Von nichts kommt nichts
Internationalisierung im MetallbauImmer wieder wagen Metallbauer die Expansion ins Ausland. Betriebswirtschaftlich ist dabei ja auch einiges drin, allerdings muss so eine Markterweiterung sehr, sehr gut vorbereitet sein. Neben dem technischen Know-how oder dem Vertrieb spielen besonders die bürokratischen Hürden eine tragende Rolle. Zwei deutsche Metallbauunternehmen berichten von ihren Erfahrungen in England, Skandinavien und Spanien.
Der Betrieb Feldhaus Fenster + Fassaden ist vorwiegend im deutschen, englischen, skandinavischen und luxemburgischen Markt tätig. Hinzu kommen immer wieder Einzelprojekte auf der ganzen Welt. Derzeit sogar auf den Seychellen, und sonst in Island, Belgien, aber auch im Irak oder auf Grenada. In den letzten drei Jahren wickelte Feldhaus neben Projekten auf dem deutschen Markt vor allem Projekte in England und Luxemburg ab. Zurzeit arbeitet das Unternehmen an sechs Großbaustellen im Londoner Raum sowie an zwei Bauvorhaben in Luxemburg. Gesellschafter Justus Feldhaus verliert dabei den deutschen Markt allerdings nie aus den Augen: „Wir versuchen immer, eine Balance zwischen dem nationalen und internationalen Markt herzustellen.“
Unterschiede der Märkte
Ein Fassadenhersteller muss architektonische Forderungen umsetzen, technische Anforderungen erfüllen und preislich attraktiv anbieten. Die Prioritäten sind allerdings nicht in jedem Land dieselben. Für Feldhaus sind besonders die drei Märkte Deutschland, England und Skandinavien interessant. Das Unternehmen kategorisiert und priorisiert deshalb bei einem Bauvorhaben drei generelle Anforderungsbereiche, wobei der Preis natürlich immer ein entscheidendes Kriterium darstellt: „Der englische Markt fokussiert sich auf die architektonischen Anforderungen und deren definitive Umsetzung“, sagt Feldhaus. „Die technische Umsetzung ist eher zweitrangig, während der Preis – zumindest in unserem Objektprofil – erst an dritter Stelle steht.“ Bei Projekten auf dem luxemburgischen Markt ist das Verhalten vergleichbar. „Die skandinavischen Auftraggeber dagegen stellen vor allem die technische Lösung in den Vordergrund. Dann kommt die architektonische Lösung und schlussendlich der Preis“, sagt Feldhaus.
Vergleicht man das Verhalten mit Deutschland, ergibt sich nach diesem Schema ein gegensätzlicher Trend: Für Bauherren ist hier vor allem der Preis ausschlaggebend. „Nach dem Preis“, sagt Feldhaus, „folgt die Umsetzung der technischen Anforderungen, ehe sich das Architektonische anschließt.“ Aus Sicht des Projektleiters fallen Christian Unfeld von Feldhaus auch immer wieder Unterschiede auf: „Gerade in England liegt der Fokus sehr stark auf Fortschritt am Bau und auf der Montage“, sagt er. „Hier wird viel Zeit investiert, Abläufe so sicher wie möglich zu gestalten und die Montage insgesamt zu optimieren. Design und Technik müssen zwar auch stimmen, jedoch sind die Anforderungen meist klar beschrieben und erreichbar.“ In Skandinavien zeigt sich Unfeld deutlich, wie stark auf die technischen Qualitäten der Fassade selbst Wert gelegt wird. „Die U-Werte der Fassade werden immer besonders niedrig angesetzt. Gleichzeitig soll der Preis ebenfalls so niedrig wie möglich sein.“ Um einen zufriedenstellenden Weg zu finden, müssen die Vor- und Nachteile möglicher Optimierungen mit dem Kunden abgewogen werden.
Der Markt in GB
Am englischen Markt hat sich durch die Brexit-Verhandlungen in den letzten drei Jahren einiges verändert. Justus Feldhaus erlebte den Wandel weg von einer Marktabschöpfung hin zu einem hoch kompetitiven Markt: „Früher konnten wir in einen gut funktionierenden Markt mit vergleichsweise hohen Preisen reingehen. Durch das Brexit-Drama ist allerdings das Verhalten der englischen Investoren eher zurückhaltend. Der Wettbewerb wird bei diesem knapperen Markt größer und unsere Vertriebsarbeit anspruchsvoller und kapazitätsintensiver.“ Auch für Projektsteuerer bringt die aktuelle politische Lage einen hohen Grad an Unsicherheit mit sich. Die Unklarheit über potenzielle neue Handelsregelungen, die künftigen arbeitsrechtlichen Bestimmungen und die Währungskursentwicklung wirkt sich stark auf die Budgetplanung der Bauvorhaben aus und lässt die Verantwortlichen zögern. Das bestätigt Feldhaus: „Binnen der nächsten Monate stehen wir als Unternehmer vor der Aufgabe, diese Entwicklungen genauestens zu analysieren und entsprechend zu handeln.“ Feldhaus geht aber weiterhin davon aus, die Stellung im englischen Markt aufgrund der guten Kundenbeziehungen zu halten.
Chancen und Herausforderungen in GB
Der englische Markt hat viele Vor- und Nachteile. Ein Vorteil geht mit dem anhaltenden Bauboom einher: Bauherren realisieren oft viele Objekte parallel. In der Regel generieren Unternehmen dadurch Folgeaufträge. Eher von Nachteil sind die vergleichsweise hohen Lohnkosten. Anders die Kautionspflichten. Die sind ähnlich wie in Deutschland und werden in Großbritannien durch sogenannte Bonds abgedeckt. Bezüglich der Meldefristen und Konventionalstrafen benennt Feldhaus-Projektleiter Christian Unfeld vor allem Vertragsverhandlungen als Problem. Diese sind deshalb so heikel, weil die Verträge oft das gesamte Risiko beim Auftragnehmer sehen: „Jeder Bauunternehmer in England hat seine eigenen Werkverträge. Diese sind genauestens zu lesen und müssen bei Vertragsabschluss besprochen werden, da bestimmte Passagen gestrichen oder umgeschrieben werden müssen. Damit stellen wir sicher, dass wir unsere eigenen Interessen wahren können.“
In Sachen Meldeverfahren, Kontrollen, geplante Vorschriften hat ein Metallbaubetrieb in England mit deutlich mehr Aufwand zu rechnen. Der sogenannte British Standard (BS) erfordert oft höhere Anforderungen gegenüber Deutschland. Darüber hinaus sind in England einige Normen so speziell, dass eine Prüfung oder Zertifizierung nur dort möglich ist. Das Gleiche gilt für die Meldeverfahren. Hier wird der Metallbauer stark in die Pflicht genommen, sich mit den Behörden sowie der Versicherungsgesellschaft kurzzuschließen. „Auch in dieser Hinsicht ist der Aufwand auf der Baustelle gegenüber Deutschland stark erhöht“, sagt Unfeld. „Als Aller erstes benötigt jeder, der eine Baustelle betreten möchte, eine Fortbildung, um eine sogenannte CSCS-Karte zu erhalten. Diese Karte ermöglicht dann den Zugang zur Baustelle.“ Weiter ist für jeden Arbeitsablauf ein Method Statement vorzulegen, in dem die Arbeiten genauestens beschrieben werden und alle Risiken bei der Ausführung beurteilt werden müssen. Erst nach Freigabe durch den Auftraggeber darf mit den Arbeiten begonnen werden. „Hierdurch entsteht ein erheblicher Mehraufwand, bis überhaupt das erste Fensterelement vor Ort montiert werden kann“, sagt Unfeld.
Skandinavien
Bezüglich der Kautionspflichten, Meldefristen, und Konventionalstrafen gibt es in den skandinavischen Ländern kaum nennenswerte Unterschiede zu Deutschland. Ebenso verhält es sich mit den Meldeverfahren, Kontrollen oder Vorschriften. „Allerdings“, sagt Unfeld, „ist in Skandinavien darauf zu achten, dass der Nachunternehmer entweder aus dem jeweiligen Land kommt oder Mitglied in der Gewerkschaft ist.“ Die Lohnkosten dagegen verhalten sich eher wie die in England.
Starke Partner sind wichtig
Für alle internationalen Projekte ist auch ein Betrieb in der Größe von Feldhaus auf Mithilfe der Systempartner angewiesen. Christian Unfeld weiß das sehr zu schätzen: „Es ist sehr wichtig, dass uns vor Ort alle Dokumente in Englisch vorliegen und dass wir überall Vertreter unserer Systempartner zum Kunden mitnehmen können.“ Dank der nationalen Niederlassungen in England und Skandinavien hat Feldhaus Zugang zu den marktspezifischen Informationen wie zum Beispiel Prüfberichten und Zertifikaten im BS oder zu markspezifischen Artikeln, die es in Deutschland so gar nicht gibt. „Unterstützung erhalten wir aber nicht ausschließlich von unseren Systempartnern“, sagt Unfeld. „Unser Netzwerk an Zulieferern muss diesen Anforderungen ebenfalls entsprechen.“ Viel Unterstützung erhält der westfälische Betrieb darüber hinaus seitens der Nachunternehmer für die Logistik und auch die Architekten haben sich immer wieder als gute Berater in länderspezifischen Angelegenheiten wie Brandschutz oder Nachhaltigkeit herausgestellt.
Spanien
Andreas Grimm, Geschäftsführer von Dallwig in Kassel ist zwar vorwiegend auf dem deutschen Markt tätig, aber er hat bereits erste Erfahrungen über die deutschen Landesgrenzen hinweg gesammelt. Und zwar auf Mallorca. Auch für Grimm waren starke Partner bei der Realisierung sehr wichtig. „Als Unternehmer ist man zwar erst einmal auf sich selbst gestellt. Vor allem, weil sich nicht ortsansässige Auftraggeber oder Architekten des Verwaltungsaufwandes nicht bewusst sind. Sie zeichnen, planen und fordern dem Unternehmen stetigen Einsatz ab.“ Das ist allerdings aufgrund der vielen Regularien für einen Metallbaubetrieb nicht immer sofort erfüllbar. Dieser muss zunächst Ansprechpartner ermitteln und Kontakt aufnehmen. Das braucht in der Regel Zeit und starke Partner. „Bei unserem Abenteuer Spanien war auf jeden Fall die Bayern Handwerk International GmbH aus Nürnberg sehr hilfreich“, sagt Grimm. „Dort fanden wir sehr schnell kompetente Ansprechpartner, die uns jederzeit zur Seite standen.“
Eine andere Mentalität
Um in Spanien tätig zu werden, sind viele Details im Vorfeld zu beachten und viele bürokratische Hürden zu nehmen. Dem ausländischen Unternehmen wird viel abverlangt und nicht selten ist von der EU-Konformität nur wenig bis nichts zu spüren. „Die Bürokratie vor Ort scheint hie und da noch unüberwindbarer zu sein als in Deutschland“, sagt Grimm. „Vor Ort auf der Baustelle merkt man recht schnell, dass die deutsche Mentalität eine andere ist.“ So berichtet er, dass feste Terminvorgaben oft nicht eingehalten werden und die Koordination mit den dortigen Unternehmen oft schwierig sei, sodass es auch vorkommen kann, dass das deutsche Unternehmen alles für den bevorstehenden Einsatz in Spanien in die Wege leitet, die Baufirmen vor Ort aber ihre Leistungen noch nicht erbracht haben. In so einem Fall tut ein Unternehmen gut daran, einen guten Bauleiter oder Architekten zu haben, der den Terminplan nie aus den Augen verliert. Da der spanische Arbeitsmarkt mit einer hohen Arbeitslosigkeit zu kämpfen hat, muss sich ein Unternehmer aus dem Ausland natürlich dessen bewusst sein, dass er nicht immer willkommen ist. Grimm fügt hinzu: „Bei ausländischen Baustellen ist der Unternehmer aus Deutschland in der Regel nicht ständig vor Ort, sodass man viel Vertrauen haben muss und immer eine finanzielle Rücklage für das Projekt bilden sollte.“
Hoher Verwaltungsaufwand
In Spanien ist der Verwaltungsaufwand sehr hoch: Es müssen sowohl die Steuernummer jedes Geschäftsführers als auch die der Firma beantragt werden. Weiter muss die sogenannte REA-Nummer beantragt werden, ohne die kein Unternehmen vor Ort tätig werden darf. Auch ein ortsansässiger Steuerberater ist zu beauftragen, der quartalsmäßig die Umsatzsteuervoranmeldungen sowie die Jahressteuererklärung einreicht. Weiter muss die Betriebsstätten-Thematik abgeklärt werden, ein Arbeitssicherheitskonzept offiziell in spanischer Sprache erstellt und eingereicht werden. Damit nicht genug! Bei jeder Entsendung der Mitarbeiter müssen Entsendemitteilungen erstellt und an die spanische Behörde gesendet werden.
Hinzu kommen ganz einfache administrative To-dos wie Flüge, Unterkünfte und Mietwagen buchen usw. 2018 kam noch eine weitere Hürde hinzu: Jedes ausländische Unternehmen muss für jeden Mitarbeiter, der vor Ort tätig ist, eine Gehaltsabrechnung nachweisen, die der Mitarbeiter auf der Baustelle vorzeigen kann. Der Nachweis ist via Kontoauszug des Mitarbeiters zu erbringen, weiter muss jeder Mitarbeiter eine Liste über seine Reise- und Arbeitszeit vor Ort führen, die täglich erbracht wird. Außerdem muss auf jedem Beleg, der vor Ort ausgestellt wird, die spanische Umsatzsteuer-ID des Unternehmens aufgedruckt werden. Das betrifft Tankquittungen ebenso wie Einkäufe in Baumärkten oder im Fachhandel etc. „Wir konnten auf Mallorca nur mit diesem irren Verwaltungsaufwand die Steuern als Vorsteuer geltend machen“, erzählt Grimm. „Unseren Mitarbeitern auf der Baustelle haben wir deshalb eine Mappe zusammengestellt, in der alle wichtigen Unterlagen enthalten waren für den Fall einer Prüfung auf der Baustelle.“
Fazit
Im Vergleich zu diesem hohen Aufwand halten sich die Chancen bei der Internationalisierung für einen Betrieb trotzdem die Waage. Zumindest für den Betrieb Dallwig. „Wir gestatten uns eben nicht, uns auszuruhen, und wir wollen uns nicht darauf verlassen, dass eine derzeitige gute Auftragslage auch in Zukunft bestehen bleibt“, verkündet Grimm. „Stets neue Ideen im Kopf zu haben und dabei mitunter kniffelige Aufgaben anzugehen, sollte einem Unternehmer immer bewusst sein. Von nichts kommt nichts!“
Statement aus dem Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Energie und Technologie
„Die bayerische Wirtschaft, Global Player ebenso wie Mittelstand, ist wie kaum eine andere Region in der globalen Wirtschaft verflochten. Dies ist die Basis für Wachstum und Wohlstand in Bayern. Der Erfolg im internationalen Geschäft ist für die bayerische Wirtschaft überlebenswichtig. Gerade kleine und mittlere Unternehmen (KMU) stehen bei der Internationalisierung ihres Geschäfts aber vor besonderen Herausforderungen.
Deshalb unterstützt das Bayerische Wirtschaftsministerium vor allem die Internationalisierung von KMU, auch aus dem Bereich des Metallbaus, im Rahmen seiner Außenwirtschaftsförderung als Teil der bayerischen Mittelstandspolitik und als service-orientierter „Kümmerer“ für die Belange der Wirtschaft durch ein breites Instrumentarium. In der operativen Umsetzung arbeitet das bayerische Wirtschaftsministerium eng mit seiner Tochtergesellschaft Bayern International und mit den bayerischen Wirtschaftsorganisationen zusammen.
Das Angebot der bayerischen Außenwirtschaftsförderung reicht vom Exporteinsteigerprogramm „Fit für Auslandsmärkte – Go International“ über das Messebeteiligungsprogramm und unsere Unternehmerdelegationsreisen ins Ausland bis hin zum Netzwerk an Auslandsrepräsentanzen in über 20 Ländern, um nur einige Beispiele zu nennen.“
Infos & Kontakte
Eine Übersicht über das Instrumentarium der bayerischen Außenwirtschaftsförderung mit den Ansprechpartnern unter:
www.aussenwirtschaft-in-bayern.de/foerderinstrumente
Dort finden sich auch spezielle Angebote für Metallbauunternehmen wie Messebeteiligungen oder auch Seminare zum Beispiel zu Themen des Zolls oder der Exportkontrolle.