Qualität vom Blechbearbeiter
Metallbauer beauftragen umfassendere BearbeitungBlechbearbeiter sind für den Metallbau wichtige Dienstleister. Sind aber Betriebe mit eigenen Lasser-, Plasma- oder Wasserstrahlschneidanlagen spürbare Konkurrenten? Werden erstarkende Online-Portale die Lohnfertiger verdrängen? Wir haben die Unternehmen Gebr. Biester Maschinenbau und KM-Blechbearbeitung zu aktuellen Herausforderungen befragt. Fazit: Der Markt ist differenziert genug und bietet viel Potenzial; aber Veränderungen wird es geben.
Michael Biester leitet mit seinem Bruder Stefan und Vater Wolfgang das Unternehmen Gebrüder Biester Maschinenbau in Wennigsen bei Hannover. Kerngeschäft ist der Bau von Förderanlagen für die Lebensmittel- und die Verpackungsindustrie. Im Zuge der Modernisierung wurde im Jahr 2008 eine neue CNC-Wasserstrahlschneidanlage angeschafft. „Schnell wurde klar, dass wir die Maschine nicht selbst voll auslasten können. Deshalb entschlossen wir uns, den Betrieb in Richtung Lohnfertigung zu erweitern und das Schneidzentrum Hannover als eigenen Unternehmensbereich ins Leben zu rufen“, erläutert Geschäftsführer Michael Biester. Später folgten eine Laserschneidanlage und Abkantpresse.
Der vorhandene Maschinenpark aus dem Kerngeschäft der Gebr. Biester Maschinenbau, der mehrere Dreh-, Fräs- und Schweißmaschinen umfasste, ermöglichte von Anfang an eine hohe Fertigungstiefe. Der Kundenstamm war vorhanden und die Auftragslage in den vergangenen Jahren so gut, dass größtenteils im Zwei-Schicht-Betrieb gearbeitet wurde. Momentan fährt das Unternehmen einen gut ausgelasteten Ein-Schicht-Betrieb. Die Produktion für den Eigenbedarf liegt bei 40 Prozent. Mit der 15-köpfigen Belegschaft ist das optimal machbar. Der mehrschichtige Betrieb würde eher ein akutes Personalproblem aufwerfen.
Geringere Losgrößen, hohe Fertigungstiefe
Die Stückzahlen pro Auftrag sind bei traditionellen Blechbearbeitern wie Biester Maschinenbau in den letzten Jahren zwar zurückgegangen; im Gegenzug wurde aber der Projektumfang größer. Waren es früher oft nur Laserschneid- und einfache Kantteile, so werden heute die Werkstücke zusätzlich gefräst, gedreht, gebohrt, Gewinde geschnitten, entgratet, geschliffen und geschweißt. Oberflächenveredlungen wie Verzinken, Lackieren, Pulverbeschichten, Eloxieren oder Polieren lässt das Unternehmen von Spezialisten ausführen. Man konzentriert sich auf Einzelteile und Kleinserien und bietet eine große Fertigungstiefe an. „Die Teile an sich sind nicht komplizierter geworden. Aber von uns Dienstleistern werden mehr Bearbeitungsschritte aus einer Hand verlangt“, betont Biester.
Das Spektrum reicht von handtellergroßen bis zu 3 x 6 Meter großen Teilen, von millimeterdünnen Schweißnähten bis zu 20 Millimeter dicken, verschweißten Baustahl-Platten. Kunden mit Lohnaufträgen kommen aus dem Fahrzeugbau, dem Maschinenbau und dem klassischen Metallbau und fungieren teilweise selbst als Zulieferer für andere Unternehmen.
Für die rückläufigen Stückzahlen bei Maschinenbaukunden hat Michael Biester eine klare Begründung: Die Entwicklungszyklen im Maschinenbau werden immer kürzer. Das heißt, die Maschinen werden schneller überarbeitet, die Serien kleiner. „Wenn wir früher beispielsweise 1.000 Teile gefertigt haben, werden jetzt viermal 250 Teile abgefragt.“ Der Rückgang ist also nur relativ und bezogen auf die Losgrößen. Das hat zwar Einfluss auf die Rüstzeiten und die händische Bearbeitung, schlägt allerdings nicht sonderlich zu Buche. Die Differenzen bewegen sich laut Biester nur im Cent-Bereich.
Und hieraus erklärt sich, warum die Fertigungstiefe der Lohnteile zugenommen hat. Maschinenbaukunden müssen beispielsweise ihre eigenen Fertigungsprozesse optimieren und das vorhandene Personal effizient einsetzen. Da ist es kostengünstiger, Zulieferteile so komplex wie möglich fremdfertigen zu lassen. Das Risiko der Fremdvergabe hinsichtlich Zuverlässigkeit, Fertigungsgenauigkeit, Liefertreue usw. ist als gering zu bewerten, da sich heutzutage kein Zulieferer miserable Qualität, Ausschuss oder permanenten Lieferverzug erlauben kann.
Online-Portale sind auf dem Vormarsch
Die derzeit anhaltend gute Konjunktur versetzte viele Metallbauunternehmen in die Lage, in neue Maschinen oder auch Laser- und Plasmaschneidanlagen zu investieren. Vielleicht will man dadurch eine größere Unabhängigkeit von Zulieferern erzielen, vielleicht selbst den Einstieg in die Lohnfertigung wagen oder es gibt andere Gründe. Fakt ist, dass die bestehenden Fertigungsvolumina dadurch auf mehr Schultern verteilt werden.
Und auch Online-Portale sind auf dem Vormarsch und unterdessen ziemlich gut aufgestellt. Sie fertigen einfache bis komplexe Trennteile, auf Wunsch auch mit einfachen Kantungen und sind auf größere Stückzahlen zu günstigen Preisen ausgelegt. Sind diese Trends bei den Blechbearbeitern zu spüren? Michael Biester beobachtet beide Entwicklungen zwar aufmerksam, aber ohne Sorge. „Wir spüren aktuell keine Veränderungen durch unsere Kundschaft. Unser Vorteil ist eine mehrstufige Fertigungstiefe, die die Online-Portale momentan nicht bieten. Aber wir werden wachsam sein und beobachten, wohin die Reise künftig geht.“
Lohnfertigung ist eigenes Geschäft
Die wachsende Zahl der Metallbauer jedenfalls, die ihren Maschinenpark modernisieren bzw. erweitern, sieht Michael Biester gelassen: „Lohnfertigung ist ein eigenes Geschäft und mit speziellen Spielregeln belegt“. Die Investitionen in voll- oder teilautomatisierte Maschinen und Anlagen sind erheblich und müssen sich rechnen. Wenn mal keine Aufträge da sind oder eine Maschine durch Wartung oder Reparatur stillsteht, laufen die Kosten trotzdem weiter.
„Eine hohe Auslastung ist vor allem bei der Lohnfertigung immer entscheidend“, sagt er. Außerdem braucht man mehr und vor allem qualifiziertes Personal, sowohl in der Fertigung und Arbeitsvorbereitung als auch im Büro für Angebotserstellung und Abrechnung. Da ergeben sich schnell zwei, drei zusätzliche Arbeitsplätze. Auch Lagerkapazitäten für Material und Teile sind nötig. In der Regel muss ein Metallbauunternehmen 50 bis 70 verschiedene Materialsorten, Güten und Stärken bevorraten. Dazu braucht man Platz, und die meisten Unternehmen können nicht einfach mal eine neue Halle bauen.
Entscheidend: Qualität der Daten
Die derzeit agierenden Online-Portale sind vor allem auf Volumina und einfache Bauteile ausgelegt. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass dort die Interaktion zwischen Kunde und Lieferant genauso intensiv ist wie bei uns“, mutmaßt Michael Biester. „Fertigungsmuster oder Spezialwerkstoffe – das habe ich bei noch keinem Portal gesehen. Aber das kann natürlich noch kommen.“ Selbstverständlich bietet sein Unternehmen auch einfache Massenware an. Das Hauptgeschäft sind anspruchsvolle Kleinserien. Die Nähe zum Kunden ist besonders wichtig, der Umkreis beträgt 200 bis 300 Kilometer. Dies hat den Vorteil, dass man sich kennt und es auch möglich ist, über Nacht beliefert zu werden. Entscheidend, auch im Vergleich zu Billig-Anbietern aus Osteuropa, sind vor allem die hohe Flexibilität des Lohnfertigers, die Schnelligkeit der Lieferung, die machbare Komplexität der Teile und der persönliche Kontakt zum Kunden. Die Qualität hingegen ist laut Biester vergleichbar geworden.
Auch Boris Malsy, Geschäftsführer von KM Blechbearbeitung, bestätigt: „Einfache Laser-Blechteile kann man heute gut im Internet bestellen. Werden die Teile komplexer, müssen beispielsweise Baugruppen geschweißt oder Oberflächen bearbeitet werden, sind unsere Erfahrung und die persönliche Beratung außerordentlich wichtig. Hier sehen wir auch eine unserer Kernkompetenzen.“ Gerade in den letzten Jahren habe sich der Markt stark verändert, meint Malsy. Hohe Stückzahlen werden in Deutschland nur noch sehr selten angefragt.
KM Blechbearbeitung wurde 1989 als 1-Mann-Unternehmen gegründet. Nach dem Tod ihres Mannes im Jahr 2002 führte zunächst Edith Malsy den Betrieb fort. Seit 2010, nach erfolgreicher Ausbildung als Industriemechaniker, Maschinenbautechniker und technischer Betriebswirt, ist nun auch Sohn Boris Geschäftsführer des Familienunternehmens. Bei Trumpf in Ditzingen hat er in der Blechbearbeitung gelernt und gearbeitet und war als Laser-Schweiß-Spezialist beim Trumpf-Tochterunternehmen in den USA beschäftigt.
KM Blechbearbeitung beschäftigt knapp 40 Mitarbeiter, der Hauptkundenkreis besteht aus Maschinen-, Apparate- und Gerätebauunternehmen aus den Bereichen Medizintechnik und Lebensmittelindustrie. Komponenten werden auch für die Petrochemie, den Automobil- und Nutzfahrzeugbereich sowie den Anlagenbau gefertigt. Die breite Fächerung ist gewollt, um krisenfester und weniger konjukturabhängig zu sein. Zum Maschinenpark gehören eine Laserschneidanlage, eine automatisierte Stanzmaschine, einige Abkantpressen und Entgratmaschinen, hinzu kommen Schweiß- und Montagearbeitsplätze. Geschweißt wird per Hand oder maschinell in den gängigen Verfahren WIG, MIG/MAG und Laser.
Komplexe & hochwertige Baugruppen
In den vergangenen Jahren sind nicht nur die Baugruppen komplexer und die Losgrößen geringer geworden, sondern auch die Qualitätsanforderungen gestiegen. Mittlere Losgrößen zwischen 25 und 100 Stück sind üblich. Je nach Bauteil kann eine Mindestlosgröße definiert werden, um wirtschaftlich produzieren zu können. Prototypen-Prüfberichte und Bauteil-Protokolle werden oft im Rahmen der Qualitätssicherung gefordert. „Einigen Kunden reicht unsere QM-Zertifizierung nicht aus, mit ihnen führen wir dann spezielle Audits durch“, berichtet Boris Malsy. Begehrt sind auch langfristige Rahmenverträge mit definierten Losgrößen, damit sparen die Kunden Lagerhaltungskosten und sichern sich zusätzliche Preisvorteile. „Unter all diesen Gesichtspunkten und gerade wegen des unterdessen hohen Lohnniveaus im Rhein-Main-Gebiet müssen wir uns genau überlegen, was wir fertigen“, sagt Malsy. Ein Schwerpunkt ist die Edelstahlbearbeitung, die vor allem den hochwertigen Baugruppenbereich abdeckt und deren Wertschöpfung relativ hoch ist. „Hier zeichnen wir uns aus.“ Dreh- und Frästeile werden wiederum von Partnern zugekauft und in die Blechteile eingeschweißt oder montiert. Neben Edelstahlblechen werden auch Stahl- und Aluminiumbleche verarbeitet. Fertige Baugruppen werden teilweise sofort nach der Bearbeitung in spezielle Kanban-Behälter verladen, die beim Kunden nahtlos in dessen Produktion integriert werden. „Insgesamt“, betont Boris Malsy, „hat sich die Fertigungstiefe in der Blechbearbeitung stark verändert. Früher waren es eher einfache Bauteile, heute liefern wir fertig montierte und oberflächenbearbeitete Baugruppen.“
In Zukunft: Kollaborierende Roboter
Erschwerend findet Boris Malsy vor allem die Politik der EU, die bestimmte Länder bzw. Regionen in seinen Augen unverhältnismäßig fördert. „Wer beispielsweise für eine Laserschneidmaschine, die um die 800.000 Euro kostet, nur noch die Hälfte zahlen muss, der kann ganz andere Stundensätze kalkulieren. Wir bekommen im Rhein-Main-Gebiet überhaupt keine Subvention, also wirklich null Euro.“ Ein Grund, weshalb die ganz großen Losgrößen schon lange ausbleiben, denn Laserschneidteile „bekommt man heute an jeder Ecke“. Trotzdem blickt er optimistisch in die Zukunft. Mit seinen 36 Jahren ist er am Puls der Zeit und schätzt, dass Digitalisierung und Robotik die Blechbearbeitung künftig noch sehr stark verändern werden. Denn vor allem kollaborierende Roboter bieten auch klein- und mittelständischen Unternehmen viele Möglichkeiten, ihre Produktion zu automatisieren. Bei KM Blechbearbeitung werden bereits erste Tests mit Robotern durchgeführt.
Und nicht nur durch Robotereinsatz wird der Standort Deutschland wieder zunehmend attraktiv. Boris Malsy berichtet, dass „Kunden, die vor Jahren nach Osteuropa abgewandert sind, langsam wieder zurückkehren, weil dort das Lohnniveau auch steigt. Der Preisunterschied macht die Vorteile, wenn Kunde und Lieferant in räumlicher Nähe sind, dann nicht mehr wett.“
Info & Kontakte
Gebr. Biester Maschinenbau GmbH
Werner-von-Siemens-Str.2 / 12
D-30974 Wennigsen
Tel. +49(0)5103 704105
office@schneidzentrum-hannover.de
www.schneidzentrum-hannover.de
KM Blechbearbeitung GmbH
Am Sandborn 18
D-63500 Seligenstadt
Tel. +49(0)6182 9568 0
info@km-blechbearbeitung.de
www.km-blechbearbeitung.de