Fensterlüftung in Wohnungen

Anforderungen, Planung und Umsetzung

Raumlufthygiene und Feuchteschutz durch ausreichende Lüftung werden heute gemäß DIN 1946-6 gefordert. Studien des Instituts für Erhaltung und Modernisierung von Bauwerken (IEMB) zeigen, dass bis zu 22 % der deutschen Wohnungen Feuchteschäden aufweisen und unzureichend belüftete Wohnungen ein um 60 bis 70 % erhöhtes Risiko für Feuchte- und Schimmelpilzschäden haben.

Gerade beim Ersatz alter und undichter Fenster durch neue, dichte Fenster kommt es zu Problemen im „Feuchtehaushalt“ von Gebäuden und Wohnungen. Oft ist beim Fenstertausch im Bestand kein Architekt beteiligt, und der Bauherr erwartet dann vom ausführenden Metallbauer einen lüftungstechnischen Nachweis. Das ift Rosenheim hat deshalb eine Einsatzempfehlung erstellt (LU-02/1), damit der notwendige Nachweis möglicher Lüftungsmaßnahmen erbracht werden kann. Eintägige Seminare vermitteln deren Anwendung. Darauf aufbauend ist auch die Qualifizierung zum ift Lüftungsexperten möglich.

Warum lüften?

Eine ausreichende Lüftung der Wohnräume ist aus gesundheitlichen und baulichen Gründen zwingend notwendig. Der hygienisch notwendige Frischluftbedarf zur Abführung der Schad- und Geruchsstoffe beträgt ca. 30 m3/h pro Person (CO2-Grenzwert 0,1 %, Pettenkoferzahl). Zusätzliche Belastungen durch offene Verbrennungsstätten (Kaminofen) und Emissionen von Geräten wie Computern, Druckern, Hausgeräten sind zu beachten. Die „baulich notwendige Lüftung“ muss die anfallende Luftfeuchte aus dem Innenraum transportieren. Entsprechend fordert die Energieeinsparverordnung (EnEV) in §6: „Zu errichtende Gebäude sind so auszuführen, dass der zum Zwecke der Gesundheit und Beheizung erforderliche Mindestluftwechsel sichergestellt ist.“

Anforderungen an die Fensterlüftung

Die Zusammenhänge der „natürlichen“ Fensterlüftung und der möglichen Volumenströme wurden schon 1982 durch das ift Rosenheim in einem Forschungsprojekt untersucht und sind im Wesentlichen abhängig von der Öffnungsfläche (ihrer Größe, Form und der Lage verschiedener Öffnungsflächen zueinander), den treibenden physikalischen Kräften (wind- und thermisch bedingte Luftdruckunterschiede) sowie von raumbezogenen Faktoren (Größe, Wärmequellen, Einrichtung usw.). Die früheren Lüftungsgewohnheiten, die bisher eine bedarfsgerechte Lüftung sicherstellten, werden durch gesellschaftliche Entwicklungen (z.B. vermehrte Singlehaushalte und Berufstätigkeit aller Bewohner) verhindert, sodass eine Fensterlüftung durch Fenster mit manuellen Öffnungsfunktionen immer seltener die Mindestlüftung sicherstellen kann. In Verbindung mit den normativ geforderten luftdichten Baukonstruktionen führte dies in den letzten Jahren zu einer höheren Feuchtebelastung im Innenraum. Nutzungsempfehlungen zum richtigen Lüften und die Diskussion über Anzahl und Dauer der Stoßlüftung haben sich in der Wohnpraxis nicht ausreichend bewährt.

Deshalb fordert die überarbeitete DIN 1946-6, dass eine Mindestlüftung zum Feuchteschutz ohne Nutzereinfluss möglich sein muss und definiert 4 Lüftungsstufen mit den nötigen Außenluftvolumenströmen:

  • Lüftung zum Feuchteschutz: Lüftung, die in Abhängigkeit vom Wärmeschutzniveau unter üblichen Feuchtelasten und Raumtemperaturen Schimmelpilz- und Feuchteschäden vermeiden soll.
  • Mindestlüftung: Lüftung, die unter üblichen Feuchte- und Schadstofflasten Mindestanforderungen an die Raumluftqualität erfüllt bzw. eine „reduzierte Nutzung“ berücksichtigt.
  • Grundlüftung: Lüftung zur Gewährleistung des Bautenschutzes sowie der hygienischen und gesundheitlichen Erfordernisse bei planmäßiger Nutzung einer Nutzungseinheit.
  • Intensivlüftung: Zeitweilig notwendige erhöhte Lüftung zum Abbau von Lastspitzen (Lastbetrieb).

Bei freier bzw. „natürlicher“ Lüftung (d.h. nicht ventilatorgestützter Lüftung) muss mindestens die „Lüftung zum Feuchteschutz“ nutzerunabhängig sichergestellt werden. Das manuell zu öffnende Fenster dient dazu, die verbleibenden Lüftungsstufen zu ermöglichen. Ob ein Lüftungskonzept notwendig ist, ergibt sich aus dem Vergleich des wirksamen Infiltrationsvolumenstroms (Undichtigkeiten der Gebäudehülle) qinf mit dem notwendigen Gesamt-Außenluftvolumenstrom zum Feuchteschutz qFL. Wenn qFL > qinf, sind lüftungstechnische Maßnahmen festzulegen, d.h. der Infiltrationsluftwechsel allein reicht nicht aus.

Nutzerunabhängige Lüftung mit Fenstern

Eine Weiterentwicklung der „Fensterlüftung“ ist notwendig, um die Vorgaben der DIN 1946-6 Mindestluftwechsel für einen Feuchteschutz umzusetzen, denn dies können die „klassischen“ manuellen Öffnungsfunktionen (Dreh, Dreh-Kipp etc.) nicht mehr leisten. Eine technische Umsetzung ist durch motorische Öffnungsmechaniken, neue Beschlagsfunktionen oder dezentrale, ins Fenster integrierte Lüftungssysteme (sogenannte „Fensterlüfter“) möglich, die im Weiteren ausführlicher beschrieben werden.

Fensterlüfter eignen sich zwar auch für die Nachrüstung, werden aber im Wesentlichen beim Austausch der Fenster im Rahmen der energetischen Gebäudemodernisierung sowie im Bereich des Neubaus erfolgen. Gerade bei Modernisierungen kann durch den Einsatz mit Fensterlüftern den Bedenken von Bauherren hinsichtlich Tauwasser und Schimmelpilzbildung begegnet werden.

Zur Ermittlung der Leistungseigenschaften von Fensterlüftern hat das ift Rosenheim gemeinsam mit Unternehmen der Branche die ift-Richtlinie LU-01/1 „Fensterlüfter; Teil 1: Leistungseigenschaften“ erarbeitet, die eine ganzheitliche Bewertung von Lüftungseinrichtungen ermöglicht. Diese Richtlinie gilt für dezentrale Lüftungselemente, die in das Fenster integriert sind oder in direktem Zusammenhang mit dem Fenster stehen und die manuell, automatisch oder sensorisch geregelt sein können. Hierzu zählen:

  • Luftdurchlässe bzw. Überströmöffnungen
  • Fensterbanklüfter
  • Aufsatzelemente
  • Fensterfalzlüfter
  • beschlagsgeregelte Lüfter
  • ventilatorbetriebene Lüftungsgeräte, mit oder ohne Wärmerückgewinnung

Für die Planung und Auslegung von Fensterlüftern ist die Kenntnis und die zuverlässige Ermittlung der lüftungstechnischen Eigenschaften von zentraler Bedeutung. Hierzu wurden Verfahren entwickelt, die in der ift-Richtlinie LU-01/1 beschrieben werden. Für den Einsatz in der Praxis und für die Sicherstellung der Gebrauchstauglichkeit sind weitere Eigenschaften wichtig, zu denen die Richtlinie Empfehlungen für folgende Anforderungen gibt:

  • Luftdurchlässigkeit
  • Schlagregendichtheit
  • Akustische Eigenschaften (Luftschalldämmung, Eigengeräusche)
  • Thermodynamische Prüfung
  • Prüfung der Frostschutzsicherheit und Tauwasserbildung im Fensterlüfter
  • Filter und Insektenschutz
  • Interne Leckage
  • Regelung
  • Einbruchhemmung
  • Energieverbrauch und wärmetechnische Eigenschaften, U-Wert
  • Dauerhaftigkeit, Handhabung, Einbau, Instandhaltung und Wartung

Planung und Auslegung von Fensterlüftern

Der Metallbauer muss die Vorgaben der DIN 1946-6 bei der Instandsetzung bzw. Modernisierung eines bestehenden Gebäudes beachten, wenn mehr als 1/3 der Fenster ausgetauscht werden. Um zu entscheiden, ob für das Gebäude oder die Wohnung eine Planung und Umsetzung einer lüftungstechnischen Maßnahme (LtM) erforderlich ist, wird der Infiltrationsvolumenstrom mit dem notwendigen Luftvolumenstrom für die „Feuchteschutzlüftung“ verglichen. Der Infiltrationsvolumenstrom ergibt sich aufgrund der vorhandenen „Undichtigkeiten“ der Gebäudehülle. Einen praktischen Ansatz für die Abschätzung zeigt Tabelle (aus ift-Richtlinie LU-02/1).

  • Wärmeschutz hoch: Neubau nach Wärmeschutzverordnung 1995 oder Komplettmodernisierung mit entsprechendem Wärmeschutzniveau.
  • Wärmeschutz gering: Nicht modernisiert (d.h. Bestandsgebäude vor Wärmeschutzverordnung 1995) oder nur Teilmodernisierung (z.B. nur Fenstertausch).
  • Luftdichtheit: Für die Luftdichtheit der Gebäudehülle (n50-Wert) gelten die Vorgabewerte der DIN 1946-6.
  • Windgebiet: Das Windgebiet kann einer Deutschlandkarte der ift-Richtlinie LU-02/1 entnommen werden.

Ist eine lüftungstechnische Maßnahme notwendig, so muss der notwendige Luftvolumenstrom ermittelt werden. Für freie Lüftung ist mindestens die Lüftung zum Feuchteschutz notwendig. In Abhängigkeit vom Wärmeschutzniveau und der Fläche der Wohnung ergeben sich Luftwechselraten zwischen 0,3 h–1 und 0,1 h–1. Die genaue Höhe des notwendigen Luftvolumenstroms ergibt sich aus einem detaillierten Berechnungsverfahren. Hierzu ist eine Berechnung in Abhängigkeit von der Wohnfläche und auf Basis einer „raumweisen“ Betrachtung notwendig. Das Maximum der beiden Berechnungen ist für die Dimensionierung der Fensterlüfter anzusetzen. Um diese aufwändige Berechnung zu vermeiden und dem Metallbauer einfache Verfahren zur Verfügung zu stellen, hat das ift Rosenheim die Richtlinie LU-02/1 erarbeitet.

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