Turmspitze Schloss Senden

Historische Kontur aus neuen Stahlprofilen

Nach über 70 Jahren erhielt der Südturm von Schloss Senden eine neue Spitze. Die Kontur des historischen Turms wurde dafür mit Stahlprofilen nachgezeichnet.

Seit Anfang April krönt die elf Meter hohe und rund 850 Kilo schwere Stahlkonstruktion den sanierten Schloss-turm. Als weithin sichtbare Landmarke weist sie auf die Fortschritte bei der denkmalgerechten Restaurierung des Sendener Wahrzeichens hin. „Die neue Spitze soll die alte nicht ersetzen“, so Architekt Bernhard Mensen von Mensen + Zora in Münster. „Sie zitiert sie nur und bleibt als eigenständiger Bestandteil des Südturms erkennbar.“

Schloss Senden, eines der zahlreichen Wasserschlösser im Münsterland, ist Teil der „100-Schlösser-Route“, einem beliebten Fahrradweg in der Region. Im späten Mittelalter von den Freiherren Droste zu Senden errichtet, können Besucher an diesem Ort über 500 Jahre Baugeschichte erfahren. Sein ältester Teil, das Herrenhaus von 1460, ist mit seinem Dreistaffelgiebel beispielgebend für die Renaissance im Münsterland. Das Schloss wurde im Zweiten Weltkrieg von britischen Soldaten besetzt, verwüstet und geplündert. Nach dem Verkauf durch die Familie Droste zu Senden 1957 beherbergte es wechselnde Nutzungen: ein Handelsschulinternat, eine Altenpension und schließlich einen Hotelbetrieb. Dieser wurde jedoch Ende der 1990er-Jahre nach einem Brand im Dachstuhl geschlossen. Damit war die denkmalgeschützte Bausubstanz dem Verfall preisgegeben – bis der eigens zu diesem Zweck gegründete gemeinnützige Verein Schloss Senden e.V. die Liegenschaft erwarb. Ziel des Trägervereins ist es, Schloss und Schlosspark zu einem Ort der Kultur, der Geselligkeit, der Ruhe und Entspannung zu machen.

Sanierung mit Kantprofilen

Dank der finanziellen Unterstützung durch verschiedene Institutionen, großzügiger Spenden engagierter Bürger und nicht zuletzt des ehrenamtlichen Engagements jugendlicher Helfer im Rahmen der Aktion „Jugendbauhütte“ macht die Restaurierung des Baudenkmals seither große Fortschritte. Einer der Meilensteine, die den Verlauf der Arbeiten kennzeichnen, ist die neue Bedachung des Südturms und sein neuer oberer Abschluss mit einer Konstruktion aus Kantprofilen, die die Kontur des einstigen Turmhelms nachzeichnet.

Zu dem Zeitpunkt, als Mensen in die Planung einbezogen wurde, stand der Turm kurz vor dem Verfall. Jahrelang hatte es in das Dach hereingeregnet und die gesamte Dachkonstruktion aus geschwungenen Eichenbalken war mit extremen Bauschäden behaftet. Sie wurde zunächst gestützt und stabilisiert, dann dokumentiert und schließlich demontiert. Bei der Erstellung des neuen Gefüges wurden, ganz im Sinn des Denkmalschutzes, die noch verwertbaren Teile wieder verbaut. Anschließend wurde die Holzkonstruktion mit gelegten Fälzen aus vorbewittertem Zinkblech neu eingedeckt.

Rekonstruktion nach Fotos

Der weitere Aufbau des Turms war noch auf Fotos dokumentiert. Lediglich die nach außen durchgehenden Ständer, die ursprünglich den Turmhelm trugen, waren noch vorhanden, jedoch stark angefault. „Die Turmspitze war während des Kriegs durch ein notlandendes Flugzeug beschädigt und nicht wieder aufgebaut worden,“ erläutert Mensen. Eine originalgetreue Rekonstruktion, wie sie auf den Fotos ersichtlich war, schied jedoch aus: „Ein neu gebauter Turm“, so Mensen, „muss immer in seinen Fußpunkten verankert werden. Das war aufgrund der Gegebenheiten aber nicht möglich.“ Wegen dieser Einschränkung und auch wegen der beschränkten finanziellen Mittel entschied man sich in Abstimmung mit der Denkmalpflege, lediglich die Kontur des alten Turmhelms mit einem Stahlbau nachzuzeichnen – als Zitat dessen, was einmal gewesen ist.

Die historischen Fotos wurden über ein CAD-Programm skaliert, in Proportion gesetzt und daraus die neue Konstruktion aus Kastenprofilen entwickelt. Dass sie den statischen Erfordernissen der Neuzeit entsprechen, dafür trug Prof. Ulrich Vismann Sorge. Den Nachbau des Turms fertigte die Firma Lindenschmidt Stahl- und Metallbau in Münster. Der Turmhelm wurde in einzelnen Segmenten so erstellt, dass diese noch transport- und montagefähig waren. Limitierender Faktor war die Größe des Krans, der auf dem Grundstück platziert werden konnte. Die gesamte Konstruktion besteht aus vier Segmenten: einem flachen Fußelement, einem zylinderförmigen unteren Segment aus gebogenen Kastenprofilen, dem nach oben spitz zulaufenden oberen Segment und schließlich der Wetterfahne. Das Dach hat die Firma Kleinwechter & Böker in Havixbeck gedeckt.

Das Fußelement

Das Fußelement ist auf der äußeren Verlängerung der innen angeordneten Ständer montiert und fungiert als Abstandhalter zur Dachkonstruktion. Es gewährleistet eine durchdringungsfreie Montage, die die Dachhaut (Dachdichtung und -dämmung) nicht berührt. Darauf aufgesetzt wurde ein kreisförmiger Zylinder. Er addiert sich aus acht zu einem um 180 Grad gedrehten „U“ gebogenen Kastenprofilen, die in ihrem unteren und oberen Anschluss von einem Ring zusammengehalten werden. Nun folgt der Turmspitz aus wiederum acht Kastenprofilen. Sie sind in ihrem unteren Drittel nach außen gewölbt und laufen im oberen Drittel spitz zusammen. Drei Ringe, deren Durchmesser sich nach oben verjüngt, stabilisieren die Konstruktion. Die Wetterfahne lagert in der für die Kranmontage ohnehin erforderlichen Hülse. Für den sicheren Transport wurde eine Öse eingeschraubt und später wieder entfernt. ⇥red ◊

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