Jahreskongress VFF

Interdisziplinäres Arbeiten gefordert

Anfang Juni hat der Verband Fenster + Fassade (VFF) zum Jahreskongress nach Ulm eingeladen. Rund 180 Teilnehmer waren dabei, als es um die Themen Auftragsmanagement, Erfolgsfaktor Bauleitung und BIM ging. Von den Metallbauern meldete sich einer, als das Plenum gefragt wurde, wer BIM nutzt. „Nur internationale Objekte“, schränkte Rüdiger Hofmann, Managing Director bei Inoclad in Ilshofen ein.

Die interdisziplinäre Zusammenarbeit wird immer wichtiger für die erfolgreiche Abwicklung eines Bauvorhabens. Zur umstrittenen kostenfreien Zuarbeit für Architekten bezog VFF-Präsident Detelf Timm klar Position: „Wir helfen nur uns selbst und schaffen die Basis für einen fairen Wettbewerb, wenn wir den Architekten bei seiner Planung begleiten und auf dem Weg zur Ausschreibung unterstützen.“

Da sich die Baustellenlogistik kontinuierlich aufwändiger gestaltet, empfahl er, Leistungspositionen beispielsweise in puncto Zugang und Transport zur Baustelle im Leistungsverzeichnis (LV) aufzuführen. Ebenso im LV unberücksichtigt bleibt häufig der Schutz der Einbauten von ausführenden Unternehmen bis zur Übergabe. Beispielsweise Herstellung, Vorhalten und Rückbau von Leistungen, um Fensterkonstruktionen gegen hohe Baufeuchte bei Putz- und Estricharbeiten zu schützen. „Wegen der zunehmend verkürzten Bauabläufe kommen derlei Belastungen immer öfters vor“, so Timm. Immer wieder zeige sich; Unternehmer wissen nicht, dass dieser Aufwand vergütungsfähig ist. Die Zusammenarbeit zwischen Architekt und ausführenden Unternehmen teils bis zu sechs Gewerken kann der Bauherr unterstützen, indem er eine fertige Ausführungsplanung vor der Ausschreibung fordert.

Qualitätssicherung Fensterbau

Da die Liste für Funktionen von Fenstern inzwischen recht lang ist, sollten die Anforderungen in der Planungsphase geklärt werden und gewünschte sowie notwendige Leistungen aufgrund der objektspezifischen Beanspruchung (z.B. Windlasten) abgestimmt werden. Insbesondere im Objektbau kann ein Musterfenster für die Planung hilfreich sein.

Geschäftsführer Helmut Hilzinger machte auf negative Entwicklungen beim Einbau von Fenstern aufmerksam. Der Klimawandel beschere in unseren Breitengraden inzwischen Extremtemperaturen, sodass ein Kunststoffrollladen an der Südseite eines Hauses als Fehlplanung zu bewerten ist. „Fenster- und Rollladenprofile mit dunklen Oberflächen sind in Sommermonaten verstärkt von Verformungen betroffen“, so Hilzinger. Bei Fenstern machen sich die Verformungen vor allem als Undichtigkeit bemerkbar. „Zunehmende Größen und Gewichte der Fenster verstärken die Verformungen unter Hitzeeinwirkung.“ Als Hintergrundinformation: Für die Sahara wurde in der Vergangenheit eine durchschnittliche Globalstrahlung von 285 W/m² angegeben. Im Jahr 2015 wurde im Juli in Deutschland ein Wert von 283 W/m² errechnet.

Der Bauzulieferer illustrierte mit teils erschreckenden Bildern, welche Herausforderung es für Ausführende sein kann, wenn Fenster als erste Endprodukte in den Rohbau eingesetzt werden, obwohl in Geschossen darüber noch betoniert wird und das Dach noch offen ist. Seiner Ansicht nach lassen sich ohne Bauleitung auf der Baustelle die Montagen nicht mehr fachgerecht umsetzen. Hilzinger wies darauf hin, dass der Bauherr nach VOB/B verpflichtet ist, die Baustelle zu koordinieren. Wird diese Verantwortung nicht wahrgenommen, sollten Fenster- und Fassadenbauer den Bauherren darauf schriftlich hinweisen. „Dann kann später bei Schwierigkeiten keine Gewährleistung eingefordert werden.“ Mit seinen Negativerfahrungen unterstrich er wie Timm, dass der Schutz der Leistung bis zur Abnahme wichtig geworden ist. Der Unternehmer machte sich für eine Position des Fensterbauers „auf Augenhöhe“ mit Bauherren und Architekten stark.

Bei Beratungsleistungen zum Fensterbau empfahl er, folgende Punkte ins Gespräch zu bringen: Gewichte der Fenster, umsetzbare und vertretbare Größen der Fenster, alternative Möglichkeiten bei der Fensterwahl, Wahlmöglichkeiten der unterschiedlichen Oberflächen, Freigabe der CAD-Zeichnungen und Anschlussdetails, Zeitpunkt der Fenstermontage und der Schutz des Gewerks bis zur Abnahme.

In der anschließenden Diskussion zu den Vorträgen von Timm und Hilzinger wurden die umfassenderen Planungsleistungen seitens der ausführenden Betriebe bestätigt. Es wurde klar: Mancher Betrieb hat für seine Kalkulationsabteilungen inzwischen vier Prozent „technische Bearbeitung“ als Standardposten in den Angeboten eingeführt.

Ausführende & BIM

Mit dem Thema BIM (Building Information Modeling) beschäftigt sich der VFF inzwischen in einem Arbeitskreis; im Schwerpunkt geht es darum, wie BIM in der VOB beziehungsweise in der Normung zu berücksichtigen ist. VFF-Geschäftsführer Ulrich Tschorn ist eine Antwort schuldig geblieben, was der Verband dafür tut, dass nicht zuvorderst Architekten und Planer die Arbeitsweise mit BIM für die ausführenden Unternehmen regeln. Dabei geht es beispielsweise darum, welche Arbeiten die ausführenden Unternehmen in BIM-Arbeitsweise vornehmen können bzw. welche Informationen ihnen zu welchem Zeitpunkt im Bauablauf zugänglich sind und zu welchem Zeitpunkt welche Infos ins BIM-Modell zurückgespielt werden müssen.

Metallbauunternehmer Oliver Windeck hat in seinem Referat auf die unausweichliche Zukunft der Bauplanung mit BIM hingewiesen und die sich verändernde Bauwelt skizziert. Er stellte Chancen und Hürden für den Fenster- und Fassadenbau gegenüber:

Ein großer Vorteil ist, dass mit BIM sofort bauliche Planungsfehler angezeigt werden, die Planungssicherheit aller beteiligten Gewerke wesentlich optimiert ist. Die Produktivität wird gesteigert und Zeit gespart. Die Übergabe von Projekten gestaltet sich wesentlich einfacher. Ausführende Betriebe, die in der BIM-Arbeitsweise die Projektarbeit aufnehmen können, haben einen Wettbewerbsvorteil.

Hürden sind derzeit noch, wie sich die Informationen der diversen Gewerke verbinden, die Ordnung der Daten, eine klare digitale Projektstruktur und das Rechtemanagement der Informationen.
Um den Anschluss an die noch neue Kommunikationsweise aller Baubeteiligten nicht zu verpassen, gab Windeck einige Tipps. In den Unternehmen sollte man sich mit der Software und den Arbeitstools beschäftigen und sich zum Thema mit Mitbewerbern beziehungsweise Baubeteiligten anderer Bereiche austauschen.

Windeck geht davon aus, dass sich durch die Abläufe der BIM-Arbeitsweise zwingende Entscheidungen weiter auf die planende Ebene verschieben — und damit vorbei an den ausführenden Unternehmen. Umso mehr gelte es, sich an den Arbeitsausschüssen zu beteiligen, in denen Vorgaben und Standards zur Arbeitsweise BIM gesetzt werden. Windeck sprach sich für die Nutzung von Open BIM aus, weil hierfür eine einheitliche Sprache genutzt wird, während Closed BIM den Einsatz eines Sprachlexikons erforderlich mache.               ma ◊

Checkliste für den Ausschreibenden

1. Ausführungsplanung der Architekten zum Bestandteil der Ausschreibung machen

2. Angaben zum Objekt

3. Angaben zur Einbausituation, Lage der Fenster im Baukörper

4. Zu berücksichtigende Lasten, Bauwerksbewegungen

5. Anforderung an den Wärmeschutz (sommerlich und winterlich)

6. Anforderungen an den Schallschutz

7. Anforderungen an den Einbruchschutz

8. Lüftungsplanung

9. Befestigung und Lastabtragung

10. Luftdichter Fugenabschluss auf der Raumseite (wie und womit?)

11. Schlagregendichter Fugenabschluss auf der Außenseite (Wer führt aus?)

12. Außenfensterbank

13. Innenfensterbank

14. Bodenanschluss bei geschosshohen Elementen, Schwellenhöhen, Eindichtung

15. Maßliche Festlegungen

16. Besondere Anforderungen, z.B. Absturzsicherung, Unfallverhütungsvorschriften, Brüstungshöhen, Fluchtwege, Brandschutz

17. Bauablauf, Transportwege, Schutz der Leistung

18. Dokumentation, Werkplanung, Berechnungen, Nachweise

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