RAL Gebäude in Bonn
Energieeffizienz in farbigem GewandDas RAL Gebäude in Bonn trägt die Identität des Bauherrn und Gebäudenutzers unmissverständlich in der Fassade. Insgesamt 428 motorisch dem Sonnenstand nachgeführte Schüco Großlamellen ALB sorgen vor nahezu allen Büro- und Besprechungsräumen für Beschattung und reduzierten Wärmeeintrag. Die siebbedruckten Glaslamellen bedienen sich des schier endlos breiten RAL Farbspektrums..
Das behindertengerechte und energetisch hocheffiziente Büro- und Lagergebäude der RAL – Deutsches Institut für Gütesicherung und Kennzeichnung – sowie deren Tochterunternehmen RAL gGmbH liegt in dem Gewerbegebiet „Am Mühlenbach“ in Bonn. Die Glaslamellen in RAL-Farben weisen selbsterklärend auf die Kernkompetenzen der Unternehmen hin.
Spannungsreiche Gebäudeform
Den neuen Technologiepark „Am Mühlenbach“ mit seinen streng rechtwinkligen Funktionsbauten rundete das Bonner Architekturbüro Frank Piotrowski an der Westseite durch einen leicht geschwungenen Baukörper spielerisch ab. Der Entwurf nahm damit Bezug auf die weitläufige, naturnahe Überflutungsfläche des angrenzenden, für das Gewerbegebiet namensgebenden Mühlenbaches. Die Spannung aus rechtwinkliger und gerundeter Grundform bot dem Neubau die Möglichkeit, innerhalb des geforderten Raumprogramms ungewöhnliche Raumkonstellationen zu entwickeln.
Der am stärksten belastete und auch wegen seiner Nordlage am schwierigsten zu nutzende Grundstücks- und Gebäudebereich an der Sankt Augustiner Straße wurde streng orthogonal ausgebildet. Darin befinden sich die notwendige Tiefgarage im Untergeschoss, das Hauptlager und die hoch technologisierten Farblaborräume im Erdgeschoss sowie ein Büroatrium im Obergeschoss. Die Lagerfläche kann in dieser Positionierung perfekt und ungestört be- und entliefert werden. Dabei dient die fensterlose Lagerfassade zusätzlich als Werbefläche, um den Neubau als neuen Institutssitz des RAL über weiß hinterleuchtete Logo-Schriftzüge sichtbar und bekannt zu machen.
Die Gebäudetiefe ermöglicht im Obergeschoss die Ausbildung einer dreiteiligen Büronutzung, die im zentral-mittleren Bereich als Atrium ausgebildet ist. Die Erschließungsflure werden zusätzlich belichtet und optisch erweitert. Der dort angeordnete Geschäftsführungsbereich kann vom Treppenhaus aus separat erschlossen werden.
Offene und geschlossene Fassadenflächen
Als Kontrast zu dem streng rechteckigen Gebäudeteil zur Sankt Augustiner Straße wurde im westlichen Bereich ein sanft geschwungener Gebäudekörper ausgebildet. In dessen Kellergeschoss befinden sich die Gebäudetechnik und das historische Archiv. Nutzungen des Erdgeschosses beinhalten einen öffentlich zugänglichen, autarken Konferenzbereich mit Blick auf den Grünbereich des Mühlenbachs. Das Obergeschoss ist ausschließlich einer zweiteiligen Büronutzung vorbehalten. Am Schnittpunkt der beiden Gebäudeteile befindet sich der zentrale Eingangsbereich mit Empfang und Zugang zu dem einzigen Treppenraum, über den das gesamte Gebäude erschlossen wird.
Sonnenschutz aus RAL Farbspektrum
Der Kontrast der Gebäudeformen wird in der Fassadengestaltung fortgeführt. Ein massiv wirkendes Erdgeschoss mit einer Natursteinfassade aus deutschem Blaubank Muschelkalk dient als Sockel für das leichte, geschosshoch verglaste Obergeschoss mit einem allseits deutlich auskragenden Flachdach. Oberhalb des Sockels kommen die speziell entwickelten Glaslamellen als Sonnenschutz zur Geltung.
Als geschosshohe Glaselemente über ihre Mittelachse drehend, werden sie motorisch dem Sonnenstand nachgeführt und sorgen aufgrund ihrer transluzenten Lochungsbeschichtung für gedämpfte Lichtverhältnisse in den angrenzenden Räumen. Da sie in Farbtönen aus dem RAL Design Farbsystem ausgeführt wurden weisen sie auf ein neues Anwendungsfeld hin, denn RAL Farben als Beschichtung von Glaspaneelen sind bislang nicht standardisiert.
Automatische Steuerung
Das System des außen liegenden Sonnenschutzes basiert technisch auf Schüco Großlamellen ALB. Die beweglich an den Fassaden montierten Glaslamellen aus über 80 unterschiedlichen Farbtönen sind 3,00 bzw. 3,50 Meter hoch, ca. 50 Zentimeter breit und wiegen jeweils 100 bzw. 120 Kilogramm. Sie sind in einem Radius von 90 Grad drehbar, um automatisch dem jeweiligen Sonnenstand folgen zu können. Die dazu notwendigen Motoren sind in die verdeckten Tragprofile aus Aluminium integriert. Linearantriebe mit einer Kraft von jeweils 3000 N gewährleisten eine geräuscharme und positionsgenaue Sonnenstandsnachführung der insgesamt 428 verbauten Lamellen.
Vor einigen Besprechungs- und Büroräumen, die keinen Sonnenschutz durch Vertikallamellen aufweisen, kommt in der Fassade Schüco FW 50+.SI mit elektrochromem Glas von Saint-Gobain eine weitere Innovation zum Einsatz. Dieses dynamisch tönbare Glas lässt sich bedarfsgenau über vier Stufen in seiner Lichtdurchlässigkeit zwischen 1 % und 60 % regulieren. Abhängig von der Sonneneinstrahlung werden damit Verschattung und Wärmeeintrag variabel steuerbar. Die Sonnenschutz-, Fassaden- und Fenstersysteme wurden von dem Metallbauunternehmen Keskin Fensterbau in Troisdorf realisiert.
Energieeffizienz und Ökologie
Alle Außenflächen des RAL Gebäudes sind hochwirksam gedämmt, der Abfluss von Innenwärme bzw. die auftreffende Wärme von außen konnten somit trotz großzügiger Fensterflächen stark verzögert werden. Der natürliche Licht- und Wärmeeinfall wird genutzt um den zusätzlichen künstlichen Licht- und Wärmebedarf zu verringern. Eine kontrollierte Lüftung mit Wärmetauscher entzieht der verbrauchten Luft die enthaltene Wärme und führt sie der Frischluft wieder zu. Der Primärenergiebedarf des Gebäudes beträgt durch diese Maßnahmen 52 kWh/(m².a) und unterschreitet klar die strengen Vorgaben eines KfW-Effizienzhauses 55. Der Endenergiebedarf Wärme beträgt 5 kWh/(m².a), der Endenergiebedarf Strom liegt bei 30 kWh/(m².a).
Zu dem extrem niedrigen Energieverbrauch trägt u. a. auch der Tageslichteintrag über die hoch isolierten Fenster- und Fassadenelemente von Schüco bei, die den Kunstlichtanteil reduzieren helfen. Ein Tageslichtsensor ermittelt raumweise die Tageslichtmenge und regelt die Beleuchtungsstärke und Farbtemperatur des Kunstlichtes der installierten Leuchten. Die Energiebereitstellung für Beheizung und Kühlung erfolgt über eine Erdwärmepumpe in geschlossenem Kreislauf über 20 Tiefenbohrungen. In einem Jahreszyklus wird die Energie dem Boden im Winter entzogen und im Sommer wieder zurückgegeben. Die Erdbohrungen dienen somit zugleich als Wärmequelle für eine Flächenheizung und als aktive Kältequelle für die Flächenkühlung.
Alle Räume des Neubaus verfügen über eine kontrollierte, sanfte Lüftungsanlage mit stufenweiser Einzelraumsteuerung für den notwendigen Frischluft-/Außenluftbedarf. Ein Öffnen der energetisch und schallschutztechnisch hoch isolierten Fenster (Schüco AWS 75.SI+) ist daher zwar möglich, aber nicht mehr zwingend notwendig. So kann in deren geschlossenem Zustand die Geräuschbelastung durch die stark befahrene Sankt Augustiner Straße wirksam reduziert werden.
Transparente Brand- und Rauchschutztüren
Für das Gesamtgebäude ist aufgrund der Gebäudekonzeption nur ein Treppenhaus erforderlich. Die direkten Fluchtwege aller Räume sind max. 35 m lang. Die einzelnen Brandabschnitte (Rechteckbau Büros, Rechteckbau Geschäftsführung, Rundbau) sind kleiner als 400 m², somit sind zusätzliche Brandschutzmaßnahmen innerhalb der Brandabschnitte nicht erforderlich. Bei den Türsystemen vom Treppenhaus zu den Brandabschnitten (Tiefgarage, Lager, Büronutzungseinheiten) handelt es sich um großflächig verglaste, selbstschließende Brand-/Rauchschutztüren. Sie wurden als Doppelflügeltüren mit Schließfolge mit den Systemen Schüco ADS 80 FR 30, Schüco Firestop T90/F90 und Schüco ADS 65.NI SP ausgeführt. Teil der barrierefreien Architektur ist die Ausstattung aller verschlossenen Türen mit motorischen Schlössern, Öffnungstastern und Codekartenbedienung. Die Entrauchung des Lagers erfolgt über einen separat geführten Rauchgasventilator mit der Leistung von 10.000 m³/ Stunde.
Nachhaltig bis ins Detail
Das Gebäudekonzept wurde über die Energieeffizienz hinaus bis in alle ökologisch relevanten Details hinein durchdacht. So verfügt das neue RAL Gebäude zusätzlich über eine Oberflächenentwässerung mit bodenversenkter Zisterne, eine Dachbegrünung und eine dachbasierte 10 kW-Photovoltaikanlage, die durch drei Schnellladesäulen für Elektrofahrzeuge ergänzt wird. Der für den Betrieb des Gebäudes benötigte Strom ist zertifizierter Ökostrom aus nachhaltigen Quellen. Die Außenanlagen wurden naturnah mit heimischen Gehölzen und möglichst wenig Bodenversiegelung gestaltet. Das Atrium im Obergeschoss bietet einem Bienenvolk eine neue Heimat. red