Studium Metallgestaltung in Hildesheim

In der Schmiede der HAWK

Der Studiengang Metallgestaltung in Hildesheim lässt die Wahl zwischen Schmuck, Silbergerät und architekturbezogener Metallgestaltung. Mit sechs bis neun Studenten pro Semester findet der Unterricht im kleinen Kreis statt. Ab diesem Jahr können Meisterbrief und Studium parallel absolviert werden.

Die Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst (HAWK), die in Hildesheim, Holzminden und Göttingen beheimatet ist, bietet rund 6.000 Studierenden mit 23 Bachelor- und 15 Masterstudiengängen ein sehr breites Angebot. An der Hildesheimer Fakultät Gestaltung studieren ca. 700 Studenten Design in zehn relevanten Bereichen, vom Grafik-, Farb- und Lichtdesign bis zum Produktdesign, aber auch Advertising und Branding Design, Digitale Medien und Innenarchitektur. Und mittendrin: Metallgestaltung. „Design bedeutet neues Denken“ – mit diesem Slogan wirbt die Fakultät Gestaltung, die 2014 einen hochmodernen Campus erhielt. Der Bereich Metallgestaltung wurde 1966 aus der Taufe gehoben und gliedert sich bis heute in Gold-, Silber- und Schwarzschmiede. Unterrichtet wird in den Schwerpunkten Schmuck, Gerät-Gefäß und Bau-Raum, wobei letzteres ausschließlich die architekturbezogene Metallgestaltung betrifft. Die Sparte Goldschmiede wird von Prof. Georg Dobler, die Silberschmiede sowie die architekturbezogene Metallgestaltung von Prof. Hartwig Gerbracht geleitet.
Wiederholt bewerben ist kein Makel
An der HAWK kann man sich zweimal im Jahr bewerben: zum 31. März und zum 30. September. Einzureichen ist u.a. eine Mappe, die die gestalterische Motivation zeigt. Von Vorteil sind auch Beispiele mit Projekterfahrung. Sind die Anforderungen erfüllt, wird man zu einer eintägigen Prüfung eingeladen. Neben den beiden Prüfungsaufgaben findet ein Gespräch mit einem der Professoren statt. „Wir haben zwischen 250 und 350 Bewerber und lassen etwa 80 zum Bachelor-Studium Design an der Fakultät Gestaltung zu“, berichtet Prof. Hartwig Gerbracht, einer der beiden Professoren im Kompetenzfeld Metallgestaltung. „Die endgültige Wahl eines speziellen Fachbereiches treffen die Studierenden erst ab dem zweiten Semester, weil wir ihnen die Möglichkeit geben wollen, im Grundstudium Einblick in möglichst viele Facetten der Design-Ausbildung zu bekommen sowie handwerkliche und gestalterische Grundlagen zu erwerben. Intensive Beratung und Unterstützung sind uns sehr wichtig, damit jeder seinen Weg findet.“ Wer die Aufnahmeprüfung nicht im ersten Anlauf schafft, kann es durchaus wieder probieren. Das sei kein Nachteil, sondern zeige, dass derjenige wirklich motiviert ist, betont Gerbracht. Die Hochschule bietet  Mappenberatungstermine sowie monatlich Schnupperkurse an. „Wir wollen gut informierte Bewerber haben, die das Fach Gestaltung aus echtem Interesse wählen. Auch deshalb haben wir fast keine Studienabbrecher.“
Vollzeit, Teilzeit oder temporärer Gasthörer
Metallgestaltung studieren pro Semester zwischen sechs und neun Studierende. Das Alter spielt dabei keine Rolle, theoretisch kann man sich auch im Alter von 50 Jahren bewerben. Wer ein Vollzeitstudium mit seiner beruflichen oder privaten Situation nicht vereinbaren kann, der kann auch in Teilzeit und entsprechend länger studieren. Der Studienplan ist auf diese Optionen abgestimmt. Es gibt keine Studiengebühren, jedoch einen Verwaltungsbeitrag pro Semester von 380 Euro. Darin ist auch das Niedersachsen-Semesterticket im Wert von ca. 200 Euro enthalten. Auch eine Gasthörerschaft ist möglich, allerdings werden diese Bewerber sehr genau unter die Lupe genommen. „Wir wollen keine Rezeptsammler, die nur mal kurz reinschnuppern möchten“, sagt Gerbracht. Wer ein Gasthörersemester machen darf, der ist angehalten, der Hochschule und seinen Kommilitonen etwas von seinem Wissen oder Fähigkeiten zurückzugeben, denn der finanzielle Beitrag deckt lediglich die Verwaltungskosten. Unter diesen Bedingungen ist Hartwig Gerbracht einer Gasthörerschaft gegenüber aufgeschlossen, da sie Bereicherung für alle sein kann: „Unsere Vollzeitstudierenden haben dadurch schon alte Tauschiertechniken kennengelernt oder interessante Praxistipps zur Existenzgründung erhalten.“ Die Ausstattung der Werkstätten beschreibt Gerbracht als ausgezeichnet. Vom Schmiedefeuer, über computergesteuerte Bearbeitungsmaschinen bis zum 3D-Scanner und 3D-Drucker ist alles vorhanden. Die Werkstattleiter sind Meister ihres Fachs und studierte Designer. Die unmittelbare Nachbarschaft zu vielen anderen Design-Bereichen ermöglicht von Anfang an den Blick über den Tellerrand und das Kennenlernen und Ausprobieren auch artfremder Techniken. „Es ist uns wichtig, neben theoretischem Wissen traditionelle, handwerkliche Werkverfahren und aktuelle Technologien zu vermitteln. Unsere Studenten erhalten dadurch die Chance, ihre Ideen in die Praxis umzusetzen und lernen dabei, Projekte zu Ende zu denken“, betont Hartwig Gerbracht.
Studium – und dann?
„Im Studium lehren wir vor allem eine Methodik, wie man Aufgaben kreativ und gut löst. In Bezug auf die Materialien und Werkverfahren sind wir einerseits dicht am Handwerk, andererseits geht es um Form- und Materialästhetik, Kreativitätstechniken und Designmethodik. Also wie reflektiert man eine Aufgabe, definiert eine Idee und gestaltet ein sinnvolles Gesamtergebnis“, beschreibt Hartwig Gerbracht das Studienziel.
Das Studium gliedert sich in eine fachübergreifende Grundlehre im ersten Semester, ab dem zweiten Semester wird es fachspezifischer. Ab dem dritten Semester wird verstärkt projektbezogen gearbeitet und die Gestaltungstechniken werden fachspezifischer. Das vierte und fünfte Semester sind ein Mobilitäts- bzw. ein Projektsemester. Das sechste Semester bildet mit der Bachelor-Thesis den Abschluss. „Damit ist man qualifiziert, Projekte im Team umzusetzen. Ich empfehle denjenigen, die sich selbstständig machen, als Projektleiter arbeiten oder Führungspositionen übernehmen wollen, über ein Masterstudium nachzudenken. Hier werden Gestaltungs- und Führungskompetenzen sowie strategisches Denken vertieft und darin Sicherheit erlangt“, erklärt Hartwig Gerbracht. Nach dem Studium gehen die meisten Absolventen in die Selbstständigkeit, arbeiten auftragsbezogen oder setzen eigene Ideen um. Auch in der Industrie werden sie als Projektleiter oder Produktionsleiter eingestellt, sagt Gerbracht, denn sie füllen mit ihrem Wissen genau die Schnittstelle zwischen der Designabteilung und der Produktion.
Metallgestalter mit Meisterbrief und Studienabschluss
Hartwig Gerbracht und seine Kollegen haben das Ziel, Hildesheim in den nächsten Jahren zu einem Kompetenzzentrum für angewandte und architekturbezogene Metallgestaltung zu entwickeln. „Hier sollen die akademische und die berufliche Fortbildung zusammentreffen. Schon heute muss ein Metaller nicht mehr zwischen Studium oder Meisterbrief wählen, sondern kann beides machen“, so Gerbracht. Um das zu ermöglichen, wurde im Mai 2017 die enge Zusammenarbeit zwischen der HAWK und der Handwerkskammer Hildesheim-Südniedersachsen besiegelt. Der Kooperationsvertrag besagt, dass Studierende der HAWK den Meistertitel im vierten oder fünften Semester an der Handwerkskammer absolvieren können. Der Grund: Studierende der HAWK verfügen über ausgezeichnete Gestaltungskompetenzen und erhalten durch die ergänzende Meisterausbildung im BBZ Hildesheim wichtiges zusätzliches Wissen in Statik, Betriebsorganisation und Konstruktion, das sie in ihrer späteren Berufstätigkeit als Metallgestalter dringend benötigen. Der klassische Metallbaumeister wiederum besitzt selbstverständlich technische und regelkonforme Fachkompetenzen, ist heute aber auch gefordert, ästhetische Anforderungen zu berücksichtigen. Der Designanspruch ist hoch und das nicht nur bei den anspruchsvollen Kunden. Deshalb ist es für Metallbaumeister interessant zu wissen, dass der Meistertitel die Hochschulzugangsberechtigung erfüllt und so die Bewerbung fürs Designstudium ermöglicht. „Die Handwerkskammer Hildesheim-Südniedersachsen und die HAWK erkennen sich gegenseitig 25 Prozent der Ausbildungsinhalte und -zeit an. Damit brauchen bestimmte Bausteine nicht mehr belegt werden“, erläutert Gerbracht. Die ersten beiden Studenten erproben dieses Modell gerade in der Praxis.

Weitere Informationen: www.hwk-hildesheim.de/metallgestaltung

Info & Kontakte

HAWK
Hochschule für Angewandte Wissenschaft und Kunst
Hildesheim / Holzminden / Göttingen
Fakultät Gestaltung
Renatastrasse 11
31134 Hildesheim
Tel. 05121 881 307
hartwig.gerbracht@hawk-hhg.de
www.hawk-hhg.de/metallgestaltung

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