Fachkräfte im Metallbau (6)
Biedenkapp Stahlbau und seine Bausteine
„Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile“ – für dieses Wort von Aristoteles steht beispielhaft die Biedenkapp Stahlbau GmbH, die dem Fachkräftemangel erfolgreich mithilfe unterschiedlicher Bausteine entgegentritt.
Fernab von Ballungszentren, im idyllischen Allgäuer Städtchen Wangen, hat der mittelständische Stahlbauer Biedenkapp mit seinen rund 80 Mitarbeitern seinen Sitz. Fachkräfte stehen sich in dieser Region nicht gerade auf den Füßen. Dennoch kann Geschäftsführer Klaus Biedenkapp sagen: „Bisher trifft uns der Fachkräftemangel nicht.“ Freie Stellen konnte er stets besetzen, die Fluktuation ist gering.
Damit das so bleibt, setzen die Verantwortlichen bei Biedenkapp an ganz verschiedenen Punkten an. „Wir haben ein sehr gutes Betriebsklima“, nennt Vertriebsleiter Norbert Vötterl einen davon. Ein offenes, ehrliches Miteinander zu kultivieren, war und ist der Geschäftsleitung wichtig. Mit dem Generationswechsel vor fünf Jahren wurde die vornehmlich hierarchisch geprägte Struktur mehr und mehr abgelöst vomTeamgedanken mit offener Kommunikation. „Wir sitzen alle in einem Boot“, nennt das der Chef und fügt hinzu: „Wenn sich jeder einbringt, finden sich die Mitarbeiter in der Entscheidung wieder und tragen sie mit.“
Abläufe optimiert
Dass dieses Konzept aufgeht, zeigt der Neubau der Produktionshalle vor zwei Jahren. Im Zuge dieser Maßnahme wurden zugleich die Fertigungsabläufe optimiert. Gefragt war Teamarbeit – vor allem
bei den Beschäftigten in der Produktion. „Sie schaffen dort den ganzen Tag und wissen, wo’s klemmt“, weiß Klaus Biedenkapp und beschreibt den Prozess: „Es gab viele Diskussionsrunden und Gespräche. Jetzt tragen die Mitarbeiter das Ganze mit, weil es ihre Ideen waren, die wir umgesetzt haben.“ Und auch, wie er nicht ohne Stolz anfügt, „weil dort jetzt mit modernsten Anlagen gefertigt wird“.
Firmenstrategie
Für Transparenz sorgen die regelmäßigen, zweimal pro Monat anberaumten Treffen „GL“. Das Kürzel steht für Geschäftsleitung, und mit dabei ist der erweiterte Führungskreis. Auf den Tisch kommen ganz verschiedene Fragen: Wie sieht die strategische Ausrichtung aus? Wo gibt es Schwachstellen? Welcher Bedarf besteht? In welche Richtung entwickelt sich das Unternehmen weiter? Die Diskussionsergebnisse werden in den einzelnen Abteilungen an die Mitarbeiter weitergegeben.
Einmal im Monat informiert Klaus Biedenkapp die Beschäftigten in der Produktion direkt über das Geschehen im Unternehmen.Auch auf informeller Ebene gibt es regelmäßig Gelegenheit zum Austausch. „Einmal im Monat organisieren wir Events, an denen alle Mitarbeiter teilnehmen können“, erklärt Norbert Vötterl. Das können Fußballspiele, Skiausflüge, Kegelturniere oder Minigolf-Runden sein. Wer möchte, macht mit. Undwer sich von einer Veranstaltung nicht angesprochen fühlt,
macht nicht mit. „Dabei kommen die Mitarbeiter mit Kollegen zusammen, die sie sonst nicht so oft sehen, oder man sitzt mal neben dem Chef im Sessellift“, begründet der Vertriebsleiter solche Aktionen, „das stärkt den Zusammenhalt und macht das Zusammenarbeiten angenehmer.“
Um ansprechende Veranstaltungen zu finden, gibt es einmal im Jahr eine Umfrage unter der Belegschaft. Aus dem Ergebnis wird das Programm gestaltet. Die Kosten für die Events übernimmt zum größten Teil das Unternehmen. Großer Beliebtheit erfreut sich auch das jährliche „Oktoberfest“, eine große Feier auf dem Firmengelände für die Mitarbeiter und ihre Angehörigen.
Berufschancen
Dass Freizeitaktivitäten nicht ausreichen, um die Mitarbeiter in Wangen zu halten, ist den Verantwortlichen klar. Deshalb nehmen sie die beruflichen Bedürfnisse und Wünsche der Mitarbeiter sehr ernst. „Um eine Karriereleiter im klassischen Sinne zu bieten, sind wir zu klein“, schätzt Klaus Biedenkapp die Lage realistisch ein. Aber auch bei dem mittelständischen Stahlbauer können interessierte Mitarbeiter sich verbessern – Weiterbildungswünsche werden nicht nur ideell, sondern
auch finanziell gefördert. Zum Beispiel kann ein Metallbauer den Meister machen und trotzdem im Betrieb bleiben. Generell wird jede Form firmenbezogener Fortbildung unterstützt. Darüber hinaus ist eine Veränderung innerhalb des Unternehmens möglich. „Bei der Besetzung von Stellen prüfen wir zuerst, ob es intern Kandidaten gibt. Der neue Lagerverwalter kam zum Beispiel aus den eigenen Reihen“, erläutert Norbert Vötterl. Selbstverständlich sucht Biedenkapp auch auf dem freien Markt
nach Fachkräften. Anzeigen, die eigene Firmenhomepage, monster.de und das Arbeitsamt sind die gängigen Suchwege. Wer sich für den Wangener Stahlbauer entscheidet und dafür einen Ortswechsel in Kauf nimmt, kann sich der Unterstützung beim Start in der neuen Umgebung sicher sein. Der zukünftige Arbeitgeber hilft bei der Suche nach einer neuen Bleibe, beim Umzug, stellt den direkten Draht zu den örtlichen Kindergärten her oder liefert andere nützliche Kontakte.
Offen für Neues
Der Geschäftsführer hat die Erfahrung gemacht, dass ein gewisser Bekanntheitsgrad in der Region das Unternehmen interessant für potenzielle Fachkräfte macht und bei der Suche nützt. Da gibt es beispielsweise Projekte wie die Stahlbauarbeiten für die „Tosca“-Aufführung bei den Bregenzer Festspielen oder beim „Skywalk Allgäu“, die der breiten Öffentlichkeit aufgrund von Presseberichten
bekannt sind. Bei der Personalsuche hilft es, offen für Neues zu sein und genau hinzusehen. So ist einer der Projektleiter gelernter Zimmerer. „Die handwerklichen und technischen Fähigkeiten sind da, und das Gewerkfremde kann man lernen“, sagt dazu Norbert Vötterl. Sich die Menschen genau anzuschauen, ist für die Verantwortlichen auch in der Ausbildung von Bedeutung. „Seit Bestehen der Firma wird bei uns ausgebildet“, betont Klaus Biedenkapp. Und das ist immerhin seit 1945. Wenn er eine Bewerbung in die Hand nimmt, überfliegt er den Notenspiegel nur. Ihm ist das persönliche Gespräch wichtig. Wie kommt der Bewerber rüber? Was ist das für ein Mensch? Positiv bewertet wird, wenn sich ein Jugendlicher in der Freizeit zum Beispiel in einem Mannschaftssport oder einem Verein als „Teamplayer“ zeigt. Der Vertriebsleiter fügt hinzu: „In der Produktion zählt natürlich handwerkliches Geschick.“ Im Schnitt stehen zwei bis drei Lehrlinge – vor allem Metallbauer – unter Vertrag, die während der Lehrjahre alle Abteilungen durchlaufen. Bei Bedarf steht auch Nachhilfe auf dem Stundenplan. „Wir hatten schon den einen oder anderen Azubi mit schulischen Problemen.
Dann nimmt sich der Meister am Freitag oder Samstag Zeit und macht Mathe mit ihm“, sagt Nobert Vötterl. Diese Bemühungen fruchten: Mit einer Übernahmequote von 90 Prozent kommt ein Großteil der Fachkräfte aus den eigenen Reihen.
Partner Schule
Nachwuchs zu finden, kostet Zeit und Geld. Das weiß man bei Biedenkapp. „Um nah an potenziellen Bewerbern dran zu sein, gehen wir an die Schulen. Wir bieten Praktika an, stellen den Klassen unser Unternehmen vor und pflegen eine Bildungspartnerschaft mit der hiesigen Werkrealschule Anton-von-Gegenbaur“, zählt der Geschäftsführer die wichtigsten Maßnahmen auf. Er unterstützt zudem eine sogenannte „Schülerfirma“.
Umgekehrt bieten sich Angehörige der Wangener Anton-von-Gegenbaur-Schule an, nachmittags für ein geringes Entgelt Arbeiten zu verrichten. Zu Biedenkapp kommen die Jugendlichen – begleitet von einem Lehrer – einmal in der Woche. In der Werkstatt sägen sie Transportund Lagerhölzer bedarfsgerecht zu, auf Firmenkosten wurde eine Säge angeschafft. Den Praktikanten steht ein Betreuer zur Seite, was für die Firma ohne Frage einen gewissen Aufwand bedeutet: „In der Fertigung verrichten die Jugendlichen eher Helfertätigkeiten, im technischen Büro sind es vor allem kleine
Übungen im Bereich Konstruktion – beides ist betreuungsintensiv“, weiß Norbert Vötterl. Die Investition lohnt sich, denn der erste Kontakt mit den Jugendlichen ist damit hergestellt. Für Kontakte sorgt auch der „Tag der Begegnung“, an dem Ansprechpartner von Gewicht ins Unternehmen eingeladen werden. Das sind vornehmlich Kunden, Lieferanten, Mitarbeiter von Banken, Vertreter der Stadt und aus der Lokalpolitik sowie von Wettbewerbern. Neben der Firmenbesichtigung steht stets ein Ausflug auf dem Programm. Hintergrund
dieser im Team geborenen Idee war es, sich der Öffentlichkeit zu zeigen. Zu einer gelungenen Präsentation gehört für Geschäftsführer Klaus Biedenkapp noch etwas: „Immer blitzsauber“ muss es sein.
Biedenkapp Stahlbau im Profil
Der Mittelständler auf einen Blick
Die in dritter Generation familiengeführte Biedenkapp GmbH in Wangen (Allgäu) hat sich auf Stahlbau, Industriebau und Fertigungsservice spezialisiert. Im Stahlund Industriebau tritt der Mittelständler als Generalunternehmer auf. Im Rahmen des Auftrags- und Fertigungsservice verkauft das Unternehmen Profile und Stahlteile. Weitere Lohnleistungen sind unter anderem Sandstrahlen, Beschichten und Fräsen. Ein 2008 neu eingerichtetes NC-gesteuertes Zentrum für Blechbearbeitungerweitert das Angebot. Derzeit beschäftigt Biedenkapp 80 Mitarbeiter, darunter fünf Angestellte
in der Verwaltung, acht im technischen Büro und im Durchschnitt jährlich zwei bis drei Auszubildende. Das Unternehmen erwirtschaftet einen Jahresumsatz von rund 21 Millionen Euro. Der Stahlbaubetrieb hat eine Niederlassung in der Schweiz, die Biedenkapp Stahlbau AG mit Sitz in Reineck. Sie generiert derzeit circa 35 Prozent des Umsatzes. Die Wangener Stahlbauspezialisten können einige Objekte mit Renommee vorweisen, beispielsweise die eindrucksvolle Kulisse für die
Bregenzer Festspiele 2007. Sie bauten für die Aufführung der Puccini-Oper „Tosca“ ein 50 Meter breites, 25 Meter hohes und 350 Tonnen schweres Auge aus Stahl mit beweglicher Pupille und Iris. Kürzlich beendeten sie die Arbeiten am „Skywalk Allgäu“, einem spektakulären Baumwipfelpfad in 35 Metern Höhe.
Aktivitäten bei Biedenkapp Stahlbau
Die Mitarbeiter sind stets im Fokus:
- Offene Kommunikation: Turnusmäßige Treffen der Führungskräfte, regelmäßige Informationen aus erster Hand für alle Mitarbeiter und jährliche Mitarbeitergespräche sorgen für Transparenz und Offenheit.
- Teambildung: Das Unternehmen bietet regelmäßige Veranstaltungen im Event-, Sport- oder Freizeitbereich an und übernimmt ganz oder teilweise die Kosten. Mitarbeiter sind aufgefordert, sich an der Programmgestaltung zu beteiligen.
- Karriereleiter: Der Wunsch der Mitarbeiter nach Weiterbildung wird gehört, die Umsetzung unterstützt. Das Unternehmen schafft Möglichkeiten der „internen“ Stellenbesetzung, um das Vorankommen seiner Beschäftigten zu unterstützen.
- Fachliche Kompetenz: Interessante Projekte werden besonders hervorgehoben und einer breiten Öffentlichkeit präsentiert. Lokale Medien und Fachzeitschriften sowie die eigene Homepage sind mögliche Verbreitungswege.
- Persönliche Kontakte: Praktika, Bildungspartnerschaften mit den Schulen vor Ort, die Zusammenarbeit mit der lokalen Agentur für Arbeit oder betriebliche Veranstaltungen wie ein „Tag der offenen Tür“ eignen sich, ein persönliches Netzwerk zu knüpfen.
- Starthilfe: AlsAnreizfür potenzielleFachkräfte bietet dasUnternehmen Hilfe – falls nötig – beim Umzugund in der Eingewöhnungsphase (auchfür dieFamilienangehörigen) an.
- Nachwuchskräfte: Ein Anforderungsprofil der zu besetzenden Lehrstellen mit Kriterien wie handwerkliches Geschick, Zeugnisnoten oder Teamfähigkeit hilft bei der gezielten Suche und Auswahl der Auszubildenden. Ein persönliches Gespräch bringt Klarheit.