Luxusgut Sommergarten
Grill an, Lamelle aufNach wie vor ist er ein Luxusgut: der Sommergarten. Auch wenn viele Menschen während der Corona-Pandemie von der eigenen „Glasoase im Grünen“ geträumt haben, leisten konnten sich das nur wenige. Die Metallbauunternehmen verzeichnen zwar weiterhin eine hohe Nachfrage, angesichts der aktuellen Krisen sinkt allerdings die Kaufbereitschaft.
Im Grunde genommen gibt es für die deutschen Metallbauunternehmen derzeit keinen Grund zu klagen. Angeschoben durch die Corona-Pandemie wollen immer mehr Menschen ihr Zuhause verschönern – ran an die Natur sozusagen – oder einfach den eigenen Garten besser nutzen. Trotzdem hört man in der Branche verschiedene Stimmen. Das Fachmagazin metallbau hat nachgefragt.
„Die Nachfrage nach Sommergärten ist in den letzten Jahren gestiegen“, sagt Matthias Müller von Metallbau Müller in Memmingen. Und weiter: „Die Menschen, die zu uns kommen, haben sich etwas angespart und wollen es nun für vernünftige Qualität ausgeben.“ Rolf Schwetje, Verkaufsleiter Privatkunden bei Starz Metallbau in Aalen, macht andere Erfahrungen: „Auch die potenziellen Kunden mit gehobenen Einkommen zeigen sich sehr preisbewusst und reagieren in Krisenzeiten zurückhaltend.“ Zwar würden er und seine Vertriebskollegen seit Anfang der Corona-Pandemie mit Angebotsanfragen regelrecht überschüttet, aber nicht alle Anfragen führten zu einem Kaufabschluss. Den Grund sieht Rolf Schwetje unter anderem im Ukraine-Krieg. Die Anzahl der verkauften Sommergärten und Terrassenüberdachungen habe sich 2022 im Vergleich zu den beiden Vorjahren halbiert. Die Menschen würden sich in der jetzigen krisengeplagten Situation eher dafür entscheiden, die Fenster zu sanieren, um staatliche Förderungen „mitzunehmen“. Thomas Köhler, Verkaufsleiter bei Fortuna Wintergarten in Langenfeld in Nordrhein-Westfalen, sieht das ähnlich: „Viele warten ab, bis die Gasrechnung kommt. Und investieren eher in die Isolierung des Hauses.“
Drei Trends im Überblick
Trend 1: Kubische Formen und Flachdächer
Starz Metallbau hat 2021 circa 70 Terrassendächer und Sommergärten verkauft, 25 davon waren kubische Dachformen. „Der würfelförmige, kantige Sommergarten passt gut zur modernen Bauweise. Aber auch bei Häusern mit Satteldach oder Pultdach entscheiden sich manche Kunden aufgrund des Kontrasts dafür“, so die Erfahrung von Verkaufsleiter Rolf Schwetje. 2019 hat das Metallbauunternehmen aus dem Osten von Baden-Württemberg aufgrund der gestiegenen Nachfrage ein Kubik-Dach selbst entwickelt und auf den Markt gebracht. Thomas Köhler von Fortuna Wintergarten bestätigt, dass sich Flachdachgärten immer größerer Beliebtheit erfreuen, „vor allem wenn sie an von Architekten geplante Häuser im kubischen Stil angebaut werden.“
Der Geschäftsführer von Metallbau Müller sieht dagegen das Flachdach weniger im Kommen als seine Kollegen. Seine Kunden würden immer noch zu 95 Prozent ein Pultdach ordern: „Das ist günstiger, und die Grundkonstruktion ist deutlich filigraner“, betont Matthias Müller. Auch der Trend zu freistehenden „Würfeln“ sei im Allgäu nicht auszumachen. „Freistehende Sommergärten im kubischen Stil sind definitiv im Luxussegment angesiedelt“, beobachtet Thomas Köhler und ergänzt: „Dieser soll dann vielleicht eine Outdoor-Küche beherbergen. Die kostet zwischen 10.000 und 15.000 Euro und soll dann natürlich gut geschützt sein.“
Trend 2: Lamellendach aus Aluminium
Bereits auf der R+T 2018 in Stuttgart, der Weltleitmesse für Rollladen, Tore und Sonnenschutz, wurden Lamellendächer aus Aluminium der Branche vorgestellt. Durchgesetzt haben sie sich Schwetje zufolge bislang nicht. „Es ist aber wichtig, dass Kunden das Dach in unserer Ausstellung in Augenschein nehmen können.“ Der Verkaufsleiter berichtet von einem Kundengespräch: „Das Ehepaar kam mit dem expliziten Wunsch eines Lamellendachs. Die Besitzer haben sich dann aber doch dagegen entschieden, um den Panoramablick durch die Fensterfront am Haus nicht zu beeinträchtigen.“ Die Kunden von Starz Metallbau bestellten immer noch zu 85 Prozent ein Glasdach. Vorteil: Wenn es bewölkt ist oder dämmert, kann die Markise komplett eingefahren werden, während ein Lamellendach doch viel Licht wegnimmt.
Auch die Kundschaft von Fortuna Wintergarten entscheidet sich zu 99 Prozent für ein Glasdach. Das liegt auch am Preis. „Ein Lamellendach ist 30 Prozent teurer aufgrund seines Motors und der aufwändigen Mechanik“, erklärt Thomas Köhler. Viele der Kunden des alteingesessenen Familienunternehmens aus dem Rheinland bevorzugen einen „Zwitter aus Markise und Glasterrassendach, sogenannte Pergola-Markisen aus wetterfestem Tuch“.
Bislang war das Glasdach dem Aluminium-Lamellendach zudem hinsichtlich der Tragfähigkeit von Schneelasten überlegen. Dieses Manko scheint behoben. „Inzwischen gibt es Anbieter auf dem Markt, die Lamellen entwickelt haben, die 350 Kilogramm pro Quadratmeter aushalten“, sagt Matthias Müller. Und fügt an: „Diese Art von Sommergarten spricht Leute an, die nicht in einem Glashaus sitzen wollen. Gerade bei großer Hitze empfinden die Menschen die Luftzirkulation bei aufgestellten Lamellen als angenehm“. Aus diesem Grund glaubt er, dass die Nachfrage durchaus steigen könnte. Metallbau Müller arbeitet mit TS-Aluminium als Systemlieferant für Aluminiumprofile zusammen; der Systempartner hat seit Kurzem ein Kombidach im Portfolio, das Lamellen- und Glasdach verbindet. Dafür könnten sich Eigenheimbesitzer begeistern, auch weil die Hitzeperioden in Zukunft noch häufiger werden würden, erläutert der Geschäftsführer: „Unter das Glasdach stellen Sie die Möbel, wo sie besser vor Regen geschützt sind, und unter das Lamellendach kommt der Grill.“
Trend 3: Der Grauton wird heller
Was die Farbe angeht: Grautöne bleiben im Trend, tendenziell werden sie aber einen Tick heller, so die einhellige Meinung der befragten Fachleute. „Bislang war anthrazit sehr stark nachgefragt, ein Dunkelgrauton, der ins Schwarze geht, aktuell tendierten viele zu Graualuminium, einem mittleren Grauton“, erzählt Matthias Müller. „Hellgrau bis anthrazit“, fasst Thomas Köhler die Kundenwünsche zusammen. „Die Grautöne passen gut zu Holz, die Farbtöne wirken elegant und sind schmutzunempfindlich“, weiß Rolf Schwetje.
Montagefehler statt Meisterleistung
Statik, fachgerechte Befestigung an Fassade und Dach, Fundament: Bei der Montage von Terrassendächern und Sommergärten ist die ganze Expertise des Monteurs gefragt. Die Vorarbeit durch das Metallbauunternehmen muss stimmen, und vor Ort benötigen die Handwerker die richtigen Werkzeuge. „Dass Befestigungssysteme nicht auf die Gegebenheiten berechnet und somit nicht zugelassen sind, ist eine der häufigsten Fehlerquellen“, so der Geschäftsführer von Metallbau Müller. Zwar müsse der Innenraumboden eines Sommergartens im Gegensatz zum Wintergarten nicht durchgehend betoniert und isoliert werden, aber es brauche Punktfundamente für die Stützen und Streifenfundamente für die Glasschiebetüren. Auch die Verankerung im Punktfundament sei wichtig, betont Müller: „Die Schraube muss der Stütze gewachsen sein, darauf wird häufig nicht geachtet.“
Billiganbieter bereiten Kopfzerbrechen
Der Unmut über preisaggressive Anbieter, die Terrassendächer und Sommergärten zur Hälfte des normalen Preises anbieten, war allen befragten Handwerksbetrieben anzumerken. Thomas Köhler nimmt kein Blatt vor den Mund, wenn er sagt: „Der deutsche Markt wird überschwemmt mit Material aus Benelux-Ländern. Die Reimporte von türkischen und chinesischen Aluminiumprofilen haben oft keine statische Zertifizierung, die Pulverbeschichtung ist von schlechter Qualität und Lackierungen halten der Hitze nicht stand.“ Auch Matthias Müller ärgert sich über die Billiganbieter, auf deren Angebote Eigenheimbesitzer hereinfallen. „Die bereuen es oft im Nachhinein, wenn sich das Dach oder die Seitenwände biegen. Wenn dann noch das Bauamt klingelt und der statische Nachweis nicht erbracht werden kann und eine Nachbesserung nicht möglich ist, droht sogar der Rückbau des Daches.“ Der Geschäftsführer empfiehlt Endkunden daher, darauf zu achten, dass der Anbieter der Terrassenüberdachung in der Handwerkskammer eingetragen ist; „nur so kann man sichergehen, dass die deutschen Bauvorschriften eingehalten werden und die Statik stimmt.“
Zeit einplanen für die Baugenehmigung
Was seriöse Handwerksbetriebe von unseriösen Anbietern unterscheidet, ist neben der fachlichen Qualifikation und der baurechtlichen Kompetenz auch der Aufwand, der bereits während der Angebotserstellung betrieben wird. Die Techniker und Berater von Starz Metallbau, Metallbau Müller und Fortuna Wintergarten berechnen die Schneelast und Windlast auf den geplanten Standort hin und auf dieser Basis die erforderlichen Statikprofile und die Glasstärke des Daches.
Zudem wird bereits in 3-D visualisiert, wie der künftige Sommergarten aussehen wird. Ist eine Baugenehmigung erforderlich, empfehlen die Metallbauunternehmen Architekten oder Statiker, die den Antrag für den Bauherrn einreichen. Bis zu einem Jahr kann es dauern, bis die Kommune die Baugenehmigung erteilt, obwohl die Landesbauordnung von maximal drei Monaten ausgeht. Die Produktionszeit der auf Maß produzierten Sommergärten liegt in der Regel zwischen zwei und vier Monaten. Köhler lobt die gute Warenbevorratung der Systempartner. Ausnahme: Bei allen elektronischen Bauteilen wie Motoren für Markisen kommt es immer noch zu Lieferverzögerungen.
20 Prozent teurer
Wer sich eine „Glasoase im Grünen“ wünscht, muss aktuell aber deutlich mehr bezahlen. Denn die Kosten sind in den vergangenen drei Jahren um nahezu 20 Prozent gestiegen. Ein Sommergarten mit 20 Quadratmeter Fläche kostet zwischen 40.000 Euro und 50.000 Euro. Je nach Ausstattung können Eigenheimbesitzer aber auch 70.000 Euro und mehr ausgeben. Nach oben gibt es keine Grenzen. Damit ist ein Sommergarten nach wie vor ein Luxusgut. Eines, das sich vielleicht bald wieder mehr Menschen leisten wollen. Der Vertriebsleiter von Fortuna Wintergarten, Thomas Köhler, zumindest ist zuversichtlich: „Die Kundschaft, die zweimal im Jahr in den Urlaub fährt und deren Haus abbezahlt ist, ist angesichts der niedrigen Zinslage bereit, in ein schönes Ambiente zu investieren.“