Interview

Martin J. Hörmann im Gespräch

„Lassen wir uns von der BAU motivieren!“

Die HörmannGruppe hat auf der BAU in München 150 Produktneuheiten präsentiert. Bereits bei der Fachpressekonferenz gegen Ende des ersten Tags stellte Martin J. Hörmann, persönlich haftender Gesellschafter, fest: „Die Eröffnung heute war super.“ Wir haben ihn am vierten Messetag zum Gespräch getroffen.

metallbau: Was sagen Sie zu den Besucherströmen auf der BAU?

Martin J. Hörmann: Wir hatten vom ersten Tag an viele Besuchertrauben an unserem Messestand in Halle B3. Ich schätze, der Anteil des  internationalen Publikums ist um ca. 10 Prozent im Vergleich zur BAU 2019 gewachsen. Von unseren 150 Neuheiten sind sehr viele  für die Metallbaubranche relevant.

 

metallbau: Die Optimierungsschleife der Produkte scheint endlos. Haben Sie zwei Beispiele für Messeneuheiten, die für Metallbauer wesentlich sind?

Hörmann: Beispielsweise ist die DryFix-Zarge neu für feuerbeständige T 90 Stahl-Objekttüren erhältlich. Die mörtelfreie Zarge ist bereits mit Mineralwolle hinterlegt; das spart bis zu 50 Prozent Montagezeit. Mit unseren hochqualitativen Lofttüren, die pulverbeschichtet werden, bieten wir ein interessantes Ergänzungsprodukt.

 

metallbau: Was hat sich in den vergangenen zwei Jahren in der Kooperation mit den Metallbaubau- und Montagebetrieben signifikant verändert?

Hörmann: Im Miteinander hat sich nicht viel verändert; die Strukturen einerseits zu den Fachhändlern und andererseits zu den Verarbeitern bleiben konstant. Wir digitalisieren die Zusammenarbeit mit diversen Tools und Konfiguratoren. Ziehen Betriebe bei der digitalen Transformation nicht mit, arbeiten wir mit ihnen weiter analog zusammen. Bestellungen, die via Fax eingehen, werden eben dann von uns digitalisiert; anders kann unser System diese ja nicht bearbeiten. Aber wir nehmen prinzipiell jeden Auftrag an.

metallbau: Auf der BAU habe ich aus der Branche immer wieder gehört, dass die Zusammenarbeit aller Baubeteiligten zugunsten eines qualitativen Ergebnisses kooperativer geworden ist.

Hörmann: Da würde ich mich freuen, wenn das auch von unserem Familienunternehmen gesagt wird. Wir haben uns die enge Kooperation mit unseren Geschäftspartnern immer auf die Fahnen geschrieben.

 

metallbau: QR-Codes der Hersteller auf den Elementen sorgen teilweise für etwas Unmut bei Servicetechnikern, weil auf den QR-Codes nicht in jedem Fall der Türhersteller vermerkt ist, sondern Hotlines der Zulieferer angegeben werden. Mancher kleiner Betrieb sieht sich durch diese Vorgehensweise, insbesondere wenn es um Instandhaltung oder Reparatur geht, in den Wettbewerb mit den Zulieferern gesetzt. Wie ist das Ihren Elementen geregelt?

Hörmann: Auf unseren Stahlblechtüren mit Brandschutz gibt es QR-Codes. Wer diese scannt, landet auf einer Website, wo er derzeit vor allem Zertifikate und Anleitungen für den Einbau herunterladen kann. Unser Interesse ist es, die Fachpartner ins Servicegeschäft einzubinden. Wir wissen, wie wichtig das Servicegeschäft für die Fachpartner ist, und gleichermaßen ist Wartung oder Prüfung der Elemente bei den Türherstellern gut aufgehoben, also bei unseren Fachpartnern, die die Türen auch eingebaut haben.

 

metallbau: Gibt es Produkte, die mit der Zeit aus dem Markt gedrängt werden?

Hörmann: Für Deutschland kann ich sagen, dass das Schwingtor deutlich weniger verkauft wird und das Sektionaltor an Absatz gewonnen hat. Doch in Frankreich oder England ist das Kaufverhalten schon wieder ein anderes und im Ergebnis produzieren wir immer noch in drei Werken Schwingtore. Andere Produkte fallen mir nicht ein.


metallbau: Für welche Ihrer Produkte gab es in der D-A-CH-Region beim Absatz Zuwachs, für welche Produkte sind die Zahlen rückläufig?

Hörmann: Für den Wohnbau setzen wir aktuell etwa 30 Prozent weniger Produkte ab als im Vorjahr, für den Objektbau ca. 10 Prozent. Das verhält sich bei den meisten Zulieferern der Bauwirtschaft so, das betrifft nicht nur uns.

metallbau:  Sind diese Kurven nach unten schon am tiefsten Punkt angekommen und wie lange wird die Konjunktur derart schwächeln?

Hörmann: Ich schätze, dass die Absatzzahlen nicht mehr weiter zurückgehen; aber wie lange das Niveau so bleibt, dazu kann ich nichts sagen. Die ausführenden Betriebe sind mit ihren Aufgaben im Bauablauf später dran als die Zulieferindustrie, sodass davon auszugehen ist, dass sich der Rückgang der Stückzahlen bei den Metallbauern erst später bemerkbar macht.

metallbau: Einerseits schon, andererseits gibt es viele Betriebe, deren hervorragender Auftragsbestand sich auf die Hälfte reduziert hat. Wie lange meinen Sie, dass die Zulieferer noch die Rückläufe stemmen, ohne Kurzarbeit anzumelden?

Hörmann: Die ersten Branchenzulieferer sind bereits in Kurzarbeit bzw. es werden Schichten reduziert. Viele ausführende Betriebe werden auch froh um eine kurze Verschnaufpause sein, sie haben in den vergangenen Jahren ja weit über ihre Grenzen hinaus gearbeitet.

metallbau: Welche Empfehlungen geben Sie den Metallbau- und Montagebetrieben, um die Krise in der Bauwirtschaft gut zu überstehen?

Hörmann: Es ist schwierig, Tipps zu geben. Ich glaube, es ist wichtig, die Balance zwischen Anpassung der Kosten auf der einen Seite und dem Erhalt guter Fachkräfte auf der anderen Seite zu finden. Mittelfristig wird die Konjunktur wieder anziehen und dann sind gute Mitarbeiter die wichtigste Ressource.

metallbau: Gemessen am Ziel der Bundesregierung, die jährlich den Bau von 400.000 Wohnungen anzielt, sollten die Amplituden der Baukonjunktur nicht allzu sehr ausschlagen – was meinen Sie?

Hörmann: Wir wissen, dass diese Wohnungen gebraucht werden, müssen aber zugleich immer wieder feststellen, dass sie nicht gebaut werden. Damit wir in diesen Punkten weiterkommen, muss die Politik ihre Arbeit machen.

metallbau: Sie haben im Interview 2021 gesagt, wir werden die Lieferschwierigkeiten überwinden. Ist das inzwischen der Fall? Materialschwierigkeiten, Lieferengpässe, anziehende Baupreise, hohe Energiekosten – was sind derzeit die größten Hürden?

Hörmann: Lieferschwierigkeiten bei den Materialien gibt es nicht mehr. Meiner Meinung nach schränkt die Unsicherheit den Markt am meisten ein. Wenn keiner weiß, wie es weitergeht, bleiben Investitionen aus. Das ist das Schlechteste für das Geschäft.

metallbau: Kann die positive Stimmung an vielen Messeständen der BAU Konjunkturimpulse setzen?

Hörmann: Nein, die BAU macht keinen Markt größer. Aber die Messewoche hier in München kann Besucher wie Aussteller motivieren, für die Geschäfte zuhause ordentlich Gas zu geben.

metallbau: Aluminiumtüren und -fenster sind für das Gros des von der Bundesregierung angezielten Wohnungsbaus einfach zu teuer oder die wissenschaftlichen Studien über die Nachhaltigkeit (Lebenszyklus) im Vergleich zu den Rahmenmaterialien Kunststoff und Holz wurden nicht ausreichend umgesetzt und der öffentlichen Hand kommuniziert.

Hörmann: Es ist aktuell in der Bauwirtschaft noch wenig verbreitet, auf den Lebenszyklus der Produkte zu achten. Aber meiner Ansicht nach sollten alle Bauprodukte unter dem Aspekt des Lebenszyklus bewertet werden. Was wissenschaftliche Studien betrifft, da sind die Leute aus den entsprechenden Industriebereichen gefordert.

metallbau: Schüco wird seine Fachpartner mit einem SchüCal-Tool ausrüsten, dass es ihnen möglich macht, den CO2-Fußabdruck ihrer Produkte dem Kunden zertifiziert und exakt rechnerisch nachzuweisen. Wie schaut das bei Hörmann aus?

Hörmann: Wir bieten ab der Messe alle  Produkte für den Wohnungsbau serienmäßig CO2-neutral an. Unsere Produkte im Objektbau bieten wir optional gegen einen Aufpreis CO2-neutral an.

metallbau: Ihre Tore für den Wohnbereich sind CO2 neutral, die Tore Ihrer Mitbewerber meist nicht. Wie schnell wird sich Ihrer Meinung nach dieses nachhaltige Angebot zum Muss entwickeln?

Hörmann: Eigentlich ist es mir immer wichtig, dass wir unsere Alleinstellungsmerkmale so lange wie möglich behalten. Im Fall der CO2-Neutralität würde ich es sehr gerne sehen, wenn wir möglichst schnell kopiert werden. Hier geht es nicht um Marketing oder um den Markt, sondern um den Klimawandel. Je mehr mitmachen, um so besser für uns alle.

metallbau: Wie bewerten Sie die gesetzliche Verpflichtung der Zulieferbetriebe zu mehr Nachhaltigkeit, z.B. durch das EU-Lieferkettengesetz und den Nachhaltigkeitsbericht. Geht Ihnen der staatliche Eingriff in Ihre unternehmerische Gestaltungsfreiheit nicht zu weit?

Hörmann: Meine Kritik gilt eher dem Lieferkettengesetz als Bürokratiemonster. Aber wenn es dazu beiträgt, dass Ungerechtigkeiten in der Welt weniger würden, dann wäre das hervorragend. Deshalb sage ich, der Ansatz ist richtig.

metallbau: Zum Abschluss noch eine Frage zum Dauerbrenner Fachkräfte. Sind nach Corona Präsenzschulungen wieder wichtig geworden?

Hörmann: Allein in diesem Jahr rechnen wir mit ca. 15.000 Teilnehmern an Präsenzschulungen im Hörmann-Forum in Steinhagen, die Onlineschulungen kommen noch hinzu. Dazu kommen  unsere drei Schulungszentren für Montage in Steinhagen, Erfurt und Stuttgart, wo auch täglich Präsenzschulungen stattfinden.

www.hoermann.de/neuheiten

„Wir wissen, wie wichtig das Servicegeschäft für die Fachpartner ist, und gleichermaßen ist Wartung oder Prüfung der Elemente bei den Türherstellern gut aufgehoben, also bei unseren Fachpartnern, die die Türen auch eingebaut haben.“

„Für den Wohnbau setzen wir aktuell etwa 30 Prozent weniger Produkte ab als im Vorjahr, für den Objektbau ca. 10 Prozent. Das verhält sich bei den meisten Zulieferern der Bauwirtschaft so, das betrifft nicht nur uns“

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