Nachhaltig mit Sekundäraluminium

Grüne Wicona Systeme bis 2021

Das Profilsystem WICTEC für Fassaden wird bereits aus Sekundäraluminium Hydro CIRCAL 75R hergestellt. Bis 2021 will der Ulmer Systempartner alle Aluminiumprodukte umgestellt haben. Quelle für den nachhaltigen Baustoff ist das Hydro-Recycling-Werk in Dormagen, das ebenso wie Wicona zur norwegischen Hydro-Gruppe gehört.

Weil zwischen Sekundär- und Primäraluminium keine Unterschiede in der Qualität bestehen, ist es naheliegend, nachhaltiges Aluminium zu verarbeiten. Der Baustoff bietet den Vorteil, dass er endlos auf gleicher Qualitätsstufe recycelt werden kann. „Die Baubeteiligten hatten bislang jedoch derlei Systemprofile nicht im Fokus, sodass der Bedarf dafür zunächst geweckt werden muss“, erklärte Christian Kielbassa, Verkaufsleitung von Wicona Industrial.

Nach Angaben von Wicona werden bei der Produktion des nachhaltigen Hydro CIRCAL 75R rund 2 kg CO2 pro 1 kg Aluminium freigesetzt. Bei der Produktion von 1 kg Primäraluminium werden hingegen in Europa durchschnittlich 8,6 kg CO2 freigesetzt und 95 Prozent mehr Energie aufgewendet. Die Bezeichnung 75R leitet sich vom Anteil an wiederverwertetem End-of-Life Aluminium ab, aktuell ca. 75Prozent. Allerdings wird in den nächsten Jahren angestrebt, den Anteil auf 95Prozent zu erhöhen. Die Herstellung der Aluminiumbolzen ist nach ISO 14064 zertifiziert und durch die Initiative A/U/F Wertstoffkreislauf bestätigt.

Hydro-Recycling-Werk

2019 werden ca. 10.000 t Strangpressbolzen in Sekundäraluminium an Wicona geliefert, 2020 geht der Systempartner von 20.000 t aus. Insgesamt werden im Hydro-Werk in Dormagen jährlich rund 36.000 t demontierter Altschrott recycelt. In zwei Schichten werden täglich etwa 130 t Schrott für die Weiterverarbeitung im luxemburgischen Werk aufbereitet. In Clervaux wird mit einem aufwändigen Herstellungsprozess (Schreddern, Trennen, Sortieren, Schmelzen) der Schrott so aufbereitet, dass er in der richtigen Legierung in Form von Strangpressbolzen direkt der Produktion von hochwertigen Aluminiumprofilen zugeführt werden kann.

In der Anlage in Dormagen sind ca. 30 Mitarbeiter tätig — darunter ein Sicherheitsingenieur. Der gelieferte Aluschrott wird zunächst mithilfe einer Schere, die über 600 Tonnen Schneidkraft verfügt, zerstückelt. Im zweiten Schritt werden die Metallteile in Schneidmühlen zerkleinert, via Sortieranlage werden seit 2013 mit Einsatz einer Röntgenmaschine Schwermetalle separiert und gesammelt. „Die Sonderlegierungen verkaufen wir“, berichtet Jens Drückhammer. Der Werksleiter hat seine Maschinenanlage über zahlreiche Kameras sowohl auf den Bildschirmen im Maschinencockpit als auch via App immer im Blick.

Ausrichtung nach neuen Gesetzen

Mit der nachhaltigen Ausrichtung des Produktportfolios möchte Wicona den europäischen Klimaschutzzielen nachkommen, mit denen sich bekanntlich gesetzliche Vorgaben verknüpfen. So sind ab 2021 alle neuen Gebäude als Null-Energiebauten auszuführen. Von 2030 an sollen die EU-internen Treibhausgasemissionen um mindestens 40 Prozent gegenüber 1990 niedriger ausfallen. Zudem soll der Anteil der erneuerbaren Energien am Endenergieverbrauch der EU auf 32 Prozent gesteigert und der Primärenergieverbrauch der EU um 32,5 Prozent gegenüber einer zugrunde gelegten Referenzentwicklung reduziert werden.

Dr.-Ing. Werner Jager, Geschäftsführer technisches Marketing bei Wicona stellte fest: „Mit dem Recycling-Werk sind wir beim Schließen des Wertstoffkreislaufs in der Branche einzigartig. Mit einem Anteil von 75 Prozent und mehr an recyceltem Aluminium liefern wir in der CO²-Bilanz heute schon bessere Ergebnisse als ein Kunststofffenster. Aber wir werden noch besser und schließen zu Holz auf.“

Dem Fassadensystem WICTEC 75R sollen die Fenster- und Türensysteme WICLINE und WICSTYLE sowie die Schiebetürsysteme WICSLIDE so schnell wie möglich folgen. Für den Kauf der nachhaltigen Systeme geht Wicona derzeit von einer Kostensteigerung von 0,5 bis zu 1,5 Prozent für die Bauherren aus, wie Florian Vogel, Leiter der Projektberatung informierte.

270 A/U/F Alu-Sammelstellen

Der gemeinnützige Verein mit knapp 200 Mitgliedern hat seinen Sitz in Frankfurt, die Geschäfte führt der Vorstandsvorsitzende Walter Lonsinger, ehemals Geschäftsführer von Wicona. Schwerpunkt seiner Tätigkeit ist die Organisation von geschlossenen Wertstoffkreisläufen für Aluminiumschrott im Bauwesen. Mit einer Recyclingrate von über 95Prozent  ist der Bausektor in Deutschland Spitzenreiter. Im Jahr 2017 wurden über die Sammelstellen des A/U/F ca. 31.000 t Aluminium in den geschlossenen Wertstoffkreislauf eingebracht. Aktuell gehen aber noch mehr als die Hälfte der Aluminiumschrotte aus dem Hochbaubereich in Deutschland dem geschlossenen Kreislauf verloren – will heißen der Herstellung von Produkten wie Profile und Bleche. An diesem Defizit möchte A/U/F über einen Zuwachs seiner Mitglieder im positiven Sinne arbeiten. Lonsinger weist auf die Vorbehalte gegenüber dem Baustoff Aluminium hin, weil er primär mit hohem Energieeinsatz hergestellt wird. „Allerdings wissen die wenigsten, dass 75 Prozent des jemals produzierten Aluminiums immer noch im Einsatz sind.“ Nach einer Studie aus dem Jahr 2017 vom WVM wurden in Deutschland 2016 insgesamt 3,350 Mio. t Aluminium verarbeitet, ca. 503.000 t für das Bauwesen — das sind 15 Prozent. Das Gros mit 48 Prozent wird für den Bau von Fahrzeugen im Verkehrswesen eingesetzt.

Von der weltweiten Gesamtproduktion im Jahr 2016: 58 Mio. t wurden 8,1 Mio. t in Europa hergestellt. 39,3 Mio. t entfallen auf Asien. Zum Vergleich die Produktion von Sekundäraluminium im Jahr 2016. Von den insgesamt 10,4 Mio. t wurden ca. 700.000 t (6,7 Prozent) in Deutschland produziert, für Europa wurden 2,7 Mio. t (26 Prozent) ermittelt. Amerika führt die Produktion mit 4,6 Mio. t (44 Prozent) an.

Ausblick: Damit Sekundäraluminium von Verarbeitern alternativ verstärkt genutzt wird, fordert  der Verein A/U/F, dass in Leistungsverzeichnissen ein geschlossener Wertstoffkreislauf für ausgebaute Teile und Schrott nachgewiesen werden muss. Ebenso soll in den Ausschreibungen von Planern fixiert werden, dass Bauteile aus Sekundäraluminium angeboten werden müssen.

⇥    sm ◊

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