Betriebliche Altersvorsorge
Im Schulterschluss mit dem ArbeitgeberPensionsfonds, Direktversicherungen oder andere Formen der betrieblichen Altersvorsorge (bAV) sind in der Regel Kapitallebensversicherungen, deren Versicherungsnehmer Arbeitgeber sind. Diese führen Beiträge vom Lohn ihrer Angestellten als Prämien ab. Die Arbeitnehmer sind die Begünstigten dieser Verträge. Deren Erträge unterliegen aber im Zuweisungsfall seit 2004 rückwirkend der erneuten Sozialversicherungspflicht.
Damit Arbeitnehmer mit ihrer betrieblichen Altersvorsorge (bAV) tatsächlich Vorsorge für das Alter betreiben, gilt es einige Faktoren zu berücksichtigen. Andernfalls ist die angesparte Summe durch die Doppelverbeitragung, die im Jahr 2004 ohne Schutz für bestehende Verträge rückwirkend eingeführt wurde, nicht mehr rentabel. Das heißt, seit 2004 müssen alle Bezieher von Kapitalauszahlungen oder Betriebsrenten der betrieblichen Altersvorsorge (bAV) ca. 20% an die Kranken- und Pflegeversicherung zahlen. Unter definierten Voraussetzungen lassen sich künftige Verluste maximal reduzieren (siehe Infokasten). Beispielsweise wenn sich der Arbeitgeber zur Hälfte – oder mehr – an der Direktversicherung beteiligt. Gleichwohl rät der Verein der Direktversicherungsgeschädigten (DVG): Besser den Vertrag ruhend stellen und auf eine Gehaltserhöhung drängen – und mit dem Geld selbst fürs Alter vorsorgen. Es lohnt sich, die Möglichkeiten durchzurechnen. Manchem ist es zu kompliziert, die „Wenn ..., dann ...“ Faktoren zu berücksichtigen, dieser sucht für seine Gehaltserhöhung lieber eine andere Geldanlage.
Ein Drittel bAV-Verträge ruhen
In der Fima Huth Metallbau haben zehn Prozent der Mitarbeiter eine betriebliche Altersvorsorge. Unternehmer Felix Huth weiß, seiner Belegschaft ist mehr Netto vom Brutto lieber. „Für meine Mitarbeiter ist die bAV wohl nicht attraktiv!“ (siehe Nachgefragt S. 53) Die durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) in Auftrag gegebene Arbeitgeber- und Trägerbefragung zur Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung (BAV 2019) kommt zum Ergebnis, dass derzeit 28 Prozent der bAV-Verträge ruhend gestellt sind.
Mit der aktuell gültigen Rechtslage erhöhte die rot-grüne Bundesregierung 2004 die Einnahmen der gesetzlichen Krankenversicherung durch die Beitragszahler. Rentenexperten gehen davon aus, dass von 1973 bis 2004 rund 6,5 Millionen Bürger mit acht Millionen Verträgen betroffen sind. Das Volumen der dadurch zusätzlich eingenommenen Beiträge liegt demnach bei zehn Milliarden Euro. Von diesen Zahlen geht auch der 2015 gegründete Verein der Direktversicherungsgeschädigten (DVG) aus, der aktuell bundesweit ca. 4.000 Mitglieder hat. Der DVG weist daraufhin, dass Arbeitnehmer bereits bei den monatlichen Einzahlungen Beiträge an die Sozialkassen entrichtet haben, und fordert eine Gleichstellung mit der Riester-Direktversicherung. Die Riester-Verträge sind nämlich beitragsfrei gestellt.
Wahljahr: Chancen auf Änderung
Das Bundestagswahljahr 2021 mit parallel sechs Landtagswahlen nutzt der DVG, um auf das Unrecht öffentlich aufmerksam zu machen. DVG-Sprecher Hintsch: „Beispiele wie die Doppelverbeitragung der Altersvorsorge, die sogar rückwirkend und ohne Bestandsschutz in Kraft trat, untergraben die Glaubwürdigkeit der Demokratie.“
Die sozialversicherungspflichtig beschäftigten Familienangehörigen von Unternehmern sind ein Beispiel aus vergangener Zeit, wie Politik gelegentlich Verlässlichkeit veräußert: Da zahlten etwa Handwerker-Ehefrauen jahrzehntelang als Angestellte ihrer Männer Beiträge und wenn die Firma insolvent ging, wurden Leistungen verweigert mit dem Argument, die Ehefrau sei keine klassisch Versicherte, weil sie etwa für Kredite des Unternehmers haftet, dessen Halle besitzt oder nicht weisungsgebunden arbeitet. Jahrelang hatten die Unternehmerfrauen im Handwerk (UFH) gegen dieses Unrecht gekämpft und schließlich erwirkt, dass bei Aufnahme der Versicherung der Status der Versicherten geklärt wird. Entrichtet diese seither Beiträge, erhält sie auch Leistungen.
Das Beispiel macht Hintsch Hoffnung. Er wehrt sich gegen den Vorwurf, die Doppelverbeitragung sei ein „Luxusproblem Privilegierter“. Ein Gros der Direktversicherungen, das belege die Mitgliederstruktur, komme auch bei 30 Jahren Laufzeit nur auf 40.000 Euro. Der Sprecher: „Das ist etwa die Frau an der Supermarktkasse oder die Alleinerziehende mit 800 Euro Rente im Monat.“ Denen werde im Alter trotz des Freibetrags noch 4.000 Euro von dem weggenommen, was sie mühsam angespart hätten. Es war Arbeitsminister Norbert Blüm (CDU), der seit 1983 solchen Finanzprodukten zum Durchbruch verholfen hatte. Sein Hinweis: Die Renten seien sicher, der Einzelne müsse aber eine „zweite Säule“ aufbauen. 2004 folgte der Verrat an dieser Säule, weshalb die Gewerkschaften und viele Sozialwissenschaftler das Anliegen des Vereins unterstützen, dieses Unrecht zu revidieren.
Hintsch: „Die Pandemie mit ihren Finanzhilfen im Milliardenbereich zeigt, dass die Politik kann, wenn sie will.“ Im konkreten Fall gehe es um 800 Millionen Euro pro Jahr, die aus der Doppelverbeitragung zu Unrecht in die Sozialkassen fließen. Dieser Beitrag müsse umgehend aus Steuermitteln kompensiert werden.
Vorsorge fürs Alter
Diese fünf baV-Bausteine zeigen, wie differenziert die Doppelverbeitragung der Sozialabgaben zu betrachten ist.
Ein Baustein ist die bAV, die im Arbeits- und Tarifrecht verankert ist. Demnach haben alle sozialversicherungspflichtig Beschäftigten seit 2002 einen Anspruch, vom Arbeitgeber jährlich einen Betrag von vier Prozent der Beitragsbemessungsgrenze (BBG West) der Rentenversicherung (West) von derzeit 7.100 Euro in ein versicherungsförmiges Finanzierungsmodell einbezahlt zu bekommen. Das sind 284 Euro monatlich. Sein Arbeitgeber gibt ihm 15 Prozent dieses Betrags obendrauf.
Dieser Baustein kann mit einer Direktzusage oder Unterstützungskasse erweitert werden. Arbeitsrechtlich ist dieses Modell auf 284 Euro/Monat begrenzt, das heißt, dieser Betrag ist frei von Steuern und Sozialabgaben. Bis acht Prozent oder 568 Euro/Monat bleibt der Sparbetrag aber steuerfrei, auf die zweiten 284 Euro sind nur die Sozialbeiträge zu entrichten.
Über dieses Modell hinaus hat der Angestellte seit 2002 einen Anspruch auf Entgeltumwandlung. Das heißt: Er kann bis zu vier Prozent der BBG West monatlich ansparen und sein Arbeitgeber gibt ihm 15 Prozent dieses Betrags obendrauf. Arbeitsrechtlich ist dieses Modell auf 284 Euro/Monat begrenzt, das heißt, dieser Betrag ist frei von Steuern und Sozialabgaben. Bis acht Prozent oder 568 Euro/Monat ist der Sparbetrag steuerfrei, auf die zweiten 284 Euro sind aber Sozialbeiträge zu entrichten.
Eine vierte Variante der Altersvorsorge, die mit dem Arbeitgeber nichts zu tun hat und deshalb auch nicht mit der Doppelverbeitragung, ist die Riester-Rente. In diesem Modell erreicht der Arbeitnehmer bei einem Eigenanteil von 2.100 Euro pro Jahr die maximale staatliche Förderung. Dieser Anteil reduziert sich durch Eltern- (-175 Euro) oder Kinderzulage (-300 Euro je Kind) nochmals, sodass man selbst monatlich als Alleinerziehende noch 135 Euro sparen muss, um 454 Euro im Jahr steuerfrei zu erhalten. Und weil der eigene Sparbetrag steuerabzugsfähig ist, spart man nochmals.
Eine attraktive Alternative dank niedriger Kreditzinsen ist aktuell der Erwerb einer Immobilie. Die Zinsen auf 15 und mehr Jahre festzulegen, bietet Kostensicherheit. Hinzu kommen steuerliche Ersparnisse, eine Miete oder das mietfreie Wohnen bei Eigennutzung. Auch eine Wertsteigerung der Immobilie ist wahrscheinlich, wenn deren Lage gut gewählt ist.