Bernhard von Mühlenen, AM Suisse

„Agile, innovative Firmen haben weiterhin Erfolg!“

Bernhard von Mühlenen ist seit Juli 2021 als AM Suisse Direktor tätig, zuvor hat er im Unternehmen Senn den Bereich Stahlbau geführt. Wir haben ihn nach der Situation des Schweizer Metallbaus gefragt und welche Erfolge ihm bislang für die Branche gelungen sind.

metallbau: Herr von Mühlenen, wird die D-A-CH-Region im Metall-/Stahlbau zu einem Markt zusammenwachsen?

Bernhard von Mühlenen: Ich glaube kaum, dass es zukunftsfähige Gründe und einen Nutzen dafür gibt. Es ist auch nachhaltig, wenn man Fassaden, Brücken, Geländer oder Holzelemente nicht über tausende Kilometer hinweg transportiert. Der Kunde mit Weitblick schätzt die geografische Nähe des Unternehmers seiner Wahl mittelfristig immer – oder lernt dies schmerzhaft spätestens, wenn der vermeintlich billigere und weitgereiste Anbieter für Garantiearbeiten und Reparaturen nicht mehr kontaktierbar ist.

metallbau: Gibt es etwas, das Sie als Verbandsfunkionär vermissen, wenn Sie sich an Ihre Zeiten im operativen Geschäft des Stahlbaus erinnern?

von Mühlenen: Ich vermisse eigentlich nichts, obwohl dies ein sehr erfüllender Lebensabschnitt war – der Kontakt mit vielen der damaligen Kollegen ist weiter freundschaftlich. Kunden mit technisch cleveren und effizienten Lösungen zu verblüffen und zu gewinnen, war etwas ganz Besonderes. Im übertragenen Sinne ist es in meiner aktuellen Funktion nicht viel anders: Man muss im Verband wie beim Bauen einen Blick fürs Ganze haben, alle Interessensgruppen berücksichtigen und sich trotzdem nicht zu stark ablenken lassen. Wichtig bleiben die Liebe fürs Detail und kreative Lösungsansätze.

metallbau: Auf welche Erfolge sind Sie stolz, was haben Sie sich für das nächste Jahr vorgenommen?

von Mühlenen: Der schweizweite Zusammenhalt der Metall- und Stahlbaubranche ist trotz harter Konkurrenz sehr gut. Wir schätzen uns glücklich, dass in allen Kommissionen, Vorständen und Expertengruppen so tolle, motivierte Persönlichkeiten wirken, welche sich nebst Betrieb und Familie mit viel Herzblut für die Metallbaubranche einsetzen und laufend jüngere Mitglieder nachziehen. Dies zeigt sich jeweils sehr gut an der nationalen Delegiertenversammlung oder an Regionalversammlungen, wo es durchaus mal hoch zu und her gehen kann. Ziele für 2025 sind, unsere politische Arbeit und Sichtbarkeit zu verbessern und gegen die auch hierzulande grassierende Bürokratie und den wachsenden Staatsapparat zu kämpfen. Ebenso müssen wir zum Thema Nachhaltigkeit sichtbarer und prägnanter werden, damit sich die Bauherren und die Politik nicht vollends auf dem Holzweg verirren.

metallbau: In Deutschland fragt man sich, ob die Bauwirtschaft dieses Jahr die konjunkturelle Talsohle hinter sich lässt, wie ist die Situation in der Schweiz?

von Mühlenen: Wir hatten in der Schweizer Bauwirtschaft keine landesweite Talsohle, lediglich regionale Dellen in einzelnen Bereichen. Es gibt vereinzelte Betriebe, welche verschwanden, auch mal wegen fehlender Nachfolge. Zeitgleich sind andere Firmen jeglicher Größe gewachsen. Ich glaube, dass innovative und agile Firmen weiterhin Erfolg haben werden und Firmen in konventionellen Bereichen mit konventionellen Methoden hart kämpfen müssen. Etwas Sorgen bereitet mir der Blick auf unsere Exportwirtschaft, wo der Motor aufgrund der europäischen und weltweiten Konjunkturschwankungen am Stottern ist. Ich befürchte, dass deren Ausbau- und Sanierungsprojekte auf die lange Bank geschoben werden.

metallbau: Inwiefern bereitet der Holzbau dem Stahl- und Metallbau Sorgen und welche Maßnahmen setzt die Metall-/Stahlbranche in der Schweiz um, damit Stahl/Aluminium als Baumaterialien im Markt gut positioniert sind und mit Holz mithalten können.

von Mühlenen: Neidlos eingestanden hat die Schweizer Holzwirtschaft in den letzten 40 Jahren auf allen Ebenen ausgezeichnete Grundlagenarbeit geleistet, weit bevor sie in grün gehüllt wurde. Wir setzen uns dezidiert für den Hybridbau ein und wünschen keine Konfrontation der Bauwerkstoffe, fordern aber für alle gleich lange Spieße und ein wirklich neutrales Bewertungssystem. Jeder Werkstoff hat seine Berechtigung am richtigen Ort. Unsere Aktivitäten werden sich bestimmt an diesen Grundsätzen orientieren. Persönlich setze ich aber schon Fragezeichen, wenn Wildtierüberführungen, Keller oder noch schlimmer, ungeschützte Brückentragwerke aus Holz gebaut werden. Vielleicht hängt das auch nur damit zusammen, dass ich im Jahr 2020 gemeinsam mit einem meiner damaligen Kollegen eine 100 Meter lange Holzbrücke Baujahr 2007 demontieren und als Sonderbaustoff in der Kehrichtverbrennungsanlage teuer entsorgen lassen durfte, da diese bereits nach knapp 10 Jahren nahezu irreparabel durch ortsübliche Witterungseinflüsse beschädigt war. Natürlich durften wir sie durch eine schöne Stahlbrücke ersetzen.

metallbau: Sie beschreiben die Schweizer Bauingenieure und Architekten als innovationsbegeistert, können Sie dies etwas konkreter erläutern?

von Mühlenen: Es gibt viele jüngere, äußerst kreative Bauingenieure und Architekten, welche vermehrt und gerne mit Aluminium, Glas und Stahl bauen, sowohl im Hochbau als auch im Brückenbau. Sie nutzen dabei teils sehr clever „parametric design-tools“ und KI dürfte schon bald in geeigneter Form etabliert sein. Manche klagen aber auch, dass sie durch Bauherrschaften teilweise indiskutabel zu Lösungen in Holz genötigt werden.

metallbau: Wie zuversichtlich sind Sie, dass die Verjährungsfrist für Baumängel nicht von fünf auf zehn Jahre gesetzt wird?

von Mühlenen: Wir sind zuversichtlich, dass unsere Parlamentarier beider Kammern großmehrheitlich dagegen stimmen. Wir konnten in vielen persönlichen Gesprächen den Parlamentariern aufzeigen, dass eine Annahme für alle involvierten Parteien eine deutliche Verschlechterung zur Folge hätte, das Bauen teurer und komplizierter würde und schlussendlich einzig Baujuristen profitieren. (Anm. d. Red.: Der Nationalrat hat in seiner Herbstsession 2024 eine zehnjährige Verjährungsfrist abgelehnt und die Frist für eine Baumängelrüge neu auf 60 Tage festgesetzt.)

metallbau: In der Schweiz sind die Garantieleistungen der ausführenden Betriebe umstritten, inwiefern bergen diese realistischerweise das Risiko, einen Betrieb existenziell zu gefährden.

von Mühlenen: Ja, die Garantieleistungen können Bonität und Liquidität von finanziell gesunden Firmen sogar gefährden. Wir kennen Anzahlungsgarantien, Erfüllungsgarantien und Gewährleistungsgarantien, welche leider zeitlich teilweise stark überlappend eingefordert werden, um den Bauherrn x-fach abzusichern – plakativ vergleichbar mit Hosenträger, Gurt, Hosenknopf und Reißverschluss bei Leggins zeitgleich. Die Solidarbürgschaft (gemäß OR 496 / Art. 181 SIA 118) hat sich als ein zuverlässiges Sicherungsmittel erwiesen, wenn sie in Bezug auf Höhe und Laufzeit partnerschaftlich = fair ausgestaltet ist. Im Gegensatz dazu verhält es sich bei der abstrakten Garantie (OR 111) ganz anders. Hier ist der Garant (z.B. Bank) verpflichtet, die Zahlung auf erstes Verlangen zu leisten, unabhängig von der Existenz oder Relevanz eines Verschuldens des Unternehmers. In der Regel werden solche Zahlungen vom Garant an den Unternehmer in vereinbarter Form weiterbelastet. Für Letzteren kann es dann ein schmerzvoller, teurer Akt werden, die ausbezahlte Summe zurückzuerhalten. Noch schlimmer ist es, wenn diese Situation vom Auftraggeber als Druckmittel für ungerechtfertigte Rabatte/Abzüge missbraucht wird. Diese Erkenntnisse und Risiken sind nun bei einigen Parlamentariern angekommen und wurde in der von unseren Branchenvertretern und Verbandsmitgliedern initiierten Motion 23.4079 eingereicht. Wir werden uns für dieses Thema voll engagieren.

metallbau:  Wird durch die Europäische Metall-Union im Hinblick auf die Internationalisierung der Metall-/Stahlbaubetriebe etwas vorangebracht?

von Mühlenen: Der internationale Dialog ist äußerst wertvoll und relativiert manchmal die lokalen Sorgen. Jedoch sind die Ressourcen der Parteien recht beschränkt. Zentrale Themen sind ebenfalls Nachhaltigkeit und die damit verbundene Gleichbehandlung aller Bauwerkstoffe bei entsprechenden Vergleichen/Analysen.                                                www.metaltecsuisse.ch

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