EI230-C5-Sa – Alles klar?

ift-Brandschutzforum 2015

Die europäischen Normen und Regelungen für Feuer- und Rauchschutzabschlüsse – speziell die EN 16034 – standen im Mittelpunkt des Internationalen ift-Brandschutzforums in Nürnberg. Fachjournalistin Ulrike Hensel war vor Ort dabei und berichtet über die wichtigsten Neuerungen bei den Zulassungsverfahren, die Änderungen in den Prüf- und Klassifizierungsgrundlagen, die Regeln zum europäischen Konformitätsverfahren sowie über den Stand der Regeln zum erweiterten Anwendungsbereich.

Im Europäischen Amtsblatt vom 10.07.2015 steht es nun schwarz auf weiß: Die neue Produktnorm EN 16034 „Türen, Tore und Fenster – mit Feuer- und/oder Rauchschutzeigenschaften“ ist da und mit ihr die Möglichkeit, o.g. Bauteile mit einem CE-Kennzeichen zu versehen. Die Koexistenzphase, in der neben dem CE-Zeichen auch die bisherigen AbP bzw. AbZ parallel genutzt werden können, wurde auf drei Jahre festgeschrieben und startet zum November 2015. Ab November 2018 ist das CE-Zeichen verpflichtend.

Das Internationale ift-Brandschutzforum am 9. und 10. Juni 2015 befasste sich mit den aktuellen EU-Normen von Feuer- und Rauchschutzabschlüssen (FSA und RSA) und deren neuer CE-Kennzeichnung. Rund 300 Teilnehmer informierten sich über notwendige Änderungen für die Fertigung, die richtige Dokumentation sowie Regeln und Ausnahmen der neuen Normen, über die Auswirkungen auf die Konstruktionen und vor allem darüber, wie sieht die richtige CE-Kennzeichnung aus und was ist dazu notwendig. Die 15 Fachvorträge von  Experten in Sachen Normung und Brandschutz näherten sich den Themen von verschiedenen Seiten und machten deren Komplexität mehr als deutlich.

Das Fazit vorweg: Wer Türen, Tore und Fenster mit Feuer- und/oder Rauchschutzeigenschaften herstellt oder in Verkehr bringt, muss ab sofort eine ganze Reihe neuer Regelungen beachten. Wer allerdings schon bisher nach einer werkseigenen, zertifizierten Produktionskontrolle produziert, wird weniger Umstellungsaufwand haben. Für Metallbauer, die reine Montagearbeiten durchführen, gibt es die wenigsten Änderungen. Sie müssen nachweisbar sachgerecht montieren, und dazu erhalten sie normalerweise vom Hersteller der Feuer- und Rauchschutzabschlüsse genaue Einbauanweisungen, sogenannte Anwendungsregelungen. Allerdings müssen Montagebetriebe darauf achten, dass sie durch Änderungen der Konstruktion an zugelassenen Bauteilen nicht selber zu Herstellern werden.

Von der Türenzulassung zur CE-Kennzeichnung

Mit der Veröffentlichung und Harmonisierung der Produktnorm EN 16034 im Europäischen Amtsblatt können Hersteller ihre Produkte als harmonisierte, CE-gekennzeichnete FSA und RSA europaweit handeln. Dazu haben sie eine Leistungserklärung zu erstellen, die von einer neu ins Leben gerufenen notifizierten Produktzertifizierungsstelle (NPZ) bestätigt werden muss. Das bisher, in Deutschland praktizierte System der bauaufsichtlichen Zulassungen wird durch die NPZ abgelöst. Das Institut für Fenstertechnik ift Rosenheim gehört zu diesen NPZ-Stellen. Weitere Stellen werden in der sogenannten Nandoliste aufgeführt (http://ec.europa.eu/enterprise/newapproach/nando/index.cfm), in der man über die Eingabe von Produktnamen eine Auflistung aller „notified bodies“ erhält.

Die notifizierten Produktzertifizierungsstellen verantworten den gesamten Prozess von der Produktdefinition, Probekörperplanung und -entnahme über die zugehörigen Prüfungen und  die Erstellung der Klassifizierungen und Nachweise bis hin zur Überwachung und Zertifizierung der Hersteller. Die Produktprüfungen selbst erfolgen durch eine Prüfstelle, die nicht mit der NPZ identisch sein muss. Nach erfolgreicher Prüfung und Bewertung des Produktes und der Erstüberwachung der werkseigenen Produktionskontrolle (WPK) des Herstellers stellt die NPZ das „Zertifikat für die Bestätigung der Leistungsbeständigkeit“ aus, das wiederum die Voraussetzung für die Erstellung der Leistungserklärung und die CE-Kennzeichnung durch den Hersteller ist.

Die neuen Regeln für die unterschiedlichen Brandschutzbauteile, wie z.B. Türen, Tore, Fassaden, Fenster, Verglasungen und Zubehörteile, werden ab 10.07.2015 schrittweise in die Praxis umgesetzt. Im Jahr 2015 liegt der Schwerpunkt auf der neuen Produktnorm Türen, Tore und Fenster mit Feuer- und/oder Rauchschutzeigenschaften EN 16034. Für Hersteller, Verarbeiter, Monteure oder Zulieferer ergeben sich daraus geänderte Verpflichtungen.

Zehn Schritte bis zur Umsetzung der EN 16034

Dipl.-Ing. (FH) Andreas Matschi, Geschäftsbereichsleiter am ift in Rosenheim, beschrieb in seinem Vortrag zehn Schritte zur Umsetzung der Norm:

Schritte 1 bis 3: Definition des Produkttyps, der Produktfamilie und Probekörperplanung

Schritte 4 und 5: Direkter und erweiterter Anwendungsbereich, Klassifizierung der Bauteile

Schritte 6 und 7: Technische Dokumentation zur Überwachung und die Überwachung selbst

Schritt 8: Konformitätsbewertungsverfahren

Schritt 9: Zertifikat zur Leistungsbeständigkeit

Schritt 10: CE-Kennzeichnung und Leistungserklärung

„Wann ist ein Tor ein Tor oder eine Tür“, fragte Matschi. Was zunächst trivial klingt, ist gar nicht so klar, denn die Eigenschaften eines Bauteils müssen vom Hersteller genau definiert und abgegrenzt werden, begründete er. In der Regel geht es ja um kombinierte Bauelemente, also zum Beispiel um Außen- oder Innentüren, Automatiktüren oder Tore, die zu ihren normalen Funktionen noch Feuer- oder Rauchschutzeigenschaften haben. Daher sind die Definition von Produkttyp, Produktfamilie und die Probekörperplanung seitens des Herstellers wichtige Voraussetzungen für eine erfolgreiche Zertifizierung und CE-Kennzeichnung. Der Hersteller legt in Schritt 4 auch die Produktmerkmale/Leistungseigenschaften der FSA bzw. RSA fest. Es sind maximal sieben Merkmale für den direkten Anwendungsbereich deklarierbar:

1. Feuerwiderstand (E/EW/EI1/EI2) mit zugehörigen Feuerwiderstandsklassen. Das Spektrum reicht in den verschiedenen Ländern von E15 bis EI2 240, je nachdem, welche nationalen baulichen Anforderungen notwendig sind.

2. Rauchschutz (Sa/S200). Das europäische Klassifizierungsverfahren unterscheidet die beiden Klassen Sa (bei Raumtemperatur) und S200 (Rauch bei erhöhter Temperatur von 200°C).

3. Selbstschließung (C)

4. Die Dauerhaftigkeit der Selbstschließung gegen Qualitätsverlust wird in sechs Nutzungskategorien 0 bis 5 angegeben (Schließzyklen von >1 bis 200 000).

5. Die Dauerhaftigkeit der Selbstschließung gegen Alterung wird mit „erzielt“ angegeben. Das Kriterium Alterung bezieht sich auf zu verwendende Beschläge mit einer definierten Korrosionsbeständigkeit.

6. Die Fähigkeit zur Freigabe wird mit „freigegeben“ deklariert. Diese Eigenschaft wird angegeben, sollte der FSA oder RSA eine Feststellmöglichkeit haben. Der Abschluss wird also normalerweise offengehalten und schließt bei Brand oder Rauch selbsttätig.

7. Dauerhaftigkeit der Fähigkeit zur Freigabe wird mit „Freigabe aufrechterhalten“ beschrieben und kann bei Bedarf ebenfalls angegeben werden.

Der erweiterte Anwendungsbereich betrifft zusätzliche Anforderungen, beispielsweise die Austauschbarkeit von Beschlägen, und wird im sogenannten EXAP-Bericht festgehalten. Dieser beschreibt die Variantenvielfalt der gesamten Konstruktion, basiert auf der Normenreihe EN 15269ff und wird von der NPZ erstellt.

NPZ verantwortet Konformitätsbewertungsverfahren

Im 5. Schritt folgt die Klassifizierung der Bauteile entsprechend der sieben Leistungskriterien. Damit wird beispielsweise aus einer bisher deklarierten einflügeligen Brandschutztür T30-1 der einflügelige Feuerschutzabschluss mit der Bezeichnung EI2 30-C5-Sa und aus einer einflügeligen Rauchschutztür T30-1 RS der Rauchschutzabschluss EI2 30-C5-S200. Matschi erläuterte: „In den Musterbauordnungen oder Landesbauordnungen stehen die Bezeichnungen feuerhemmend, hoch feuerhemmend bzw. feuerhemmend und rauchdicht. Jetzt brauchte es nur noch eine Übertragung dieser bauordnungsrechtlichen Anforderungen in die europäischen Klassen.“ Zu dieser Zuordnung merkte der Referent Dipl.-Ing. Klaus-Dieter Wathling von der Obersten Bauaufsicht der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt in Berlin an: „Einige Bauteile erfüllen die baufsichtlichen Anforderungen sowohl der deutschen als auch der europäischen Klasse. Dann dürfen während der Koexistenzphase beide Bezeichnungen verwendet werden. Aber, die deutschen und die europäischen Klassen sind nicht die gleichen. Außerdem gibt es für ‚dicht- und selbstschließend‘ und für ‚dichtschließend‘ keine deutsche Klasse. Für die Anforderung ‚dichtschließend‘ ist eine europäische Klasse in Vorbereitung.“

6. und 7. Schritt: Nach der Prüfung der Bauteile werden die Prüfberichte mit Angaben zum direkten Anwendungsbereich erstellt, der EXAP-Bericht enthält die Angaben zum erweiterten Anwendungsbereich. Beide werden im Klassifizierungsbericht zusammengefasst. Als wichtigstes Dokument beschreibt er die Variantenvielfalt und die erreichten Klassen der Konstruktion und dient mit weiteren technischen Dokumenten – wie z.B. technischen Zeichnungen oder Fertigungsunterlagen – als Grundlage für die werksseitige Produktionskontrolle (WPK), für die Fremdüberwachung, die Leistungserklärung und damit für die CE-Kennzeichnung. Der Frage, wie viele Klassifizierungsberichte ein Hersteller benötigt und welche Rolle dabei ein Dokumentenmanagement spielt, ging Muhammet Gürbüz vom ift in seinem Vortrag „Mit den richtigen Dokumenten zum Erfolg“ nach.

Der 8. Schritt betrifft die Konformitätsbewertung bzw. die Bewertung der Leistungsbeständigkeit. Dieses Verfahren besteht aus vier Teilen:

  • Typprüfung (TT) inklusive des direkten und erweiterten Anwendungsbereiches
  • Werkseigene Produktionskontrolle (WPK)/Factory Production Control (FPC)
  • Erstinspektion und Kontrolle der WPK
  • Kontinuierliche Überwachung und Anerkennung der WPK

In Deutschland wurde die Fremdüberwachung im Rahmen der WPK bei Feuerschutzabschlüssen bisher zweimal pro Jahr durchgeführt. Mit Einführung der EN 16034 wird dies nur noch einmal pro Jahr gefordert, dafür werden jetzt auch Rauchschutzabschlüsse überwacht. Das Konformitätsbewertungsverfahren führt die NPZ verantwortlich durch. Die Einführung der WPK ist Sache des Herstellers, die Erbringung sämtlicher Nachweise (Prüfungen) wird von der eigentlichen Bewertung durch die NPZ strikt getrennt. „Auf die Trennung dieser Arbeitsbereiche legen die Akkreditierungsgesellschaften, die die NPZ kontrollieren, großen Wert, damit nicht die gleiche Stelle oder Person die Prüfungen macht und diese anschließend auch zertifiziert und überwacht. Deshalb hat das ift Rosenheim auch die Bereiche Prüfung und Zertifizierung personell und organisatorisch strikt getrennt“, sagte Matschi.

Schritte 9 und 10 beschreiben die Ausfertigung der Zertifizierungsunterlagen: CE-Kennzeichen, Bescheinigung der Leistungsbeständigkeit und Leistungserklärung sowie das Zertifikat zur Bescheinigung der Leistungsbeständigkeit, das durch die NPZ ausgestellt wird. Der Hersteller ist verpflichtet, für jedes von einer harmonisierten Norm abgedeckte Produkt eine Leistungserklärung abzugeben. Diese Leistungserklärung wird meistens nicht mit dem Produkt geliefert werden, weil sie besser zur technischen Dokumentation des Gebäudes gehört. Das CE-Zeichen mit Angabe der notifizierten Stelle muss jedoch mit dem Produkt geliefert werden, und eine Kurzfassung muss auch am Produkt selbst angebracht sein.

Fazit

Das CE-Kennzeichen muss an jedem FSA oder dessen Verpackung angebracht werden bzw. gehört zu den produktbegleitenden Dokumenten. Ein eindeutiger Code oder eine Nummerierung dient der Identifizierung und Zuordnung zwischen der Leistungserklärung und der CE-Kennzeichnung. Zudem hat der Hersteller ein Kennzeichnungsschild mit vier Angaben anzubringen: Hersteller, Produkttyp, Seriennummer und die Klassifizierung mit den maximal sieben Leistungsdaten. Der Hersteller ist für die Erstellung aller Unterlagen verantwortlich und bringt sie mit dem Produkt in den Verkehr. Metallbaubetriebe erhalten die nötigen Dokumente in der Regel vom Systemgeber.

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