Marktpotenzial Hallenbau
Lieferzeit hat sich teils verdreifachtDeutschland könnte vor allem wegen der anhaltenden Energiekrise in eine Rezession rutschen — so zumindest die Ansicht der Bundesregierung. Das Fachmagazin metallbau hat nachgefragt, ob sich auch der Sektor Hallenbau auf einen Rückgang der Konjunktur einstellt?
Trotz Pandemie und Energiekrise ist die Nachfrage im Gewerbebau stabil geblieben. Das zeigen Daten des Statistischen Bundesamtes und eine Nachfrage beim Verband Bauforumstahl: Bei Baugenehmigungen für sogenannte „Nichtwohngebäude“ sind im Betrachtungszeitraum 2018 bis zum zweiten Halbjahr 2022 keine großen Schwankungen zu erkennen. Auch bei den jährlich erfassten Baufertigstellungen gibt es keinen nennenswerten Rückgang (siehe dazu die beiden Grafiken). Allerdings sind die Auswirkungen des Ukraine-Krieges mit der daraus resultierenden Energiekrise zahlentechnisch noch nicht erfasst. Laut einer Verbandssprecherin sind daher weitere Prognosen momentan schwierig. Deshalb haben wir uns bei drei Hallenbau-Betrieben umgehört, ob und wie sich die Auftragslage in ihren Unternehmen verändert hat.
Nachfrage im Hallenbau stabil
Weder Corona noch die mit dem Ukraine-Krieg beginnende Energiekrise hat bei HAB Hallen- und Anlagenbau in Wusterhausen für Auftragseinbrüche gesorgt: „Die Nachfrage im Gewerbe- und Industriebau ist stabil. Lediglich der Auftragsvorlauf hat sich etwas verkürzt. Früher hatten wir einen Vorlauf von bis zu einem Jahr, inzwischen liegen wir bei etwa sechs Monaten. Diese Zurückhaltung führe ich mit darauf zurück, dass in den Medien eine Rezession geradezu herbeigeredet wird“, sagt Andreas Pörsch, Geschäftsführer des mittelständischen Stahlbauunternehmens mit mehr als 70 Mitarbeitern. Seit der Gründung vor 30 Jahren hat der Betrieb weit mehr als 1.500 Projekte für Gewerbe, Industrie oder Tourismus realisiert; von der praktischen Fertighalle bis hin zur individuell konstruierten Produktions- und Logistikhalle. Das Einzugsgebiet des Unternehmens erstreckt sich von Norddeutschland über Berlin und Brandenburg bis nach Niedersachsen. Im Geschäftsbereich Hallen- oder Wirtschaftsgebäude agiert HAB bei etwa dreiviertel der Aufträge als Generalunternehmer – vom Entwurf über die Berechnung der Statik und der gesamten Planung bis zur Übergabe des schlüsselfertigen Objektes.
„Zunehmend angenommen und nachgefragt wird die Modulbauweise. Durch vorgefertigte Bauteile ist die Bauzeit relativ kurz und wir können unseren Kunden Preis- und Terminsicherheit bieten“, erläutert Pörsch. Vor allem bei größeren Projekten, wie Produktions- und Lagerhallen mit Büro- und Sozialräumen, kämen immer wieder hybride Bauweisen zum Einsatz, wie die Kombination aus Stahl und Beton oder Stahl und Holz. Was der Unternehmer sich für die Zukunft des Hallenbaus vorstellen könnte, sind Faserverbundwerkstoffe, wie sie derzeit etwa in der Fahrzeugindustrie zum Einsatz kommen. „Theoretisch könnte man Verbundwerkstoffe aus Kohlefasern auch für den Hallenbau verwenden. Es gibt für diese recht junge Technologie jedoch noch keine klaren Richtlinien und Berechnungsmöglichkeiten, was die Realisierung von Gebäuden angeht. Und im Moment wäre es auch vom Preis-Leistungs-Verhältnis noch wenig interessant.“
Weniger Stahl am Markt
Etwas Sorgen bereitet dem HAB-Geschäftsführer, dass einige Stahlwerke in der EU anfangen, Produktionsstraßen stillzulegen. So berichtete der Spiegel bereits im Frühjahr von den Lech-Stahlwerken im bayerischen Meitingen, die als eines der ersten Werke in Deutschland die Produktion tageweise gestoppt haben. Pörsch: „Die Großindustrie kauft Stahl inzwischen in Südkorea und Japan, das ist kleinen und mittelständischen Betrieben jedoch nicht möglich. Gewalztes Material, Träger oder Bleche sind derzeit meist nur mit großem Vorlauf zu bekommen.“ Selbst zu Pandemie-Zeiten hätte der Betrieb diese Produkte innerhalb von sieben bis 10 Werktagen erhalten, inzwischen habe sich die Lieferzeit verdreifacht. Gefragt nach einer Prognose fürs nächste Jahr ist Andreas Pörsch verhalten optimistisch: „Die Auftragslage ist gut und wenn der Zuliefermarkt sich nicht wesentlich ändert, könnte ich entspannt bleiben. Doch ein nicht unwesentlicher und derzeit schwer kalkulierbarer Faktor ist, wie sich die Energiepreise weiterentwickeln.“
Auch bei der Firma GöSta Hallenbau im oberpfälzischen Kohlberg ist die Auftragslage gut: „Wir realisieren momentan verstärkt größere Objekte, die den Auftraggebern bezugsfertig übergeben werden. Das könnte damit zu tun haben, dass wir uns in diesem Geschäftsbereich weiterentwickelt haben und inzwischen immer häufiger als Generalunternehmer tätig sind“, sagt Mario Rösch, der das Unternehmen zusammen mit seiner Frau seit 2014 in der zweiten Generation führt. Zum Portfolio des seit 30 Jahren bestehenden Betriebes gehören neben Hallenlösungen für unterschiedliche Branchen – etwa für Autohäuser, die Immobilienbranche oder die Industrie – auch Hallensanierungen. Auf mehr als 1.600 realisierte Projekte kann die Firma zurückblicken. Noch vor gut einem Jahr bestand das Hauptgeschäft aus dem klassischen Hallenbau. Inzwischen sei die Nachfrage nach geschlossenen Hüllen für kleinere Gewerbehallen gesunken. „Daraus würde ich schließen, dass der Mittelstand momentan vorsichtig ist bei neuen Investitionen, während größere Unternehmen ihre Bauvorhaben wie geplant umsetzen“, so Rösch.
Energieeffizienz ist wichtig
Der Chef von 27 Angestellten nimmt außerdem wahr, dass bei der Realisierung von Hallen Energieeffizienz eine immer wichtigere Rolle spielt. Das liegt zum einen an gesetzlichen Vorgaben, zum anderen hätte im Markt ein Umdenken in Richtung nachhaltiges Bauen stattgefunden. Das zeige sich auch darin, dass sich Auftraggeber immer öfter für eine energetische Hallensanierung entscheiden, statt komplett neu zu bauen. Daneben realisiert GöSta inzwischen hybride Bauweisen: „Aktuell entsteht in Pforzheim ein Autohaus komplett aus Stahlbeton. Bei zwei weiteren Objekten, die im Großraum München umgesetzt wurden, bestehen die Tragwerke aus einer Kombination aus Stahlbeton und Holz“, nennt der Unternehmer einige Beispiele. Holzkonstruktionen können eine wirtschaftliche Lösung sein, um vor allem in größeren Hallen die Brandschutzbestimmungen zu erfüllen. Denn während Stahl ab einer gewissen Hitze schmilzt, ist Holz zwar entflammbar, aber im Brandfall länger tragfähig.
„Durch die Bank alle Materialien sind momentan von längeren Lieferzeiten betroffen“, so der Firmeninhaber. Auf Porenbeton etwa müsse der Betrieb derzeit teils mehr als fünf Monate warten, statt der früher üblichen zwei. Auch Sandwichelemente, die aus Stahl und Hartschaum bestehen, sind oft knapp. Um sich gegen Preissteigerungen abzusichern, gibt es in den Kaufverträgen der Firma GöSta eine neue Klausel. Mario Rösch: „Wir legen unsere Kalkulation offen und behalten uns eine Nachberechnung vor, wenn bis zum Bestellzeitpunkt die Materialpreise gestiegen sein sollten. Es ist tatsächlich auch schon vorgekommen, dass die Preise gesunken sind – dann haben wir die Differenz dem Kunden natürlich vergütet.“
Unsicherheit gehört zum Geschäft
Große Preisschwankungen bei Vormaterialien kennt auch Lara Marwinski-Eich: „Die Nachfrage ist gleichbleibend hoch. Was sich allerdings geändert hat, sind Preise und Lieferzeiten für Bleche, Rohre und Träger; hier gab es zwischenzeitlich Preisanstiege von bis zu 300 Prozent. Mal waren Standardprofile nicht lieferbar, ein anderes Mal Rohre oder Blechtafeln“, berichtet die Geschäftsführerin von Norma Stahlbau aus dem nordrhein-westfälischen Geldern.
Der Betrieb mit 10 Mitarbeitenden ist im klassischen Stahlhallenbau zuhause und realisiert etwa 70 Projekte pro Jahr, zum großen Teil Stahlkonstruktionen für Produktions- oder Lagerhallen. Auftraggeber sind neben Ingenieurbüros auch Stahlbaubetriebe, die mithilfe des Unternehmens ihre Überkapazitäten abarbeiten. Konnte bei Angeboten bis vor gut zwei Jahren eine Preisgarantie von bis zu mehreren Monaten gewährt werden, sei diese inzwischen auf ungefähr eine Woche geschrumpft. „Bei einigen Angeboten mussten wir die Gültigkeit sogar auf wenige Tage begrenzen“, so Marwinski-Eich.
Auf der Lieferanten-Seite sei es vorgekommen, dass beispielsweise Stahllieferanten Preise nur bis 12 Uhr mittags garantierten. Die Unternehmerin ist nun dazu übergegangen, Material deutlich früher als benötigt zu bestellen. Insgesamt sei die Kalkulation von Angeboten wesentlich aufwändiger geworden. „Unser einmal dafür erstelltes Kalkulationsschema ist längst hinfällig.“
Kommt es zum Auftrag, ist laut Marwinski-Eich während der Realisierungsphase vor allem Flexibilität gefragt: „Waren Rohre nicht lieferbar, haben wir mit Statikern und Konstrukteuren geprüft, ob stattdessen ein Stahlträger eingesetzt werden kann. Eine Zeitlang waren keine 10er Blechtafeln zu bekommen, wir haben dann Flachstahl entsprechend zugeschnitten. Das wiederum hat Brennbetriebe vor eine Herausforderung gestellt, deren CNC-Maschinen auf das Bearbeiten von Tafeln programmiert sind“, führt die Metallbaumeisterin aus. Was sich nicht oder nur marginal verändert habe, sei die Bauweise der Hallen. „Die Konstruktionen haben sich bewährt und auch das Material in S235 vor dem höherfesten S355 ist Standard geblieben. Alleine aufgrund der langen Standzeit von Stahlhallen ist die Qualität essentiell, deshalb wird gerne auf Bewährtes zurückgegriffen.“ Bemerkbar gemacht habe sich außerdem, dass seit der Pandemie immer mehr Unternehmen ihr E-Commerce-Geschäft ausbauen. Das hatte einen starken Aufschwung bei Logistik-Hallen zur Folge, die beispielsweise für den Paketdienstleister DHL entstehen. Eine Prognose fürs nächste Jahr abzugeben, fällt der 33-Jährigen schwer: „Erst eine weltweite Pandemie, dann ein Krieg in Europa, wer hätte das vorhersehen können. Dazu kommen jetzt noch die Veränderungen im Kapitalmarkt und in der Zinspolitik. Was aus meiner Sicht in der aktuellen Zeit am wichtigsten ist: flexibel bleiben und sich möglichst breit aufstellen.“