Veranstaltung

Pro Stahl & Alu

Kreative Bauweisen in Metall

Die Corona-Zeit hat auch beim Internationalen Architektur-Kongress in der Bochumer Jahrhunderthalle Spuren gezeigt: Zum einen wurde die ursprünglich für Januar geplante Veranstaltung auf April geschoben; zum anderen sind für die 800 freien Plätze nur 400 Teilnehmer angereist. Gleichwohl, die vorgestellten Stahlkonstruktionen der ausgewählten Objekte wie das Pariser Verlagsgebäude von „Le Monde“, die Neue Nationalgalerie in Berlin oder das Studierendendorf Frankie & Jonny unter der Vortragsüberschrift „Container Love – Wohnen in Recyclingstahl“ beeindruckten mit dem Gestaltungspotenzial von Metall.

Projektbeschreibungen der adidas World of Sports Arena in Herzogenaurach, für deren Entwurf Behnisch Architekten den Deutschen Stahlbaupreis 2020 erhielt, wurden bereits vielfach kommuniziert. Mit dem Stahlbau war Züblin Stahlbau beauftragt. Der Sonderpreis des BMWSB für nachhaltige und ressourceneffiziente Stahlarchitektur ging für die Inselhalle in Lindau an das Architektenbüro Auer Weber, die mit der Vollack-Gruppe aus Karlsruhe den Stahlbau, insbesondere Fassaden und Dach ausführten. Nach coronabedingter Verzögerung erhielten die Gewinner in Bochum in Präsenz ihre Urkunden. „Die ausgezeichnete Leistung der Architekten lag darin, ein auf den ersten Blick nicht zwingend erhaltenswertes Gebäude mit einer polygonalen Dachlandschaft als Stahltragwerk überformt und erweitert zu haben“, konstatierte Dr. Rolf Bösinger. Fassade und Dach sind mit beschichteten Aluminiumblechen bzw. -bahnen bekleidet. Der kupferfarbene Ton der Hülle bindet in das Ensemble der Lindauer Altstadt mit seiner von Ziegeltönen geprägten Dachlandschaft ein. Im Kontrast zum Hallenbaukörper sind Rampen und Treppenaufgänge sowie der Sockel der Seeterrasse in Sichtbeton ausgeführt.

Der Staatssekretär im Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen übergab in Bochum den Sonderpreis an die Architekten Till Richter und Florian Zopfy. Anlässlich des Termins in der Jahrhunderthalle informierte er, dass aktuell die jährliche Zielmarke von 400.000 neuen Wohnungen gesetzt sei. „100.000 von diesen Wohnungen sollen öffentlich gefördert werden“, sagte Dr. Bösinger. Im Hinblick auf bezahlbaren Wohnraum und auch auf die Unterbringung der Flüchtlinge aus der Ukraine sei diese Zahl der Sozialwohnungen nötig, ebenso wie das Vorkaufsrecht von Grundstücksflächen für Kommunen. Der Branchenexperte betonte die neutrale Haltung seines Ministeriums, was Baumaterialien betrifft, wies aber darauf hin, dass Stahl aufgrund seiner hohen Wiederverwertbarkeit eine wichtige Rolle für nachhaltiges Bauen in Deutschland spielt.

Studentendorf „Frankie & Johnny“

Recyclingstahl in Modulbauweise am Beispiel eines Wohnheims für Studenten im Berliner Stadtteil Treptow, darüber berichtete der Vortrag von Andrea Zickhardt. Die Architektin von Holzer Kobler Architekturen stellte ein Gebäude aus über 400 Übersee-containern vor, die für die Umnutzung von der Ostsee nach Berlin transportiert wurden. An den schmalen Seiten der Container wurden großformatige Fenster eingebaut und mittig die Sanitärräume installiert. Teils wurden die Wände herausgeschnitten und Wohneinheiten zu Double-Einheiten zusammengeschaltet. Indem manche Blöcke auskragend gestapelt wurden, entstand um die Riegel herum ein Laubengang; dank dieser statisch etwas aufwändigeren Gestaltung der Formgebung erhielten die Studenten einen gemeinschaftlichen Balkon. Anforderungen an Brandschutz, Lüftung und Wärmedämmung konnten teils erfüllt werden, indem jeweils zwei Container ineinander gesetzt wurden. „Gemessen an den Kosten und der Nachhaltigkeit setzte die Materialschlacht Grenzen“, räumte Zickhardt ein, „für den zweiten Bauabschnitt wurden deshalb statt originale Übersee -container Stahlmodule (2,40 m x 12,19 m x 2,90 m) gemäß den baulichen Anforderungen vorgefertigt.“ Mit der speziellen Stahlbauweise habe der Bauherr ein großartiges Marketing für sein Studentendorf „Frankie & Johnny“ initiiert; die Resonanz der Bewohner sei sehr positiv. Weitere Informationen stehen unter: www.holzerkobler.com/de/project/frankie-johnny

Vielseitige Blechfassaden

Welch vielgestaltige, zeitlose Architektur mit Blechfassaden möglich ist, darüber referierte der Salzburger Volkmar Burgstaller. Werden Fassaden mit Metall verkleidet, können diese selbst nach 30 Jahren sowohl in der Ästhetik als auch der Funktion vollumfänglich erhalten sein wie zu Beginn (auf Seite 52 finden Sie einen Fachbeitrag zum Thema „Reinigung von Metallfassaden“). Anhand einiger Beispiele zeigte er auf, wie mit strukturierten Verformungen der Bleche auf das Firmenprofil des Bauherrn angespielt wird und zu den Passanten und Kunden in der Sprache der Architektur assoziative Brücken geschlagen werden. Am Beispiel Kunden- und Kompetenzzentrum (2020) von Domico in Vöcklamarkt, das der Hersteller von Metallfassaden als Referenzobjekt für seine Leistungen gestaltet hat, zeigte der Architekt die Dynamik, die mit der Blechverspiegelung der Unterseite eines Gebäudes erreicht wird. Weiter wies er im Vortrag auf innovative Blechabdeckungen von Terrassenböden, Brüstungen mit Glasfüllungen oder Kassettendecken hin, mit denen sich statisch größere Spannweiten überbrücken lassen.
Nächster Termin von bauforumstahl ist der 40. Deutsche Stahlbautag am 29./30. September in Berlin. Die Auslobung des Deutschen Stahlbaupreises ist im Herbst/Winter 2023.

Fotos zu „Frankie & Jonny“ & Domico

Zur Lage des Stahlbaus

Im Corona-Jahr 2020 hat die Rohstahlproduktion in Deutschland mit 35,7 Mio. t einen Wert erreicht, der an den (32,7 Mio. t) der Finanz- und Wirtschaftskrise von 2009 heranreicht. In den zehn Jahren davor lag der Mittelwert der Produktion bei ca. 42,6 Mio. t. 35% der Stahlprodukte landen im Bausektor, 26% in der Automobilbranche. Die Stahlindustrie nutzt für den Transport ihrer Güter zu 80% Bahn und Binnenschifffahrt.

Der Einsatz moderner Technologie steigert in der Stahlindustrie die Effizienz. So lässt sich aus einer Grafik des statistischen Bundesamtes ablesen, dass sich die Produktivität seit 1989 mehr als verdoppelt hat, während die Zahl der Beschäftigten von 179 Tsd. auf 83 Tsd. gesunken ist.

Pro Tonne Stahl wird heute rund ein Fünftel weniger CO2 ausgestoßen als noch vor 20 Jahren. Damit sind in den etablierten Produktionsverfahren allerdings die Grenzen erreicht. Um die CO2-Emissionen der Stahlherstellung weiter zu senken, arbeiten die Unternehmen in Deutschland intensiv an der Einführung alternativer CO2-armer Verfahren.

In der Stahlindustrie lassen sich je Tonne eingesetzten klimaneutralen Wasserstoffs 28 Tonnen Co2 einsparen und im Vergleich zum Verkehrssektor oder Gebäudebereich damit die größte Klimaschutz-Wirkung erzielen. Durch diese technologische Transformation könnte ein großer Anteil der 30% Emissionen eingespart werden, für die 2019 die Stahlindustrie (52,6 Mio. t CO2) im Vergleich zu den gesamten Industrieemissionen (188 Mio. t CO2) verantwortlich war.

Deutschland gehört zu den zehn größten stahlerzeugenden Ländern der Welt.

„Der Stahlpreis in Deutschland hat definitiv noch nicht seinen Zenit erreicht, — es ist unklar, wie lange sich die enormen Preiserhöhungen noch fortsetzen.“ Das stellte Dr.-Ing. Christian Boppert bei der Eröffnung des Internationalen Architektur-Kongresses in der Bochumer Jahrhunderthalle fest. In der Halle wurden für 800 Zuhörer Plätze geschaffen, ca. 400 waren besetzt. Boppert — Vorstandsvorsitzender von bauforumstahl und Geschäftsführer von Peiner Träger, hat in erster Linie bei Salzgitter einen umfassenden Einblick. Auf Basis dieser Kenntnisse sagte er: „Die in den Medien diskutierten Befürchtungen, dass in fünf Jahren in der EU kein Stahl mehr produziert werde, sind falsch überzeichnet. Die europäische Stahlproduktion wird absehbar nicht enden, die Produzenten sind mit der gebotenen nachhaltigen Transformation beschäftigt.“ Die Voraussetzungen dafür seien gut, Stahl sei ja sehr gut recyclebar. Gemäß seinen Informationen ist derzeit die Verfügbarkeit von Stahl abgesehen von kleinen Schwierigkeiten gut und entspricht etwa dem Level von vor den Corona-Maßnahmen.

www.bauforumstahl.de

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