Bildungsinstitut „HeartBeat“
Teamgeist, Leistungswille & VerantwortungDie Klagen über Azubis, die alles andere, nur nicht ihren Ausbildungsberuf im Kopf haben, nehmen zu. Doch liegt es allein an der Jugend? Der österreichische Unternehmensberater Gernot Schneebauer hatte die Idee, Persönlichkeitstraining und -coaching auch für Lehrlinge anzubieten und landete einen Coup. Bei den Colleges des Bildungsinstituts „HeartBeat – Lehrling mit Herz & Hirn“ werden Soft Skills trainiert. Nicht nur in Österreich sucht das Modell seinesgleichen.
Gernot Schneebauer, der Gründer und Geschäftsführer von HeartBeat, ist bereits seit Jahrzehnten als Unternehmensberater und Management-Trainer zu den Themen Organisationsentwicklung und Unternehmenskultur tätig. Er war in vielen Unternehmen unterwegs und hörte zunehmend Klagen, dass es immer weniger Bewerber gäbe, die Lehrlinge schwieriger würden und viele nach der Lehrzeit wieder gingen. „Das war vor 20 Jahren. Auch anhand der demografischen Entwicklung war damals bereits absehbar, was auf die Wirtschaft zukommt“, sagt er. Für ihn stand fest, wer rekrutieren will, muss im Vergleich zu anderen attraktiver sein. Das Unternehmen muss seinen USP entwickeln und Employer Branding betreiben. Und noch etwas schlussfolgerte er: Den Generationen Y und Z muss man mehr bieten als bisher, sonst bleiben sie ganz aus. So entstand die Idee, es mit Trainings zur Persönlichkeitsentwicklung zu versuchen. Der Gedanke dahinter war: Wenn ein Unternehmen seinen Lehrlingen ermöglicht, eine Ausbildung im Bereich Persönlichkeitsentwicklung zu machen, die den Jugendlichen niemand wieder nehmen kann und die ihnen auch sonst im täglichen Leben weiterhilft, dann hat das einen besonderen Stellenwert und Nutzen. Das war quasi die Geburtsstunde des Bildungsinstituts HeartBeat.
Lehrlingsgerechte Unternehmenskultur
Und ein zweiter Aspekt war für Gernot Schneebauer wichtig: „Ich habe sehr viele Unternehmen bei der Konzeption einer guten Lehrlingsausbildung unterstützt. Doch irgendwann war klar: Wenn die betrieblichen Ausbilder selbst keine Ahnung von Persönlichkeitsentwicklung haben, kann das nicht funktionieren. Da können die Lehrlinge noch so gut geschult werden.“ Gemeinsam mit Ausbildern entwickelte Schneebauer deshalb das 4-Säulen-Konzept, bei dem die Firmenchefs, die Ausbilder, die Mitarbeiter und die Lehrlinge regelmäßig gecoacht werden. Zumindest diejenigen, die unmittelbar mit der Lehrlingsausbildung betraut sind, sollten seiner Ansicht nach spezielle Kurse besuchen, damit sie für die Auszubildenden mehr Verständnis aufbringen. Sie lernen, den Coaching-Prozess der Lehrlinge zu begleiten und die erforderlichen Rahmenbedingungen zu schaffen, um das bei HeartBeat Gelernte im Unternehmen umsetzen zu können. Wichtig sei eine intensive Begleitung während der gesamten Lehrzeit. „Sehr hinderlich ist“, sagt Gernot Schneebauer, „wenn ein Ausbilder zu hundert Prozent operativ beschäftigt ist und dadurch keine Zeit hat, sich um die Ausbildung und Entwicklung eines Lehrlings zu kümmern“.
Das Ziel ist, in den Betrieben eine lehrlingsgerechte Unternehmenskultur zu etablieren. Nur mit diesem ganzheitlichen Ansatz können die Unternehmen in ihrer gesamten Organisation unterstützt werden, meint Schneebauer.
Der Umgangston macht‘s
Doch was heißt lehrlingsgerecht? Zunächst muss bei den Erwachsenen ein Umdenken im Kopf passieren, findet Gernot Schneebauer. Er berichtet von zahlreichen Studien, die das beweisen, was er in der Praxis beobachtete: „Wenn man den Lehrling als Erwachsenen behandelt, dann hat das eine andere Qualität. Wie muss man sich denn fühlen, wenn man am ersten Ausbildungstag von einem Kollegen mit ruppigen Worten begrüßt wird? Etwa mit: ‚So, du …., dort drüben ist deine Arbeit‘.“ Daher wüssten viele Lehrlinge in österreichischen Unternehmen bereits im zweiten Lehrjahr, dass sie nicht im Ausbildungsbetrieb bleiben möchten, weil der Umgangston nicht stimmt, weil niemand Zeit hat, auf sie einzugehen und ihnen etwas beizubringen, oder weil sie sich unfair behandelt fühlen.
„Manche Lehrlinge bringen eine komplizierte Biografie mit, andere haben schwierige persönliche Umstände“, so Schneebauer weiter. „Und wer das Glück hatte, während der Lehrzeit bei HeartBeat zu sein, aber nach dem einwöchigen Training in der Werkstatt begrüßt wird mit: ‚So, jetzt warst wieder eine Woche auf Urlaub, jetzt wird wieder gearbeitet‘. Was erwarten wir dann?“ Deshalb ist es für Schneebauer absolut notwendig, dass der Chef, die Ausbilder und möglichst auch alle Mitarbeiter eine andere Blickweise entwickeln. Denn zu 90 Prozent liegen die Probleme bei den Menschen und ihrem Umgang miteinander, ist er überzeugt.
Persönlichkeitsbildung & Kommunikation
Positiv ist, dass immer mehr Unternehmen den Nutzen erkennen, den Lehrlingsnachwuchs nicht nur in den berufsrelevanten Fächern auszubilden, sondern auch persönlichkeitsbildende Maßnahmen zu ergreifen. Denn leider ist es auch in manchem Elternhaus nicht Standard, dass die Kinder persönliche, soziale und methodische Kompetenzen erlernen bzw. entwickeln. Die staatlichen Schulsysteme vermitteln zwar Wissen, aber die Schüler lernen auch hier nicht immer und überall, wie man respektvoll miteinander kommuniziert, welcher Umgangston sich gehört, wie man ein Anliegen deutlich macht und ernst genommen wird. Deshalb wird das HeartBeat-Konzept seit einigen Jahren auch in die Schulen getragen. Und zwar von der Unterstufe des Gymnasiums bis zur Oberstufe der allgemeinbildenden höheren Schulen (AHS). „Persönlichkeitsbildung sollte so früh wie möglich beginnen“, findet Gernot Schneebauer.
Seit über zehn Jahren engagiert sich ein unterdessen 30-köpfiges Pädagogen- und Trainerteam, den Lehrlingen Persönlichkeitsbildung, Kommunikation und Teambildung zu vermitteln. Gelernt wird überwiegend erlebnisorientiert. Selbstbeobachtung, Selbstdisziplin, Einfühlungsvermögen, Selbstmotivation und vieles mehr sollen letztlich zu innerer Stärke und gesteigertem Selbstwertgefühl führen. Auch die Fähigkeit, Probleme strukturiert zu lösen und mit den eigenen Gefühlen und Emotionen umzugehen, werden trainiert. Die Lehrlinge kommen einmal pro Jahr für eine Woche in einem Seminarhotel in der näheren Umgebung der jeweiligen Betriebe zusammen, kennen sich vorher nicht, leben in einer gemeinsamen Unterkunft und lernen viel über ihre Stärken und Schwächen.
Erste Azubis aus dem Netzwerk Metall
Begonnen hat alles mit Firmen aus dem österreichischen Netzwerk Metall. Daher gibt es überwiegend Lehrlinge aus Metallbaubetrieben, von denen viele von Anfang an dabei sind. Mittlerweile machen auch Tischlereien, Gastronomiebetriebe, der Modefachhandel und angrenzende Branchen mit. Künftig werden weitere hinzukommen. Die Zahlen sprechen für sich: Seit der Gründung 2008 wurden rund 260 Lehrlingscolleges mit etwa 3.600 Lehrlingen abgehalten. Auch Großunternehmen wie Mercedes, Metro oder Intersport schätzen die Arbeit des Bildungsinstitutes. Die HeartBeat-Ausbildung kostet pro Auszubildenden 840 Euro pro Woche. Davon werden 75 Prozent von der österreichischen Bundeslehrlingsförderung übernommen, die pro Lehrzeit 2.000 Euro für die außerbetriebliche Ausbildung zur Verfügung stellt. Die Unternehmen zahlen also letztlich pro Person 210 Euro plus 325 Euro Vollpension im Ausbildungsjahr. Bei einer dreijährigen Ausbildungszeit summiert sich das auf 1.600 Euro. Gernot Schneebauer berichtet, dass die Unternehmen diese Kosten gerne stemmen, da sie den Nutzen unmittelbar sehen. Etliche würden sogar Kurzvideos über die Ausbildung auf ihre Homepage stellen oder über Facebook verbreiten. Womit sie auch das Image ihres Unternehmens nachhaltig aufbessern.
Wie wäre es also, die Gründungsidee zu exportieren? Auch in Deutschland gibt es in puncto Persönlichkeitsentwicklung der Jugend Nachholbedarf. Dazu Gernot Schneebauer: „Das überlegen wir schon seit Jahren. Wir haben es probiert und wirklich viel Zeit und Energie investiert, allerdings ist es letztlich an der fehlenden Förderung gescheitert.“ Das Interesse müsste da sein, schätzt er, und lädt ein, dass sich diejenigen herzlich gern melden können.
Info + Kontakte
Riegler Metallbau GmbH
Wolfernstraße 41
AT-4400 Steyr
Tel. +43 7252 81 800 0
www.riegler-metall.at
Nähr GmbH & Co. KG
Schlosserei – Zaunbau
Gewerbepark Harbach 35
AT-5630 Bad Hofgastein
Tel. +43 6432 8770
www.naehr.at
Das wünschen sich Auszubildende:
- nicht angeschrien und beschimpft zu werden, vor allem nicht vor Kunden
- einen respektvollen, höflichen Umgangston und persönliche Gespräche
- nicht unterschätzt zu werden und mehr Vertrauen in ihre Fähigkeiten zu bekommen
- dass ihre Fragen beantwortet werden und sie Erklärungen bekommen
- dass auf sie eingegangen wird und sie nicht unfair behandelt werden
- dass individuelle und gesundheitliche Probleme respektiert werden
- dass man sich nicht über sie lustig macht, z.B. wegen Aussehen, Interessen, ….
- Lob, wenn sie etwas gut und richtig gemacht haben
- dass die Ausbilder, Chefinnen und Chefs menschlich Vorbilder sind