Wolfram Uhe
Vom Holzbläser zum MetallbauerDieses Jahr feiert die Firma Wolfram Uhe ihr hundertjähriges Bestehen. 1923 gründete Uhes Großvater eine Dorfschmiede in Lindenholzhausen. Noch immer ist der Metallbaubetrieb dort verwurzelt. Statt Hufe zu beschlagen und Kochtöpfe zu flicken, werden heute Carports errichtet, Treppen, Balkone und Vordächer gefertigt. Metall wird mit Glas, Holz oder Kunststoff kombiniert – immer ganz individuell nach Kundenwunsch.
Anfang Mai feierte Uhe Metallbau seinen 100. Geburtstag mit einer Jubiläumsveranstaltung im Dorfgemeinschaftshaus von Lindenholzhausen, das seit 1972 zu Limburg/Lahn gehört. Am 1. Januar 1923 ließ der Großvater mütterlicherseits von Wolfram Uhe die Dorfschmiede in die Handwerksrolle bei der Handelskammer eintragen. „Schon damals war der Schmied im Dorf ein Allrounder und Heinrich Simonis beschlug nicht nur Pferdehufe, sondern baute Traktoranhänger, reparierte Wasserleitungen oder flickte den Kochtopf oder Spaten,“ erzählt Wolfram Uhe; seine Eltern erzählten ihm die Anekdoten aus der Anfangszeit. Er selbst hat den Großvater nicht mehr kennengelernt. Dass er einmal das Familienunternehmen übernehmen würde, war nicht vorgezeichnet. Denn als Jugendlicher und junger Mann hatte er ganz andere Interessen. Er ist Motorrad gefahren und hat Musik gemacht. Sein Traumberuf: Technischer Zeichner. Doch dafür im Limburger Raum Mitte der 70er Jahre einen Ausbildungsplatz zu bekommen, war schwer, also machte er erst einmal eine Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann, was sich später als vorteilhaft erwies.
Nach der Bundeswehr hatte er auf Empfehlung des Vaters noch eine zweite Ausbildung zum Schmied – damals hieß es Bauschlosser – absolviert. Das fiel ihm leicht, denn schon als Kind hatte er in den Ferien und am Wochenende im Betrieb des Vaters mitgeholfen. Dass er nicht in dessen Fußstapfen treten mochte, hatte auch einen Grund: Zu oft fand er seinen Vater schlafend am Schreibtisch vor, nachdem dieser sich noch sonntags um die Kalkulation oder das Schreiben von Rechnungen kümmern musste. „Das war nicht unbedingt meine Lebensplanung – da wollte ich nicht hin“, sagt Uhe im Rückblick. Doch es kam anders. Sein Vater wurde krank und starb früh, so dass Wolfram Uhe mit 30 Jahren – 1990 – den Betrieb übernahm. Zwei Jahre später gründete er als Gesellschafter und Geschäftsführer eine GmbH. Der Anfang war nicht ganz einfach. Zwar war Uhe mit Anfang Dreißig kein ganz junger Mann mehr, aber er hatte das Gefühl, als Unternehmer relativ unbedarft zu sein. Doch die gute Arbeit sprach sich herum und die ersten Aufträge waren das Ergebnis von „Mund-zu-Mund-Propaganda“.
Erste wichtige Projekte
Über die Empfehlung eines Schreiners wurde der Metallbaubetrieb zu einem Projekt für die Volksbank Wiesbaden gerufen, „um die Kohlen aus dem Feuer zu holen“, erinnert sich Uhe. Damals gelang es nicht jedem Metallbauer, mit dem Werkstoff Edelstahl zufriedenstellende Ergebnisse zu erzielen. Der „weiße Stahl“ hat etliche Tücken und es erfordert gute Handarbeit, um die Oberflächen ansprechend zu bearbeiten. „Damals war es schwierig, die Schweißnähte so hinzubekommen, dass es aussieht wie aus einem Stück“, so Uhe. Die Qualität der Arbeit hatte den Architekten so beeindruckt, dass er Uhe und sein Team für das nächste Projekt empfahl. Und das war gleich ein richtig großes: das Forschungs- und Entwicklungszentrum für Honda in Europa. Dafür hat der Metallbaubetrieb schließlich Geländer und Treppen sowie Tore im Außenbereich gebaut.
Bei den Auftragsverhandlungen fühlte sich Uhe unter all den „gestandenen“ Architekten und Einkäufern von großen Unternehmen wie der sprichwörtliche Grünschnabel. Insgeheim glaubte er nicht daran, dass er eine Chance hätte, den Auftrag zu gewinnen. Doch später sagte ihm der Architekt: „Wir wollten Sie haben, weil wir die Qualität haben wollten, die Sie in Wiesbaden gezeigt haben.“ Schon drei Jahre später folgte der nächste große Schritt: Uhe kaufte ein großes Grundstück und der Betrieb zog von der Ortsmitte an den Dorfrand, ins Gewerbegebiet von Lindenholzhausen.
Nichts von der Stange
Heute wie damals sind die Projekte ganz individuell. Die Stärke von Uhe Metallbau? „Wir sind mit keinem Unternehmen ‚verheiratet‘ und von niemandem abhängig. Die Kunden können sich uns aussuchen“, sagt Uhe und lacht. Statt wie vor hundert Jahren Hufe zu beschlagen und Kochtöpfe zu flicken, stellt man heute Carports, Treppen, Vordächer, Balkongeländer, Terrassen, und Photovoltaik-Anlagen her. Die Carports werden individuell nach Kundenwunsch erstellt – mal mit Abstellraum oder mit integrierter Ladestation oder wie in einem aktuellen Projekt mit einer PV-Anlage auf dem Dach.
2022 erwirtschaftete der Metallbaubetrieb einen Umsatz von zwei Millionen Euro. Das durchschnittliche Auftragsvolumen liegt zwischen 20.000 und 50.000 Euro. Einmal gab es einen Auftrag, der deutlich darüber lag. Doch war das ein Ausnahmeprojekt. Das Fazit von Wolfram Uhe danach: Großprojekte sind nichts für uns. Oder in seinen Worten: „Sowas brauchen wir ned mer.“ Bei dem Großprojekt handelt es sich um die Hafeninsel in Offenbach, auf der eine Wohnanlage entstand. Das Auftragsvolumen von einer Million Euro war für Uhe einmalig. Doch das Projekt brachte das Team an seine Leistungsgrenzen. Für die mehrgeschossigen Gebäude wurden Tore, Haustüren, Fenster und Fassadenelemente gefertigt und montiert. Zu viele Mitarbeiter waren gebunden und die Koordination vor Ort mit der Bauleitung war herausfordernd. „Wir mussten uns eingestehen, dass die Mitarbeiter überfordert waren. So haben wir für uns entschieden, dass ein Projekt in dieser Größenordnung für uns nicht mehr in Frage kommt“, resümiert Uhe.
Referenzen
In und um Limburg gibt es einige Projekte, die unter Mitwirkung von Uhes Team entstanden sind. So zum Beispiel in direkter Nähe zur Pusteblume in Limburg, einem großen Springbrunnen mit einer Edelstahlskulptur, die wie eine Pusteblume aussieht; dort errichtete man Glashäuser mit Zugang zur Tiefgarage. Nicht ganz alltäglich: die vier auf fünf Meter großen Glashäuser waren aus schwarz beschichtetem Glas in Kombination mit grün mattiertem Glas.
An öffentlichen Ausschreibungen nimmt man im Einzugsgebiet von 80 bis 100 km teil. Im Frühjahr kam es zu einem ungewöhnlichen Projekt in großer Höhe. Auf dem Dach der Agentur für Arbeit in Frankfurt – 16 Stockwerke hoch – wurde eine Stahlkonstruktion gebaut. „In dieser Höhe zu arbeiten, war für uns nicht alltäglich“, so Uhe. Meist bleibt das Team auf dem Boden.
Wolfram Uhe fokussiert sich auf Aufträge von Privatleuten, Architekten und Industrieunternehmen in der Region. Die Art und Weise der Kundenberatung hat sich in den letzten Jahren ziemlich gewandelt. Früher habe er als Anregung Fotokataloge auf die Baustelle mitgebracht. „Heute kommen die Kunden mit einer bestimmten Vorstellung und bringen Vorlagen aus dem Internet mit“, erzählt der Chef. Es kommt auch vor, dass die vierbeinige Kundschaft ein Mitspracherecht hat, wie eine nette Anekdote belegt.
Hund läuft Probe
Ein Ehepaar beauftragte das Unternehmen mit einem Anbau; der Balkon sollte über eine Treppe den Zugang zum Garten schaffen, und auch für den etwas ängstlichen Hund problemlos zu bewältigen sein. Zu Beginn waren sie skeptisch, als Uhe vorschlug, Gitterroststufen einzubauen. Sie hätten eher geschlossene Stufen bevorzugt. Da dies jedoch im Winter gefährlich werden kann, wenn Frost oder Raureif die Treppen rutschig machen, ließen sie sich überzeugen. Den Ausschlag gab aber, dass der Hund in der Ausstellung die Stufen Probe lief. Das klappte prima. So entschloss man sich nach der Beratung für Stufen aus engmaschigem Gitterrost. Als ganz spezieller Kunde hatte der Hund dann auch einen Auftritt im Jubiläumsvideo, das auf der Website zu sehen ist.
Heute arbeiten 20 Mitarbeiter für Uhe. Seit 2020 teilen sich Wolfram Uhe und Mario Herzinger die Geschäftsleitung. Herzinger ist hauptsächlich für Projekte, die Kalkulation und die Einteilung der Mitarbeiter zuständig, während Uhe das Personal, Pressearbeit sowie Marketing verantwortet. Vor 17 Jahren hat er noch einen weiteren Betrieb übernommen, die Firma Raue. Sie stand kurz vor der Insolvenz, hatte aber mit dem Frankfurter Flughafen einen attraktiven Stammkunden und mit der Uniklinik und der Deutschen Bundesbank weitere renommierte Kunden im Rhein-Main-Gebiet. Heute ist der Unternehmer froh um den Kauf.