Korrosion im Fassadenbau
Beschichtung aus optischen GründenBeim Fassadenbau ist der Korrosionsschutz zum Großteil vernachlässigbar. Doch es gibt Ausnahmen. Anhand zweier Projekte zeigen wir auf, in welchen Fällen das Aufbringen des Korrosionsschutzes eine wichtige Rolle spielt: dann, wenn der Stahl plötzlich im Rampenlicht steht. Grundsätzlich gilt: Aluminium wird auf jeden Fall beschichtet: einfach, weil die Fassade dann „schmuck“ aussieht.
Die Sanierung der Hyparschale in Magdeburg –„ein bisschen crazy und technisch anspruchsvoll“ – so beschreibt Metallbaumeister und PR-Manager Rainer Thoran das Projekt. Thoran ist Projektleiter Fassadenbau beim Metallbauunternehmen Windeck in Kloster Lehnin. Das Ungewöhnliche der Hyparschale: Das Tragwerk befindet sich außen und die Fassade innen, „im Fassadenjargon spricht man von einer Umkehrfassade“, so Thoran.
Seit 2019 laufen die Sanierungsarbeiten; dabei soll die originale Fassadenkonstruktion erhalten bleiben. Die unter Denkmalschutz stehende Halle wurde 1969 nach einem Entwurf des Bauingenieurs Ulrich Müther gebaut, der für seine geschwungenen Schalenbauten und Dachkonstruktionen bekannt war. Die Halle soll im Frühjahr 2024 als Tagungs- und Veranstaltungsort wiedereröffnet werden. Um die historischen Stahlträger wieder nutzbar zu machen, wurden sie vor Ort komplett abgestrahlt und dann in drei Arbeitsschritten grundiert, zwischenbeschichtet und deckbeschichtet. Dafür wurde das Areal komplett eingehaust, die Arbeiter arbeiteten in Schutzanzug und Atemmaske, um Nassgrundierung und Rostschutz aufzuspritzen.
Ein weiteres Projekt, das unter den Referenzprojekten von Metallbau Windeck eine besondere Stellung einnimmt, war der Neubau des Bauhaus Museum Dessau. „Allein schon wegen des klangvollen Namens und der besonderen Historie war das Bauhaus Museum ein spezielles Bauvorhaben“, erinnert sich Rainer Thoran, der vor vier Jahren als verantwortlicher Projektleiter fungierte. Die Glasfassade des klassischen Quaders hängt an einem Stahltragwerk, das komplett von Windeck erstellt wurde. Wegen der hohen statischen Anforderungen musste die Pfosten-Riegel-Konstruktion an einem Tragwerk aus Stahl befestigt werden. Thoran: „Die Fassade wurde einmal am Fußpunkt und einmal am Kopfpunkt bei zwölf Metern befestigt – das wäre mit Aluminiumprofilen aus statischen Gründen gar nicht machbar gewesen.“
Da die Stahlkonstruktion hinter dem Glas liegt, also „hinter der dampfdichten Ebene“, war die Vorgabe für den Korrosionsschutz der Stahlkonstruktion minimal. Die Korrosivitätsklasse C1 wäre für das Stahltragwerk ausreichend gewesen. Rainer Thoran erläutert: „Die äußeren Umwelteinflüsse sind vernachlässigbar, der Stahl ist außer einer gewissen Luftfeuchtigkeit und Sauerstoff keinem Regen oder sonstigen Witterungseinflüssen ausgesetzt.“ Dennoch entschied sich das beauftragte Beschichtungsunternehmen Enviral dafür, die speziell für Stahl entwickelte Smart-Corr-Beschichtung aufzutragen. Wie es dazu kam, erläutert Geschäftsführer Rainer Rogovits so: „Nach der Beauftragung und vor der Ausführung wurde an uns der Wunsch nach einer temporär höheren Korrosivitätsklasse, und zwar C3, herangetragen. Der Grund: die Konstruktion konnte nicht sofort wettergeschützt verbaut werden; während der Lagerung und Montage sollte ausreichend Vorsorge zum Schutz vor Bewitterung getroffen werden. Um auch in dieser Übergangszeit den Stahlbau ausreichend vor Korrosion zu schützen, machten wir den Vorschlag, den Stahl mit Enviral SmartCorr Hochwetterfest pulverzubeschichten.“ Diese Lösung erwies sich im Vergleich zur Zwei-Schicht-Pulverbeschichtung bei diesem Großprojekt als erheblich günstiger. Neben dem Kostenvorteil gab es auch einen Zeitvorteil, da auf die Grundierung, also einen Arbeitsgang, verzichtet werden konnte. Rogovits ergänzt: „Die Beschichtung in der Farbe Weiß-Aluminum matt wurde direkt auf den bei uns im Hause gestrahlten Blankstahl aufgetragen.“
Zwei außergewöhnliche Projekte, zwei sehr unterschiedliche Methoden, den Korrosionsschutz auf Stahl aufzutragen. Doch spiegeln diese Vorzeige-Projekte nicht das Alltagsgeschäft der Metallbauunternehmen wider.
Bei Alu-Fassaden ist Korrosion vernachlässigbar
Metallbau Windeck aus Kloster Lehnin wickelt im Schnitt 20 größere Fassadenprojekte im Jahr ab; dazu zählen alle Projekte ab 500.000 Euro und große Projekte mit einem Auftragsvolumen von über 10 Millionen Euro. Die Mehrheit der Fassaden – laut Thoran an die 80 Prozent – bestehen aus Aluminium und Glas. Der Projektleiter Fassadenbau erläutert: „Nur bei großen Raumhöhen ab fünf Metern oder hohe Eingangshallen und Foyers werden Stahlfassaden gebaut. Generell ist die Aluminium-Fassade günstiger und technisch ausgereifter. Auch bieten die Systemgeber ein größeres Spektrum an Profilen an.“
Doch auch wenn das Aluminium keinen Korrosionsschutz benötigt, veredelt wird es trotzdem. Alleine wegen der Optik. „Kein Kunde will eine Deckschale haben, die wie Aluminium aussieht“, weiß der Fassadenexperte von Windeck. Das Bauwerk soll schmuck aussehen, zumal es durch die vielen RAL- und Eloxaltöne einen sehr großen Gestaltungsspielraum gibt. Ohne Beschichtung würde das Aluminium mit der Zeit gräulich werden. Und ganz „natur“ sähe billig aus. Daher werden auch bei den Glasfassaden, die Windeck baut, alle Aluminiumdeckleisten, die sich an der Front befinden, pulverbeschichtet oder eloxiert.
Veredelt wird auf jeden Fall
Dach Schneider Weimar ist Spezialist für Vorgehängte Hinterlüftete Fassaden (VHF). Geschäftsführer Udo Schneider bestätigt, dass es auch bei ihnen Usus ist, Aluminiumprofile entweder schwarz pulverbeschichten oder eloxieren zu lassen. „Nicht wegen des Korrosionsschutzes, sondern meistens aus rein optischen Gründen“, betont der Projektleiter für VHF-Projekte, „denn keiner will, dass durch die Fugen das blanke Aluminium durchschimmert. Eine schwarze Fuge hat eine gewisse Tiefenwirkung, die die Optik der Fassade verstärkt.“
Der Dachdeckerbetrieb bestellt Aluminium- und Stahlbleche oder Stahlwellen bereits beschichtet vom Hersteller. Verankerungs- und Verbindungsmittel sind fast ausnahmslos aus Edelstahl oder verzinkt und beschichtet. „Die Wandhalterungen der Unterkonstruktionen waren früher fast ausnahmslos aus Aluminium, heute sind sie meist aus Edelstahl gefertigt; somit sind sie bereits korrosionsbeständig“, erläutert Udo Schneider. Nur in Ausnahmefällen, wenn es sich um kleine Mengen handelt, bringt das Unternehmen Werkstücke zum Beschichter. Gekantete Aluminium- und Stahlbleche werden vom zehn Kilometer entfernten Beschichtungsunternehmen pulverbeschichtet und können nach wenigen Tagen abgeholt werden.
Ganz anders sieht der Prozess bei Metallbau Windeck aus. Sie kaufen nur Rohprodukte ein und lassen alles beschichten. Aus Kostengründen. Rainer Thoran: „Bei den Mengen, die wir für größere Fassadenprojekte bestellen, lohnt es sich, das selbst zu organisieren und Rohmaterial einzukaufen. Es macht einen Unterschied, wenn man für einen Auftrag 100.000 Euro bezahlt oder eben 20.000 Euro mehr, weil die Profile schon beschichtet sind.“
Qualität wird im Vorfeld vereinbart
Die Zusammenarbeit mit den Beschichtungsfirmen klappt problemlos, da man im Laufe der Jahre ein Vertrauensverhältnis zu dem halben Dutzend Firmen aufgebaut habe, erzählt der Projektleiter Fassadenbau. Es könne schon mal vorkommen, dass beim Auspacken Kratzer festgestellt werden. „Dann reklamiert man das und es wird anstandslos neu beschichtet.“ Generell wird die Qualität vorher vertraglich definiert. „Das geht im Prinzip reibungslos vonstatten, da wir wissen, wer welche Stärken und Schwächen hat und wer zuverlässig liefert“, betont Thoran. Alle Partner verfügen über die GSB-Zulassung der Gesellschaft für Stückgutbeschichtung. So ist sichergestellt, dass die Pulver- oder Nassbeschichtung oder das Verzinken fachgerecht durchgeführt werden.
Ob der Stahl „nur“ feuerverzinkt wird, hängt davon ab, ob er nach der Fertigstellung des Gebäudes sichtbar ist. Bei einem aktuellen Projekt werden gerade Stahlprofile als Technikeinhausung auf einem Dach im 10. Stockwerk verbaut. Alle Stahlprofile werden nach der Bearbeitung feuerverzinkt, denn dort oben komme es nicht so sehr auf die Optik an.