Zulieferer

Schüco Jahresbericht 2023

Metallbau in Deutschland -7,3% im Vergleich zu 2022

In diesem anhaltend schwierigen gesamtwirtschaftlichen Umfeld ließ sich das globale Wachstum des Unternehmens nicht wie in den Vorjahren fortsetzen: Die Schüco Gruppe hat das Geschäftsjahr 2023 mit einem Gesamtumsatz von 2,11 Milliarden EUR (7,4 Prozent unter Vorjahr, währungsbereinigt 4,7 Prozent unter Vorjahr) abgeschlossen.

Andreas Engelhardt, persönlich haftender Gesellschafter.
Foto: Schüco International KG.

Andreas Engelhardt, persönlich haftender Gesellschafter.
Foto: Schüco International KG.
Die Schüco Gruppe beschäftigte im Jahresdurchschnitt 2023 weltweit insgesamt 6.750 Mitarbeitende (2022: 6.750 Mitarbeitende), die sich wie folgt aufteilten: Außerhalb Deutschlands waren 2.750 Mitarbeitende für Schüco tätig. Auf Deutschland entfielen 4.000 Mitarbeitende (2022: 4.100 Mitarbeitende), davon arbeiteten 2.408 Mitarbeitende in der Region Ostwestfalen-Lippe. In der Bielefelder Unternehmenszentrale beschäftigte das Unternehmen insgesamt 2.068 Mitarbeitende (2022: 2.100 Mitarbeitende).

 

Höchste Startzahl bei Nachwuchskräften

64 Auszubildende und 19 Studierende starteten 2023 in ihr Berufsleben. Das waren die höchsten Startzahlen seit Unternehmensgründung. Traditionell begannen die Neueinsteigenden ihre Karriere bei Schüco mit einer Einführungswoche in der Unternehmenszentrale in Bielefeld. Zum Jahresende 2023 waren weltweit insgesamt 195 Nachwuchskräfte (Auszubildende und Studierende) bei Schüco tätig.

 

Investitionen

Das wirtschaftliche Eigenkapital ist weiterhin stabil und zeugt auch in dieser herausfordernden Zeit von einer ausgewogenen Kapitalstruktur. Da die umfangreichen Baumaßnahmen zur Bielefelder Standorterweiterung 2022 erfolgreich abgeschlossen wurden, lag die Investitionssumme mit 52,6 Millionen EUR unter Vorjahresniveau (2022: 89,5 Millionen EUR). Ein Teil der Investitionssumme floss in den Erwerb einer 100.000 Quadratmeter großen Fläche der Gewerbepark Flugplatz Gütersloh GmbH. Auf dem nördlichen Teil des ehemaligen britischen Militärflughafengeländes soll für die Produktbereitstellung und Distribution ein neuer Standort entstehen, da das Gelände der Unternehmenszentrale in Bielefeld keine größeren Wachstumsmöglichkeiten, insbesondere im gewerblichen Bereich, bietet.

Am 2. Mai 2023 feierte die im Gewerbegebiet Wertingen ansässige Schüco Coating Solutions GmbH & Co. KG ihren offiziellen Betriebsstart. Das Joint Venture vereint die Kernkompetenzen zweier Unternehmen – der Kemper Oberflächentechnik GmbH & Co. KG im Bereich der Oberflächenveredelung und der Schüco International KG im Bereich der Aluminiumprofile. Durch den Aufbau von eigenen Produktionskapazitäten im Bereich Oberflächenveredelung durch Pulverbeschichtung von Aluminiumprofilen konnte das Serviceangebot für Süddeutschland erweitert werden.

Neue Tochtergesellschaften

Zur Stärkung der lokalen Geschäftstätigkeiten wurden die Gesellschaften SCHÜCO NORWAY AS, Oslo, und Schüco Sweden AB, Stockholm als eigenständige Schüco Tochtergesellschaften gegründet und vollkonsolidiert im Konzern einbezogen. Beide Gesellschaften wurden bereits als Betriebsstätten der Schüco KG in den jeweiligen Ländern geführt. Im Zuge des Ausbaus der regionalen Geschäftstätigkeit wurde im Dezember 2023 die Tochtergesellschaft Regional Headquarters of Schüco International KG LLC, Riad/Saudi-Arabien, gegründet. Der Fokus des Unternehmens liegt in der Erschließung von Großprojekten auf der arabischen Halbinsel.

 

Beteiligungen

Die AWB Aluminiumwerk Berlin GmbH ist seit vielen Jahren einer der Hauptlieferanten von Aluminiumprofilen für die Schüco International KG. Diese langjährige Partnerschaft hat Schüco bereits 2022 vertieft und einen Anteil von 26 Prozent am Unternehmen erworben. Gemeinsam haben die beiden Unternehmen 2023 an strategischen Themen insbesondere im Bereich Nachhaltigkeit gearbeitet. So soll AWB zukünftig neben Bolzen aus Standard-Aluminium auch die beiden neuen Aluminiumgüten Low Carbon (LC) und Ultra Low Carbon (ULC) Aluminium mit einem deutlich reduzierten CO2-Fußabdruck produzieren.

Geschäftsbereich Metallbau

Der Geschäftsbereich Metallbau (Aluminium und Stahl) erzielte weltweit einen Umsatz von 1.770 Millionen EUR und blieb damit 2,7 Prozent unter Vorjahresniveau. (2022: 1.820 Millionen EUR.)

Außerhalb Europas konnte der Geschäftsbereich mit einem Umsatz von 421 Millionen EUR das Vorjahresniveau (2022: 425 Millionen EUR) nahezu erreichen. So konnte Indien seinen positiven Wachstumstrend auch in diesem Jahr fortsetzen und China hat nach der Corona-Pandemie spürbar wieder Fahrt aufnehmen können. Auch Südamerika hat sich gut entwickelt. Ebenso positive und von deutlicher Nachfrage getragene Effekte gab es insbesondere in Saudi-Arabien, weshalb Schüco dort nachhaltig in den Marktaufbau investiert hat.

Europa

Das Geschäftsjahr 2023 – weiterhin geprägt von der weltweit angespannten Lieferkettenproblematik, den stark angestiegenen Rohstoffpreisen, dem anhaltenden Krieg in der Ukraine sowie den massiv gestiegenen Energiekosten und Inflationsraten – stellte die Metallbau-Vertriebsregion Europa auch in diesem Jahr vor große Herausforderungen und beeinflusste den erzielten Umsatz negativ. Zwar konnten sich die starken Organisationen in Italien und Frankreich stabil behaupten, hatten aber auch mit der Baukrise zu kämpfen. Litauen und Tschechien konnten positive Entwicklungen aufzeigen und auch die Märkte auf der iberischen Halbinsel blieben stabil. Hinter den Erwartungen lagen die übrigen Regionen Benelux und die Nordic-Staaten. Die Vertriebsregion Europa erzielte einen Umsatz von 649 Millionen EUR und blieb damit 8,8 Prozent unter Vorjahr (2022: 712 Millionen EUR).

Deutschland

Hohe Energie- und Materialpreise, gestiegene Lohn- und Zinskosten, der Arbeitskräftemangel, regulatorische Hürden und fehlende Planungssicherheit führten den Bausektor in Deutschland in eine Krise. So blieb der Geschäftsbereich Metallbau in seinem Heimatmarkt mit einem Umsatz von 556 Millionen EUR 7,3 Prozent unter Vorjahresniveau (2022: 600 Millionen EUR).

Eine weitere große Herausforderung dieser Zeit ist das Erreichen von Klimaneutralität im Gebäudesektor. Die Bauwirtschaft hat die Aufgabe, den ambitionierten Vorgaben der Politik zu entsprechen und die CO2-Emissionen, die beim Bau, Betrieb und Rückbau von Gebäuden entstehen, auf Net Zero zu setzen. Schüco sah dies als Chance und nahm die Herausforderungen an, richtete sich in ihrer Vorreiterrolle entsprechend zukunftsfähig darauf aus und erstellte mit Schüco Carbon Control ein modulares Angebot, um die Dekarbonisierung der Immobilienwirtschaft in Deutschland und weiteren europäischen Ländern voranzutreiben. Das Angebot wurde zum Jahresauftakt 2023 auf der Weltleitmesse für Architektur, Materialien und Systeme, der BAU 2023 in München, erstmalig präsentiert. Carbon Control besteht aus individuellen Beratungsleistungen sowie unterschiedlichen Produkten und Services entlang des gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes und berücksichtigt darin die jeweilig beteiligten Verantwortlichen.

Geschäftsbereich Kunststoff

Auch der Geschäftsbereich Kunststoff konnte seine auf Umsatzsteigerungen bezogene Erfolgsgeschichte in 2023 nicht weiter fortschreiben und litt insbesondere im Kernmarkt Deutschland an der massiven Verschlechterung der Auftragslage im Wohnungsbau. Der Umsatz lag in Deutschland mit 118 Millionen EUR 18,6 Prozent unter Vorjahr (2022: 145 Millionen EUR). Wohingegen die Märkte in Belgien, Niederlande, Luxemburg und der Türkei ihre Umsätze vom Vorjahr übertreffen konnten. Weltweit erzielte der Geschäftsbereich Kunststoff einen Umsatz von 345 Millionen EUR, das entspricht einem prozentualen Rückgang von 17,9 Prozent (2022: 420 Millionen EUR) im Vergleich zum Vorjahr.

Mit seinen Prozess- und Systemoptimierungen konzentrierte sich die in Weißenfels ansässige Sparte genauso wie der Bereich Metallbau auf die Entwicklung von Lösungen zur Dekarbonisierung der Gebäudehülle. Als Ziellinie wurde die Messe Fensterbau Frontale 2024 definiert. Da wurden der Branche beispielsweise ein höherer Recyclatanteil in den Profilen, ein PVC-GWP-Indikator und Polymer aus nachwachsenden Rohstoffen vorgestellt. Mit diesem weiterentwickelten Kunststoff-Portfolio erhöht der Bereich das modulare Schüco Angebot Carbon Control um signifikante Bestandteile, die für eine verbesserte CO2-Bilanz, insbesondere im Wohnbausegment, sorgen.

Zum neuen Portfolio gehören beispielsweise auch Kunststoff-Profile mit bio-attribuiertem PVC aus Tallöl. Das PVC aus Tallöl hat die gleichen Eigenschaften und Materialvorteile wie konventionelles PVC, mit dem Unterschied, dass dessen Polymermatrix zu 100 Prozent aus pflanzlichen Rohstoffen besteht.

Schüco Global Services KG – Wartung und Instandhaltung

Zum 30. Mai 2022 wurde die Schüco Global Services KG, Bielefeld, im Handelsregister eingetragen. Innerhalb von anderthalb Jahren hat sich der Bereich planmäßig mit einem Umsatz von 28 Millionen EUR in 2023 als Wachstumsfeld etabliert und gut entwickelt. Ziel der Gesellschaft ist es, das Geschäftsfeld After Sales Service mit den Bereichen Wartung und Instandhaltung zu bündeln, international auszubauen und damit die Partnerbetriebe bei der zunehmenden Nachfrage zu unterstützen. Der Fokus des Unternehmens liegt auf der Wartung, Reparatur, Montage und Instandsetzung von Lösungen von Schüco sowie weiterer namhafter Marktbegleiter. Denn allein durch regelmäßige Wartung der Gebäudehülle mit ihren Öffnungselementen – ggf. auch durch Nachrüstung von Sensorik – lassen sich Langlebigkeit und Werterhalt generieren. Zudem ist die längere Verwendung eines bestehenden, funktionierenden Produktes meist die beste Wahl, um CO₂ einzusparen.

 

Produktentwicklung

Auch in 2023 lag ein Schwerpunkt in der Entwicklung ganzheitlicher Lösungen für die Gebäudehülle. Der Fokus lag dabei auf designorientierten und langlebigen Lösungen für Fenster, Türen und Fassaden, die mit Komfort, Sicherheit und Flexibilität überzeugen. In diesem Sinne wurden u. a. eine Schiebesystem-Plattform mit passender Sonnenschutzlösung, Brandschutz für den Außenbereich und erstmalig ein Trennwandsystem für den Innenbereich entwickelt. Darüber hinaus lag der Fokus auf der Entwicklung einfacherer und effizienterer Konstruktionen. Das folgt dem Bedürfnis nach kostenoptimierten Lösungen, um einen Beitrag zur Baukostensenkung zu leisten. Ein weiterer Schwerpunkt bei der Produktentwicklung waren die Zirkularität und die Reduzierung des CO2-Fußabdrucks der Gebäudehülle. Hierfür wurden Produkte wie IoF ID (Internet of Façades) und bauwerkintegrierte Photovoltaik sowie verschiedene Services und Tools zusammengestellt, um die Nachhaltigkeit in der Baubranche voranzutreiben.

 

Dekarbonisierung in der Immobilienwirtschaft

Mit dem Maßnahmenpaket „Fit-for-55” innerhalb des Europäischen Green Deal der Europäischen Union sollen die Treibhausgas-Emissionen in der EU bis 2030 um 55 Prozent im Vergleich zu 1990 sinken und bis 2050 soll die EU klimaneutral werden. Deutschland hat mit dem Klimaschutzgesetz der Bundesregierung sogar eine Minderung um 65 Prozent bis 2030 beschlossen und die Treibhausgasneutralität bis 2045 verankert. Auf den Gebäudebau und die Gebäudenutzung entfallen fast 40 Prozent der weltweiten Treibhausgas-Emissionen. Auf die Bauindustrie kommen damit neben dem Verkehrssektor die vermutlich größten Herausforderungen zu.

Für einen langfristigen Werterhalt des Gebäudes wird zukünftig sein Lebenszyklus-Treibhauspotential ausschlaggebend sein, das mit dem GWP-Wert (Global Warming Potential) berechnet wird. Der GWP-Wert ist als CO2e-Wert (für CO2-equivalent) ausgewiesen und ergibt sich aus dem Zusammenspiel von Operational Carbon Emissions und Embodied Carbon Emissions. Operational Carbon Emissions entstehen während des Gebäudebetriebs, Embodied Carbon Emissions weisen aus, wie viel CO2 in den verbauten Produkten eingebettet ist. Über ressourcenschonende Materialverwendung, bauwerkintegrierte Photovoltaik, eine intelligente Gebäudesteuerung oder Cradle to Cradle zertifizierte Produkte können die Gesamtemissionen maßgeblich gesenkt werden.

Mit Carbon Control hat Schüco im April 2023 ein modulares Angebot vorgestellt, mit dem die Dekarbonisierung von Fenstern, Türen und Fassaden objektspezifisch angegangen werden kann. Schüco Carbon Control ist entlang der vier Lebensphasen eines Gebäudes strukturiert: Planen, Bauen, Betreiben und Rückbauen. Begleitend zum Service- und Produktportfolio umfasst das Angebot objektspezifische Beratung, das Architekten, Planer und Verarbeiter dabei unterstützt, den CO2-Fußabdruck der Gebäudehülle aktiv zu minimieren.

Ein zentraler Bestandteil der ganzheitlichen Nachhaltigkeitsstrategie von Schüco sind die unternehmenseigenen Klimaziele. Bereits 2018 hat das Unternehmen zusammen mit dem WWF (World Wide Fund for Nature) anspruchsvolle Ziele zur CO2e-Minderung erarbeitet. Die gemeinsam formulierten Klimaschutzziele wurden auch von der unabhängigen Organisation Science Based Target initiative (SBTi) bestätigt. Schüco hat das Fokusprojekt „Emission Zero“ gestartet, mit dem das Unternehmen sein Net-Zero-Ziel über die gesamte Wertschöpfungskette bis zum Jahr 2040 erreichen soll.

Das Reporting des im September 2023 erschienenen neuen Nachhaltigkeitsberichtes 2021/2022 zeigt nun, dass die Gesamtemissionen der Schüco Gruppe im Jahr 2022 um 1,3 Prozent unter dem Referenzwert von 2018 lagen. Bei einem gleichzeitigen Zuwachs des Umsatzes um über 35 Prozent im Vergleich zu 2018 entwickelten sich Umsatz und CO2e-Emissionen somit erstmals gegenläufig voneinander. Der Trend zeigt in die richtige Richtung und motiviert das Unternehmen, weiterhin kontinuierlich daran zu arbeiten, seine CO2e-Emissionen zu reduzieren.

 

Rück- und Ausblick

Die Lage der Bau- und Immobilienwirtschaft lässt sich auch für 2024 nicht positiv einschätzen. Investoren – private und gewerbliche – halten sich weiterhin bei Neubauten und Sanierungen zurück. Die Sanierungsquote, die massiv gesteigert werden müsste, um die Klimaziele zu erreichen, sinkt aktuell sogar. Die oben beschriebenen Faktoren, die für die Baukrise in 2023 verantwortlich waren – hohe Energie- und Materialpreise, gestiegene Lohn- und Zinskosten, der Arbeitskräftemangel, regulatorische Hürden und fehlende Planungssicherheit – wirken sich weiterhin negativ auf die Entwicklung in 2024 aus und bremsen eine Verbesserung der Auftragslage. Auch wenn die Talsohle wahrscheinlich erreicht ist – Signale auf kurzfristige Besserung sind nicht wahrnehmbar. Trotz dieser herausfordernden Lage bieten sich der Bau- und Immobilienwirtschaft und damit auch Schüco Chancen. Denn das gerade veröffentlichte Frühjahrsgutachten des ZIA (Zentraler Immobilien Ausschuss e. V.) errechnete für Deutschland einen Mangel von 600.000 Wohnungen für 2024, bis 2027 soll diese Zahl sogar auf 830.000 wachsen. Die Sanierung des Gebäudebestands ist auch in diesem Kontext eine wichtige Aufgabe, denn sonst lassen sich die sozialen Herausforderungen des Wohnungsmangels nicht angehen und die Klimaziele nicht erreichen. Die Bauindustrie weltweit befindet sich in einem starken Wandel und alle Marktbeteiligten müssen sich konsequent verändern – durch Digitalisierung, nachhaltige Produktinnovationen und durch zirkuläre Bauwirtschaft.

 

 

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