Im Gespräch mit Unternehmerin Claudia Nowack
metallbau: Wer als Metallbauer nach der EN 1090 zertifiziert ist, hat höhere Kosten und im Tagesgeschäft mehr Aufwand. Wird das honoriert?
Claudia Nowack: Leider noch nicht in dem Umfang, wie es sein sollte. Wir stellen immer wieder fest, dass Aufträge für tragende Konstruktionen, die laut Gesetzgeber nur nach der EN 1090 gefertigt werden dürfen, auch an nicht zertifizierte Betriebe vergeben werden.
metallbau: Warum gibt es immer noch Metallbauer, die nicht zertifiziert sind?
Nowack: Das ist ganz einfach. Diese haben uns gegenüber einen Kostenvorteil. Unsere Zertifizierung kostete zusammen mit dem Handbuch für die WPK rund 10.000 Euro. Nach einem Jahr ist eine Re-Zertifizierung fällig, später alle zwei bzw. drei Jahre. Alle drei Jahre müssen die Schweißerprüfungen der Mitarbeiter erneuert werden, inklusive Sehtests.
metallbau: Warum schreiben nicht alle Planer und Architekten die EN 1090 bei tragenden Teilen vor?
Nowack: Ich glaube, dass viele Architekten und Planer noch keine Kenntnis von der EN 1090 haben. Wir haben neulich einen Architekten darauf hingewiesen, dass er beim Entwurf von tragenden Bauteilen, aufgestützten Balkonen oder Balkongeländern die Norm beachten muss. Er wusste nichts davon, die Architektenkammer antwortete auf seine Anfrage lapidar: Ja, da gibt‘s was.
metallbau: Woran liegt das Ihrer Meinung nach?
Nowack: Diejenigen, die die EN 1090 eingeführt haben, müssen auch dafür sorgen, dass alle Betroffenen informiert werden und nur noch nach der neuen Norm ausschreiben und arbeiten dürfen. Dies ist aber anscheinend noch nicht passiert. In der Praxis sehen wir immer wieder Ausschreibungen, die nicht nach der EN 1090 ausgeschrieben wurden. Man kann nicht auf der einen Seite die Metallbauer laufend anhalten, sich zertifizieren zu lassen, wenn man auf der anderen Seite die Planer, Architekten und Baubehörden darüber nicht ausreichend aufklärt.
metallbau: Warum ist das kritisch?
Nowack: Ohne Zertifizierung tragende Teile zu bauen, ist wie das Fahren ohne Führerschein. Es geht nur so lange gut, wie nichts passiert.
metallbau: Spüren Sie die Konkurrenz von nicht zertifizierten Unternehmen?
Nowack: Wenn nicht zertifizierte Unternehmen auch noch in Ländern mit geringeren Löhnen fertigen lassen, dann hat der deutsche, zertifizierte Metallbauer keine Chance, den Auftrag zu bekommen. Besonders private Bauherren haben von der EN 1090 noch keine Kenntnis.
metallbau: Aber das Risiko ist doch hoch, sowohl juristisch als auch finanziell.
Nowack: Der Kunde kann auch nach Fertigstellung des Projektes das CE-Zeichen verlangen und gegebenenfalls die Zahlung verweigern. Juristisch gesehen kenne ich kein Projekt, das dadurch in die Schlagzeilen geraten ist. Und hinsichtlich Zahlungsverweigerung durch den Kunden wird oft argumentiert, dass man seine Kunden doch kenne.
metallbau: Warum wird das so wenig kommuniziert?
Nowack: Derjenige, der ohne Zertifizierung arbeitet und dann sein Geld nicht bekommt, kann nicht an die Öffentlichkeit gehen. Dann würde ja herauskommen, dass er nicht zertifiziert ist und den Auftrag hätte nicht ausführen dürfen. Da liegt das Problem.
metallbau: Es ist also viel Aufklärungsarbeit gefordert?
Nowack: Ja, auch im Privatbereich. Die Themen inklusive der Normen gehören in Tageszeitungen und Bauherren-Zeitschriften, nicht nur in Fachzeitschriften. Wir brauchen eine verbindliche Norm wie die EN 1090, aber wir brauchen auch vergleichbare Arbeitsbedingungen. Genauso wie im Straßenverkehr, wo Führerscheinkontrollen gang und gäbe sind und sich nur wenige trauen, wegen der empfindlichen Strafen ohne Führerschein zu fahren.