150 Jahre Lansing
Unternehmensgruppe mit drei BetriebenLansing Metallbau feiert 150-jähriges Jubiläum: Der Metallbaubetrieb aus Vreden nahe der holländischen Grenze hat sich von der Hufschmiede und Schlosserei zu einem renommierten Fassadenbauer entwickelt.
Seit mehr als 25 Jahren ist Fielmann bei Metallbau Lansing Kunde. Wer einen der bekannten Optikerläden betritt – sei es in Münster, München oder Zürich – der läuft durch eine von Lansing gefertigte Tür. Für 440 Fielmann-Geschäfte hat Lansing Metallbau gemeinsam mit der Schwesterfirma Lansing Varioform die Ladenfront gestaltet; unter anderem auch für das „Flaggschiff“, den Optikerladen in der Schildergasse in Köln. „Dort wurden champagnerfarbene Profile verwenden, um eine besonders exklusive Optik zu erzielen“, erzählt Thomas Lansing, der gemeinsam mit seinem Bruder Jens die Firmengruppe leitet.
Das Unternehmen
Die Spezialisierung auf Fassaden, Fenster und Türen des alteingesessenen Betriebs aus Vreden im Münsterland geht zurück auf den Vater, Johann Lansing, genannt Hannes. Dieser trat mit 26 Jahren als Meister in den elterlichen Betrieb ein, nachdem er bei einem Fassadenhersteller in Warendorf seine Ausbildung absolviert hatte. Sein Vater war der letzte „echte“ Schmied in der Familie – ein Foto zeigt Johann Lansing noch 1978 in der Hobby-Werkstatt vor einem Amboss und einem Hufeisen; Letzteres brachte seinem Sohn jedoch kein Glück. Ein Tritt von einem Pferd war solch ein „eindrückliches“ Erlebnis für ihn, dass ab Mitte der 1960er Jahre keine Einhufer mehr zu den Kunden von Lansing zählten.
Ursprünglich hatte sein Urgroßvater, Johann Arnold Lansing, den Betrieb 1873 gegründet. Schon damals gab es drei Geschäftsbereiche: die Hufschmiede, den Wagenbau und die Schlosserei. Heute gehören zur Firmengruppe drei Firmen: Lansing Metallbau, die auf eben diese 150-jährige Tradition zurückblicken kann, Lansing Unitra, gegründet 1987, und Lansing Varioform, gegründet 2014.
Idee für eine „rollende Werkstatt“
Ende des 19. Jahrhunderts wurden Karren für die Landwirtschaft gefertigt, aber der Geschäftszweig Wagenbau wurde ebenso wie der Hufbeschlag 1965 eingestellt. Anfang der 1980er Jahre wurde der Geschäftsbereich dann „wiederbelebt“. Denn Hannes Lansing war es leid, dass seine Monteure morgens so lange brauchten, um die Fensterelemente zu laden und zu verzurren, bevor es zum Kunden ging. Er entwickelte einen Anhänger mit einer geknickten Ladefläche, auf der die Glasscheiben nicht umkippten – den Unitra-Anhänger. Statt mit Gurten und Seilen zu hantieren, wurde ein Spannsystem entwickelt, worin die Fenster eingeklemmt wurden. Als Nächstes wurde eine komplette Inneneinrichtung in einem Kastenwagen entwickelt, um Fensterelemente und Werkzeug geordnet und sicher zu transportieren. Dieses „Nischenprodukt“ für die Zielgruppe Glaser, Fensterbauer oder Hersteller von Holz- und Kunststoffelementen war so erfolgreich, dass man schließlich 1987 eine eigene Firma gründete und 1997 den Vertrieb auf die Benelux-Länder ausweitete. Der geschäftsführende Gesellschafter Tom Seiger ist Niederländer; die Familie Lansing ist nach wie vor mit einem großen Anteil an der Lansing Unitra beteiligt.
Noch dieses Jahr starten die Bauarbeiten für eine neue Produktionshalle mit Bürogebäude am Standort in Bad Bentheim-Gildehaus nahe der holländischen Grenze, in die die 25-köpfige deutsch-niederländische Belegschaft einziehen wird. „Von den Holländern können wir uns in Sachen Teamwork einiges abgucken“, sagt Thomas Lansing. „Die Mitarbeiter verstehen sich blendend. Außer beim Fußball“, fügt Jens Lösing lachend hinzu. Lösing gehört mit zur Familie – er ist mit der Schwester von Thomas und Jens, Christiane, verheiratet, und führt die Geschäfte der Lansing Varioform.
„Lansing Metallbau ist in der Region bekannt als Hersteller von Fassaden, Fenster und Türen; kein Möbelbauer oder Maschinenhersteller würde auf die Idee kommen, bei Lansing Metallbau Bleche anzufragen“, erläutert Jens Lösing. Damit diese Hemmschwelle kleiner wird, wurde vor neun Jahren die Lansing Varioform gegründet. Mit einer eigenen Firma mit eigenständigem Vertrieb könne man auch besser expandieren. Für den Bereich der Blechverarbeitung wurden in der letzten Zeit auch die größten Investitionen getätigt: Neben einer CNC-Stanze und einer CNC-Abkantpresse kamen auch zwei Profilfräsen und eine Plattenfräse dazu. Um die Kapazität weiter zu erhöhen, steht 2024 die Anschaffung eines 5-Achs-Fräszentrums auf dem Plan.
Der Handwerker und „der Finanzminister“
Dass die Brüder und Firmenchefs unterschiedliche Stärken und Interessen haben, war ein Hauptgrund, dass sie heute gemeinsam die Unternehmensgruppe leiten. „Nicht immer verstehen sich Brüder; auch unser Vater stand vor der Entscheidung, uns gemeinsam die Firmenleitung zu übertragen, oder die Firmen zu trennen.“ Dipl.-Betriebswirt Jens Lansing hat BWL mit Schwerpunkt Steuerrecht studiert; Thomas Lansing ist Metallbaumeister. Er sagt: „Wir harmonieren sehr gut, mein Bruder ist unser ‚Finanzminister‘ und ich bin der Techniker: das ist der Schlüssel für unsere erfolgreiche Zusammenarbeit; jeder von uns verantwortet seinen eigenen Bereich und wir kommen uns nicht in die Quere.“ Vertriebschef von Lansing Metallbau und dritter Geschäftsführer ist Christian Bengfort. Wunsch sei es, dass die beiden Firmen Lansing Unitra und Lansing Varioform, die heute jeweils 25 Mitarbeiter haben, einmal so groß werden wie Lansing Metallbau, für die heute 60 Mitarbeitende tätig sind. Man wolle organisch wachsen, betont Jens Lösing und „nicht auf Teufel komm raus groß werden“. Der Expansionswille sei da, werde aber ausgebremst durch die Tatsache, „dass hier im ‚Baden-Württemberg von NRW‘ die Arbeitslosenquote bei unter drei Prozent liegt und es zu wenig Fachkräfte gibt“, so der Varioform-Chef.
Thomas Lansing sagt, sein Bruder Jens ähnelt eher dem Großvater Johann, er komme eher nach seinem Vater Hannes. Dieser war „sehr hemdsärmelig“. Von 1950 bis 1956 war Johann Lansing ehrenamtlicher Bürgermeister der Stadt Vreden und unter anderem Vorsitzender des Schützenvereins. Doch auch wenn er als Firmenchef einer der ältesten Firmen der Stadt allseits bekannt war, hätte er sich gewiss nicht träumen lassen, dass seine Enkel einmal die Fassade für das Hauptquartier von Deutschlands größtem Stahlhersteller fertigen würden.
Augenfällige Referenzobjekte
2008/2009 wurde das für Lansing bislang größte Projekt gestemmt: verschiedene Pfosten-Riegel-Fassaden mit über 10.000 m2 Fläche für das ThyssenKrupp Quartier an den Gebäuden Q5 und Q7 in Essen (Foto Seite 2). Projektsteuerer war die in Hamburg ansässige ECE Group, die Lansing über die Fielmann-Projekte kannte. Ein weiteres Projekt wartete mit einer ganz besonderen Architektur auf: eine gefaltete Gebäudehülle. Die Architektur der Leitwarte Pluto in Herne mit ihrer außergewöhnlichen Metallfassade wurde 2020 mit dem Architekturpreis Bochum ausgezeichnet. Der Entwurf für das Gebäude auf dem ehemaligen Zechenareal der Zeche Pluto in Herne stammt von Halfmann Architekten aus Köln. Bauherr war die RAG Aktiengesellschaft. Bei diesem Bauvorhaben arbeiteten Lansing Metallbau und Lansing Varioform bei der Fassadengestaltung zusammen; die champagnerfarbenen Alubleche wurden mit dem Eloxalfarbton C 31 beschichtet.