Veranstaltungsbericht

Metallfassaden im Trend

Zur Vortragsreihe „Faszination Gebäudehülle“

Die Gestaltungsspielräume für modulare Systemfassaden und individuell gefertigte Gebäudehüllen aus Metall werden immer größer. Davon konnten sich die Zuhörer am Potsdamer Platz bei Vorträgen der Reihe „Faszination Gebäudehülle“ Mitte April in Berlin überzeugen. Hierzu eingeladen hatten Tata Steel Europe und Hydro Aluminium sowie die Firmen Kalzip, Fischer Profil, SFS und Indu Light.

In der Vortragsreihe „Faszination Gebäudehülle“ gaben Architekten und Hersteller Einblicke in ihre Projekte, bei denen es neben der Funktionalität von Metallfassaden auch um die Werkstoffe und deren Ästhetik ging.

Farbbeschichtete Stahlbauteile

Systemlösungen und Befestigungen aus Stahl passen zum ressourcenbewussten Bauen. Das gilt für neue Konstruktionen und für die Sanierung von Bestandsobjekten. Hierzu berichtete André Hinzmann, Market Development Manager bei Tata Steel Europe. Europas zweitgrößter Stahlproduzent versorgt die Branche mit bandbeschichtetem Stahl und lackierten Bauteilen. Hinzmann stellte die 3-Schicht-Lackierungen Colorcoat Prisma und Colorcoat HPS 200 Ultra vor. Die haltbaren Klarlacke in verschiedenen Farben haben sich durch ihre lange Festigkeit und Farbtreue bereits im Markt positioniert. Die Confidex-Garantie bietet Verarbeitern und Bauherrn laut Hersteller eine umfassende Gewähr mit der längsten Laufzeit für bandbeschichteten Stahl.

Ein Schwerpunkt von Tata Steel Color liegt im Gewerbe-, Industrie- und Hallenbau. Lackierte Fassadenflächen wurden zum Beispiel am Gaskraftwerk Dong Power Station (DK) installiert. Zum Einsatz kamen beschichtete Profile auch am Logistikzentrum im Gewerbegebiet Chatterley Valley nahe der Stadt Stoke-on-Trent (Staffordshire, GB) sowie am Sportpark Duinwetering in Noordwijk (NL).

Variable Montagesysteme

Christian Schmidt warnte davor, bei Befestigungen im Fassadenbau zu sparen, und verwies auf deren tragende Funktion. Der Vertriebsleiter des Schweizer Spezialisten für Befestigungslösungen SFS Intec erklärte, die Folgen falscher Sparsamkeit zeigt sich zu oft bei fehlenden Befestigungen und instabilen Fassaden. In Brooklyn (New York, USA) hingegen kamen die Systeme und eine Unterkonstruktion von SFS bestimmungsgemäß zum Einsatz. Auf dem Gelände der früheren Domino Zuckerfabrik wurde die neue Domino Site errichtet. Der Bauherr ließ an den unteren Stockwerken eine Kupferfassade installieren, während die oberen Etagen mit einer Hülle aus Zink verkleidet wurden. SFS stimmte die Bauteile flexibel auf die individuell gefertigten Zink- und Kupfertafeln ab. Die Materialien führen zu einem Kontrast, der die Farbwelt benachbarter Gebäude aufgreift und variiert, ohne diese zu imitieren.

SFS-Systeme eignen sich nicht nur für Sonderanfertigungen, sondern auch für die modulare Bauweise bei Gewerbe- und Industrieanlagen, wie für das Verteilzentrum des Einzelhändlers Gries Deco in Niedernberg bei Aschaffenburg. SFS-Systeme tragen dort eine ansprechende Fassade vom Bauelementehersteller Fischer Profil. Alexander Kölsch, Marketing Manager Technik bei Fischer Profil, erklärte die Anwendung beschichteter Tafeln beim Projekt. Die mehrfarbigen Quadrate und Rechtecke symbolisieren die Boxen und Kisten im Lager. Die Kombination von Profilen verschiedener Größe und Farbtöne kann einzelne Fassadenflächen und auch ganze Gebäudeseiten akzentuieren. Das erhöht die Außenwirkung und sichert den Wiedererkennungswert von Logistikzentren, Möbelmärkten und Hallen. Solche Lösungen, für die oft ein kleineres Budget bereitsteht als für Sonderanfertigungen, sind mit Fischer Profil kosteneffektiv zu realisieren.

Recycling mehr betonen

Dr. Michael Rösner-Kuhn von Hydro Aluminium empfahl Planern und Verarbeitern, sich nicht durch Energiebilanzen abschrecken zu lassen. „Primär-Aluminium herzustellen kostet viel Energie, doch das Metall ist zu fast 100 Prozent recycelbar.“ Weil die Herstellung von Recycling-Aluminium nur 5 Prozent der Energie im Vergleich zur Primärherstellung erfordert, schützt die Aluminiumaufbereitung die Umwelt. Eine Tonne Primäraluminium verbraucht 14400 kWh Energie, wobei 6 t Kohlendioxid frei werden. Jeder Recyclingzyklus verbessert die Umweltbilanz des Metalls.

Sauber und sortenrein recyceln lassen sich auch die Dach- und Fassadensysteme von Kalzip, erklärte Olaf Schlichting. Die Produkte mit einer Lebensdauer von 60 Jahren sind auf dem Monterey Fußballstadion in Mexiko ebenso zu sehen wie auf der Eishockey-Arena im russischen Sotschi. „Die Vorgaben zu den Klimazielen verändern die Baubranche“, so der Experte. „Die Senkung des U-Wertes seit den 1950-er bis heute und weiter bis 2020 erhöht den Aufwand für Hersteller und Verarbeiter.“ Das Zukunftspotenzial liege daher verstärkt in der Sanierung des Gebäudebestands, von Schuldächern bis hin zu Hochhausfassaden.

Gebäudehülle in der Forschung

„Die Fassade übernimmt heute viele Funktionen neben dem Witterungsschutz und der Lastabtragung. Sie sorgt für das Wohlbefinden der Nutzer und für die äußere Wahrnehmung des Gebäudes“, sagte Paul-Rouven Denz, Leiter für Forschung und Entwicklung am Facade Lab in Großbeeren bei Berlin. Der Architekt erforscht am Kompetenzzentrum der Priedemann Facade Experts Gruppe neue Technologien und Produkte, Materialien sowie Planungsprozesse. Die Ergebnisse fließen in neue Bauvorhaben ein, wie in die geplante Firmenzentrale der Russian Copper Company (RMK) in Yekaterinenburg.

Temperaturen von - 35 °C im Winter erfordern es, den Witterungsschutz frühzeitig in die Entwürfe einzubeziehen. Die geplante Glas-Metall-Fassade besteht aus rund 192 Elementen, die eine Breite von 6 Metern und eine Höhe von 10 Metern erreichen. Die Edelstahltafeln werden bei Mirrorrinox nahe Stuttgart mit einem Kupferfarbton beschichtet und an den russischen Fassadenbauer geliefert. Facade Lab erhielt den Planungsauftrag und schult die Verarbeiter in punkto Installation und Maschinentechnik. Das Mock-up entstand in Deutschland und wurde nach Russland geliefert. Die Planer erstellten zudem Montagezeichnungen. „Protoypen im Markt umzusetzen ist schwierig. Nach zwei bis drei Jahren können wir mit Protoypen erste Referenzprojekte realisieren“, so Denz.

Filigranes Flechtwerk

Matthias Haber vom Architekturbüro Hild und K verglich Fassaden mit Kleidungsstücken. Die prägnante Hülle am Hotel, das 2010 anstelle des gesprengten Agfa-Hochhauses in München errichtet wurde, veranschaulicht diesen Bezug wohl am besten. Die vorgehängte hinterlüftete Konstruktion aus weißen pulverbeschichteten Aluminiumkassetten erzeugt den optischen Eindruck eines Flechtwerks, das sehr klar an der Attika und am Unterstand zu sehen ist.

Interessante Impulse

Eine Kernfrage der Diskussion lautete, ob aufwendige Fassaden eine aufwendige Reinigung erfordern. Oft stellte sich die Frage, wer nach Ablauf der Gewähr Reinigungen bewältige und bezahle. „Fassaden werden generell zu wenig gereinigt, nicht nur in Berlin“, räumte der Architekt ein, ergänzte jedoch: „Alle von uns entworfenen Fassaden lassen sich reinigen, auch die aufwendigen Konstruktionen.“ Abschließend skizzierte Hannes Meisehen vom Büro KSP Jürgen Engel Architekten die Herausforderungen, Projekte erfolgreich abzuschließen. Der Zeit- und Kostendruck steige ebenso wie die Ansprüche und Wünsche aller am Bau beteiligten Partner. Die Vorträge in Berlin lieferten interessante Impulse für aufregende Projekte, speziell im Metallbau.⇥

Henry Rasch◊

www.tatasteel.com, www.hydro.com, www.kalzip.com, www.sfsintec.biz, www.fischerprofil.de

Nachgefragt: Nachhaltigkeit und Trends bei Metallfassaden

Passen Metallfassaden und ressourcenbewusstes Bauen zusammen und welche Potenziale bestehen dabei?

Dr. Michael Rösner-Kuhn: Das passt zusammen. Das Potenzial liegt darin, dass Metallfassaden etabliert sind. Jetzt sollten wir uns um den Gebäudebestand kümmern, bei dem Abriss und Neubau oft falsch ist. Besser wäre eine Sanierung mit Metallfassaden, die für Sanierungen optimiert sind.

Joachim Wolke: Das Dach gehört zur Sanierung dazu. Das Potenzial bei Sanierungen ist höher als bei Neubauten, insbesondere angesichts der Klimaziele.

Inwiefern spricht die Recyclingfähigkeit für den Einsatz von Metallwerk­stoffen?

Dr. Rösner-Kuhn: Wir betrachten Recycling-Aluminium ganzheitlich als Energiebank. Die Energie, die bei der Produktion von Primäraluminium verbraucht wird, bleibt im Recycling-Aluminium erhalten und geht nicht verloren. Metallrecycling ist übrigens schon seit Jahren aus ökonomischen Gründen verbreitet, das ist pure Kosteneinsparung und Erhalt des Materialwertes.

Wolke: Wichtig ist, die Bauphysik im Auge zu behalten, und nicht nur auf die Kosten zu schauen. Die Verlegung von Kalzip-Dächern und -fassaden ist für die Bauphysik die bessere Wahl und kostet rund 120 Euro pro m², so viel wie Wärmedämmverbundsysteme kosten.

Dr. Rösner-Kuhn: Metallfassaden versiegeln den Stein nicht. Die Hinterlüftung bleibt gewährleistet und es kommt seltener zur Schimmelbildung.

Frank Zaun: Die Recyclingfähigkeit spricht natürlich auch für Stahl. Die liegt bei 99 Prozent ohne Qualitätseinbußen.

Wo liegen die Trends bei Metallfassaden?

Zaun: Die natürliche, bewitterte oder sogar korrodierte Optik von Stahl liegt im Trend. Oberflächen aus wetterfestem Baustahl (Corten-Stahl) sind heute verbreitet, aber wären vor 50 Jahren kaum denkbar gewesen. Matte Farben sind auch angesagt. Aus Sicht der Hersteller steigt die Nachfrage nach beschichtetem Stahl. Der Trend geht hin zur leichteren Bauweise. Früher wurden viele Konstruktionsteile verdeckt montiert, die heute im Sichtbereich installiert werden, das ist eine weitere Entwicklung.

Dr. Rösner-Kuhn: Bei Aluminiumprodukten werden die Entwicklungszyklen immer kürzer. Es herrscht hoher Innovationsdruck. Der Geschmack der Menschen ändert sich heute schneller als früher.

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