Lüftungstechnik
Eine speziell für dieses Objekt entwickelte Klappe sorgt bei einem neuen Verwaltungsgebäude in Rheda-Wiedenbrück für ein Lüftungssystem, das Energieeffizienz mit hohem Komfort für die Mitarbeiter verbindet.
Stoßlüften und gekippte Fenster scheinen der Vergangenheit anzugehören, inzwischen werden auch in funktionellen Bauten immer häufiger Wärmepumpenheizungen eingesetzt, die ein kontrolliertes Lüftungssystem erfordern. Für viele Angestellte bedeuten Räume mit reiner Festverglasung allerdings eine Belastung, sie fühlen sich eingesperrt – Bauherren finden sich deshalb nicht selten in einem Zwiespalt zwischen Energieeffizienz und Mitarbeiterschutz. Der Fleischereikonzern Tönnies legte bei seinem neuen Verwaltungsgebäude in Rheda-Wiedenbrück besonderen Wert auf Nachhaltigkeit: Erdsonden, Luftverteilungssysteme und Wärmerückgewinnungsanlagen reduzieren den Primärenergiebedarf um 80 Prozent. Um den Angestellten des Unternehmens dennoch Frischluft und den Kontakt nach draußen zu bieten, hat die MKF Metallbaukontor Frankfurt GmbH für dieses Objekt spezielle Lüftungsklappen entwickelt. Dank ihrer schmalen Abmessungen bergen die raumhohen Elemente keine Absturzgefahr, zudem sorgt die Konstruktion trotz starker Dämmung und verdeckter Beschläge für eine leichtgängige Bedienung. Schlanke, dominante Glasfelder lassen Licht in das neue Portal-, Verwaltungs- und Sozialgebäude von Tönnies einfallen, das neben Tagungs-, Schulungs- und Aufenthaltsräumen auch ein Fitnessstudio und Umkleidemöglichkeiten für 5000 Angestellte umfasst. Entworfen wurde der repräsentative Bau von der ATP N+M Architekten und Ingenieur GmbH mit Unterstützung des Ingenieurbüros Tauber Engineering. „Wir wollten den Benutzern dieses Gebäudes die Möglichkeit bieten, nach eigenem Bedarf zu lüften“, erklärt Geschäftsführer Martin Tauber. Die Schwierigkeit bestand allerdings darin, dass die entsprechenden Lüftungselemente zum einen leichtgängig und wärmegedämmt, zum anderen sicher und mit unsichtbaren Beschlägen versehen sein sollten, damit sie sich harmonisch in das Gesamtbild einfügen. „So etwas gab es nicht auf dem Markt“, so Tauber.
Ausgetüftelte Lösung. Die Planer orientierten sich für den lichten Durchgang an den Bauvorschriften für Treppengeländer, die zur Verhinderung von Abstürzen einen Maximalabstand von zwölf Zentimetern zwischen den Stäben festsetzen. Gleichzeitig erreichen die Flügel durch die geforderte hochisolierende Ausführung eine Bautiefe von 85 Millimetern. Bei dieser Kombination ergeben sich jedoch Probleme mit dem Aufdrehradius. „Teile des Flügels können mit der im Rahmen liegenden Dichtung oder mit den Beschlägen zusammenstoßen und sich gewissermaßen verhaken, der Flügel lässt sich dann nur schwer öffnen“, sagt Thomas Schaberger, Geschäftsführer der MKF Metallbaukontor Frankfurt GmbH. Das Unternehmen, das unter dem Markennamen TKI bereits seit Jahren Aluminiumprofile auf dem jeweiligen Stand der Technik für Fenster und Fassaden entwickelt, wurde deshalb mit der Ausarbeitung einer ganz neuen Lösung beauftragt, die den Ansprüchen der Architekten gerecht werden sollte.
MKF schloss sich dazu zusammen mit der Ahnepohl Metallbau GmbH in Gütersloh, die die Klappen produzieren sollte, und mit den Beschlagexperten der Roto Frank AG in Leinfelden-Echterdingen. „Ein zentraler Punkt war, Kollisionen zu verhindern, weshalb wir die Flügelgeometrie und die Verriegelungsteile modifiziert haben“, erklärt der zuständige Techniker Michael Ahnepohl. Auch die Forderung nach verdeckt liegenden Beschlägen ohne sichtbare Bandrollen stellte eine Herausforderung dar. „Dies verlangte eine raumsparende Befestigung der Bänder“, so Ahnepohl. „Außerdem galt es, auch die kurzen Kanten des Lüftungselementes so zu gestalten, dass sie die verdeckten Beschlagteile aufnehmen können.“ Aufgrund der notwendigen Anpassungen wurden die Aluminiumprofile schließlich in Sondergeometrie hergestellt.
Da die passende Kombination aus Profil und Beschlag ausschlaggebend für das Funktionieren der schmalen Klappen war, wurden auch Veränderungen an den Beschlägen erforderlich, berichtet Frank Bicknese, Leiter Produktmarketing AluVision bei Roto: „Als Basis wurden Serienbauteile der verdeckt liegenden Bandseite Roto AluVision T600 verwendet und diese so abgewandelt, dass eine minimale Flügelbreite von 185 Millimetern umgesetzt werden konnte.“
Problematisch an der Gestaltung der Lüftungsklappe war zudem das Verhältnis von Höhe zu Breite. Um sicherzugehen, dass die Verglasung nicht bricht, wird für Glas üblicherweise ein maximales Größenverhältnis von 1:10 vorgegeben. Bei den etwa 2,80 Meter hohen Klappen hätte diese Richtlinie eine Breite von 280 Millimetern erfordert – zu viel, um eine gesonderte Absturzsicherung in Form eines störenden Geländers zu umgehen. Daher wurden die Flügelelemente stattdessen mit Blech gefüllt. „Der positive Nebeneffekt ist, dass so eine scharfkantige Optik entsteht, die ganz dem Stil moderner Architektur entspricht“, erklärt Fassadenplaner Tauber.
Gute Dämmwerte. Richtwert und interne Vorgabe war bei allen Dämmungsmaßnahmen die Energieeinsparverordnung (EnEV) 2009. Im Inneren wurden die Klappen in Hinblick auf das Energiesparkonzept des Verwaltungsbaues mit einer zusätzlichen Dämmung versehen, während die Fenster eine Dreifach-Isolierverglasung erhielten. „Für die Abdichtung zwischen Flügel und Rahmen wurde eine umlaufende Standard-Mitteldichtung aus der hochisolierenden Serie verwendet, ferner eine innere Anschlagdichtung, wie sie sonst bei Türen mit flügelüberdeckenden Füllungen eingesetzt wird“, erläutert Ahnepohl. Insgesamt lassen sich damit sehr gute Dämmwerte erreichen. Für die Verglasung neben der Lüftungsklappe liegt der Ug-Wert bei 0,6 W/m²K, für Rahmen und Klappe beträgt der Uw-Wert 1,0 W/m²K. Die Außenwände, die eine 200 Millimeter dicke Dämmschicht tragen, weisen einen Wert von 0,15 W/m²K auf. Trotz aller nötigen Anpassungen und Abstimmungen der verschiedenen Komponenten blieb das generelle Schema der Lüftungsklappen flexibel: „Der Aufbau konnte relativ einfach gehalten werden“, fasst MKF-Geschäftsführer Schaberger zusammen. „Basis sind vielfach Standardteile. Dadurch lässt sich die Konstruktion ohne Aufwand in jedem beliebigen Maß realisieren.“
Schlanke Elemente. Insgesamt rund 240 Lüftungsklappen wurden in der neuen Tönnies-Zentrale verbaut, fast jedes zweite Fenster ist damit ausgestattet. Die neuartigen Elemente haben nicht nur einen funktionalen Nutzen, sondern wirken auch als Gestaltungsmittel, indem sie die strenge Rasterung der Fassade auflockern. Gleichzeitig unterstreicht ihre Schlankheit die Längsorientierung des Baues. Hinzu kommt ein spezieller Vorteil der schmalen Flügelkonstruktion: „Durch diesen engen Schlitz können Wind und Regen nicht so leicht in das Gebäude eindringen wie bei einem normalen Fenster“, versichert Tauber. Der Ingenieur könnte sich den Einsatz dieser Bauelemente daher sogar für Hochhäuser bis zu einer Höhe von 120 Metern vorstellen, die ständig starken Winden ausgesetzt sind.
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70771 Leinfelden-Echterdingen
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