Interview

Nico Oberfrank von Glas Marte

Das Glas wird blickdichter & bunter

Glas Marte verarbeitet auf einer Gesamtproduktionsfläche von 30.000 m2 an zwei Standorten über 10.000 Tonnen Glas pro Jahr. Mit 300 Mitarbeitern erwirtschaftet das österreichische Unternehmen einen Umsatz von 40 Millionen Euro. Am Hauptsitz in Bregenz stellt es Isolierglas und Flachgläser her, in Itter in Tirol, nahe Kufstein, ist man spezialisiert auf die Produktion von VSG-Glas. Nico Oberfrank, Abteilungsleiter Glasgeländer und verantwortlich für den Vertrieb Ostösterreich, stellte sich den Fragen der Redaktion. Er gibt Tipps für den Transport und die Montage und verrät, welcher Trend sich bei Glasgeländern und Schiebeanlagen gerade abzeichnet.

metallbau: Glas Marte konnte den Umsatz der Vorjahre halten, weil Sie mehr öffentliche Aufträge abwickeln. Wie viel macht das umsatzmäßig aus?

Nico Oberfrank: Großprojekte von öffentlichen Gebäuden in den Bereichen Systeme und Glasgeländer werden immer wichtiger für uns. Früher hatten diese Projekte einen Anteil am Umsatz von ca. 15%; mittlerweile liegt der Anteil bei fast 30%. Damit haben wir den Rückgang von 15% im privaten Bereich ausgeglichen.

metallbau: Sie haben viele prestigeträchtige Projekte umgesetzt – zum Beispiel bei ARRI in München, das Mozarteum in Salzburg, auch international sind Sie unterwegs – in New York und England … Wie verteilen sich Ihre Projekte auf die einzelnen Länder?

Oberfrank: Wir generieren unsere Umsätze zu je etwa einem Drittel mit Aufträgen aus Österreich, Deutschland und der Schweiz. Projekte in Amerika und England machten in den letzten Jahren maximal 5% vom Umsatz aus. Da wollen wir aber in Zukunft mehr machen, auch mit Partnern zusammen. Wir haben auch vereinzelt Projekte in anderen Ländern wie beispielsweise Kroatien, Belgien oder Luxemburg.

metallbau: Welche Art von Glas stellen Sie her bzw. verkaufen Sie? Sie haben ja in Bregenz eine eigene Produktionsstätte für Isolierglas …

Oberfrank: Das ist richtig. Zu einem Drittel verkaufen wir Isolierglas, das im Fenster- und Fassadenbau verwendet wird. Der Rest ist dann reines Flachglas, entweder VSG- und ESG-Glas oder Float-Glas.

metallbau: Verbundsicherheitsglas (VSG) aus Einscheibensicherheitglas (ESG) ist teurer als Verbundsicherheitsglas (VSG) aus Floatglas. Warum?

Oberfrank: Im VSG-Glas sind eine oder mehrere Folien verarbeitet; die Statik ist um einiges höher als bei normalem Glas. Im Geländerbereich verarbeiten wir beispielsweise zweimal 8 mm dickes Glas plus vier Folien und haben dann insgesamt eine Glasdicke von 17,52 mm. Wenn ich bei dieser Glasstärke bleiben möchte, aber einen höheren Ausstand beim Geländer haben will – zum Beispiel 1,30 Meter hoch – dann kann ich durch Erhitzen des Glases ein VSG aus Einscheibensicherheitsglas herstellen. Dadurch gelingt es, die statischen Eigenschaften noch weiter zu verbessern. Durch das Erhitzen im Ofen ist der Herstellungsprozess aufwändiger und damit teurer.

metallbau: Beliefern Sie auch Systemlieferanten, die zum Beispiel Glastrennwände herstellen?

Oberfrank: Wir stellen unsere eigenen Schiebesysteme her, auf die wir Patente besitzen. Wir haben nicht die Riesenpalette wie die Systemhersteller, aber wir haben uns auf ein gewisses Portfolio spezialisiert.

metallbau: Dann sind die Metallbauunternehmen Ihre Kunden?

Oberfrank: Ein großer Teil sogar. Unsere Kunden sind Fensterbauer, Metallbauer, Glaser und Schreiner. Wir haben eine eigene Montage, so können wir Privatkunden im Umkreis von 100 bis 200 km direkt beliefern und unsere Produkte selbst montieren. Bei Kunden, die etwas weiter weg sind, arbeiten wir mit den verarbeitenden Unternehmen zusammen. Ein Metallbauer kann aber auch nur die Profile von uns beziehen, also die Schiebeanlage ohne Glas kaufen.

metallbau: Warum sollte er das tun?

Oberfrank: Wenn er beispielsweise in Berlin sitzt, ist das natürlich günstiger, als wenn wir das Glas dorthin transportieren. Und wir sind eben nicht nur Glashersteller, sondern bieten auch die Metallprofile an – das machen nicht viele Glasfirmen. Und unsere Systeme sind so geschätzt, dass Firmen, die weiter weg sind, sich nur die Metallprofile liefern lassen und das Glas dann von einem Glaser vor Ort beziehen. Unsere Glasgeländer stellen wir aber nur im Ganzen her.

metallbau: Der Metallbauer kann die Schiebeanlage aber auch komplett von Ihnen kaufen?

Oberfrank: Ja, natürlich. Das hat dann eben mehrere Vorteile. Unsere Schiebeanlagen sind alle geprüft, haben die statischen Nachweise. Der Metallbauer hat den Vorteil, dass er die Anlage fix und fertig zugeschnitten auf das Maß erhält, das er braucht. Er muss sie dann nur noch gegen die Wand und die Decke schrauben und kleinere Anpassungen vornehmen.

metallbau: Und beim Glasgeländer – warum gibt’s die nur komplett?

Oberfrank: Alle statischen Nachweise, Normen und Zulassungen für Deutschland, Österreich und die Schweiz können wir nur einhalten, wenn wir die Geländer im Werk verkleben. Vor Ort könnte das niemand so verarbeiten, wie wir das hier im Werk tun. Es gibt aber beispielsweise die Möglichkeit für den Metallbauer, die Stahlunterkonstruktion herzustellen. Dann liefern wir nur das Glasmodul mit dem verklebten Einhängeprofil und der Metallbauer muss das Geländer nur noch in die Stahlkonstruktion einhängen. Dann übernimmt der Metallbauer einen Part zum Einbau des Geländers selbst.

metallbau: Sie haben ja schon gesagt, dass unterschiedliche Normen gelten. Wie steht es um die DIN 18008? Hat sich da seit der Einführung vor vier Jahren die Aufregung ein wenig gelegt?

Oberfrank: Es stimmt, dass der Übergang von der nicht mehr gültigen technischen Regel (TRAV) zur neuen Norm etwas holprig war, weil ein paar Formulierungen am Anfang nicht für alle klar waren. Zudem wird heutzutage ab und zu immer noch nach der TRAV ausgeschrieben, obwohl es die Norm DIN 18008 mittlerweile schon lange gibt.

metallbau: Worauf muss man beim Transport von Glas besonders achten?

Oberfrank: Generell lässt sich sagen: Je schwerer und größer die Glasscheiben sind, desto problematischer ist der Transport und das Handling. Glas ist zwar ein Werkstoff, der in der Fläche viel aushält, aber sobald das Glas einen Schlag auf die Kante abbekommt, kann es schnell kaputtgehen. Ein Wunsch vieler Architekten ist es auch, immer breitere Scheiben zu verwenden. Wir können bis zu 5,90 Meter breite Gläser selbst fertigen und liefern. Eine sechs Meter breite Scheibe ist aber oft über 500 Kilo schwer, lässt sich also nur noch mit Kran und Glassaugern handhaben. Daher empfehlen wir Glasbreiten bis zwei Meter. Solche Glasscheiben können die Monteure auch noch mit ihrer Muskelkraft stemmen.

metallbau: Und generell bei der Montage ...?

Oberfrank: Mit unserem Modulprinzip erleichtern wir den Metallbauern die Arbeit.

metallbau: Inwiefern?

Oberfrank: Wir kleben das Metallprofil im Werk schon ans Glas. So ist die untere Kante geschützt und die Monteure können das Modul am Boden abstellen, ohne dass man etwas unterlegen muss. Der Metallbauer bekommt ein fertiges Modul, das er nur noch in die Unterkonstruktion einhängen muss. Über Justierblöcke wird das Geländer fixiert und justiert, alles funktioniert über Schrauben. So kann ein Metallbauer unsere Geländer fast doppelt so schnell einbauen wie andere Geländer, die unten kein Metallprofil haben, und die man dann noch mit Keilen oder Gummidichtungen versteifen und ausrichten muss.

metallbau: Wo gibt es noch „Stolperfallen“ bei der Montage?

Oberfrank: Wichtig ist eigentlich schon vorher die Planung. Ein Riesenthema ist es, wie die Unterkonstruktion montiert und abgedichtet wird. Wo und wie leite ich das Wasser ab, damit es nicht in den Beton oder Ziegel eindringen kann. Dabei unterstützen wir die Architekten und unsere Kunden. Wir haben zum Beispiel Detailschnitte für etwa 300 verschiedene Einbausituationen, die wir den Architekten, Planern und unseren Kunden zur Verfügung stellen.

metallbau: Henryk Ott warnt vor der Gefahr, dass das Glas an den Rändern „milchig“ wird, wenn Feuchtigkeit in die Folie der VSG-Gläser eindringt.

Oberfrank: Ja – der Fachbegriff heißt Delamination. Beim Geländer empfiehlt man daher einen Handlauf, um die oberen Kanten des Glases zu schützen; dann bleibt Regenwasser oder Tauwasser nicht auf der Glaskante oben liegen. Dann ist die Gefahr der Delamination geringer. Steht das Geländer in See- und Meeresnähe oder am Pool, kann es trotzdem vorkommen, dass es seitlich Wasser reinzieht und die Folie Wasser saugt, dann wird das Glas trüb. Wir geben aber Gewährleistung auf unsere Gläser, damit das nicht passiert.

metallbau: Haftet für die Gewährleistung nicht der Verarbeiter?

Oberfrank: Im Glasbereich übernehmen wir die Verantwortung und haften, wenn das Glas normkonform eingebaut wurde. Für die Abdichtung übernehmen wir jedoch keine Gewährleistung, insbesondere dann, wenn diese eigenständig oder extern durchgeführt wird.

metallbau: Metek bietet für seine Weinklimaschränke auch emailliertes Glas an, um dahinter die Profile zu verstecken. Bieten Sie das auch an?

Oberfrank: Ja, wir bieten Emaille- oder Siebdruck an. Es lassen sich verschiedenste Varianten von Formen, Linien und Punkten auf das Glas aufdrucken. Da gibt es eine große Variantenvielfalt an Mustern. Für eine Grundschule in München haben wir T-Shirts und Stoffe ins Glas einlaminiert.

metallbau: Und das wird tatsächlich vermehrt nachgefragt?

Oberfrank: Ja, das kommt im Geländerbereich, bei Innenverglasungen und bei Schiebeanlagen immer häufiger vor. Auch weil der Vogelschutz immer wichtiger wird.

metallbau: Ist es nicht ein wenig „schräg“, wenn die Architekten eigentlich das Glas wegen der Lichtdurchlässigkeit und Transparenz wählen und dann macht man es wieder blickdicht?

Oberfrank: Ich finde es cool, was sich mit Glas alles umsetzen lässt. Meist ist die Fläche nur zur Hälfte bedruckt. So habe ich einerseits einen Sichtschutz und andererseits immer noch die Transparenz. Das finde ich sehr interessant.

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