Neue Entwürfe unter die Lupe genommen

Glasdicke zukünftig nach DIN (4)

Bekanntlich wird in Deutschland die Glasdimensionierung auf eine neue Grundlage gestellt (s. metallbau 1/2011 , 2/2011 , 3/2011 ). Im vierten Teil seines Beitrages befasst sich unser Fachautor mit dem Entwurf zu DIN 18008-3 (punktförmig gelagerte Verglasungen).

Mittelfristig wird die aus sieben Teilen bestehende Normenfamilie DIN 18008 etwa Mitte 2013 die bisherigen bauaufsichtlichen Regelungen zu den „linienförmig gelagerten Vergla­sungen“ (TRLV), zu den „punktförmig gelagerten Verglasungen“ (TRPV) und zu den „ab­sturz­sichernden Verglasungen“ (TRAV) ablösen und einige Regelungsbereiche neu be­schrei­ben.
Nach den beiden ersten, im Dezember 2010 im Weißdruck erschienenen und in metallbau bereits vorgestellten Teilen der Normenreihe wurden im Oktober 2011 die Teile 3, 4 und 5 als Entwürfe veröffentlicht. Die wesentlichen Inhalte des Teils 3 sollen im Folgenden dargestellt und erläutert werden. Die Beschreibung der Teile 4 und 5 folgt in Kürze gesondert.
 
Allgemeines. Mit dem Teil 3 zu punktförmig gelagerten Verglasungen begegnen uns - ähnlich wie mit dem Teil 4 zu absturzsichernden Verglasungen (folgt in der nächsten Ausgabe) - in weiten Teilen die Inhalte der zuvor hierfür bestehenden und durchaus bewährten bauaufsichtlichen Technischen Regeln. Da aber doch eine Reihe von Abweichungen und Spezifizierungen vorgenommen wurde, lohnt sich ein genauerer Blick in die neuen Entwürfe.
 
Anwendungsbereich. In diesem Normenteil wird – wie auch schon in der TRPV – un­terschieden in Tellerhalter, die durch zylindrische und durchgehende Glasbohrungen ge­führt werden, und in Klemm­hal­ter, die ohne Bohrungen (oder Ausschnitte) am Rand oder in E­cken der Scheibe angeordnet werden und die Glasscheiben ausschließlich durch mechani­sche Halterungen formschlüssig lagern. Die Glasscheiben sind dabei nur als ausfachende Verglasungen angeordnet. Für punktförmig gelagerte absturzsichernde Verglasungen sind zusätzlich Anforderungen im Teil 4 der Norm beschrieben.
Als Bauprodukt ist VSG der Regelfall. Die so verbundenen Scheiben dürfen immerhin um den Faktor 1,7 (bisher 1,5) in den Dicken voneinander abweichen. Die im Teil 1 geforderte Resttragfähigkeit ist zum Beispiel beim Einsatz einer mindestens 0,76 mm dicken PVB-Folie und bei Einhaltung der nachfolgend beschriebenen konstruktiven Randbedingungen erfüllt. Die Kanten von Bohrungen sind mindestens in der Qualität „geschliffene Kante“ herzustellen; die Ränder der Bohrungen sind als 45°-Fase zu säumen. Der Kantenversatz von Bohrungen, die in VSG zweiseitig angesetzt sind, darf maximal 0,5 mm betragen. Zudem müssen die Kanten der Einzelscheiben mindestens gesäumt sein; die Kanten von Floatglas müssen geschliffen sein.
(Anmerkung: Die VOB/C ATV DIN 18361 „Verglasungsarbeiten“ verlangt für „plan oder im Winkel aneinanderstoßende Kanten“ bereits ein „Maßschleifen“; bei freien Kanten müssen die sichtbaren Glaskanten und Fasen geschliffen sein.)
Die Punkthalter müssen aus Stahl, Aluminium oder nichtrostendem Stahl bestehen und brauchen zudem ein allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis (abP) oder eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung (abZ). Auch der Weg über eine Zustimmung im Einzelfall (ZiE) wäre möglich. In Abhängigkeit von der Korrosionsbelastung ist ein geeignetes Material oder Korrosionsschutzsystem zu wählen. Auch hier ist somit eine Öffnung erfolgt, nachdem die TRPV ausschließlich bestimmte Edelstahl-Punkthalter mit abZ verlangt hatte.
Bei Anwendungsbedingungen und Konstruktion wurden die bewährten Vorgaben der TRPV hinsichtlich der Mindestzahl von Punkthaltern pro Scheibe und deren eingeschlos­senen Winkeln, der Möglichkeit von Kombinationen von Linien- und Punktlagern, des Min­destdurchmessers von beidseitigen Tellern (50 mm) und eines Mindestglaseinstandes aller Scheiben der VSG-Verglasung auch im verformten Zustand (12 mm) fortgeführt. Etwas großzügiger wird der Bohrlochabstand zum Rand geregelt; statt 100 mm beziehungsweise 80 mm bei Bohrungen, die in der Nähe einer Glasecke angeordnet sind, dürfen zukünftig beide Maße 80 mm betra­gen. Für das Auskragen über die Halterung hinaus ist es bei maximal 300 mm geblieben.
Ebenfalls weniger spezifisch sind die Anforderungen an Zwischenlagen, um den Kontakt von Glas mit Stahlteilen des Halters zu vermeiden. Es gibt hier nur noch die Grundanforderung; Materialien oder Dicken sind nicht mehr vorgegeben.
 
Zusätzliche Regelungen. Für Horizontalverglasungen - die früheren Überkopfverglasungen - gibt es eine Reihe von zusätzlichen Regelungen. So dürfen Tellerhalter nur für Einfachverglasungen (in Abgrenzung zu Isolierverglasungen) verwendet werden. Dabei ist VSG aus teilvorgespanntem Glas (TVG) zu verwenden, die Einzelscheiben müssen gleich dick (mindestens 6 mm) sein. Die geforderte Resttragfähigkeit gilt als erfüllt, wenn die Zwischenfolie aus PVB eine Nenndicke von mindestens 1,52 mm aufweist und zudem einige konstruktive Randbedingungen erfüllt sind, die sich nicht von denen in der TRPV unterscheiden.
Unverändert übernommen wurde auch die Tabelle von Glasaufbauten mit nachgewiesener Resttragfähigkeit – allerdings ohne den Hinweis auf eine bis zu 1,0 kN/m² aufnehmbare Schneelast. Geblieben ist der Hinweis auf die Notwendigkeit eines statischen Nachweises hinsichtlich Tragfähigkeit und Gebrauchstauglichkeit.
Immerhin darf weiter eine kombinierte Lagerung derart vorgenommen werden, dass für die Sogbelastung eine linienförmige Lagerung durch eine punktförmige Randklemmung ersetzt werden darf. Dabei darf der Abstand der Randklemmhalter 300 mm nicht überschreiten, und die Klemmflächen dürfen – wie allgemein – 1000 mm² und 25 mm Glaseinstand nicht unterschreiten.
Für Vertikalverglasungen spezifizieren und erweitern sich die Möglichkeiten deutlich. Hier dürfen zunächst allgemein VSG aus ESG oder aus ESG-H sowie VSG aus TVG eingesetzt werden. Erfolgt eine Einschränkung auf Randklemmhalter, dürfen außerdem folgende Glaserzeugnisse verwendet werden: ESG-H mit mindestens 6 mm Scheibennenndicke, Mehrscheibenisolierglas aus ESG-H, TVG oder Floatglas (FG) – ESG ist hier sicher eher versehentlich nicht benannt – und VSG aus FG. Die Scheibenkanten von FG müssen geschliffen, die von wärmebehandelten Gläsern mindestens gesäumt sein (was aber schon eine allgemeine Anforderung für das Wärmebehandlungsverfahren ist).
 
Nachweise. Zunächst sind auch hier die Tragfähigkeit und die Gebrauchstauglichkeit nach Teil 1 der Norm nachzuweisen. Für die Durchbiegung gilt als Bemessungswert der Gebrauchstauglichkeit 1/100 der maßgebenden Stützweite. Als Berechnungsverfahren werden die Finite-Elemente-Methode (FEM) und dabei zu berücksichtigende Bedingungen benannt.
 
Anhänge zur Norm. In den informativen Anhängen A bis C werden zu Trennmaterialien Anhaltswerte für rechne­ri­sche Materialsteifigkeiten, zur Verifizierung im Bohrungsbereich von FEM-Mo­del­len und zu vereinfachten Verfahren für den Nachweis der Tragfähigkeit und der Ge­brauchs­tauglichkeit von punktgestützten Verglasungen beschrieben. Normativ ist im Anhang D eine „Prüfvorschrift Punkthalter“, nach der versuchstechnische Nachweise für Glashalter und Zwischenmaterialien hinsichtlich Normalkrafttragfähigkeit und Querkrafttragfähigkeit sowie einer Momentenbeanspruchung möglich sind.
Wird fortgesetzt

Im fünften Teil seines Beitrages (erscheint in der nächsten Ausgabe von metallbau) befasst sich unser Fachautor mit dem neuen Entwurf zu DIN 18008-4 „Zusatzanforderungen an absturzsichernde Verglasungen“. 


 

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