Interview

Wolfgang Witte, Geschäftsführer

„Wir sind geschult und zertifiziert!“

Um Brandschutzbeschichtungen auf Stahl aufzutragen, müssen die Mitarbeiter geschult und der Betrieb vom Hersteller zertifiziert sein. Der Experte für Oberflächentechnik Wolfgang Witte vom Betrieb Witte in Emleben berichtet über seinen Auftrag für das Stadt-Bad Gotha.

metallbau: Herr Witte, welche Anforderungen hat das Referenzobjekt Stadt-Bad Gotha an den Stahlbrandschutz gestellt?

Wolfgang Witte: Gesucht war ein Produkt, das auch bei hoher Luftfeuchtigkeit und chlorhaltigem Wasser keine Einbußen in seiner Leistungsfähigkeit zeigt. Die Brandschutzbeschichtung Sika Unitherm Platinum erfüllte diese Anforderungen, da sie über hervorragende Korrosions- und Brandschutzeigenschaften verfügt. Außerdem ist das Produkt lösemittelfrei, was eine weitere Anforderung bei diesem Objekt war.

metallbau: Benötigen Sie als Beschichtungsunternehmen spezielle Weiterbildungen und Zertifikate um Brandschutzbeschichtungen auf Stahl aufzutragen?

Witte: Als Platinum-Verarbeiter sind wir von Sika geschult, zertifiziert und seit 2019 als Premium-Partner beurkundet. Dies ist eine dokumentierte Grundvoraussetzung, um diese Art von Stahlbrandschutzbeschichtungen ausführen zu dürfen.

metallbau: Inwiefern unterscheiden sich die Möglichkeiten, Brandschutzbeschichtungen in den Produktionshallen bzw. auf der Baustelle aufzutragen?

Witte: Eine Baustelle ist je nach Gegebenheiten schwer zugänglich, hinzu kommen Witterungseinflüsse und Temperaturschwankungen. Die Beschichtungsarbeiten gestalten sich deshalb meist sehr schwierig und zeitintensiv, außerdem sind aufwendige Einhausungen notwendig. In der Produktionshalle können Stahlbauteile unter kontrollierten Bedingungen beschichtet werden. Je nach Hallenkapazität ist es daher möglich, größere Mengen gleichzeitig zu bearbeiten und somit größere Projekte termingerecht umzusetzen.

metallbau: Unter welchen Umständen kann die Beschichtung erst auf der Baustelle aufgetragen werden und unter welchen bereits im Werk?

Witte: Ob die Beschichtungsarbeiten bereits im Werk stattfinden können, hängt vom Material ab. Der Beschichtungsstoff muss eine sehr robuste Oberfläche vorweisen, um den Transport und die Montage ohne Beschädigungen überstehen zu können. Denn jeder Mangel in der Oberfläche beeinträchtigt im Brandfall die Funktionsfähigkeit des Dämmschichtbildners. Darüber hinaus muss er in kurzer Zeit aushärten, damit die Kapazitäten im Werk für weitere Abläufe nicht blockiert werden. Die bisher eingesetzten 1-K-Dämmschichtbildner erfüllten diese Anforderungen nicht, weshalb der Brandschutz meist erst nach der Montage vor Ort appliziert werden konnte.

metallbau: Mit welcher Variante verbinden sich welche Vor- und Nachteile?

Witte: Wie bereits erwähnt, bringt die Beschichtung im Werk zahlreiche Vorteile: Kontrollierte Bedingungen für das Beschichten, schnellere Taktzeiten und termingerechte Lieferung zur Abwicklung größerer Projekte. Der Haken daran: Die Materialkosten für die 2-K-Epoxy-Technologie sind gegenüber herkömmlichen 1-K-Produkten deutlich höher, doch wird dafür enorm an Bauzeit und Nebenkosten eingespart. Denn die Vor-Ort-Arbeiten mit 1-K-Material müssen in den Bauablauf integriert werden und verlängern diesen dadurch erheblich.

metallbau: Ist es inzwischen selbstverständlich, dass Brandschutzlösungen auch Korrosionsschutz bieten?

Witte: Das ist nicht selbstverständlich. Beim Einsatz von herkömmlichen 1-K-Beschichtungen benötigen die Stahlbauteile eine Grundierung als Korrosionsschutz, bevor sie auf die Baustelle geliefert werden können. Dadurch ist immer ein vorgelagerter Arbeitsschritt im Werk nötig. Als erste Brandschutztechnologie am Markt bietet der 2-K-Dämmschichtbildner Sika Unitherm Platinum Korrosionsschutz ohne Grund- und Deckbeschichtung. Damit werden Anforderungen bis zur Korrosivitätsklasse C3 bereits mit einer Schicht erreicht.

metallbau: Seit wie vielen Jahren nutzen Sie Sika Unitherm Platinum? Für welche Anwendungen ist dieses Produkt speziell geeignet?

Witte: Aufgrund der langjährigen guten Partnerschaft mit Sika und unserem Know-how in Sachen Oberflächentechnik haben wir die Produkte seit der Markteinführung 2010 begleitet und als erstes Beschichtungsunternehmen in der Praxis erprobt. Sika Unitherm Platinum eignet sich ohne Grund- und Deckbeschichtung problemlos für den Einsatz im Innen- und Außenbereich bei sämtlichen Feuerwiderstandsanforderungen von R30 bis R120.

metallbau: Anhand welcher Parameter stellen Sie im Allgemeinen fest, ob Produkte für den Stahlbrandschutz gut geeignet sind oder weniger?

Witte: Für diverse Anwendungsgebiete sind geprüfte und zertifizierte Systeme die elementare Voraussetzung. Wir bauen darüber hinaus auf ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis der Produkte. Sie müssen hervorragende Verarbeitungseigenschaften aufweisen, damit ein optimaler Prozessablauf sichergestellt ist.

metallbau: Inwiefern ist die Arbeit für den Stahlbrandschutz in den vergangenen Jahren übersichtlicher geworden? Welchen Beitrag dazu haben die Hersteller von Brandschutzlösungen geleistet?

Witte: Bisher mussten Stahlbauteile in jedem Fall erst grundiert werden. Zudem wurden die Arbeiten hauptsächlich auf die Baustelle verlagert, weshalb man abhängig vom Wetter oder von aufwendigen Einhausungen war. Mit der Entwicklung der Platinum-Technologie wurde eine höchst wirtschaftliche Verarbeitung ermöglicht, was den Stahlbrandschutz für uns als ausführendes Beschichtungsunternehmen, aber auch für die Objektverantwortlichen erleichtert. Beim 1-K-Brandschutz gab es für uns zahlreiche Probleme mit Auftraggebern aufgrund hoher Schäden bei Transport, Lagerung und Montage. Daher hatten wir uns aus diesem Anwendungsgebiet vollständig zurückgezogen. Erst durch die hervorragenden Eigenschaften der 2-K-Epoxy-Technologie haben wir uns wieder auf das Beschichten von Brandschutzsystemen erfolgreich fokussiert.

x

Thematisch passende Artikel:

Ausgabe 06/2019 Anwenderbericht

Stahlbrandschutz

Effizient & widerstandsfähig

Traditionell werden im Stahlbrandschutz lösemittelhaltige und wässrige 1-K-Beschichtungssysteme eingesetzt. Mit dem Anspruch an eine hohe Innovationsrate und nachhaltige Qualitätsprodukte hat die...

mehr
Ausgabe 04/2018

Haus der Musik in Regensburg

Stahltreppe mit Brandschutz

Das ehemalige Präsidialpalais (1804/05) erhielt nach Erwerb von der Stadt Regensburg als  „Haus der Musik“ neue Aufgaben. Danach wurde das denkmalgeschützte Gebäude am Bismarckplatz im Kern der...

mehr
Ausgabe 12/2017 Wohin die Reise geht …

Treppen & Brandschutz F30

Für „notwendige Treppen“ gelten ab Gebäudeklasse 3 (Landesbauordnungen) brandschutztechnische Anforderungen. Im Fall von Stahltreppen sind diese mindestens in F30/R30 auszuführen, das heißt,...

mehr
Ausgabe 1-2/2017

Sika

Bauchemie mit System

Sika zeigt auf der BAU Systemlösungen der Bauchemie wie Abdichtungen, Beton- und Beschichtungslösungen für alle Bauteile vom Fundament bis zum Dach. Dazu gehören Flachdach- und...

mehr
Ausgabe 04/2018

Brandschutz für Stahlträger

Feuerwiderstand durch Dämmschicht

Beim Brandfall werden die Dämmschichten bei einer Temperatur von 200°C aktiviert, einen Schaum als Schutzwirkung für die Stahlbauteile auszubilden. Die kritische Temperatur von Stahl liegt bei etwa...

mehr