Innovative Ausführung

Montage beim Betonfertigteilhersteller

Ein Quartiersprojekt in Pforzheim könnte Vorbildcharakter haben für die Art und Weise, wie Fassaden schneller errichtet werden können. Für den Neubau des Technischen Rathauses, der im Januar fertig gestellt wurde, wurde der Prozess der Fenstermontage vorverlegt. Mitarbeiter von Hilzinger Metallbau bestückten die Wandmodule aus Beton mit den fertigen Fensterelementen inklusive Sonnenschutz auf dem Werksgelände des Betonfertigteilherstellers.

Zwischen Schloßberg und Enzufer in der Pforzheimer Innenstadt entstehen auf einem Areal von 30.000 Quadratmetern vier Baukörper in vier Bauabschnitten; Baustart war 2022. Bis Ende 2028 sollen alle Gebäude fertig sein. Geplant sind unter anderem 140 Wohnungen, zwei KITAs, Gastronomie, Supermärkte sowie der Neubau des Technischen Rathauses. Letzterer wurde Anfang des Jahres fertiggestellt und Ende Januar an den zukünftigen Mieter – die Stadt Pforzheim – übergeben. Derzeit findet die Möblierungs- und Umzugsphase statt, sodass voraussichtlich ab Mitte des Jahres die städtischen Mitarbeiter hier einziehen. Sie werden dann von lichten Büros mit raumhohen Fenstern profitieren.

Fassade mit Fertigbauteilen

Um den Prozess der Fertigstellung der Fassade zu optimieren, setzte Ten Brinke auf einen neuartigen Prozess, wodurch ein Großteil der Rohbaukonstruktion entfallen konnte. Simon Böe, der Projektleiter von Ten Brinke führt aus: „Dieses Projekt wurde in einer Art Modulbauweise umgesetzt, sodass weitestgehend auf die Ortbeton-Außenwände verzichtet werden konnte. Jede Büroetage besteht aus rund 33 Fertigbauelementen, die ohne Fassadengerüst per Kran zusammengesetzt wurden. Ein Wandmodul besteht aus zwei Fensterelementen inklusive Sonnenschutz. Das war auch für uns das Besondere bei diesem Projekt, dass diese Elemente komplett ‚als Paket‘ auf die Baustelle transportiert wurden.“ Das Paket umfasste also die Ortbetonwand plus Dämmung plus vorgehängte Betonfassade inklusive eingebautem Fenster mit integrierten Textilscreens als Sonnenschutz.

Mitarbeiter von Hilzinger Metallbau waren dennoch vor Ort, weil das Projekt auch solche Fenster umfasste, die direkt im Ortbeton montiert wurden. Das betraf vor allem die Treppenhäuser, Außentüren, automatische Schiebetüren, 35 teilweise mehrteilige Fenster im 5. Obergeschoss zur Dachterrasse sowie etwa 50 Fensterelemente im Innenhof. Der Auftrag umfasste auch die Montage von Sonnenschutzanlagen – ZIP-Screen-Anlagen an der Außenfassade und Raffstore-Anlagen im Innenhof. Felix Sauerwald, der das Projekt auf Seiten von Hilzinger Metallbau verantwortet, berichtet: „Aber mit den 160 Fenstern in den Fertigteil­elementen, die den Großteil der Fassade ausmachen, hatte Hilzinger Metallbau vor Ort nichts mehr zu tun.“ Denn die Betonfertigteile wurden allesamt vom Rohbauer montiert.

Montage in geschützter Umgebung

Während Hilzinger Metallbau in seinem Hauptwerk in Fritzlar häufig Fassaden vorfertigt, war die Art der Vorfertigung bei diesem Projekt ein Novum für das Unternehmen. Der Metallbaubetrieb aus Nordhessen sieht sich nicht als klassischer Hersteller von Elementfassaden, da jedes Projekt sehr individuell ist, aber „grundsätzlich probieren wir immer, den Vorfertigungsgrad auf das maximal mögliche Niveau zu erhöhen“, betont Felix Sauerwald, Technischer Projektleiter bei Hilzinger Metallbau. Als Beispiel nennt er die Pfosten-Riegel-Fassade, bei der Anschlussprofile für Folien und Folienleitbleche vormontiert werden und vorgefertigte Kastenfensterelemente.

Beim Quartiersprojekt Schlossberghöfe machten „viele Faktoren das Arbeiten für unsere Mitarbeiter angenehmer“, so Sauerwald. So müssen sie nicht auf einer riesigen Baustelle Treppen hoch- und runterlaufen, es gibt kein Risiko, dass Arbeiter anderer Gewerke „dazwischenfunken“ oder sie selbst brauchen nicht aufpassen, ob sie andere behindern. „Im Grunde hatten unsere Mitarbeiter bei Zuber Beton eine total geschützte Umgebung. Sie hatten ihren festen Arbeitsplatz eingerichtet, wo sie das fertige Fenster inklusive der Textilscreens in die Wandscheiben montierten. Viele Laufwege und Rüstzeiten fallen bei dieser Art der Vorfertigung weg, auch das Material muss nur auf dem Hof verfahren, und nicht zu den Montageöffnung über einige Stockwerke transportiert werden.“

Als größten Vorteil erachtet Sauerwald, dass die Fenster nicht in einer Baustellenumgebung eingebaut werden. „Wenn die Fertigbauteile eingehängt werden, steht das Rohbaugerippe weitestgehend und die Gefahr von Beschädigungen ist geringer“, so Sauerwald. Einen Unsicherheitsfaktor bzw. eine „Grauzone“ gäbe es allerdings. Die Frage der Gewährleistung müsse mit dem Auftraggeber geklärt werden, da es eben nicht der Fensterbauer ist, der die Fenster auf der Baustelle montiert, sondern der Rohbauer. Aus diesem Grund habe man auch alles intensiv dokumentiert, „um den für uns ‚nicht kontrollierbaren‘ Bereich nach Fertigstellung unserer Montage definieren zu können“, erläutert Sauerwald.

Der Projektleiter auf Seiten des Projektentwicklers und Bauunternehmers Ten Brinke, Simon Böe, sieht das Risiko als überschaubar an. Tatsächlich sei bei diesem Projekt nichts passiert – weder während des Transports noch bei der Montage auf der Bau­stelle.

Blaupause für künftige Projekte?

Das Projekt Schlossberghöfe war insofern ein besonderes Projekt, als auf die Fassadengestaltung im vorangegangenem städtebaulichen Wettbewerb besonderes Augenmerk gelegt wurde. Simon Böe kann sich durchaus vorstellen, dass sich diese Vorgehensweise, vor allem im Industriebau, weiter etablieren wird. Voraussetzung dafür ist, dass die Planung frühzeitig daraufhin ausgelegt wird, dass die Fensterelemente oder Wandmodule bereits im Werk vorproduziert werden, wo es weniger Störfaktoren gibt. Die Zeitersparnis auf der Baustelle ist groß und der Bauunternehmer muss dort weniger Nachunternehmer koordinieren.

Auch Felix Sauerwald meint, dass diese Form des Modulbaus zukunftsträchtig ist: „Der Trend sollte dahin gehen. Der zunehmende Personal- und vor allem Fachkräftemangel ist auf der Baustelle besonders deutlich. Immer weniger Facharbeiter nehmen die Widrigkeiten der Baustellen in Kauf, was in der Regel damit verbunden ist, die Arbeitswoche fern vom Wohnort zu verbringen und Wind und Wetter ausgesetzt zu sein. Dafür ist das Lohnniveau viel zu gering. Fachkräfte für die Produktion unter kontrollierten, planbaren und ortsgebundenen Bedingungen werden leichter zu finden sein.“ Und das große Plus für den Bauunternehmer: Mit dem Einbau der Betonfertigteile inklusive Fenster ist die Fassade der jeweiligen Etage gleich geschlossen und somit auch vor Witterung geschützt. „Das bedeutet, die nachfolgenden Gewerke wie Trockenbauer, Elektriker und die Sanitärinstallateure können früher loslegen“, so Böe.

www.hilzinger-metallbau.de

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