleiters aus. „Wir haben durch unsere jahrzehntelange Erfahrung den Vorteil, gut beraten zu können, die Konstruktionen hochwertig umzusetzen und dies durch entsprechende Referenzen belegen zu können“, erzählt Thomas Tamussino V. Namhafte Projekte sprechen für das Renommee des Betriebs. Beispielsweise das Raiffeisen Forum Mödling, die Unterkonstruktion für die Seebühne der Seefestspiele in Mörbisch und das Klinikum Malcherhof in Baden bei Wien.
Die Akquise hat der Chef selbst in die Hand genommen, doch nimmt er nicht jeden Auftrag an. „Wir selektieren sehr genau. Wir arbeiten zum Beispiel nicht für Generalunternehmer und Baufirmen, weil wir da schon viel zu viel Lehrgeld bezahlt haben“, sagt Tamussino. Aber der Markt und die Kunden werden in seinen Augen zunehmend schwieriger. Vor allem bei der öffentlichen Vergabepraxis ist ein deutlich wachsender Konkurrenzdruck aus den benachbarten EU-Staaten zu spüren. „Wir sind hier in Grenznähe. Die Unternehmen aus den östlichen Ländern fahren oft die absolute Billigschiene und liefern katastrophale Qualität.“

Netzwerken hilft bei großen Projekten

Der Unternehmer findet die immer strenger werdenden Vorschriften und Normen in der EU richtig. Ganz gleich, ob es um die EN 1090 oder aktuelle Schweißnormen geht: „Das trennt die Spreu vom Weizen, und der Kunde hat die Sicherheit einer normgerechten Ausführung“, sagt er. Insbesondere bei öffentlichen Aufträgen kommen Firmen mit unzureichenden Voraussetzungen immer schwerer zum Zuge.
Das Unternehmen Tamussino ist deshalb auch im österreichischen Auftragnehmerkataster ANKÖ gelistet, einem Vergabeportal für öffentliche Aufträge. Hier darf nur Mitglied sein, wer seine Daten ständig aktualisiert und die wirtschaftlichen und fachlichen Fähigkeiten eines qualifizierten Unternehmens belegen kann. Gefordert werden zum Beispiel Nachweise über einen gültigen Gewerbeschein, aktuelle Schweißzeugnisse, Belege über ordnungsgemäße Zahlungen an die Krankenkasse, das Finanzamt und die örtlichen Kommunen sowie ein Leumundszeugnis. „Wer dort nicht geführt wird, scheidet bei der öffentlichen Vergabe aus“, sagt Tamussino. Das ANKÖ-Angebot deckt den österreichischen Markt, die Schweiz und die EU sowie Serbien, Bosnien-Herzegowina und Russland ab.
Auch in anderen Netzwerken ist der Unternehmer aktiv, zum Beispiel im Netzwerk Metall, einem Zusammenschluss von Unternehmen der Metallverarbeitung, und in der AMFT, der Arbeitsgemeinschaft der Hersteller von Metall-Fenstern, -Türen, -Toren und -Fassaden. Die Netzwerke und Zertifikate sind für ihn wichtig. „Es geht gemeinsam besser als gegeneinander. Im Netzwerk kennen wir uns, und wir machen auch einige, vor allem größere Projekte gern gemeinsam. Jeder hat woanders seine Stärken und erledigt das, was er sehr gut kann. Damit ist allen geholfen.“

Eigene Herstellung und Zukaufprodukte

Der Maschinenpark des Metallbauunternehmens besteht aus halbautomatischen Bearbeitungsmaschinen, einem Sägezentrum, mehreren Plasmaschneidgeräten zum Ablängen, Schweißgeräten usw. Überwiegend werden die Materialien Stahl, Edelstahl rostfrei und Aluminium bearbeitet, getrennt in zwei Hallen mit insgesamt 1.200 m² Produktionsfläche. Bevorzugt werden technisch anspruchsvolle Sonderlösungen umgesetzt, auch im Bereich der Altbausanierung und des Denkmalschutzes. So wurden für viele historische Bauten Fenster, Türen, Tore und Portale konstruiert und angefertigt, teilweise aus Kupfer oder Messing und mit eigens gezogenen Profilen. Auch schusssichere Konstruktionen, Podeste, Lichtdächer, Lifttürme oder ganze Dachbodenausbauten waren dabei. Gewichtsschlosserarbeiten können bis zu 70 Tonnen ausgeführt werden. „Wir fertigen aber auch einen Gartenzaun oder montieren einen Postkasten.“
Bestimmte Leistungen werden zugekauft. Beispielsweise wenn es um Laserbauteile, schwere Stahlplatten mit bestimmten Ausschnitten, Aluminium-Systembauteile oder Brandschutz- elemente geht. „Da gibt es Spezialisten mit guten Preisen“, sagt Tamussino V. Außerdem ist das Unternehmen österreichischer Vertriebs- und Montagepartner des deutschen Herstellers City-Tore für Industrie-, Gewerbe- und Tiefgaragentore.

Systemprofile von Unternehmerkollegen

Von Systemlieferanten im Aluminium-Fenster- und -Türenbereich hat sich Tamussino fast vollständig verabschiedet, das sind für ihn jetzt Zukaufteile von darauf spezialisierten Metallbauern. Grund war eine enorme Lagerhaltung, die sich aus den großen Verpackungseinheiten der Hersteller ergaben. Für Einzelanfertigungen, wie sie in seiner Firma überwiegend vorkommen, war das nicht mehr sinnvoll. „Wir hatten das Lager voll mit Profilen und Zubehör, was wir vielleicht nie mehr gebrauchen konnten“, berichtet er. Die Alu-Verarbeitung wurde auf 25 % reduziert.

Neues Standbein Servicetechnik

Den Bereich Wartung und Instandhaltung von Fenstern und Türen hat er neu aufgebaut. Das Unternehmen ist für diese Arbeiten zertifiziert, die Mitarbeiter sind speziell geschult. Diese Dienstleistungen werden sowohl für die eigenen als auch für fremde Konstruktionen angeboten, auf Wunsch auch im Rahmen von Wartungsverträgen. Neun Mitarbeiter sind in diesem neuen Geschäftsbereich beschäftigt, und der Bedarf steigt weiter − die Themen Einbruchschutz und Sicherheitstechnik werden immer wichtiger. Glück hatte Tamussino, dass er vor Kurzem eine auf Service und Instandhaltung spezialisierte Firma mit den Fachkräften übernehmen konnte.

Ausblick

Schlossermeister und Schweißwerkmeister Thomas Tamussino V hat zwei Söhne, der Erstgeborene trägt den Vornamen Thomas – wie sollte es anders sein? Dieser ist gelernter Metallbautechniker und sammelt derzeit Erfahrungen in anderen Betrieben. Der Zweitgeborene hat einen Beruf in der Gastronomie ausgewählt. „Einen Betrieb an die nächste Generation zu übergeben, bedarf  Vorbereitungen, und außerdem gehören dazu immer zwei: Einer, der das will und die entsprechenden Voraussetzungen mitbringt und einer, der einen gesunden Betrieb übergeben kann“, betont der 55-Jährige.

x

Thematisch passende Artikel:

Ausgabe 7-8/2022 Fachbeitrag

Sonderkonstruktionen

Spezielle Profile aus Aluminium

CAD-Programme für Architekten werden immer leistungsfähiger, zudem sind Wärmeschutzanforderungen nicht zuletzt aus Gründen des Klimaschutzes sehr hoch. Insofern wird immer öfter bei...

mehr

Solid BautechPreis für Wirtschaftsuniversität Wien

Die Unger Steel Group realisierte für das Herzstück des Campus, das Library- and Learningcenter (kurz LLC), eine spektakuläre Stahlträgerkonstruktion. Der Entwurf stammt von der Architektin Zaha...

mehr

Fundermax & TU Wien

HPL-Platten als Bauelemente

Nach zwei Semestern Zusammenarbeit zwischen Fundermax und der Forschungsabteilung Hochbau II der Technischen Universität Wien (TU Wien), wurde das entwickelte Baukonzept „archXchange“ auf dem...

mehr
Ausgabe 06/2024 Interview

Thomas Sattler, AFI-Obmann

„Nach Change 50% vom alten Budget akquiriert.“

metallbau: Herr Sattler, nachdem sich Systemgeber vom AFI als Geldgeber verabschiedet haben, wurde das neue Lizenzsystem eingeführt, das ausführende Betriebe finanziell stärker in die Pflicht...

mehr
Ausgabe 06/2023

Thomas Sattler, der Umtriebige

„Ein wunderbares Netzwerk!“

metallbau: Wenn Sie auf einer Feier sind und Sie werden gefragt, was Sie beruflich machen, was antworten Sie dann? Thomas Sattler: Ich sage immer, ich bin Unternehmer in der Metallbranche und in der...

mehr