Türöffner der Zukunft
Dass Automatiktüren aus dem öffentlichen und privaten Leben nicht mehr wegzudenken sind, wurde auf dem diesjährigen FTA-Branchentag deutlich. Die Technologie erlaubt es Millionen Menschen weltweit, Wege barrierefrei und komfortabel zu passieren. Ein Geschäftsfeld auch für den Metallbau.
Die Hersteller und Verarbeiter von Automatiktüren verwandeln Visionen in Wirklichkeit. Elektrisch angetriebene Zugangssysteme prägen wie kaum eine andere Technik das Bild urbaner Infrastrukturen. Rund 50 Spezialisten trafen sich Ende September zum Branchentag in Berlin. Die Veranstaltung stand unter dem Motto „Wir automatisieren“, da es die Beteiligten unter einer gemeinsamen Idee vereint, erklärte der Vorstandsvorsitzende des Fachverbands Türautomation (FTA), Michael Andlauer.
Vertrauenswürdiger Branchenführer
Das internationale Geschäft mit automatischen Zugangssystemen ist eng mit einem Schweizer Hersteller verbunden. „Dormakaba entstand aus der Fusion der Firmen Dorma und Kaba. Die Gruppe ist heute die Nummer 3 auf dem Weltmarkt und generiert einen Umsatz von 2,5 Milliarden Schweizer Franken pro Jahr. Unsere Produkte sind in vielen Ländern auf der Welt erhältlich“, sagte Dieter Sichelschmidt, Chief Operating Officer AS DACH bei dormakaba. Der Chef des operativen Geschäfts des Segments AS DACH (Deutschland, Österreich, Schweiz) begann seine Karriere 1973 in der Produktqualitätssicherung, wechselte in den Verkauf und wurde Divisionsleiter für den Bereich Mechanik und Türschließer. Im Jahr 2010 übernahm der Branchenexperte die Leitung der Region Asien-Pazifik und arbeitete fünf Jahre in der Metropole Shanghai. Erklärtes Unternehmensziel sei es, als Wachstumstreiber am Markt zu agieren und besser zu sein als der Wettbewerb.
Automatische Zugangssysteme zeichnen sich dadurch aus, dass die verschiedenen Modelle mehrere Antriebstechniken aufweisen und aus vielen Komponenten bestehen. Die wichtigsten Typen sind Drehflügel-, Schiebe- und Karusselltüren. Der Markt umfasst aber auch Drehkreuze, Personenschleusen und ein Nischengeschäft mit Spezialtüren. Hinzu kommen die Energieeinsparung beim Antrieb, Rauch- und Feuerschutztüren sowie motorgetriebene leichte Innentüren. „Um am Markt erfolgreich zu sein, muss ein Hersteller die ganze Palette anbieten. Bei Automatiktüren gehören die Produkte und der Service zusammen“, betonte Sichelschmidt. Der Service erstreckt sich außer auf die Wartung auf Glasschiebewände sowie Zutrittskontrollsysteme und Türschließer. Eine junge Entwicklung des Herstellers ist die Karusselltür mit Direktantrieb von 2016. Durch den Direktantrieb verringert sich die Blendenhöhe über einem Durchgang auf bis zu 100 mm, während sie zuvor noch 200 mm und mehr betrug.
Elektronische Augen
„Ohne die Sensorik wären die Ansprüche an die Türautomation nicht zu realisieren“, erklärte Christoph Schlott vom Sensorikhersteller Bircher Reglomat. Sensorgesteuerte Zugänge garantieren durch das berührungslose Öffnen und Schließen, dass viele Menschen eine Infrastruktur in kürzester Zeit auf hygienische Weise frequentieren können. Das gelte für öffentliche Gebäude, Verkehrsknotenpunkte, Shoppingflächen und das Gesundheitswesen gleichermaßen. Eine Reihe von Vorschriften und Normen wirken auf die anspruchsvolle Technik ein, etwa die europäische Norm EN 16005 aus 2013, die DIN 18650 (2005) und die Maschinenrichtlinie (1993). Hierzulande gelten damit die weltweit höchsten Standards der Branche.
Eine neue Broschüre vom FTA gibt Verarbeitern, Technikern und Betreibern Informationen über die Grundzüge der Sensorik an die Hand. Anton Brandmaier vom Hersteller Optex stellte das Faltblatt vor und blickte in die Geschichte der Sensoren zurück. Die Funktionsweise basiert einerseits auf dem Impulsgeber, der das Öffnen auslöst. Eine Absicherungssensorik sorgt dafür, dass Personen bei der Bewegung der Flügel nicht zu Schaden kommen. Stand der Technik ist derzeit die Time-of-Flight-Sensorik (Lichtlaufzeitmessung), die eine präzise Erfassung unabhängig vom Hintergrund erlaubt.
Verarbeitung und Montage
Der Branchentag lud Hersteller und Verarbeiter von automatischen Zugangsanlagen an runden Tischen zum Erfahrungsaustausch ein. Elektromechanikermeister Detlef Raulf leitet seit 1992 einen Betrieb für automatische Tür- und Torsysteme. „Wir beliefern unsere Geschäftskunden mit Automatiktüren, die für uns ein sehr wichtiges Marktsegment sind. Zu unseren Kunden zählen kleine Unternehmen, wie die Apotheke oder die Metzgerei. Der Einbau umfasst rund 70 Prozent unseres Geschäfts“, erklärte der Inhaber. Die Mitarbeiter seines TÜV-zertifizierten Betriebs in Geisenheim betreuen rund zweitausend Anlagen. Mögliche Gründe dafür, dass Metallbauer dieses Geschäftsfeld nicht anbieten, liegen in den komplizierten Normen und Zulassungsvorschriften.
„Türautomation ist ein Marktsegment, das bei Metallbauern noch unterschätzt wird. Was heute ein Zubrot ist, kann ein tragfähiges Standbein sein“, erklärte Gabi Bauer, Leiterin des internationalen Marketings bei Geze. Der Hersteller spezialisiert sich auf die Entwicklung und Fertigung von Fenster-, Türen- und Sicherheitstechnik. „Betriebe brauchen das Know-how zum Einbau von Automatiktüren und ein Grundverständnis für die Gebäudeautomation. Elektrotechnik und Elektronik sind unerlässlich“, beschrieb die Marketingleiterin die Anforderungen für die Montage. Wenn Metallbauer etwa den Auftrag für ein Einkaufszentrum erhalten, kämen darin nicht nur automatische Zutrittssysteme vor. Die Verknüpfung mit Parkleitsystemen und Parkhaussteuerung werde als Marktfeld in 3 bis 5 Jahren zur Realität.
„Ein Metallbauer kommt um Automatiktüren nicht herum, reicht den Eingang aber oft an Verarbeiter wie uns weiter“, berichtete Lothar Zeglinski aus seiner Berufsrealität. Der Vertriebsleiter eines Betriebs für Tür- und Portaltechnik in Marl sieht die Einhaltung der DIN, der EN und weiterer Vorschriften als Ursachen dafür, dass manche Betriebe die Montage nicht übernehmen. Zudem müssen Verarbeiter mit den bestehenden Systemen der Endkunden zurechtkommen. „Wir beschäftigen 43 Mitarbeiter, ein großer Teil davon kümmert sich nur um Service und Wartung. Unsere Mitarbeiter brauchen eine Menge Ersatzteile im Fahrzeug, um Automatiktüren zu reparieren“, sagte der Vertriebsleiter. Diese Wartungs- und Serviceintensität halte Metallbauer auch vom Marktsegment ab.
Unterstützung beim Einbau und Service finden Betriebe beim FTA und bei den Herstellern. „Geze bietet für Verarbeiter Schulungen an, die mit Zertifikaten ausgestattet sind, zum Beispiel bei automatischen Brandschutztüren. Die Schulungen finden an Geze-Standorten oder in den Betrieben statt. Wir unterstützen die Betriebe auch in der Planungsphase und bei der Montage“, versicherte die Marketingleiterin von Geze. Elektromechanikermeister Raulf kann das bestätigen: „Die Sachkunde- und Produktschulungen sind wichtig, um sich als Fachfirma am Markt zu behaupten. Deshalb sind unsere Mitarbeiter geschult.“ Vertriebsleiter Lothar Zeglinski bewertet die Unterstützung ebenfalls positiv: „Unsere Mitarbeiter sind von den Herstellern und vom Fachverband geschult, der auch Richtlinien erarbeitet hat. Die Hilfe beim Einbau von Automatiktüren beginnt schon bei der Beratung der Architekten während der Planung.“
Hohe Erwartungen
Raphaël Hilligsmann vom Hersteller BEA verdeutlichte die künftige Entwicklung der Sensorik. Ziel sei, Einflüsse wie Nebel oder Regen zu durchdringen oder Laub als Störfaktor zu erkennen. „Stellen Sie sich vor, dass Sensoren die Fähigkeiten des menschlichen Auges erreichen“, blickte Hilligsmann in die Zukunft. Anton Brandmaier ergänzte: „Künftig passt sich die Automatiktür an die Bewegungsabläufe der Nutzer an. Eine Vernetzung der Automatik mit Navigationsgeräten kann Nutzer nicht nur bis zur Adresse, sondern auch zum Parkplatz oder zum Gate am Flughafen leiten.“ Christoph Schlott präzisierte: „Türsensoren dienen dabei als Sendestationen für eine barrierefreie Indoor-Navigation.“ Die Geräte können zudem Statusmeldungen abgeben, bevor ein Betreiber eine Störung feststellt. Noch vor der Abfahrt zum Kunden wissen Techniker, welches Problem an der Anlage vorliege. Das spare Zeit bei der Diagnose und Fehlersuche. Darüber hinaus werde an Plänen gearbeitet, dass sich Sensoren selbständig im Zusammenwirken mit automatischen Zutrittsystemen installieren. Der Branchentag verbreitete Zuversicht, denn vor 60 Jahren galt es als Utopie, dass Türen sich automatisch öffnen.
Nachgefragt bei Dieter Sichelschmidt von dormakaba
metallbau: Inwiefern ist der Einbau von Automatiktüren ein Segment für Metallbauer und Montagebetriebe?
Dieter Sichelschmidt: Das ist ein wichtiges Segment. Ein Betrieb erwirbt Antriebe, komplette Türen und verschiedene Modelle. Das bietet dem Metallbauer, gerade im Bereich Feuer- und Rauchschutztür, ein zusätzliches Geschäftsmodell, das ihm eine Wertsteigerung und mehr Qualität bringt.
metallbau: Welche Gründe halten Metallbauer und Montagebetriebe von der Türautomation ab?
Sichelschmidt: Es gibt verschiedene Ursachen. Entweder ein Betrieb verfolgt von Grund auf eine andere Strategie. Bei anderen fehlt Know-how. Die Elektrifizierung, der Anschluss von Kabeln etc. kann auch eine Barriere sein, wenn ein Betrieb die Spezialisten dafür nicht hat.
metallbau: Welche Unterstützung, auch durch Hersteller wie dormakaba, wäre zum Einbau von Automatiktüren hilfreich?
Sichelschmidt: Wichtig ist, die richtigen Produkte zum richtigen Preis anzubieten und Schulungen zu besuchen. Dazu gehören Produkt- und Vermarktungsschulungen. Die Industrie kann die Betriebe vor allem in punkto Vermarktung schulen. Dormakaba bietet für seine über 1000 Partner-Verarbeiter Programme an, zum Beispiel eine Rechtsberatung. Die Betriebe brauchen auch die technischen Voraussetzungen.
metallbau: Wo liegen die Trends bei der Türautomation?
Sichelschmidt: In der Verknüpfung. Wir haben auf der Messe Bau in München eine App vorgestellt, die den Nutzern zeigt, wo Automatiktüren eingebaut sind und welche von ihnen eine Wartung erfordern. Das sind intelligente Produkte. Verarbeiter sind künftig auch von der Digitalisierung betroffen und Metallbauer kommen in der Regel nicht mehr an Automatiktüren vorbei.