„Metallbau mit regionalem Fokus“

Im Gespräch mit Thomas Zimmermann von der SMU

metallbau: Wie hat sich der Wechsel vom eingefleischten Unternehmer zum Verbandsfunktionär angebahnt?

Thomas Zimmermann: Ich bin 50 Jahre alt, Männer in diesem Alter suchen häufig nach einer neuen Herausforderung. Ich wollte nochmal etwas ganz anderes machen: Einen Betrieb führt man diktatorisch, und hier bei der SMU habe ich gleich zwei Chefs.

metallbau: Und damit kommen Sie klar?

Zimmermann: Ich habe den Job erst seit drei Monaten, und es geht jeden Tag besser. Zugleich ist so ein Mitarbeiter wie ich, der noch nicht in Verbandsstrukturen gearbeitet hat, auch nicht einfach zu integrieren. Aber die SMU hat jemanden mit Führungsqualitäten gesucht, der die Belange ihrer Mitglieder gut kennt.

metallbau: Haben Sie sich eine Hintertür zurück in ihr Unternehmen offengelassen?

Zimmermann: Nein, ich bin nur noch im Verwaltungsrat der Creametal, aber ich habe keine Aktien mehr.

metallbau: Fehlt Ihnen nicht das tägliche Auf und Ab als Unternehmer, auch der Adrenalinpegel geht doch sicher ab.

Zimmermann: Bislang nicht, fragen Sie in einem Jahr.

metallbau: Für wie viele Mitgliedsbetriebe sind Sie denn nun zuständig, wie viele Metallbauunternehmen gibt es in der Schweiz?

Zimmermann: Dem Fachverband gehören über 1.120 Betriebe an – das entspricht ca. 60 % der Branche.

metallbau: Und was hat sich inzwischen getan, seitdem Sie Ihren Schreibtisch von Bern nach Zürich verlegt haben?

Zimmermann: Ich bin mitten in die Umstrukturierung der SMU geraten. Ab Mitte Juni heißen wir nicht mehr SMU, sondern AM Swiss.

metallbau: Wofür steht denn die Abkürzung?

Zimmermann: Das heißt Agro Metall. Unter dem Dach AM Swiss sind aus traditionellem Verständnis heraus der Fachverband Landtechnik und Metallbau gemeinsam organisiert – auch wenn sich die Bereiche inhaltlich vollständig auseinander entwickelt haben. In den Kürzeln SMU findet sich die Landtechnik nicht.

metallbau: In welche Richtung planen Sie Veränderungen für den Fachverband Metallbau?

Zimmermann: Es soll künftig zielorientierter gearbeitet werden. Wir in der Geschäftsstelle möchten ein umfassendes Wissen über den Metallbau vorhalten, und unsere ehrenamtlichen Mitarbeiter sollen in erster Linie Ideengeber sein. Die Kombination aus Wissen und Ideen soll sich für die Branche und die Mitglieder gewinnbringend erweisen.

metallbau: Haben Sie einschneidende Veränderungen vor?

Zimmermann: Ja, da wird sicher etwas kommen, aber noch bin ich in der Orientierungsphase.

metallbau: Können Sie schon etwas dazu sagen, inwiefern es den Mitgliedsbetrieben nach den Änderungen besser gehen soll?

Zimmermann: Unsere ehrenamtlichen Kommissionen — in der Schweiz spricht man von Milizkommissionen — beispielsweise für die Bereiche Technik oder Betriebswirtschaft sind zu stark mit dem operativen Geschäft befasst. Ihnen soll durch die Geschäftsstelle künftig mehr zugearbeitet werden, sodass mehr Zeit bleibt, um sich auf die strategische Arbeit zu konzentrieren. Kommunikation ist auch immer ein Thema. Wir müssen raus zu den Unternehmern, mehr mit ihnen sprechen. Die kurzen Wege in der Schweiz kommen uns da entgegen.

metallbau: Welche Themen brennen denn der Branche zurzeit unter den Nägeln?

Zimmermann: Es geht uns darum, die Normenarbeit möglichst schlank zu halten. Wenn uns das gelingt, wirkt sich das vorteilhaft für die Unternehmen und die Aus- und Weiterbildung aus. Mit Unterstützung des BVM und der EMU haben wir seit Kurzem einen Vertreter in den europäischen Normungsausschüssen, der die Interessen unserer Mitglieder dort einbringen kann.

metallbau: Inwiefern ist die Schweiz, die ja über bilaterale Abkommen mit der EU verbunden ist, noch auf einem speziellen Kurs, was die Umsetzung der EN-Normen betrifft.

Zimmermann: Für die Einführung der EN 1090 hatten wir etwas länger Zeit als beispielsweise Österreich oder Deutschland. Das lang daran, dass die Schweiz separat über die Bauproduktenverordnung abgestimmt hat und diese etwas später rechtlich relevant wurde als in der EU. Aber nun sind wir gleichgestellt und unterliegen keinen anderen Vorgaben mehr. Die allgemeinen zeitlichen Fristen für die Umsetzung der EN-Normen gelten auch für uns.

metallbau: Wir geht es inzwischen mit der EN 1090?

Zimmermann: Ich meine, etwas über 450 Metallbauer sind zertifiziert. Bei der Umsetzung haben wir von den Erfahrungen des BVM profitiert und konnten so unseren Mitgliedsbetrieben einen effizienten Zertifizierungsprozess ermöglichen: Die Unternehmer können sich in einem viertägigen Kurs ein Handbuch, zugeschnitten auf ihren Betrieb erstellen. Im Anschluss müssen sie lediglich noch die einzelnen Schritte im Betrieb abarbeiten.

metallbau: Mit welchen Zertifizierungsstellen arbeiten denn die Schweizer zusammen?

Zimmermann: Das ist bei uns sehr unterschiedlich. Viele haben sich von Metall-Zert in Essen prüfen lassen. Andere ziehen Einheimische oder Institute aus Österreich, Italien, Frankreich oder Luxemburg hinzu. Die Deutschschweiz orientiert sich nach Deutschland und Österreich (ca. 67 %), das Tessin nach Italien (ca. 9 %) und die Romandie nach Frankreich (ca. 24 %). Wir müssen mit drei Sprachen leben, da ergeben sich natürlich Unterschiede in den Auslegungsarten, und es dauert etwas länger bis wir uns finden.

metallbau: Wie lässt es sich mit der EN 16034 an?

Zimmermann: Da die Koexistenzphase bis September 2019 dauert, gibt es keinen Grund, in Hektik zu geraten. Aber die Fertigung von Brandschutzelementen wird wohl künftig etwas aufwändiger ausfallen.

metallbau: Wie ist denn die derzeitige Regelung?

Zimmermann: Für die Fertigung von Brandschutzelementen müssen die Betriebe eine Schulung der SMU nachweisen. Weitere Schulungsmaßnahmen sind den Herstellern der Systemprofile überlassen. Jedes Brandschutzelement wird danach mit der SMU Brandschutzplakette versehen. So ist die Rückverfolgbarkeit jederzeit gewährleistet.

metallbau: Mit Gültigkeit der EN 16034 werden die Prüfer dann auch einmal im Jahr den Betrieb mit der werkseigenen Produktionskontrolle überwachen. Außerdem müssen für Mitarbeiter bestimmte Weiterbildungsmaßnahmen nachgewiesen werden.

Zimmermann: Wir sind auf ein bisschen mehr Arbeit eingestellt. Aber zunächst ist diese Norm ja gebremst.

metallbau: Wie ist denn überhaupt die konjunkturelle Lage der Schweizer Betriebe?

Zimmermann: Wir haben aktuell sehr große regionale Unterschiede. In den klassischen touristischen Bergregionen ist es sehr schwierig geworden. Die Betriebe in den grenznahen Regionen werden von der ausländischen Konkurrenz stark unter Preisdruck gesetzt. Im Mittelland haben die meisten Metallbauer sehr gut ausgelastete Auftragsbücher.

metallbau: Gibt es denn konkrete Auswirkungen durch die Entkoppelung des Schweizer Franken vom Euro?

Zimmermann: Hans Kunz, der Zentralpräsident der SMU, gab mir kürzlich ein paar interessante Zahlen. Demnach hat Deutschland 2014 – als der Franken noch an den Euro gekoppelt war – sieben Milliarden Franken in die Schweiz investiert und dreieinhalb Milliarden haben die Schweizer in Deutschland investiert. Im vergangenen Jahr war es dann umgekehrt. 2015 haben die Schweizer sieben Milliarden Franken in Deutschland investiert und die Deutschen dreieinhalb Milliarden in die Schweiz.

metallbau: Welche Rolle spielen internationale Geschäftsbeziehungen für die Schweiz?

Zimmermann: Für ein kleines Land, wie wir es sind, gehören internationale Geschäfte zum Alltag. Aber die meisten Metallbaubetriebe hatten in den letzten Jahren so viel Arbeit in der Schweiz, dass die internationale Ausrichtung gar kein Thema war. Ich warne immer davor, dass die Nachbarländer unseren gut funktionierenden Markt für sich entdecken.

metallbau: Sind Änderungen der Betriebsstrukturen auszumachen?

Zimmermann: Unter Metallbau verstehen wir bislang die Verarbeitung von Aluminium und Stahl. Und der klassische Metallbauer macht bislang beides. Das wird sich jedoch mit Einfluss der EN 1090 und der EN 16034 wahrscheinlich ändern, und eine Trennung von Metallbau und Stahlbauschlosserei wird sich stärker bemerkbar machen.

metallbau: In Deutschland nimmt die Zahl der Objekteure  zu. Diese Betriebe montieren ausschließlich Fertigelemente.

Zimmermann: In der Schweiz gibt es das nicht im selben Ausmaß wie in Deutschland. Wer hier einen Betrieb gründet, kann in kurzer Zeit das typische Portfolio des Metallbaus aufbauen. Die Industrialisierung der Schweiz nimmt sicher zu, aber der Metallbau – verstanden als klassisches Metallhandwerk – ist fest verwurzelt und bietet Unternehmern gute Chancen.

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