ift-Workshops für Fensterbauer
Praxis mit großformatigen FensternDen Auftakt der Rosenheimer Fenstertage 2018 bildeten die sogenannten Power-Workshops für Fensterbauer. Rund 100 Teilnehmer versammelten sich zu Impulsvorträgen sowie Praxisteil mit Fallbeispielen, Tipps und Lösungen für die tägliche Arbeit. Es ging um Aufmaß und Montage großformatiger Fensterelemente und darüber hinaus um „Smart Home“.
Als Professor Michael Krödel von der – seit jüngstem – Technischen(!) Hochschule Rosenheim erst einen violetten Plastikwürfel etwa in der Größe eines Lego-Duplo-Bausteins präsentierte, dann einen mintgrünen, einen weißen und zuletzt einen dottergelben, entstand kurz das Flair der Knoff-Hoff-Show aus den 1980er-Jahren. Denn mit diesen Würfeln lässt sich ein Smart Home zusammenbauen. Simpel, kostengünstig und − naja − spielerisch.
Bei den Würfeln handelt es sich um ein in der Gebäudeautomation genutztes Funksensorik-System mit dem Standard EnOcean, der batterielos funktioniert. Sicher ein sehr gutes Beispiel, um die Berührungsängste vor dem Thema Smart Home zu schmälern. Denn diese Mission galt es, laut Workshop-Titel zu erfüllen: „Keine Angst vor Smart Home … ganz einfach in Betrieb genommen“. In den Worten des Hochschul-Professors klingt das dann so: „Ich glaube, das Smart Home ist nicht aufzuhalten. Wer nicht gerade plant, in den nächsten Jahren in den Ruhestand zu gehen, den wird dieses Thema noch betreffen.“ Und damit die teilnehmenden Fensterbauer auch ein Tool an der Hand haben, um herauszufinden, ob ihre Kunden auf Smart Home umrüsten wollen, teilte Krödel einen kleinen Flyer aus – den Smart Home-Taschenplaner. Dieser zählt ein paar relevante Fragen auf, die sich um die Themen Heizen, Beleuchtung, Einbruch, Brand oder Rohrbruch drehen. Ein Beispiel, zu welchen Aspekten ein Kunde auf dem Fragebogen ein Häkchen setzen kann: „Ich möchte Energie sparen: Das übermäßige Heizen oder Beleuchten soll vermieden werden. Auch soll sich die Heizung bei Abwesenheit oder geöffneten Fenstern automatisch abschalten.“ Das Gegenstück hierzu lautet: „Ich verzichte auf Unterstützung durch moderne Gebäudetechnik und möchte auch in Zukunft regelmäßig selber im Haus nachsehen, ob alle Geräte ausgeschaltet sind (…) und nachts oder im Urlaub regelmäßig besorgt sein, dass eingebrochen werden könnte (…).“
Mit diesen hie und da doch recht provokanten Aussagen stellte Krödel seinem Auditorium jene Aspekte vor, mit der sich jeder befassen sollte, der mit Um- oder Neubau zu tun hat. „Schließlich,“ so Krödel, „ist es hilfreich, wenn alle Fensterbauer zu diesem Thema eine Meinung haben. Egal, welche.“
Zum Schluss wurden noch einige Controller, Schalter und Applikatoren herumgereicht, die schon in mittlerer Zukunft Verteilerkästen im Keller ablösen könnten. Künftig wird die Intelligenz in den Geräten selbst sitzen. Bei einigen Haushaltsgeräten ist das heute schon der Fall. Dann spricht man vom IoT, dem Internet of Things, also der Dinge. Es steht für die Vernetzung von Gebrauchsgegenständen oder eben den Smart Objects, die unabhängig von direkten menschlichen Eingriffen miteinander kommunizieren.
Aufmaß Fenster
Während dieser Workshop sich der Zukunft widmete, klärten andere Referenten die alltäglichen Herausforderungen auf der Baustelle. So auch Ingenieur Dittmar Siebert, der eine nicht triviale Aufgabe im Alltag thematisierte: das Aufmaß des Fensters. Er selbst hat in Rosenheim studiert, sagt aber von sich selbst, dass er das Aufmessen erst im väterlichen Betrieb gelernt habe. Überhaupt gebe es keine allgemeinen Normen oder Regeln zum Aufmaß und die Fehlerquellen seien zahlreich. Hier ein paar Beispiele: Ablesefehler, Zahlendreher, unleserliche Handschriften, fehlende Strukturen bzw. Formularvorlagen, Übertragungs- und Rechenfehler bei der Aufmaßverarbeitung usw. Manchmal können solche Fehler im Aufmaß fatale Folgen haben, die bis hin zu existenzbedrohenden Situationen führen können. Deshalb dröselte Siebert die Themen zunächst sauber auf, stellte diverse Messtechniken und -geräte vor. Einige sind Old School wie der Zollstock, andere wiederum funktionieren mit Laser oder Bluetooth.
Die digitalen Geräte und Messtechniken bewähren sich vor allem bei der Übertragung der Werte, da die Schreibfehler beim digitalen Übertragen verschwinden. Neben den Tools empfahl Siebert für das Aufmessen eine feste Struktur, z.B. anhand eines Aufmaßformulars. Zusätzlich vertiefte er diverse Montage- und Einbausituationen, die individuelle Anforderungen an das Aufmaß stellen. Hier geht es nicht nur um die Differenzierung von Alt- oder Neubau, sondern auch um Anschlagsarten und Brüstungen, um die Verortung der Fenster oder auch um Bauteilanschlussfugen. Für Fensterbauer eine wertvolle und unterhaltsame Fortbildungsstunde!
Montage von großformatigen Fenstern
Die zuletzt genannten Themen aus dem Aufmaß-Workshop gehören natürlich auch zur fachgerechten Montage von Fenstern. Besonders großformatige Fenster werden immer mehr von Architekten und Bauherren eingefordert. Das ist für die Fensterbauer, die das Ganze montieren müssen, eine ebenfalls große Herausforderung. Mit dieser beschäftigen sich Martin Heßler und Wolfgang Jehl vom ift Rosenheim seit Jahren. Den Workshop „Montage von großen Fensterelementen“ teilten die beiden Referenten in zwei Teile: Im ersten Teil berichtete zunächst Martin Heßler von zahlreichen Schadensfällen großformatiger Fensterelemente aus der Praxis. Dabei ging es unter anderem um Wasserschäden im Putz aufgrund eines fehlerhaften Putzanschlusses bei raumhohen Elementen im Erdgeschoss. Weiter zeigte er Bilder einer Faltanlage einer Gemeindehalle, die etwa drei Meter hoch und acht Meter breit ist. Hier ließen sich die Schiebeelemente nicht mehr öffnen, da sich das Dach abgesenkt hatte. Ein weiteres Beispiel zeigte eine Bodenabsenkung bis zu acht Millimetern an einer Wohnanlage. Bei großen Fenstern ist neben dem Eigengewicht besonders der Windsog eine relevante Einflussgröße.
Will ein Fensterbauer Bauschäden vermeiden, ist er gut beraten, den vom ift entwickelten Montageleitfaden mit dem RAL-Gütezeichen, dem „Leitfaden zur Planung und Ausführung der Montage von Fenstern und Haustüren“ als Grundlage heranzuziehen. Damit lässt sich auf dem Papier alles berechnen, was Heßler anhand seiner Beispiele demonstrierte. Da die Umsetzung auf konkrete Montagesituationen und Baukörperanschlüsse immer noch sehr aufwändig ist, hat das ift Rosenheim zusammen mit dem Hersteller Würth einen digitalen Montageplaner in Form eines Online-Tools als Pilotprojekt entwickelt. Es wird auf der ift-Webseite kostenlos zur Verfügung gestellt: www.ift-rosenheim.de/ift-montageplaner.
Montageplaner im Einsatz
Das digitale Pendant zum Handbuch stellte Kollege Wolfgang Jehl im zweiten Teil des Workshops vor und rechnete Heßlers Beispiele digital nach. Das Schöne am digitalen Werkzeug ist, dass alle hinterlegten Produkte geprüft und ift-zertifiziert sind. Ist die Berechnung durchgeführt, erhält der User als Ergebnis einen Montagepass in Form eines PDF.
Gezeigt wird auf fünf Seiten ein Überblick über das Bauvorhaben mit Nummer, Ersteller, Befestigungspunkten etc. Hinzu können Aussagen zum Mindestwärmeschutz gezeigt werden sowie ein Wärmebild oder eine Zeichnung der Fensterbefestigung mit Maßketten und die Auflagerkräfte an den Befestigungspunkten. Auch möglich ist eine produktbezogene Planung. Was noch nicht vorhanden ist, aber bereits in Planung, ist ein Button mit der Aufforderung, statische Anforderungen zu prüfen. Das ist nur ein Aspekt, um den es bei der Weiterentwicklung des Programms geht. Höchste Priorität habe allerdings laut Jehl das Gimmick „Anschlüsse oben und unten“. Dieser Ausblick auf Weiterentwicklung war nur der kleine Gruß aus der Küche für die Fortsetzung der Fenstertage (ab Seite 56), bei denen es um zukunftsträchtige Konstruktionen, Techniken und aktuelle Märkte ging.