Stahlhalbzeuge online kaufen

Neuer Internetmarktplatz startet

Anfang 2015 soll die Website www.netzwerk-stahl.de an den Start gehen. Stahlhändler haben dann die Möglichkeit Produkte hochzuladen und anzubieten, Verbraucher können in den Onlinebeständen suchen und Anfragen an die Händler richten sowie ihre Reste und Überbestände kostenlos anbieten. Ralf Niemeier hat das Stahlportal konzipiert und programmieren lassen. Als Geschäftsführender Gesellschafter von Montanstahl Deutschland in Oelde kennt er die Branche sehr gut. Zwei Jahre Entwicklung und ein Gesamtetat von 2,6 Mio. Euro wurden in das Projekt investiert, das Niemeier auf der BAU (B1/318) in München präsentiert. Stefanie Manger hat ihn im Unternehmen in Oelde zum Interview getroffen.

metallbau: Herr Niemeier, Montanstahl steht für filigrane, exklusive und deshalb auch teure Stahlsonderprofile, die in der Schweiz gefertigt werden. Was hat der Online-Marktplatz für den deutschen Stahlhandel mit Montanstahl zu tun?

Ralf Niemeier: Montanstahl stellt mit dem Portal einen neuen eigenständigen Geschäftsbereich auf. Für uns ist es ein klassisches Investment mit vielen Ausbauoptionen.

metallbau: Sie hatten den Start von netzwerk-stahl.de bereits für Oktober vergangenen Jahres angekündigt, jetzt soll die Plattform im Februar an den Start. Klappt es diesmal?

Niemeier: Der Start des Portals hat sich verschoben, da wir aus bundesweiten Veranstaltungen Anregungen der Händler aufgenommen haben, die wir unbedingt vor dem Start des Portals umsetzen wollten. Wir haben diese Empfehlungen für grundlegend gehalten. Der Start Anfang 2015 ist sicher.

metallbau: Sie sagen, viele Versuche vorab sind gescheitert, warum werden Sie es schaffen?

Niemeier: Wir haben uns sehr genau angeschaut, wie Portale wie amazon, ebay oder mobile funktionieren. Um das Angebot- und Anfrageverhalten beider Parteien kennenzulernen, haben wir Umfragen sowohl bei den Stahlverbrauchern als auch bei den Händlern durchgeführt. Unser Online-Stahlhandel bietet ein echtes Plus: Stahlverbraucher können innerhalb von 60 Sekunden ihr Produkt definieren und eine Anfrage bei einer Vielzahl von Händlern starten. Für die Stahlverbraucher ist unser Service kostenfrei, die Händler buchen kostenpflichtig bestimmte Regionen. Mündet das Interesse in einen Kaufvertrag, wird dieser außerhalb des Portals geschlossen.

metallbau: Für welche Verbraucher ist das Portal zugänglich, und welche Produktsegmente sind dort zu finden?

Niemeier: Das Portal ist für den deutschen Stahlhandel eingerichtet. Privatpersonen und Betreiber eines Fremdgewerbes haben keine Möglichkeit, einen Verarbeiter- oder Händlerstatus zu erlangen. Stellen sie Anfragen, werden diese nur von Händlern beantwortet, die diese speziellen Kundengruppen in ihren Grundeinstellungen aktiviert haben.

Derzeit unterscheiden wir acht Produktgruppen: Angefangen von Profilstahl, Hohlprofilen, Rohren über Coils, Bleche nund Draht bis hin zu Betonstahl sowie Anschlagrohren. Für die konkrete Anfrage gibt der Stahlverbraucher Parameter wie Produktgattung, Produkt, Geometrie, Größe, Güte, Geometrietoleranz, Zeugnisse, Zuschnitt, Länge, Stückzahl etc. ein. Einem Projekt können beliebig viele und unterschiedlichste Positionen aller Produktgattungen hinzugefügt werden.

metallbau: Und wenn nach der Anfrage der eine oder andere Parameter fehlt und dann doch wieder Telefonate und Mails notwendig werden?

Niemeier: Unsere Programmierer arbeiten seit zwei Jahren an der Systematik, die bis in die Details ausgeklügelt ist. Eine generische Eingabe gewährleistet die Vollständigkeit der Anfrage. Unsere Vorlagen verlangen zwingende Eingaben von zentralen logischen Parametern, wodurch garantiert ist, dass den Händler nur vollständige Anfragen erreichen. Ergeben sich während der Eingabe der Parameter auf Käuferseite Fragen, helfen unsere Tutorials weiter, oder unsere Hotline steht Rede und Antwort.

metallbau: Ihre Recherchen haben ergeben, dass im Stahlhandel auf eine Bestellung durchschnittlich 2,6 Anfragen kommen. Das deutet auf ein statisches Kaufverhalten hin, für das wahrscheinlich der persönliche Kontakt zwischen Käufer und Händler eine entscheidende Rolle spielt. Hat da ein Internetportal wirklich eine Chance?

Niemeier: Unser Portal soll die persönlichen Geschäftskontakte nicht ersetzen, sondern ergänzen. Im Portal finden beispielsweise Käufer Produkte sehr schnell, die es nur selten gibt, oder der Preis bei einem größeren Auftragsvolumen lässt sich besser kalibrieren. Das Metallbauunternehmen holt sich nicht mehr bei drei, vier Händlern via Fax ein Angebot zu seiner Anfrage ein, sondern definiert innerhalb einer Minute sein Produkt — mit den jeweiligen Spezifikationen — verschickt seine Anfrage oder signalisiert Kaufinteresse zu einem Online-angebot.

metallbau: Aber für die Händler ist es ja auch Aufwand, die Positionen ins Portal einzustellen. Wie viele Händler haben Sie bereits gewonnen?

Niemeier: Wir haben uns mit dem Aufwand für die Stahlhändler beschäftigt und berechnet, dass ein Mitarbeiter monatlich ca. 3.000 Positionen einstellen kann. Dabei gehen wir davon aus, dass ein Stahlhändler im Schnitt ca. 10.000 bis 15.000 Positionen anzubieten hat. Aktuell haben sich ca. 130 Händler vorab registriert, das sind ca. 25 % der deutschen Stahlhändler. Diese haben nach Portalstart die Möglichkeit, ihre Bestände einzustellen.

metallbau: Welche Kosten entstehen, wenn ein Händler das Bundesgebiet buchen möchte?

Niemeier: Die durchschnittliche monatliche Gebühr eines Händlers liegt zwischen 1.500 und 1.800 Euro. Durch die zeitlich begrenzte Aktion, dass wir das Hochladen von Positionen mit einem Gebietsguthaben (aktuell mit 1,80 Euro pro Position, später 0,90 und 0,60 Euro) belohnen, kann der Händler, der schnell aktiv wird, das Portal mit den gewünschten Gebieten für ca. ein Jahr kostenlos nutzen. Ein Jahr haben wir als Mindestlaufzeit für den Vertrag mit den Händlern festgesetzt. Wichtig ist zudem, dass das Angebot aller Händler gleichberechtigt nebeneinander steht, keiner kann durch Werbemaßnahmen auf der Plattform sein Angebot nach vorne bringen. Der Verbraucher soll objektiv das passende Ergebnis finden.

metallbau: Sie sagen, der Stahlhandel ist kein Kindergeburtstag, die Rahmenbedingungen des Marktes sind schlecht, die Preise unten, Margen klein, die Konkurrenz groß. Welche Wirkung wird wohl das Portal auf diesen Markt haben?

Niemeier: Portale haben eigentlich in allen Industriebereichen einen ähnlichen Effekt erzeugt. Sie haben den Niedergang von Anbietern beschleunigt, die unter Bankenkuratel standen und Liquidität realisieren mussten. Diese mussten Waren unter Einstandspreisen verkaufen. So ein Internetportal macht dieses ruinöse Verhalten transparent, denn an den Preisen stehen Namen. Als Preistreiber kann man damit auch zu einem strategischen Ziel werden. Die aktuelle Preissituation ist unter der Intransparenz des Faxzeitalters entstanden und nicht durch ein Portal.  Ich meine, dass netzwerk-stahl.de hilfreich sein kann, die Preise nach einer Marktbereinigung zu stabilisieren. Bis dahin ist jedoch noch ein langer Weg. Prinzipiell gilt: Bestehen bleibt nur, was echte Daseinsberechtigung behält. Das ist ein Naturgesetz der Wirtschaft.

metallbau: Was haben Sie noch in Arbeit, an welchen Stellschrauben des Portals wird noch gedreht?

Niemeier: Im Servicebereich des Portals werden Adressen zu allen möglichen Dienstleistungen aus dem Stahlbereich gelistet sein. Jeder Metallverbraucher, der sich im Portal anmeldet, kann nicht nur nach Stahlprodukten suchen, sondern kann angeben, welche Stahlbe- oder –verarbeitung er in seinem Betrieb anbietet und wird im Servicebereich als Dienstleister für diesen Bereich angezeigt. Dies ist ein kostenloser Zusatznutzen des Portals. Zu finden sind beispielsweise Adressen von Feuerverzinkereien, Pulverbeschichtern, Schweißfachbetrieben und Metallbauunternehmen. Aktuell haben wir ca. 5.000  Metallbauunternehmen gelistet. Aber auch die Software ist in Entwicklung. So sollen mit der überarbeiteten Fassung 2.0 die Händler direkt aus ihrem Warenwirtschaftssystem die Positionen ins Portal einstellen können. Die manuelle Eingabe der einzelnen Positionen fällt dann weg. Zugleich können mit der Version 2.0 Stahlverbraucher einen kompletten Materialauszug aus einem CAD-Programm laden und dafür nach den vorteilhaftesten Händlern recherchieren. Die Anbieter können diese Daten direkt in ihre Systeme einlesen, das Angebot für den Käufer wird in Sekunden generiert. Mit 2.0 ist das Portal so aufgebaut, das es als Bindeglied zwischen CAD-Zeichnungen und dem Warenwirtschaftssystem eines Unternehmens fungieren kann. An diesem Nutzen kommen auch gewachsene Beziehungen zwischen Verbraucher und Händler auf Dauer nicht vorbei. ⇥

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