Spital für Kinder und Jugendliche
Eine menschenfreundliche KlinikarchitekturIm „Haus für Kinder und Jugendliche“ – Maison de l’enfance et de l’adolescence (MEA) – auf dem Areal der Universitätsklinik Genf (HUG) sind diverse psychiatrische Pflegestationen untergebracht. Das Projekt wertet das Image von Krankenhäusern auf, weil der Mensch in den Mittelpunkt der Gestaltung gerückt wurde. Der Artikel der Firma BIFF SA wurde im Schweizer Fachmagazin „Fassade“ veröffentlicht und von Stefanie Manger aus dem Fanzösischen übersetzt.
Der Entwurf des Spitals stammt vom Genfer Büro CLR Architekten, das den ausgelobten Wettbewerb 2016 gewonnen hat. In Betrieb genommen wurde das Gebäude im Sommer 2023. Mit der Fachplanung, der Koordination und technischen Kontrolle des Fassadenbaus über eine Fläche von 12.000 m² war die Firma BIFF SA aus Genf von 2018 bis 2023 beschäftigt. Mit der Ausführung der Gebäudehülle im Bereich Holz war die Firma Barro & Cie in Carouge beauftragt und für die Metallfenster und -fassaden die Firma AAV Contractors in Plan-les-Quates. Die Auftragssumme für den Fassadenbau betrug ca. 7 Mio. Franken, die Bausumme ca. 75 Mio. Franken.
Eine philanthropische Architektur
Eine Architektur, die zwischenmenschliches Feingefühl an den Tag legt, war zentraler Maßstab für dieses Projekt. Das Anliegen wurde als Kontrapunkt zu der Zeit gesetzt, als die Bauweise von Psychiatrien noch entmenschlichend war. Die Planer des MEA sprechen von einer „heilenden Architektur“. Mit Liebe zum Detail gelang ein philanthropischer Entwurf. Die Baubeteiligten legten Wert auf Materialien und die Gestaltung der Räume, damit die Bewohner eine therapeutische, beruhigende und unterstützende Umgebung haben. Das Gebäude befindet sich im Stadtzentrum von Genf, ganz in der Nähe der Geburtsklinik der HUG. Das Projekt, das um einen großen Garten herum gebaut wurde, spielt mit Raumvolumina, die in unterschiedlichen Höhen aus einem zentralen Körper herausragen. Mit seiner mineralischen Bauweise fügt sich das Objekt in das Viertel ein. Die Fassaden bestehen im Wechsel aus geschlossenen und verglasten Elementen und ermöglichen den Patienten, die Verbindung zur Außenwelt und zum Wohnviertel aufrechtzuerhalten.
Ein medizinischer und kultureller Ort
Das Gebäude mit sechs Etagen hat eine Betonstruktur. Im Erdgeschoss befinden sich zwei Eingänge zu einem weitläufigen, urbanen Foyer. Halböffentliche Veranstaltungen prägen eine Atmosphäre, die zwischen Kulturraum und Klinikrezeption changiert. Über einen verglasten Eingang gelangen die Besucher ins Foyer und zu einem Mehrzwecksaal für sportliche oder kulturelle Aktivitäten. Einladende Räumlichkeiten sollen ein Miteinander der Patienten und der Nachbarn ermöglichen. Die Türen stehen den Kindern, Jugendlichen und ihren Familien offen, unabhängig ob sie medizinische Versorgung benötigen. Das Haus ist nicht nur ein Spital, sondern zugleich ein Ort für Kultur, Musik, Kunst und Wissenschaft. In den ersten vier Geschossen sind ambulante Dienste sowie eine Gesundheits- und Bewegungsberatung eingerichtet. In den oberen zwei Etagen befindet sich der stationäre Bereich mit der Abteilung für Kinder- und Jugendpsychiatrie.
Holz in allen Räumen
Die Bauweise des Gebäudes in Beton ist an den Standort, die Gegebenheiten und die baulichen Anforderungen angepasst. Die Farbauswahl soll die Materialität jedes Elements hervorheben; Beton und Holz ist in allen Konstruktionselementen präsent. Besonderes Augenmerk wurde auf die künstliche und natürliche Beleuchtung gelegt sowie auf die Geräuschkulisse, auf natürliche Materialien, insbesondere Holz, auf die Integration in die Natur sowie auf die Gestaltung der Einbettzimmer.
Hochleistungsfähige natürliche Materialien
Die Gebäudehülle weist hervorragende energetische und akustische Leistungen auf, das Gebäude ist mit dem Label für „Très Haute Performance Énergétique“ (THPE) ausgezeichnet. Die modularen Fassaden mit massiven und transparenten Bereichen im Wechsel wurden mit vorgefertigten Betonelementen und einer Wärmedämmung von 25 bis 30 cm umgesetzt.
Die Montage der vorgefertigten Betonelemente erfolgte nach Einbau der Randdämmung mit einem Aufhängesystem bzw. Omega-Konsolen. Mehrere Dichtungssysteme und Dampfsperren sorgen dafür, dass die Elemente schlagregendicht sind.
Zur Beschattung wurden außen Stores mit thermolackierten 90-mm-Lamellen montiert, wobei die vertikalen Führungen zwischen den Fensterlaibungen befestigt sind. Der Sonnenschutz der Bewohner wird durch motorisierte, via Gebäudeautomation verstellbare Lamellenjalousien gewährleistet, sodass auch Wetterbedingungen berücksichtigt werden können.
Die Eingänge im Erdgeschoss sind in Pfosten-Riegel-Bauweise großformatig verglast, ausgeführt mit einem Aluminiumprofilsystem mit thermischer Trennung und Dreifach-Isolierverglasung. Die Profile haben einen Uf-Wert von ≤ 1,2 W/m²K, die Gläser einen Ug-Wert von ≤ 0,6 W/m²K und die Fenster einen Uw-Wert von ≤ 0,75 W/m²K.
In den oberen Stockwerken sind die Fenster mit einem Holz-Metall-Profilsystem mit innerer Glasleiste und Dreifach-Isolierverglasung umgesetzt. Die öffenbaren Elemente sind überwiegend verglast, teils wurden massive Elemente aus Holz integriert.
Doppelte Lüftung und Wärmerückgewinnung
Die Belüftung wird teilweise durch ein mechanisches Lüftungssystem mit Doppelstrom sichergestellt. Die zentrale Lüftung im Untergeschoss verfügt über fünf Monoblöcke. Zwei davon versorgen die Klinikräume und Büros mit Frischluft, ein dritter die Räume im Erd- und Untergeschoss, und die beiden anderen den Mehrzwecksaal und den Vorführraum. Ein Wärmerückgewinnungssystem minimiert Energieverluste. Natürliche Belüftung ist Teil des Lüftungskonzepts, wobei mechatronische, automatisierte Fenster die Abkühlung in der Nacht und am Morgen begünstigen. Die massiven Innenbauteile tragen dazu bei, die Temperaturschwankungen im Gebäude während extremer Wetterperioden auszubalancieren.
Fazit
Der Neubau des MEA hat eine durchdachte, die medizinischen Anliegen unterstützende Architektur und gilt als Exzellenzzentrum für die psychiatrische Versorgung von Kindern und Jugendlichen. Die mentale Gesundheit wird durch den Ansatz, der Kultur und körperliche Aktivität kombiniert, verbessert. Die Öffnung hin zum Viertel mit Räumen, die der Kultur und der Wissenschaft gewidmet sind, ermöglicht den Kontakt zum Wohnviertel. Nachbarschaftlicher Zusammenhalt wird gestärkt, unabhängig davon, ob die Menschen medizinische Versorgung brauchen. Die Architektur humanisiert das Spital durch ihre Liebe zum Detail und unterstützt ein therapeutisches Umfeld.