Multifunktionale Türen

Weniger Verdruss bei klarer Verantwortung

Automatisierte Türen gehören zu den Bereichen am Bau mit besonders hoher Quote von Reklamationen und Bedarf an Nacharbeiten. Der Grund für diese Fehleranfälligkeit: Türanlagen müssen mittlerweile sehr viel mehr können als sich einfach zu öffnen und zu schließen. Günther Weizenhöfer, Team Lead Customer & Building Project Management bei Geze erklärt, auf welche Aspekte Türbauer und Monteure achten sollten.

Wer beim Einbau von automatischen Türanlagen für was verantwortlich ist, lässt sich oft gar nicht so einfach zurechnen oder ist in der Ausschreibung nicht benannt. Multifunktionale Anforderungen an kraftbetätigte Türen gestalten Planung und Montage komplex, bei Türanlagen überschneiden sich verschiedene Gewerke, Planungs- und Bauphasen. Frühzeitiges Abklären von Verantwortlichkeiten und Aufgaben bringt gerade dem Monteur Vorteile und Schutz vor Regressforderungen.

Herausforderungen für alle Gewerke

An Türanlagen in gewerblich genutzten Gebäuden mit viel Publikumsverkehr wie Krankenhäusern, Behörden und Museen werden viele Ansprüche gestellt: Sie sollen nicht nur das Betreten und Verlassen von Gebäuden bzw. Gebäudeteilen reibungslos gestalten. Sie müssen Barrierefreiheit ermöglichen und sie sind ein zentrales Element des Brandschutzes. Gefordert ist aber auch einfache Bedienbarkeit und niedrige Störanfälligkeit.

Ohne den entsprechenden Vernetzungsgrad geht bei so einem Anforderungsprofil gar nichts. Das heißt: Zusätzlich zur reinen Energieversorgung muss so eine Türanlage auch noch mit der entsprechenden Steuerungselektronik ausgestattet und in die Gebäudesteuerung integriert werden.

Dass bei der Komplexität der Aufgaben und der Anzahl an Gewerken, die mit der Türanlage beschäftigt sind, Fehler passieren, ist eigentlich gar nicht so verwunderlich. Im Folgenden ein typisches Szenario, das zu einer Reklamation führen kann:

Der Metallbauer baut die Tür ein, hat aber keine Beauftragung, sich um die Verkabelung der Elektrik und Elektronik zu kümmern. Der Elektriker legt seine Kabel bis zur Tür, schließt aber die Kabel der Türkomponenten nicht an, weil er keinen Auftrag dazu hat. Der Errichter kümmert sich um spezielle Aufträge, kennt aber das Gesamtkonzept für die Tür nicht. So kommt es, dass Türen häufig nicht „fertiggebaut“ sind oder nicht so funktionieren, wie vom Bauherrn gewünscht. Der Zeitverzug und die Kosten für das Nacharbeiten sorgen für Verdruss und Ärger.

Rechtliche Aspekte und Normen

Zum wirtschaftlichen Risiko, das aus einem unzureichenden Projekt-Management rund um multifunktionale Türanlagen entstehen kann, kommen bei automatisierten Türen und -anlagen auch noch rechtliche Risiken: Fenster, Türen und Türanlagen spielen für den Brandschutz, der durch umfassende Normen und gesetzliche Vorgaben geregelt ist, eine wichtige Rolle. Im Dezember 2023 wurde beispielsweise vom Deutschen Institut für Bautechnik (DIBT) eine Mitteilung zum Einbau von Feuerschutzabschlüssen (Innentüren) in Wände und zum Anschluss an Bauteile veröffentlicht. Auch Informationen zu zulässigen Änderungen und Ergänzungen an Feuerschutzabschlüssen werden seitens des DIBT veröffentlicht. Das sind aber bei Weitem nicht die einzigen Regeln, die für automatisierte Türen oder Türanlagen gelten. So sind Türen und Türanlagen, aber natürlich auch Fenster, die sich durch einen motorisierten Antrieb selbst bewegen können, als Maschinen definiert. Damit fallen sie immer unter die sogenannte Maschinenrichtlinie der EU (Richtlinie 2006/42/EG). Was das genau heißt, differenziert sich dann noch einmal nach Tür- und Antriebsart sowie dem Einsatzbereich aus.

Das besondere Benutzungsprofil von automatischen Türen macht die Normen- und Vorschriftenlage auch so anspruchsvoll: Während die meisten anderen Arten von Maschinen von Menschen bedient werden, die dafür ausgebildet oder geschult worden sind, ist das bei Türen in den meisten Fällen nicht so. Im Gegenteil: Üblicherweise sollen sich die Benutzer so wenige Gedanken wie möglich darüber machen, wie sie die Tür begehen. Gestalterisches und technisches Ideal für Türen im Publikumsbereich ist, dass sie von jedem intuitiv und sicher benutzt werden können. Ganz besonders auch von Kindern sowie von Menschen, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind, und auch dann, wenn es zu einer Fehlfunktion kommt. Das heißt: Die Konstruktion der gesamten Türanlage muss sicherstellen, dass auch bei einer Fehlfunktion, einer Fehlbedienung oder bei einem Unfall die Benutzer so weitgehend wie möglich vor Schäden, wie zum Beispiel Quetschungen, geschützt sind.

Verantwortlichkeiten frühzeitig klären

Die wenigsten Normen und gesetzlichen Vorgaben, die automatisierte Türanlagen betreffen, machen tatsächlich starre technischen Vorgaben, sondern definieren Ziele oder Bedingungen, die zu erreichen sind. Wie konkret die Umsetzung geschieht, liegt in erster Linie bei den für die architektonische und technische Ausgestaltung Verantwortlichen. Sie geben den Gewerken am Bau damit oft sehr viel vor, nicht selten bis hin zum konkreten Türmodell inklusive Antriebslösung.

Gar nicht so selten stellt sich erst auf der Baustelle heraus, im schlechtesten Fall erst bei der Inbetriebnahme, dass geforderte Türfunktionen so gar nicht umsetzbar sind, miteinander in Konflikt stehen oder wesentliche Angaben zur Umsetzung fehlen: Dem hohen Komplexitätsgrad der Tür steht auftraggeberseitig nicht selten ein Projektmanagement gegenüber, das diese Komplexität nicht auf dem Schirm hat.

Für Metallbauer, die diese Türen montieren sollen, kann sich daraus eine unbefriedigende Situation ergeben: Es drohen Terminverzögerungen und Kostensteigerungen, für die man selbst nicht die Ursache ist. Im schlimmsten Fall drohen Rechtsstreitigkeiten, wer für eventuelle Unfallfolgen haftbar gemacht werden kann.

Kritischer Blick auf Ausschreibungen

Doch Projekte für multifunktionale Türen bieten Metallbauern auch die Chance, mit ihrer Erfahrung und fachlichen Kompetenzen zu punkten: Mit einem kritischen Blick auf die Ausschreibungsunterlagen lassen sich manche potenziellen “Problemzonen” bereits im Vorfeld identifizieren, und man kann Gegenmaßnahmen ergreifen: zum Beispiel bei den ausschreibenden Unternehmen nachhaken und Unterlagen nachfordern. Eine Maßnahme, die sich eigentlich immer empfiehlt, auch bei umfassend formulierten Ausschreibungen: Metallbauer sollten sich so früh wie möglich mit den Verantwortlichen für die anderen Türgewerke wie Elektriker und Technische Gebäudeausrüstung zusammensetzen. Unterstützung bietet zudem der Support der Zulieferer: angefangen von umfassenden Montageanleitungen über Schritt-für-Schritt-Videos bis hin zu der direkten Beratung vor Ort auf der Baustelle.

www.geze.de

Auswahl an Normen und Richtlinien, die für automatisierte ­Türanlagen gelten können und deren Relevanz geprüft werden muss:

· DIN 18650 (Teil 1und 2), 2010

· DIN 18040 – Barrierefreies Bauen, 2010

· DIN EN 16005, 2013

· DGUV Vorschrift 82 „Kindertageseinrichtungen“, 2007

· DGUV Information 208-022 Türen und Tore, 2017

· ASR 1.7 – Technische Regeln für Arbeitsstätten – Einrichten und Betreiben von Türen und Toren, 2009

· FTA Richtlinie Nr. 5 – Leitfaden zur Risikobeurteilung an automatischen Drehflügeltüren

· FTA Richtlinie Nr. 8 – Bestandsschutz von automatischen Türsystemen

· FTA Richtlinie Nr. 15 – Einführung der DIN EN 16005, 2012

· BVM Richtlinie kraftbetätigte Türen, 2019

· DIN 18093:2017-10, Feuer- und/oder Rauchschutzabschlüsse – Einbau und Wartung

· Mitteilungen des DIBt: Zulässige Änderungen und Ergänzungen an Feuerschutzabschlüssen und   
  Feuerschutzabschlüssen mit Rauchschutzeigenschaften im modifizierten Zulassungsverfahren
  (Stand: 01.12.2009)

· Mitteilungen des DIBt: Feuerschutzabschlüsse (Innentüren), Einbau in Wände und Anschluss an
  Bauteile, Stand: 7. 12. 2023

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