Wettbewerb

Gewinner Deutscher Stahlbaupreis

Das Studierendenhaus Braunschweig

Der Preis des Deutschen Stahlbaues ging an die Berliner Architekten Gustav Düsing und Max Hacke. Sie hatten gemeinsam das Projekt „Studierendenhaus Braunschweig“ eingereicht. Aus der Laudatio: „Die Arbeit dokumentiert hervorragend, wie das Material Stahl zu einer qualitativ hochwertigen, leichten, stahlspezifischen Baugestalt geführt werden kann.“

1. Preis: Studentenhaus Braunschweig.
Foto: Iwan Baan Photography B.V. & Lemmart

1. Preis: Studentenhaus Braunschweig.
Foto: Iwan Baan Photography B.V. & Lemmart

Der Neubau an der TU Braunschweig ist ein multifunktionaler Raum. Das zweigeschossige Gebäude ist ohne massive Wände ausgebildet und erlaubt eine flexible Nutzung. Es bietet auf über 1.000 Quadratmeter Platz für 200 Arbeitsplätze. Das Primärtragwerk ist reversibel: Alle Bauteile sind leicht entfügbar und können nach der Lebenszeit des Gebäudes in gleicher oder variierter Kombination wieder bzw. weitergenutzt werden.
Das Konzept basiert auf einer puristischen Architektur, die sich auf das Wesentlichste beschränkt: die Umrisslinien. Das Haus bleibt wandlos, offen, transparent, flexibel. Es bietet zahlreiche Raum-Variationen und wird zur wandelbaren Basis für Ideen und Konzepte, denn längst arbeiten Studierende nicht mehr nur am Schreib- oder Zeichentisch, sondern sind digital und global vernetzt und können so ortsunabhängig studieren.

Das Tragwerk
Das Primärtragwerk ist als Stahlkonstruktion mit einem regelmäßigen Stützenraster von 3,0 x 3,0 Meter konzipiert, das auf einer 25 Zentimeter dicken Bodenplatte und Einzelfundamenten gegründet ist. Die horizontale Gebäudeaussteifung erfolgt über schubsteife Tragwerksfelder, die durch Integration zug-/drucksteifer Diagonalen in Treppenwangen und geschlossenen
Wandbereichen integriert sind. Zusätzlich wird die Horizontalsteifigkeit des Systems durch die Einspannung der Stützen in die Fundierung erhöht: Die Kopfplattenstöße am Stützenfußpunkt sind über in Hülsenanker eingeschraubte Gewindestäbe auf die einbetonierten Auflagerelemente aufgesetzt. Die verschraubte, vorgespannte Fügung erleichtert und verkürzt die Montage und erlaubt eine einfache Demontage. Alle Stützen und Träger sind mit identischem Querschnitt als quadratische Stahlhohlprofile 100 x 100 Millimeter einer Wandstärke von 10 Millimeter aus Stahl S355 ausgeführt und gelenkig miteinander verbunden. Leichte Brettsperrholzelemente (Lignotrend wegen optimaler Akustik) werden zwischen den Trägern eingesetzt. Um die Biegebeanspruchung der Träger zu vereinheitlichen, sind die Lignotrend-Deckenelemente alternierend ausgerichtet. Aufgrund der daraus resultierenden gleichmäßigen Auslastung können Stützen und alle Träger mit
identischen äußeren Querschnittsabmessungen ausgebildet werden. Als Dacheindeckung wurde ein materialeffizientes Stahltrapezblech gewählt. Die Horizontalaussteifung erfolgte über eine liegende Verbandsebene, die oberhalb der Trapezblechhaut in den Dachaufbau integriert ist.
Die Fügung der Stahlhohlprofile erfolgte durch eine innenliegende, vorgespannte Schraubverbindung. Eine mit Senkkopfschrauben befestigte Deckplatte verschließt die unterseitige Montageöffnung. Zur Vereinfachung der konstruktiven Durchbildung der Anschlüsse wurden die Knotenpunkte in unterschiedliche Beanspruchungsgruppen unterteilt, um eine jeweils wirtschaftliche Ausführung für lokal variierende Beanspruchungen
zu ermöglichen.
 
Cradle-to-cradle
Prof. Jochen Schuster (schuster Architekten) hielt die Laudatio: „Die Erwartungen, die man im Vorfeld an eine eingereichte Arbeit des Preisträgers des „Deutschen Stahlbaupreises“ hat, erfüllt das Projekt des Studierendenhauses in Braunschweig in überzeugender Art und Weise. Die Arbeit dokumentiert hervorragend, wie das Material Stahl zu einer qualitativ hochwertigen, leichten, stahlspezifischen Baugestalt geführt werden kann. Bestechend ist, dass aktuelle Themen wie z.B. effizienter Einsatz von Ressourcen, Modularität, cradle to cradle, nicht nur wie selbstverständlich, spielerisch, ohne mahnenden Finger, in das Projekt integriert werden, sondern dass dies zugleich zu einer einzigartigen, wohltuenden Atmosphäre in allen Bereichen des Hauses führt. Das Haus schafft über seine Materialisierung und Struktur eine unverwechselbare Arbeitswelt für die Studierenden, die inspirierend ist und die zeigt, dass auf die aktuellen Fragestellungen mit angemessenem Materialeinsatz, unaufgeregt geantwortet werden kann, ohne auf eine eigene, prägende Gestaltidee verzichten zu müssen.“

Wenige Vorgaben der Architekten ermöglichen maximale räumliche Flexibilität.
Foto: Iwan Baan Photography B.V. & Lemmart

Wenige Vorgaben der Architekten ermöglichen maximale räumliche Flexibilität.
Foto: Iwan Baan Photography B.V. & Lemmart

Bautafel:
Preisträger: Gustav Düsing, Gustav Düsing GmbH (Berlin) und Max Hacke, Büro Hacke (Berlin)
Tragwerk: knippershelbig GmbH (Stuttgart)
Stahlbau: Cornils GmbH (Bergen)
Bauherr: Land Niedersachsen, Technische Universität Braunschweig

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