Lüftungstechnik
Fensterfalzlüfter, Luftkanal & Co.Lüftungstechnik ist ein weites, komplexes Feld – und hinsichtlich des Metall-, Fenster- und Fassadenbaus aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten. Unterscheiden kann man zwischen jenen Betrieben, die Lüftungstechnik einbauen und solchen, die lüftungstechnische Bauteile fertigen. Hier ihre Erfahrungen.
Häuser werden zunehmend dicht gebaut. Das ist zwar gut für den Energiehaushalt, aber schlecht für den Luftaustausch. Um Räume dennoch mit ausreichend Frischluft zu versorgen bzw. die freie Lüftung zu unterstützen, werden, neben Möglichkeiten der kontrollierten Wohnraumlüftung, u.a. dezentrale Lüftungsgeräte verbaut. „Von Einzellüftern habe ich bisher wenig Gutes gehört“, sagt der Fensterbauer Martin Müller (Name von der Redaktion geändert) aus Sankt Augustin. „Zur Wohnraumlüftung bauen wir in die Fenster so gut wie immer Fensterfalzlüfter ein.“ Bei diesen Systemen handelt es sich um kleine Luftdurchlässe im Fensterrahmen. Werkseitig oder nachträglich installiert, stellen sie bei geschlossenem Fenster einen Mindestluftwechsel sicher, indem sie nach dem Prinzip des Druckausgleichs automatisch auf Winddruck reagieren. Die Montage solcher Systeme findet Müller„superleicht“: „Man muss einfach eine Dichtung aus dem Fenster schneiden, die Lüftung einsetzen und fertig.“
Absprache mit dem Klimatechniker
„Schulungen sind gut investierte Zeit“, meint der Fensterbauer. „Ich mache das regelmäßig, um über aktuelle Produkte und gesetzliche und energetische Richtlinien Bescheid zu wissen.“ Denn auch wenn er das Lüftungskonzept nicht selbst erstellt, ist ihm doch daran gelegen, beim Thema mitsprechen zu können. Die Vorgaben, was seine Lüfter können und wo sie liegen müssen, erhält er von den Kolleginnen und Kollegen der Heiz- und Klimatechnik. Sie berechnen nach der DIN-Norm 1946-6 den Mindestluftwechsel, also wie viel nutzerunabhängige Lüftung zum Feuchteschutz notwendig ist.
Lüftungstechnik nachrüsten
Eine weitere Möglichkeit der natürlichen Lüftung bieten Lamellenfenster. Wenn in Räumen kein konsequentes Lüften über Kippfenster möglich ist, können sie zum Beispiel als Nachrüstlösung bestehende Fenster ersetzen. Ein solches System verbaut regelmäßig das Jenaer Unternehmen P&S Systemmontagen. So bestückte es jüngst die Fassade zum Speiseraum der Jenaplan-Gemeinschaftsschule in Weimar mit dem Lamellenfenster des Herstellers EuroLam. Holger Peters, Geschäftsführer der ausführenden Firma, berichtet: „Das Lamellenfenster ist ähnlich zu handhaben wie eine Scheibe, die man austauscht. Die Montage ist schnell und einfach. Der einzige Unterschied besteht darin, dass man es im finalen Einbau noch feinjustieren muss.“ Hierfür hält sich der Handwerker an die Montagerichtlinie des Herstellers, in der die Einbauschritte des Lamellenfensters anschaulich beschrieben sind.
Motorischer Antrieb für den Rauchabzug
Ein Vorteil von Lamellenfenstern ist, dass sie, motorisch betrieben, Anforderungen an den Brand- und Rauchschutz erfüllen. „Da muss man sich natürlich Gedanken machen, dass das Kabel ordentlich verlegt ist“, so Peters. Ein motorisch betriebenes Lamellenfenster fällt unter die Maschinenbaurichtlinie und muss einmal im Jahr vom Fachpersonal geprüft und gewartet werden. „Der Wartungsservice ist für uns einerseits ein guter Zugewinn, andererseits für den Kunden sicherungstechnisch nötig und sinnvoll“, ergänzt er. Um diese Arbeiten durchführen zu können, qualifizierten sich Peters und sein Team an der TÜV Akademie zu „befähigten Personen zur Prüfung von Rauch- und Wärmeabzugsanlagen“.
Der mittelständische Betrieb Evers Metallbau aus dem niedersächsischen Saterland fertigt und vertreibt lufttechnische Sonderbauteile und Produkte der Feinblechbearbeitung. Seine Kunden sind das HLS-Handwerk, die Industrie und der Großhandel. Ihnen liefert er u.a. Luftleitungen, Schalldämpfer, Lüftungsgitter, Dachhauben, Anschlusskästen, Lamellen- und Drallauslässe – alles in allem Komponenten der Lüftungs- und Klimasysteme für den Maschinen- und Anlagenbau. Zum Beispiel in Werften sind solche Anlagen dafür da, dass Schadstoffe und Abwärme abgeführt werden, um vor allem eine gleichbleibende Fertigungsqualität sicherzustellen. Weitere Einsatzbereiche für die Komponenten aus Saterland sind RLT-Anlagen für Betriebsgebäude, Schulen und Krankenhäuser – Orte, an denen Hygienestandards eine wichtige Rolle spielen.
Reine Blechbearbeitung
1996 gründete der ausgebildete Kaufmann und Maschinenbauer Günther Evers den Betrieb, der anfangs drei und heute 55 Mitarbeitende zählt. In erster Linie bedeute Lüftungstechnik Blechbearbeitung, also Hämmern, Falzen, Fügen und Nieten, selten Schweißen, erklärt der Mittelständler. „Das kleinste Bauteil, das wir herstellen, ist vielleicht ein 200 mm großer Lüftungskanal aus verzinktem Stahlblech. Dann gibt es aber auch noch Lüftungskanäle in einer Größe, da passt ein Transporter locker durch.“ Die Lüftungsgeräte, in denen seine Bauteile eingesetzt werden, haben in der Regel eine Luftleistung zwischen 1.000 und 100.000 m3/h. Der Betrieb fertigt je Arbeitstag zwischen 800 und 1.200 m2 Lüftungskanal. Die Montage gehört nicht zu Evers Auftragsfeld. Das hat er seinen Kunden zugesichert, um nicht in die Verlegenheit zu kommen, als deren Wettbewerber aufzutreten.
Krisenfester Nischenmarkt
Wie allen Unternehmen in der Branche machen auch Evers Lieferengpässe und steigende Energiekosten zu schaffen. Allerdings vermittelt er den Eindruck, dass er trotz allem relativ optimistisch in die Zukunft blickt. „Unser Bereich, die Lüftungstechnik, ist erstens ein Nischenmarkt und zweitens nicht an gewisse Moden oder, wie zum Beispiel die Photovoltaik, weniger an politische Entscheidungen gebunden“, so der Firmenchef. „Drittens steigen die Anforderungen an die Gebäudedichtigkeit und Hygiene stetig. Weil sie eine Klimatisierung erforderlich machen, wird auch die Lüftungstechnik immer wichtiger. All das macht uns krisenfest.“
www.petersundschulze.de
www.evers-lueftungstechnik.de
Raumbehaglichkeit
Die Raumbelüftung stellt die Behaglichkeit in Räumen sicher und sorgt dafür, dass an der Bausubstanz keine Schäden durch Ausfall von Kondensat entstehen. Die einfachste Form der Belüftung von Gebäuden ist die natürliche bzw. freie Lüftung; sie nutzt natürliche Kräfte wie zum Beispiel den Wind oder thermischen Auftrieb aus, um einen Luftwechsel zu gewährleisten. Frischluft und Sauerstoff gelangen bei der natürlichen Lüftung über Öffnungen in der Gebäudehülle in den Raum – und Feuchtigkeit, Wärme, Schadstoffe wie zum Beispiel infektiöse Aerosole oder Gerüche hinaus. Öffnungen können Fenster und Türen, Dachluken und Schächte, aber auch undichte Stellen wie Fugen in Fenstern oder Rollladenkästen sein.
Daneben gibt es zur Lüftung einzelner Räume die Möglichkeit strombetriebener, dezentraler Lüftungsgeräte. Eine weitere Ausbaustufe stellt die kontrollierte Wohnraumlüftung über eine mechanische Zentrallüftung dar. Sie hat gegenüber der freien Lüftung u.a. den Vorteil, dass sie sich bedarfsgerecht steuern lässt und dass keine Heizenergie und Wärme unkontrolliert aus dem Raum entweicht.
ift Bildungsangebote Lüftungstechnik
Der berufsbegleitende Fachabschluss „ift-Lüftungsexperte“ qualifiziert Fensterhersteller, Techniker und Planer zur Auslegung der freien Lüftung im Wohnungsbau mit Fensterlüftern. Der Kurs findet online statt. Ein weiteres Seminar trägt den Titel „Lüften mit Fensterlüftern“ (1.+2. Juli 2022). Er wendet sich an Personen, die in der Lüftungsplanung von Fensterlüftern tätig werden wollen und hierzu das theoretische und praktische Wissen erwerben möchten. Zielgruppe sind aber auch technische Mitarbeiter aus den Bereichen Fenster- und Fassadenbau. Da das Seminar auf die Bauphysik und die Berechnung eines Lüftungskonzeptes nach DIN 1946-6 inkl. der Auslegung von Fensterlüftern eingeht, ist eine gewisse Vorbildung und die Bereitschaft nötig, sich mit mathematischen und bauphysikalischen Inhalten auseinanderzusetzen. www.ift-rosenheim.de/web/akademie
TÜV Akademie — RWA-Prüfer
Die TÜV Akademie bietet den Grundlehrgang „Befähigte Person zur Prüfung von Rauch- und Wärmeabzugsanlagen (RWA-Anlagen)“ an. RWA-Anlagen sind im Brandfall ein wirksames Mittel zur Schadensbegrenzung, denn durch das automatische Öffnen von Fenstern oder Luken werden gefährliche Rauchgase und erhitzte Luft ins Freie abgeleitet. Der Kurs findet am 4. und 5. Juli 2022 in Berlin und am 2. und 3. November in Leipzig statt. Auch Inhouse-Kurse sind auf Anfrage möglich.
akademie.tuv.com/weiterbildungen