Sebastian Schiweck
„Wiederverwendbare Konstruktionen rücken in den Fokus.“Feuerverzinkter Stahl ist dauerhaft, wiederverwendbar, instandsetzbar und recyclingfähig und damit ein Musterbeispiel für zirkuläres Wirtschaften und nachhaltiges Bauen. „Bei der Nachhaltigkeitstransformation, die momentan höchste Priorität hat, ist Feuerverzinken DAS Verfahren der Zukunft“, sagt Sebastian Schiweck, Hauptgeschäftsführer des Industrieverbands Feuerverzinken.
metallbau: Vor welchen Herausforderungen stehen Feuerverzinker heute?
Sebastian Schiweck: Die meisten Feuerverzinkereien werden mit Erdgas betrieben, somit sind wir heute noch auf die Gasversorgung angewiesen. Die Umstellung auf grünen Strom oder grünen Wasserstoff zählt zu den großen Herausforderungen für die Feuerverzinkungsindustrie. Beides ist möglich, erfordert aber auch eine ausreichende Verfügbarkeit dieser Energien. Generell ist zu sagen, dass das Feuerverzinken herausragende Nachhaltigkeitseigenschaften hat und diesbezüglich „DAS“ Verfahren der Zukunft ist. Feuerverzinkter Stahl ist dauerhaft, wiederverwendbar, instandsetzbar und recyclingfähig. Aktuell stellen steigende Energiekosten ein großes Problem dar. Diese werden durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine, aber auch durch die Bepreisung von CO2 verursacht.
metallbau: Was bedeutet dies konkret?
Schiweck: Die derzeitige Versorgungslage mit Erdgas und die hohen Energiekosten führen bei Verzinkern zu großer Verunsicherung. Eine durchschnittliche Verzinkungsanlage hält im Zinkbad rund 250 Tonnen Zink flüssig. Bricht die Gasversorgung kurzfristig zusammen, dann erhärtet das Zink und es kann ein erheblicher Schaden entstehen. Eine kurzfristige Umstellung auf alternative Energiequellen ist für die energieintensive Feuerverzinkungsindustrie technisch und wirtschaftlich nicht möglich. Dafür brauchen wir eine Übergangszeit.
metallbau: Allgemein ist bekannt, dass der Konstrukteur feuerverzinkungsgerecht konstruieren sollte. Was ist noch zu beachten?
Schiweck: Wiederverwendbare und modulare Konstruktionen gewinnen beim nachhaltigen Bauen an Bedeutung. Das heißt für den Stahl- und Metallbau, bisherige Konstruktionsweisen zu ändern, um eine einfache Rückbaubarkeit zu erreichen und beispielsweise mehr Schraub- und weniger Schweißverbindungen einzusetzen oder neue Steckverbindungen zu entwickeln. Diese nachhaltigkeitsorientierten Bauweisen und das feuerverzinkungsorientierte Konstruieren haben eine große Schnittmenge, da beide auf zerstörungsfreie Verbindungstechniken setzen.
metallbau: Sind die bestehenden Normen und Gesetze für die Feuerverzinker zufriedenstellend?
Schiweck: Hier gilt ein klares „Jein“. Einerseits sind Regularien wichtig, andererseits wird hierdurch oft eine Bürokratie geschaffen, die Innovationen bremst oder sogar verhindert. In Deutschland ist das besonders ausgeprägt, andere Länder sind da offener für Neues. In Summe geht das aber zu Lasten unserer Mitglieder und führt zu Wettbewerbsverzerrungen in Europa. In der Schweiz und in den Niederlanden gibt es bereits eine Fülle von Bauprojekten, bei denen feuerverzinkter Stahl wiederverwendet oder neu verzinkt wurde. Das spart Energie und CO2. In Deutschland ist das aufgrund regulatorischer Hürden so nicht ohne Weiteres möglich. Hier sollte künftig schneller entschieden und auf mehr Eigenverantwortung gesetzt werden. Bei der Regulierung und Durchsetzung von Normen und Gesetzesvorgaben ist Deutschland dagegen Klassenbester.
metallbau: Wo sehen Sie weiteres Optimierungspotenzial?
Schiweck: Optimierungspotenziale gibt es im Zusammenhang mit der Dekarbonisierung und der Digitaltransformation der Produktion. Die Lieferketten zwischen den Verzinkern und ihren Kunden könnten durch neue Wege der digitalen Vernetzung enger verzahnt werden, Stichwort Industrie 4.0. Und in der Produktion könnten beispielsweise Exoskelette die Arbeitssicherheit und die Produktionsprozesse optimieren.
metallbau: Zum Schluss: Was wünschen Sie sich für das Thema Korrosionsschutz?
Schiweck: Ich wünsche mir bei Planern mehr Verständnis für die Relevanz des Korrosionsschutzes und empfehle, den kompletten Lebenszyklus der Stahlkonstruktion als Grundlage für Planungen zu nehmen. Die Bedeutung des Korrosionsschutzes wird immer noch unterschätzt. Dabei entscheidet er über die Dauerhaftigkeit und die Folgekosten eines Stahlbauteils. Dies vor allem vor dem Hintergrund des zunehmenden Fachkräfte- und Handwerkermangels. Wir sparen, wenn Wartung und Instandsetzung nicht anfallen.