Samuel Schweizer, Junior Ernst Schweizer
"Der Deutsche Markt ist für uns interessant!"
Samuel Schweizer führt in vierter Generation die Ernst Schweizer AG; der Betrieb agiert in der D-A-CH-Region als Systemlieferant für Fenster-/Türen in Holz-Alu, für Falt- und Schiebewände sowie Alu-Fenster und -Türen. Darüber hinaus liefert der Betrieb mit rund 500 Mitarbeitenden Briefkästen, Paketboxen und Unterkonstruktionen für PV-Anlagen. Letzteres Geschäftsfeld wächst seit 2020 am stärksten.
metallbau: Herr Schweizer, wie schätzen Sie die konjunkturelle Lage in der D-A-CH-Region ein?
Samuel Schweizer: Hierzulande verhält sich die Bauwirtschaft stabil, meiner Ansicht nach ist der Markt in Österreich am meisten getroffen. Aber der Bedarf an Wohnungen und auch an Sanierung ist so groß, dass die konjunkturellen Einbrüche schnell ein Ende finden sollten. Die Schweiz etwa will bis zum Jahr 2050 klimaneutral werden, mit der aktuellen Erneuerungsrate von einem Prozent schaffen wir das nicht. Die Politik muss liefern und ich rate jedem Betrieb, sich mit Produkten auf die energetischen Sanierungen und auf die Energiewende vorzubereiten. Ich würde mir als Metallbauer überlegen, was kann ich unternehmerisch mit dem Megathema Energie und Sanierung anfangen!
metallbau: Wie bewerten Sie die Lage in Deutschland?
Schweizer: Deutschland hat es sicher härter getroffen als die Schweiz. Aber natürlich haben Österreich und Deutschland auch über viele Jahre hinweg eine gute Auslastung der Bauwirtschaft gehabt. Aber auch in den beiden Ländern werden von der Politik Impulse für Sanierungsmaßnahmen des Gebäudebestands kommen, sonst müssen wir uns die Klimaziele abschminken. Zudem deuten die sinkenden Zinsen ebenso darauf hin, dass sich die Rezession in Grenzen halten wird.
metallbau: Welche Marktbedeutung hat Österreich für Sie?
Schweizer: Wir haben in Satteins im Vorarlberg einen großen Logistikstandort, von wo aus wir den europäischen Markt mit Photovoltaiksystemen bedienen. Österreich ist nach Deutschland unser wichtigster Markt für die Unterkonstruktionen.
metallbau: Und was empfehlen Sie den Metallbauunternehmern konkret?
Schweizer: Metallbauer sollten gute Lösungen für die Sanierung von Gebäudehüllen anbieten. Weiter macht ein breites Portfolio Sinn; Holz-Alu-Elemente sind in Deutschland ein wachsendes Marktsegment. Solarpanels in VHF-Fassaden integrieren, ist ebenfalls eine Marktchance für Metallbauer. Die elektrischen Installationen können zugekauft werden und mit der Zeit bilden sich lokal feste Kooperationspartner heraus.
metallbau: Wie hat sich das Projektgeschäft Fassadenbau zum Systemgeschäft verhalten? Der Geschäftsbereich wurde ja zum Januar 2024 an den Metallbaubetrieb Geilinger in Winterthur verkauft.
Schweizer: Wir haben drei Kernkompetenzen: Gebäudehülle, Brief-/Paketkästen und Solarsysteme. Für Solarsysteme sind wir Systempartner für Unterkonstruktionen, für die Gebäudehülle vertreiben wir Systemprofile aus Alu und Holz-Alu; Brief-/Paketkästen montieren wir teils selbst, teils liefern wir zu. Insgesamt machte das Systemgeschäft im Jahr 2022 ca. 70 Prozent vom Umsatz aus.
metallbau: Welchen prozentualen Anteil haben Ihre diversen Geschäftsfelder am Umsatz?
Schweizer: Bis zu 50 Prozent vom Gesamtumsatzes generieren wir mit Solar-/Photovoltaikmontagesystemen, 35 Prozent mit unseren Elementen für die Gebäudehülle, der Rest erwirtschaften wir mit Brief-/Paketkästen. Das Wachstum in den letzten Jahren kam eindeutig durch den Markt für erneuerbare Energien. Nach einer längeren Durststrecke in den Jahren 2015/16 wurde der Tiefpunkt für PV-Anlagen im Jahr 2017 überwunden und der Absatz steigt seither stetig, seit 2020 haben sich die Zuwächse nochmals deutlich verstärkt.
metallbau: Sie bieten Produkte aus Alu und Alu-Holz an. Spielt Holz für Sie mehr und mehr eine größere Rolle, weshalb?
Schweizer: Holz-Metall hat sicher einen Anteil von 30 bis 40 Prozent bei den Fenstern, der leicht wächst. In Süddeutschland steigt die Nachfrage nach Holz-Alu ebenso, im nördlichen Teil wird die hybride Materialkombination weniger verarbeitet. Bis zum Jahr 2012 sind wir durch Zukäufe in diesem Segment stark gewachsen und gelten seither in der Schweiz als Markführer mit dem breitesten Systemsortiment – ich würde sogar behaupten, das ist international so.
metallbau: Weshalb wächst die Nachfrage nach Holz-Alu-Elementen so stark?
Schweizer: In der Architektur ist unter dem Titel „Nachhaltigkeit“ die Holzbauindustrie gut aufgestellt. Holz hat als nachwachsender Rohstoff ein sehr gutes Image. Die Leute schätzen Behaglichkeit, die Wärme und die Witterungsbeständigkeit, die durch die Aluschale auf dem Holz gewährleistet wird. Kunststofffenster sind preislich auf demselben Niveau, aber wirken meist immer noch etwas klobig.
metallbau: Wie konkretisiert sich Nachhaltigkeit in Ihrem Unternehmen?
Schweizer: Wir wollen einerseits Produkte zur Energiewende beitragen, andererseits zur Energieeffizienz der Gebäudehülle. Ferner wird über 70 Prozent recyceltes Aluminium für die Fertigung unsere Systemprofile und Unterkonstruktionen verwendet. Wir weisen das mit Zertifikaten nach.
metallbau: Haben Sie spezielle Tools, um die Emissionen zu berechnen?
Schweizer: Für unsere PV-Konstruktionen haben wir ein solches Tool. Aber wir können für alle unsere Systeme die CO2-Emissionen rechnen und ausweisen. Für unsere Fenstersysteme geht das nur noch nicht auf Knopfdruck. Prinzipiell können wir aber den Verarbeitern für alle Produkte die CO2-Basisdaten für ihre Ökobilanzen liefern.
metallbau: Wie kam es, dass sich Ihr Unternehmen als Metallbauer im Solarsegment positioniert hat?
Schweizer: Es war die Ölkrise der 1970er-Jahre, die meinen Großvater und Vater angestoßen hat, zu überlegen, wie sich Metallbau und die Energiekrise unternehmerisch zusammenbringen lassen. Das Ergebnis war der Bau von Unterkonstruktionen für Solarpanels.
metallbau: Was die Wetterstabilität von Solarpanels betrifft, sind hier noch Verbesserungen zu erwarten?
Schweizer: Panels sind aus Glas und haben die Festigkeit wie Ziegel. Es wäre nicht wirtschaftlich, die Anlagen auf beispielsweise ein Hagelunwetter auszulegen, das alle 500 Jahre auftritt. Der Schaden lässt sich versicherungstechnisch lösen. Windstabilität ist meiner Ansicht nach das wichtigere Thema und wir bieten für dieses Risiko robuste Konstruktionen, die gemäß baustatischer Nachweise eine hohe Tragfähigkeit bei optimiertem Materialeinsatz aufs Dach bringen.
metallbau: Welche Entwicklung zeichnet sich für Ihre unterschiedlichen Geschäftsfelder ab?
Schweizer: Der Solarbereich wächst am stärksten, aber wir machen in den anderen Bereichen nicht weniger Umsatz. Von daher wird der Solarbereich wichtiger für uns. Ich will nicht unerwähnt lassen, dass der zunehmende Einkauf in Online-Shops die Nachfrage nach Paketboxen steigen lässt.
metallbau: Wie verhält sich der Markt für PV-Aufdachanlagen und Solarpanels in VHF-Fassaden?
Schweizer: Der Absatz von Aufdachanlagen wächst sehr stark, Solarpanels für VHF-Verkleidungen werden ebenfalls sehr stark nachgefragt, allerdings sind diese Zahlen grundsätzlich auf einem viel niedrigeren Niveau. Dennoch, der Zuwachs im Jahr 2022 betrug rund 35 Prozent. Normative Fragen zu dem Produkt, auch was den Brandschutz betrifft, sind in der Schweiz gelöst.
metallbau: Für welche Ihrer Produkte sehen Sie in Deutschland Absatzpotenziale?
Schweizer: In Deutschland machen wir mit Photovoltaikmontagesystem am meisten Umsatz und haben bundesweit rund 40 Partner. Wir haben dort auch schon einige Partner für die Verarbeitung unserer Holz-Alu-Systeme. Aber die Kooperationen mit den Verarbeitern möchten wir weiter ausbauen. Und unsere Aluminiumsysteme, insbesondere unsere Falt- und Schiebewände, werden wir ebenso verstärkt deutschen Metallbauern liefern.
metallbau: Welche Produktentwicklungen forcieren Sie?
Schweizer: Wir entwickeln ein „Fenster der Zukunft“, hier geht es um technische Anpassungen ans Klima – an Niederschlag, Wind, Sonne und Hitze. Auch für den Sonnenschutz können wir uns Produkte am Fenster vorstellen, die besser auf die neuen klimatischen Anforderungen abgestimmt sind.
metallbau: Wie verteilen sich Ihre rund 500 Mitarbeitenden auf die drei Standorte?
Schweizer: In Hedingen haben wir ca. 400 Mitarbeitende, in Möhlin ca. 50 und Satteins auch um die 50. In Deutschland haben wir gut ein Dutzend Vertriebsmitarbeiter, für die es keine Niederlassung braucht. In den nächsten fünf Jahren werden wir uns sicher Richtung 600 Mitarbeitende entwickeln.
metallbau: Spüren Sie den Fachkräftemangel?
Schweizer: Wir konnten in diesem Jahr alle unsere Stellen insbesondere für das Geschäftsfeld Solar mit mehr oder weniger Aufwand besetzen. Natürlich ist es eng, aber es ist uns gelungen, das nötige Personal zu rekrutieren.
metallbau: Sie planen den Bau einer Pulverbeschichtungsanlage?
Schweizer: Die aktuelle Anlage stammt aus den 1990er-Jahren. Bis 2025 soll diese mit einer modernen ersetzt werden. Wir beschichten alle unsere Aluminiumteile selbst.
metallbau: Ernst Schweizer investiert knapp 3 Millionen in den Maschinenpark im Werk Möhlin, um welchen Geschäftsbereich geht es?
Schweizer: In Möhlin fertigen wir Aluschalen für die Holz-Alu-Elemente. Dort brauchen wir neue Profilbearbeitungszentren, Eckpressen und Roboter, die die Dichtungen einziehen.