Roboter im Stahlbau
Arendsen Steel nutzt SchweißroboterDer international agierende Betrieb Arendsen Steel aus den Niederlanden plant für das Jahr 2025, eine Niederlassung in Deutschland zu eröffnen. Der Stahlbauer setzt für seine Konstruktionen selbstprogrammierende IRPS-Schweißroboteranlagen von Exner Ingenieurstechniek ein. Der Anwenderbericht erklärt, warum.
Betrachtet man die geschweißten Bauteile im Stahlbau genauer, so handelt es sich immer um Unikate. Warum das so ist? Schon durch die Fertigung der Stahlträger und Anbauteile sind Abweichungen unvermeidlich. Genau diese müssen in jedem automatisierten Prozess berücksichtigt werden. Daneben weisen die Stahlkonstruktionen ihre projektbedingten Besonderheiten auf, die ebenfalls im Schweißprozess berücksichtigt werden müssen.
Arendsen Steel in Ulft in den Niederlanden hat sich mit Stahl- und Sonderkonstruktionen, Maschinenbau und Treppen international einen Namen gemacht. Die sehr heterogenen Produkte und Aufträge sind ein Grund dafür, dass Schweißroboteranlagen nur bedingt einsetzbar waren. „Obwohl sich z.B. Industriehallen in ihrem Grundaufbau oft ähneln, müssen immer wieder individuelle Anforderungen berücksichtigt werden, die bei einer echten Serienfertigung mit Schweißrobotern zu einem hohen Programmieraufwand geführt hätten“, sagt Arjan Arendsen, geschäftsführender Gesellschafter des Unternehmens. „Eine weitere Hürde für die Automatisierung ergibt sich aus den unvermeidlichen Materialtoleranzen der Bauteile. Durch den Walzprozess im Stahlwerk sind Maßabweichungen im Endprodukt üblich. Daher musste in der Vergangenheit auch bei Kleinserien jedes Werkstück neu programmiert werden – mit der Folge, dass Roboterschweißen nicht immer sinnvoll einsetzbar war.“
Einzelstücke automatisiert schweißen
Arjan Arendsen hat daher den Markt sondiert nach einer Lösung, die flexibel genug ist für die Losgröße 1 in der Schweißerei, denn aus den genannten Gründen handelt es sich bei jedem Teil um ein Unikat. Auf der Suche nach einem geeigneten Produkt fand er die Firma Exner Ingenieurstechniek und das Produkt IRPS – Instant Robot Programming System – des Schwester-Unternehmens INSTANTpro.
„IRPS unterscheidet sich grundlegend von den etablierten Methoden zur Programmierung von Schweißrobotern“, so Emil Exner, geschäftsführender Gesellschafter und Erfinder von IRPS. „Unsere Lösung kommt ohne Online- oder Offline-Programmierung aus, weil wir jedes Werkstück vollautomatisch individuell vermessen und aus diesen Daten automatisiert das Schweißprogramm generieren. Dazu fährt der Schweißroboter, der um einen Laserscanner erweitert wurde, auf einer Linearachse über das geheftete Werkstück und erstellt daraus ein 3D-Modell. In einer lernfähigen Datenbank sind die Materialien, ihre Norm-Maße sowie die Schweißdaten mit den entsprechenden Schweißparametern hinterlegt. Daher erkennt das IRPS die Zusammenstellung aus verschiedenen Elementen und visualisiert die zu schweißenden Stellen auf einem Touchscreen. Schon wenige Augenblicke nach dem Scannen startet der Roboter vollautomatisch mit dem Schweißprozess.“
Die Besonderheit der IRPS-Lösung, die nach Angaben des Herstellers einzigartig auf dem Weltmarkt ist, besteht darin, dass sie ohne jegliche Vorprogrammierung auskommt, weil jedes vorliegende Werkstück individuell vermessen wird. Ein weiterer Vorteil für das Handling ist, dass die Werkstücke nicht auf eine definierte Nullposition ausgerichtet werden müssen.
Arendsen Steel ist ein Beispiel für die hohe Innovationsbereitschaft des Mittelstands. „Nachdem wir IRPS bei Exner live im Einsatz gesehen hatten, war die Entscheidung schnell gefallen“, so Arjan Arendsen über die Umsetzung des Projekts. „Die Lösung hat überzeugt und wir konnten uns den Nutzen in unserer Produktion gut vorstellen. Außerdem hatten wir mit Exner – ebenfalls ein Familienunternehmen wie Arendsen – sofort eine gegenseitige Vertrauensbasis aufgebaut.“
Durch die reproduzierbare Schweißqualität von IRPS ist auch bei den Schweißern des Unternehmens Vertrauen entstanden. Sie haben schnell erkannt, dass ihnen die Roboterkollegen die Arbeit erleichtern und Zeit für andere interessante Aufgaben schaffen. Nach nur kurzer Einarbeitungszeit wurden die Schweißroboter direkt produktiv eingesetzt. Die IRPS-Schweißroboteranlagen prägen nach Ansicht von Arendsen sogar das Berufsbild positiv, denn Schweißen von Baustählen ist kein Knochenjob mehr. Die Fachkräfte übernehmen die Vorbereitung und Kontrolle der Schweißaufgaben, überlassen aber den Schweißprozess dem völlig autonom arbeitenden IRPS-System.
Aufbau der zweiten Roboterschweißanlage
Die zweite Roboterschweißanlage verfügt im Gegensatz zur ersten Anlage über zwei Schweißrobotereinheiten, die sich auf einer Linearachse bewegen. Einer der beiden Roboter führt den Scanner zum Prüfen und Vermessen der Werkstücke mit sich.
Die beiden Schweißstationen bieten unterschiedliche Möglichkeiten. So ist eine Station lediglich mit Auflageböcken ausgestattet, während die zweite Station über einen robotergesteuerten Manipulator verfügt, der Werkstücke bis zu einem Gewicht von 4.000 kg aufnehmen kann. Das IRPS-Steuer- und Programmiersystem verteilt die anfallende Schweißzeit gleichmäßig auf die beiden Roboter.
In der Regel werden die beiden Stationen abwechselnd betrieben, d.h., während beide Roboter in der ersten Station schweißen, kann der Bediener die zweite Station entladen und neu bestücken. Auf diese Weise entsteht eine effiziente Produktion mit kontinuierlichem Einsatz der beiden Roboter, wenn gewünscht, rund um die Uhr.
Flexibilität von IRPS
Auf den automatischen Schweißstraßen beim Kunden entstehen unterschiedlichste Bauteile für Bauwerke vom Hallenbau über Produktionsanlagen für die Nahrungs- und Futtermittelindustrie bis hin zu hochkomplexen Messeständen, Recyclinganlagen und Treppen.
„Der Einsatz von IRPS bei Arendsen zeigt, dass Roboterschweißen im Stahlbau, unabhängig von der Unternehmensgröße, sinnvoll und rentabel ist“, ergänzt Emil Exner die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten. „Die Tatsache, dass kein Programmierer benötigt wird, um automatisiert und sogar autonom zu schweißen, zeigt, welchen Nutzen auch mittelständische Unternehmen aus dieser flexiblen Technologie ziehen können.“ Dabei ist noch gar nicht berücksichtigt, wie schwierig es inzwischen geworden ist, qualifizierte Schweißer zu finden.
Die Produktivität einer Schweißroboteranlage ist abhängig vom Programmierverfahren, von den Rüst- und Einrichtzeiten sowie von den Be- und Entladezeiten. Bei On- und Offline-Programmierverfahren nimmt die Wirtschaftlichkeit der Anlage mit sinkender Losgröße ab. Einen entscheidenden Anteil an dieser unproduktiven Zeit haben das Programmieren, Einrichten und Kalibrieren der Vorrichtungen, die Simulation sowie eventuelle Nachprogrammierarbeiten am Bauteil, verursacht durch Maßabweichungen und Toleranzen zwischen CAD und Realität.
Die IRPS-Schweißroboteranlage ermittelt dagegen selbstständig die Eigenschaften des Bauteils und entscheidet autonom über das weitere Vorgehen und Schweißen. Es ist nicht mehr notwendig, dem Roboter Anweisungen – online oder offline – zu übermitteln, wie er seine Aufgabe zu erledigen hat. Ein oder mehrere Produkte können im Mix und zu jeder Zeit – auch gleichzeitig – geschweißt werden, da das Programm erst aktuell vor dem Schweißvorgang automatisch generiert wird.
Damit entlastet die IRPS-Schweißroboteranlage nicht nur einen oder mehrere Fachschweißer. Sie ermöglicht es auch angelernten Mitarbeitern, mit einer solchen Anlage alle Bauteile in perfekter und reproduzierbarer Schweißqualität zu fertigen.
Fazit
„Wir lösen für unsere Kunden die unterschiedlichsten Aufgaben im Stahlbau“, resümiert Arjan Arendsen. „Qualität und Zuverlässigkeit stehen dabei an erster Stelle. Das wissen auch unsere treuen Kunden, die immer wieder mit neuen kreativen Projekten zu uns kommen. IRPS unterstützt unsere Anforderungen und die unserer Kunden in bisher nicht gekannter Weise. Wir werden weiter expandieren und im Jahr 2025 eine Niederlassung in Deutschland eröffnen, sodass unser Materialdurchsatz von rund 10.000 t Stahl pro Jahr wohl weiter steigen wird.“ Nach Angaben beider Unternehmen soll die Zusammenarbeit weiter ausgebaut werden. Zusätzliche IRPS-Schweißroboteranlagen mit innovativen Möglichkeiten und Funktionen sind bereits in Planung.
Drei Schritte bis zum fertig geschweißten Produkt
1. Das Bauteil wird in der Anlage nahezu beliebig platziert.
2. Der Scanner erkennt das Bauteil und IRPS erstellt automatisch im Hintergrund das komplette Schweißprogramm.
3. Nach nur wenigen Sekunden beginnt der komplette Schweißprozess sofort und eigenständig. Es sind weder CAD-Daten noch vorbereitete Programmierschritte erforderlich.