ÖsterreichSpezial

Die Branche in Österreich

Harald Schinnerl & Anton Resch

Über die Lage der Branche in Österreich konnte Stefanie Manger mit Bundesinnungsmeister Kommerzialrat Harald Schinnerl und Anton Resch sprechen. Resch führt seit 2017 die Geschäfte der Arbeitsgemeinschaft der Hersteller von MetallFenster/Türen/Tore/Fassaden (AMFT) mit rund 55 Mitgliedsbetrieben.

metallbau: Herr Kommerzialrat Schinnerl, können Sie die Corona-Lage der Branche in den unterschiedlichen Bundesländern etwas skizzieren?

Harald Schinnerl: Der Westen, stark vom Tourismus abhängig, war stärker betroffen. Sowohl die Hotels und Gastronomie als auch die Sportanlagen wie z.B. Seilbahnanlagen waren geschlossen. Diese Betriebe hatten massive Einkommensverluste, welche sich auf Investitionen auswirken. Einige starke Tourismusunternehmen haben die Chance zu Investitionen genutzt. Wie sich die Finanzschwäche dieser Betriebe in Zukunft auswirkt, wird man sehen.

metallbau: Wenn Sie den österreichischen Markt für Metalltechnik mit der Situation in Deutschland und der Schweiz vergleichen, was würden Sie als signifikanten Unterschiede beschreiben?

Schinnerl:  Ein wesentlicher Unterschied ist der Preis. Aufgrund der extremen Nähe der neuen EU-Länder haben wir im Osten ein geringes Preisniveau. In Tirol und Vorarlberg passt sich dieses Preisniveau den deutschen Preisen an.

metallbau: Welche problematischen Themen hat die Corona-Krise unter den österreichischen Metalltechnikbetrieben in den Vordergrund gedrängt?

Schinnerl:  Die größeren Probleme waren die laufenden Änderungen der Vorschriften. Den stärksten Einschnitt gab es beim 1. Lockdown, der durch Unsicherheit und Ängste bestimmt war. Danach hat sich für unsere Branche die Situation entspannt und wir durften unter Einschränkungen wie Abstand halten, Maskenpflicht, verstärkte Hygiene, Homeoffice, etc. weiterarbeiten.

metallbau: An welchen metalltechnikspezifischen Branchenproblemen wird trotz Corona-Krise mit welchen Maßnahmen weitergearbeitet?

Schinnerl: Ein großes Problem sind nach wie vor die Normen und deren Weiterentwicklung. Hier gibt es unerfreuliche Trends auf EU-Ebene, denen wir durch Lobbying zu begegnen versuchen.

metallbau:  Herr Schinnerl, Ihr Statement zu den Schlagworten Digitalisierung, Automatisierung und Nachhaltigkeit.

Schinnerl: Alle Betriebe, welche massiv in die Digitalisierung, Automatisierung, Nachhaltigkeit und Ökologie investiert haben, haben damit gute Erfolge erzielt und gute Zukunftsaussichten. Jene, die dieser Entwicklung zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt haben, haben es immer schwerer.

metallbau: Warum wird die Frage nach Fachkräften immer mit der Imagefrage des Handwerks beantwortet anstatt einfach mal die Löhne attraktiver zu gestalten.

Schinnerl: Es ist in den Köpfen, dass man es mit Bürojobs leichter hat als in den Werkstätten und am Bau. Gute Facharbeiter verdienen auch gutes Geld. Durch die Ostöffnung wurde das Preisniveau von handwerklichen Arbeiten stark gedrückt. Viele Betriebe überleben nur aufgrund Kooperationen mit Ostfirmen. Da ein Großteil der Jugendlichen versucht, so lange als möglich in die Schule zu gehen, gibt es bei den jungen Menschen für das Handwerk sowohl in der Quantität als auch in der Qualität Probleme. Aus vielen Lehrlingen werden dank hoher Motivation ihrer Ausbildender trotz schlechter Grundschulausbildung exzellente Facharbeiter. Die Eltern erkennen oft nicht, dass viele junge Menschen lieber eine praktische Arbeit ausführen und dabei glücklich sind, als mit Zwang irgendeine theoretische Ausbildung zu absolvieren. Gute Meister bewegen sich auf dem Gehaltsniveau eines Ingenieurs, jedoch haben sie mindestens fünf Beitragsjahre für die Pension mehr.

metallbau: Vor ca. drei Jahren haben Sie die Unternehmen in der Metalltechnik-Branche Österreichs auf ca. 3.000 geschätzt, hat sich das inzwischen signifikant verändert?

Schinnerl: Es gibt einen sehr starken Trend zu Ein- und Zwei-Personen-Unternehmen. Die Fertigung basiert immer stärker auf CAD-Planung und CNC-Fertigung. Viele kleinere und mittlere Betriebe können sich diese Investitionen nicht leisten. Daher gibt es einige größere Unternehmen, welche ähnlich der Industrie professionell fertigen, und viele Kleinere, welche Dienstleistungen mit Montagearbeiten anbieten. Die Coronazeit hat sich nicht wesentlich ausgewirkt.

metallbau:  Hat sich mit der Mühe um unbürokratische Coronahilfen auch die Bürokratie für Unternehmen im Allgemeinen reduziert?

Schinnerl: Es gibt permanente Bestrebungen, die Bürokratie zu reduzieren. Das sind sehr schöne Schlagworte und verkauft sich gut. In der Praxis ist davon noch nichts angekommen, im Gegenteil. Die Zertifikationen und Dokumentationen haben massiv zugenommen. Weiter werden Warn- und Hinweispflichten immer wichtiger.

metallbau:  Herr Resch, auf Initiative der AMFT und des Aluminium Fenster Institut (AFI) wurde das neue Online-Tool Paroli entwickelt und kann nun seit Juni als Abolizenz erworben werden. Inwiefern profitieren Metallbauer davon?

Anton Resch: Paroli ist ein schönes Beispiel, wie Unternehmen einfach und doch kompetent geholfen werden kann. Die rechtlich aufbereiteten Inhalte aus dem Tool können zum Verhandlungstermin mitgenommen werden und durch das bessere Rechtsverständnis kann konkret und gut vorbereitet mit dem Vertragspartner verhandelt werden. Es wird bei Anwendung einen wesentlichen Beitrag zur Ausgewogenheit leisten.

metallbau: In Deutschland wurde ja für die Bezahlung von Planungsleistungen an die Metallbaubetriebe mit Überarbeitung der DIN 18360 (siehe Bericht Seite 30) ein Fortschritt erzielt, wie ist der Stand für die Betriebe in Österreich?

Resch: In einigen Bereichen wurde bei den standardisierten Leistungsbeschreibungen eine eigene Ausschreibungsposition für Planungsleistungen integriert. Bei anderen wurde die vom Auftraggeber zu liefernde Ausführungsplanung definiert und festgeschrieben. Auch die österreichische Norm für den Fenstereinbau beschreitet klar diesen Weg. Mit dem geschuldeten Standardfensteranschluss können vom Werkunternehmer wiederkehrende Regeldetails geplant und verwendet werden. Ist ein umfangreicher objektspezifischer Bauanschluss gefordert, ist dieser vom Planer beizubringen. Der Unternehmer setzt diesen um.

Branchenzahlen in Österreich

Nach Informationen von Harald Schinnerl ist die Branche des Metallbaus von der Pandemie nicht sehr stark betroffen. Der Bundesinnungsmeister informiert: „Die Fördermaßnahmen der Bundesregierung wirken sich positiv auf die Auftragslage aus. Wenige Betriebe, und das war regional abhängig, waren kurzfristig von Kurzarbeit betroffen.“ Aktuell in ihrer Geschäftstätigkeit beeinträchtigt fühlen sich 66% der Betriebe durch die Preiskonkurrenz, 55% durch Bürokratie, 48% durch Fachkräftemangel und 45% durch Steuern und Abgaben.

Nach einer Studie der KMU-Forschung Austria für das 1. Quartal 2021 zeigt sich für das Jahr 2020 folgende nominelle Umsatzentwicklung: 19% der Branchenbetriebe meldeten im Vergleich zum Jahr 2019 um durchschnittlich 10,5% Umsatzzuwachs. Bei 31% der Metallbaubetriebe blieb der Umsatz auf Vorjahresniveau. 50% verzeichneten Rückgänge um durchschnittlich 15,9%. Im Branchendurchschnitt errechnet sich daraus ein Rückgang des nominellen Umsatzes um 7,1%. „Im Vergleich zum Jahr 2019 war diese Konjunkturentwicklung schlechter“, stellt Schinnerl fest.

In punkto Preis konnten 58% der Branchenbetriebe im Jahr 2020 im Vergleich zum Vorjahr die Verkaufspreise erhöhen. 38% meldeten konstante Preise, nur 4% mussten die Preise reduzieren. Im Schnitt wurden die Verkaufspreise im Jahr 2020 um 1,4% erhöht. Die Inflationsrate betrug ebenso 1,4%.

In diesem Jahr planen 46% der Betriebe zu investieren, im Jahr 2020 tätigten 41% Investitionen. Wobei die Etats im Jahr 2020 deutlich zurückhaltender ausfielen als 2019. Wurden im Jahr 2019 noch 8.000 Euro pro Beschäftigten investiert, waren es im Jahr 2020 nur noch 4.100 Euro; das sind um 49% weniger. Von den Gesamtinvestitionen entfielen 1.100 Euro je Beschäftigten auf bauliche Maßnahmen (2019: 3.100 Euro) sowie 3.000 Euro auf Ausrüstung (2019: 4.900 Euro).

Hinsichtlich der Auftragseingänge meldete die Branche der Bau- und Stahlschlosserei für das 4. Quartal 2020 gegenüber 2019: 14% steigende, 56% gleich bleibende und 30% sinkende Auftragseingänge. Für das 2. Quartal 2021 planten die Branchenbetriebe im Schnitt den Personalstand um 3,9% aufzustocken. Die Auftragserwartungen fielen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 7% weniger optimistisch aus.

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