Michael Niebuhr, GF
Niebuhr StahlglastechnikDas Unternehmen in Gardelegen mit einem weiteren Standort in Magdeburg beschäftigt ca. 90 Mitarbeiter und setzt Aufträge im Metall-/Stahl- und Glasbau ausschließlich für die öffentliche Hand um. Die Auslastung der Kapazitäten reicht eineinhalb Jahre voraus, von einer Krise kann also noch nicht die Rede sein.
„Der aktuelle Überhang an Aufträgen ergibt sich auch durch die zahlreichen Bauverzögerungen während der Coronazeit sowie der Ukrainekrise. Im Vergleich zum Dezember 2022 sind die Auftragseingänge um ca. 20 Prozent gesunken. Setzt sich der Rücklauf im Jahr 2024 so fort bzw. steigert sich auf ca. 30 Prozent, dann haben wir sicher ein Problem und Entlassungen lassen sich nicht vermeiden.
Indes ist klar, wenn wir Metall- und Fassadenbauer 2024 Kapazitäten abbauen müssen, dann werden wir nicht zwei oder drei Jahre nach der Beendigung einer eventuellen Bau- oder Zinskrise einfach wieder welche aufbauen können. Wir haben jetzt schon genug Probleme, Fachkräfte zu rekrutieren. Die Jugend möchte nicht mehr auf der Baustelle arbeiten, Monteure und Mitarbeiter für die Produktion sind rar; kurzum, heute möchte sich keiner mehr bei der Arbeit dreckig machen. Zudem finden wir unter der jüngeren Generation nicht die Arbeitskräfte, die unsere Kollegen ersetzen könnten, die sich in den nächsten Jahren in die Rente verabschieden.
Es ist selbsterklärend, dass die Löhne weiter steigen müssen, um die Mehrkosten abzufangen, die nahezu wöchentlich jeden privat treffen. Zudem kennen die Spezialisten und Fachkräfte ihren Marktwert, sodass auch die Lohnkosten die Baupreise weiter in die Höhe treiben. Damit rückt das Bauen für viele Menschen weiter in unerreichbare Ferne, selbst wenn die Zinslage sich beruhigt.
Wenn die Bundesbauministerin Klara Geywitz sagt, wir sollen keine Kapazitäten abbauen, dann sollte sie der Branche Aufträge organisieren und das Bauen wieder bezahlbar machen. Momentan schaut es jedoch nicht so aus, als ob das funktioniert. Dass Investitionen – nicht zuletzt in den Brandschutz – bundesweit für öffentlichen Einrichtungen notwendig sind, zeigt der jüngste Brand in der Helios Klinik in Uelzen, wo leider fünf Menschen sterben mussten.
Gerät die Baubranche, ob im privaten oder öffentlichen Segment, weiter in die Krise, wird sich das auf alle anderen Märkte auswirken. Ein solches Szenario möchte keiner erleben und die Tragweite sich niemand ausmalen.
Ausblick
Wir haben unseren Umsatz seit 2020 jährlich ca. um 20 Prozent steigern können und sind nun optimal ausgelastet. Nichtsdestotrotz fährt das Betriebsmanagement seit der Pandemie im Krisen- und Konsolidierungsmodus — inzwischen im vierten Jahr. Deshalb versuchen wir möglichst kosten- und ressourcenschonend zu arbeiten und sind mit der Investitionsplanung vorsichtig. Mit großen Schritten treiben wir die papierlosen Abläufe im Büro und vor allem in der Produktion voran; für Lösungen und Konzepte kooperieren wir mit der Universität Magdeburg.
Allen Herausforderungen zum Trotz – ich habe ein super Team und meine Arbeit macht mir Spaß. Zugleich mache ich mir aber mehr Sorgen denn je um die Zukunft dieses Landes, des Unternehmens und um die politischen Entscheidungen, die unsere Firma mittelbar und unmittelbar betreffen. Ein Stopp oder Einschränkungen der Investitionen für die öffentliche Hand würde eine Insolvenzwelle nach sich ziehen. Der Abbau von wertschöpfenden Kapazitäten wäre für den Mittelbau des Landes existenzgefährdend. Das hört sich inzwischen wie eine Floskel an, aber wir sollten nicht müde werden, die Absurdität der Entscheidungen der Bundesregierung für den Bausektor aufzuzeigen und im Gespräch mit der Politik zu bleiben.“