Elegante Designtreppenanlage

Treppe zentriert Schuhhaus Zumnorde

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Eine offene Treppenanlage mit Brüstungsgeländer ist der optische Mittelpunkt der neuen Kölner Filiale des Schuhhändlers Zumnorde. Die 18 Tonnen schwere Stahl-Glas-Konstruktion findet ihren Platz in einem elf Meter hohen und sechs Meter breiten Einschnitt, der vom Untergeschoss bis in die Dachfläche reicht und die drei Verkaufsetagen des Schuhhauses gekonnt miteinander verbindet. Die Stahltreppe mit Glasgeländer, ergänzt durch Holzhandlauf sowie Tritt- und Setzstufen aus Eiche, fertigte das Familienunternehmen Richter Metallbau aus dem niedersächsischen Hagen am Teutoburger Wald. Für das Projekt wurde in der bekannten Kölner Einkaufsstraße Schildergasse ein bestehendes Gebäude komplett entkernt und nach Entwürfen des Düsseldorfer Innenarchitekten Rudi Sauermann umgebaut.

Puristisch und leicht

„Im Rahmen der Ausschreibung konnten wir mit unserer Kompetenz aus vorangegangenen Projekten punkten und waren unter allen Bewerbern außerdem die mit Abstand preisgünstigsten“, sagt Inhaber Walter Richter und ergänzt: „Nachdem wir den Zuschlag erhalten hatten, entwickelten wir zunächst Lösungsvorschläge für die Umsetzung der anspruchsvollen Ideen des Innenarchitekten Sauermann und des Auftraggebers Zumnorde. Denn das Projekt war alles andere als simpel und das Zeitfenster relativ knapp bemessen.“
Um die schwere Treppenkonstruktion in das bestehende Gebäude integrieren und in kurzer Zeit montieren zu können, wählte Richter eine geschraubte und teilweise geschweißte Konstruktion, die in der Werkstatt in Einzelteilen vorbereitet werden konnte. Die Treppenanlage sollte puristisch und optisch leicht wirken und erforderte glatte Flächen und gerade Linien. Damit waren sichtbare Schrauben tabu. Umgesetzt wurde dies durch Sacklochbohrungen in den Stahlwangen.
Vor Ort wurden die Treppenelemente mit einem Montagekran über eine Öffnung im Dach hereingehoben und auf die einzelnen Etagen verteilt. Hätte man die Konstruktion im Ganzen in den Treppenausschnitt bringen wollen, wäre ein Kran mit einer Hubkraft von 20 bis 25 Tonnen an der Spitze des Kranauslegers notwendig gewesen. Dies war aufgrund des für die Baustellensituation erforderlichen langen Auslegers nicht machbar. Nach der Anlieferung der Treppenteile wurde das Dach sofort geschlossen. Die einzelnen Profilwangen waren allerdings mit 144 Kilogramm pro Meter derart schwer, dass sie auch innerhalb des Gebäudes nicht von Hand bewegt werden konnten. Für die Treppenmontage musste deshalb eine spezielle Montagehilfe konstruiert und installiert werden. Die Vorrichtung bestand aus einem Portalkran mit Laufkatze und mehreren Kettenzügen.

Sportlicher Zeitrahmen für Montage

Innerhalb von fünf Wochen musste die Treppenanlage vor Ort montiert und verschweißt werden. Zeitgleich fand teilweise bereits der Innenausbau statt. Auch dies erforderte viel Organisation, denn aus Sicherheitsgründen und zur Unfallverhütung durften verschiedene Arbeiten nicht parallel ausgeführt werden. „Da haben wir ab und an mal einen Tag ausgesetzt“, sagt Walter Richter. „Dadurch war die Umsetzung insgesamt sehr sportlich.“

Blick über den Tellerrand

Die größte Herausforderung war jedoch die Beschaffung des Walzstahls für die Treppenwangen, berichtet René Richter. Zwei Wochen lang hat der Juniorchef nichts anderes gemacht als telefoniert, um das besondere Flachstahlprofil von H 300 mm x B 60 mm in gezogener Ausführung zu organisieren. Die 120 laufenden Meter wurden in vier Meter langen Stangen benötigt. Kleinmengen konnte er in Deutschland auftreiben, den Löwenanteil bekam er schließlich in Italien. Schwierig war der Einkauf deshalb, weil die Walzwerke weltweit jeweils nur diejenige Menge herstellen, von der sie annehmen, dass der Markt sie bis zur nächsten Walzung abnimmt.
Das Flachstahlprofil hätte sich René Richter zwar schmaler gewünscht, „aber die Glasfüllung des Geländers musste ja sicher geklemmt werden“, erläutert er und betont: „Zum Fräsen der dafür erforderlichen Nut musste noch ein kompetenter Partner gefunden werden, der die 38 mm breite und 120 mm tiefe Nut auf einer CNC-Fräsmaschine mit vier Metern Bearbeitungslänge einarbeitet.“ Vor Ort wurde die Treppe dann geschweißt, geschraubt und montiert. Sie wurde an einer Befestigungskonstruktion aufgehängt, um die Hauptlast über eine Wand in das Fundament einzuleiten. Diese Konstruktion wurde später mit Gipskarton verkleidet.
Die Firma Richter Metallbau zeichnet aus, dass sie gern über den Tellerrand hinausschaut und mit anderen Gewerken auf der Baustelle Hand-in-Hand arbeitet. Ein Beispiel ist die erwähnte Gipskartonverkleidung. Damit diese an den Treppenwangen nicht abreißt, war es notwendig, eine Schattenkante vorzusehen. Bei der Bauausführung achtete Walter Richter explizit darauf, obwohl das streng genommen nicht seine Aufgabe war. „Der enge Austausch mit den anderen Handwerksunternehmen und dem Bauleiter bringt eine vernünftige Koordination der Baustelle und nicht zuletzt zufriedene Kunden“, sagt er. Und auch bei Architekten kommen Hinweise dieser Art immer gut an.

Fertigungstoleranzen eng gewählt

Bei anspruchsvollen Projekten kommt es nach der Erfahrung des Metallbauers Richter vor allem auf zwei Kompetenzen an: eine fachliche und eine kommunikative. Das war auch beim Projekt von Zumnorde so. Nach der Auftragsvergabe arbeitete das Unternehmen Richter tatkräftig an der praktischen Umsetzung des Designentwurfes mit. Aus den Planskizzen des Innenarchitekten entstanden Konstruktionszeichnungen. Details wie Auftrittsbreiten und -höhen wurden normgerecht und unter Berücksichtigung der Ergonomie projektiert. Auch der gewünschte Fahrstuhlanschluss, ein später ergänzter Kinderhandlauf und eine Rutsche im unteren Bereich mussten berücksichtigt werden. „Zwischen den Ideen des Designers oder Architekten und den Möglichkeiten und Vorschriften der Umsetzung ist manchmal ein Spagat zu bewältigen“, sagt Walter Richter. Oft müssen beide Seiten kompromissbereit sein. Wichtig ist es hier, die Sprache der Architekten und Designer zu sprechen. Er selbst hat sich dies durch Weiterbildung angeeignet.
Die gesamte Konstruktion sollte eine maximale Raumtoleranz – also eine maximale Abweichung vom Zeichnungsmaß über drei Achsen und über sämtliche Geschosshöhen – von drei Millimetern erfüllen. Erreicht wurde dies durch sehr enge Fertigungstoleranzen von 0,3 Millimetern bei jedem Einzelteil. „Wir haben uns diese Vorgaben selbst auferlegt, weil das Glas für die Geländerfüllung nach Zeichnung bestellt wurde und der Abstand zwischen den einzelnen Scheiben sehr genau passen sollte. Darum musste auch das Längenmaß der Wangen absolut exakt sein“, erklärt René Richter.
Bei der Montage verwendete das Metallbauunternehmen mehrere 3D-Lasermessgeräte zum Ausrichten der Treppenelemente und konnte mit all diesen Maßnahmen die erforderliche Genauigkeit erreichen. Den letzten Schliff, das heißt das Schleifen, Spachteln und Lackieren der Treppenoberfläche, übernahm ein Maler- und Lackierbetrieb.

Tagesgeschäft und Sonderprojekte

Die Firma Richter Metallbau ist ein Fachbetrieb mit insgesamt 17 Mitarbeitern, davon sind drei Meister und sechs Facharbeiter. Durchschnittlich drei Auszubildende lernen den Beruf Konstruktionsmechaniker, Fachrichtung Ausrüstungstechnik. Walter Richter erinnert sich: „Als ich vor 20 Jahren den Betrieb gründete und langsam aufbaute, dachte ich nicht an die Möglichkeit, jemals so ausgefallene Projekte zu realisieren. Wir haben damals das ganz normale Metallbauergeschäft mit Treppen, Vordächern, Balkonen, Geländern und kleineren Maschinenbauarbeiten gemacht.“ Den Durchbruch gab es vor etwa sechs Jahren bei einem ersten großen Treppenprojekt, ebenfalls in Köln. Damals musste das Unternehmen kurzfristig einspringen und das Projekt quasi retten. Bei der Einweihungsfeier erhielt die Firma vom Bauherrn besonders lobende Worte, und dies führte dann zu weiteren Aufträgen, sagt Richter.
Auf Werbung hat Walter Richter bisher fast vollständig verzichtet. Bis vor knapp zwei Jahren hatte der Unternehmer nicht einmal eine Homepage, er schwört auf Mundpropaganda. Und bodenständig wollen Richter Junior und Senior weiterhin bleiben. Das Tagesgeschäft im Umkreis von 50 km soll durch wenige, aber besondere Projekte ergänzt werden, die durchaus deutschlandweit verteilt sein können. Beide streben ein gesundes Wachstum an, das auch von der Verfügbarkeit sehr guter Fachkräfte abhängen wird, meint René Richter. Er ist der Meinung, dass ein hochmoderner Maschinenpark zwar zweckdienlich ist, aber im Sonderbau nur bedingt hilft. Das A und O sind ausgezeichnete Mitarbeiter, die nicht nur in der Werkstatt, sondern auch auf Montage einsetzbar sind. „Sie müssen sehr fit sein, weil unsere Aufgaben schon recht umfangreich sind“, ergänzt Walter Richter. Rekrutieren will er sie vor allem durch Eigenausbildung oder Übernahme.

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