Schüler mit Experten im Gespräch
Welches Sicherheitsschloss für welchen ZweckZu Beginn des Expertengesprächs erhielten die Berufsschüler von Organisator und Klassenleiter Michael Höhler einen Lernjob – sozusagen eine Art simulierten Kundenauftrag. Diese Aufgaben dienen der inhaltlichen Orientierung während des Vortrags und als Impuls für die Fachdialoge zwischen Praxisvertreter, Schüler und Lehrer. Assa Abloy Trainingsleiter Jochem Mülhausen leitete das Expertengespräch mit einem Vortrag ein: Es ging um die Themen Schlosssysteme und Verriegelungstechniken sowie Türschließtechniken bei Feuer- und Rauschschutztüren.
Der Lernjob - ein simulierter Kundenauftrag
Eine Hauseingangstür (1.200 mm x 2.100 mm) eines Mehrfamilienhauses soll nachträglich mit einem Sicherheitsschloss ausgestattet werden. Machen Sie sich für das Beratungsgespräch mit Ihrem Ausbilder und dem Kunden fit, indem Sie folgende Aufgaben bearbeiten:
- Bezeichnen Sie die richtigen Fachbegriffe am abgebildeten Schloss.
- Was ist unter einer Wechselgarnitur zu verstehen?
- Unterscheiden Sie eine Panik- von einer Notsituation.
- Welche Schlösser sind für Brand- und Rauchschutztüren vorgeschrieben?
- Welche Varianten von Identmedien gelten als zukunftsorientiert?
Schlösser – ein historisch junges Phänomen
Mülhausen fasste in einem historischen Überblick die Entwicklungsgeschichte der Schlösser, beginnend mit der Steinzeit bis zur Gegenwart, für die Schüler zusammen. Diese zeigten sich sehr aufgeschlossen, da sie diesen Entwicklungsverlauf nicht vermutet hatten. „Man hat einen modernen Schlüssel in der Hand und denkt erst gar nicht an eine solche Entwicklung. Das war schon sehr interessant zu hören“, äußerte sich ein Schüler.
Weiter entwickelte Schlosssysteme benötigen statt eines Schlüssels sogenannte Identmedien zum digitalen Datenausgleich (Zutrittskontrolle, Erfassung und Auswertung unterschiedlicher Daten, Freischalten der Verriegelung etc.). Der Schüler Manuel Torster informierte sich im Fachgespräch, wie sicher das Einlesen des Fingerabdrucks. Mülhausen erklärte, dass das Fingerscanning mit unterschiedlichen Sicherheitsstandards ausgestattet werden kann. Mit der Leseeinheit können unterschiedliche Daten aus dem Fingerabdruck abgelesen werden, wie beispielsweise die Fingertemperatur oder der Puls des Menschen.
Anhand eines Modells konnte dies praktisch und verständlich erprobt werden. Der Schüler Andreas Adams fand es interessant, „die neuen Aspekte der Schloss- und Schließtechnik kennenzulernen.“ In der Nachbesprechung lobte er, dass der Referent die vielen verschiedenen Schlosssysteme erläutert hat. „Für die Gesellenprüfung war das hilfreich“, betonte er.
„Wer bei Panik hinfällt, hat verloren“ – DIN EN 179 oder DIN EN 1125
Mithilfe vieler Praxisbezüge erläuterte Mülhausen die Begrifflichkeiten „Security“ und „Safety“ und erweiterte damit die fachlichen Kenntnisse der Lerner. Der Experte hat auf die relevanten Normungen hingewiesen: DIN EN 179 geltend für die Schloss- und Beschlagauswahl (Türdrücker) für Notausgänge und DIN EN 1125 für die Dimensionierung von Schloss und Beschlag (Panikstange) für Fluchtwege in Paniksituationen. Mit Blick auf seine Einstiegsfrage nach einem Sicherheitsschloss konnte in der Lerngruppe im Fachdialog herausgearbeitet werden, dass entsprechend dem Kundenwunsch und dem daraus resultierenden fachlichen Anforderungen im Gespräch mit dem Kunden festgelegt werden muss, welche Lösung optimal ist. Anschließend kann das Angebot erstellt werden.
Innovationen – der Blick über den Tellerrand
Sensibilisiert durch den vorhergehenden Unterricht und durch den Vortrag des Experten zeigten die Schüler besonderes Interesse an innovativen sicherheitsrelevanten Bauteilen in Gebäuden bzw. an Datenübertragungsmöglichkeiten digitaler Systeme, z.B. zur Freischaltung von Zugängen. Zu nennen sind u. a.:
- Selbstverriegelndes Haustürschloss (Mediator)
- Beleuchtete Türdrücker als Leitsystem für Flucht- und Rettungswege
- NFC-Technik (Near Field Communication)
- HAN (Human Area Network: Körperfeldkommunikation)
- Bewegungssensoren
Türschließer als sicherheitsrelevante Bauteile
Zum Thema Türschließerkonstruktionen hatten sich die Schüler bereits im vorangegangenen Unterricht informiert. Da dieses Fachgebiet prüfungsorientiert ist, sind die Lerner von Beginn an motiviert, sich neben dem Vortrag auch im Gespräch mit dem Fachmann umfängliches Wissen anzueignen. Zu diesem Arbeitsfeld erhielt die Klasse einen weiteren Lernjob:
Eine Hauseingangstür (1.200 mm x 2.100 mm) eines Mehrfamilienhauses soll nachträglich mit einem Türschließer ausgestattet werden. Im Haus wohnen unter anderem zwei Familien mit kleinen Kindern zwei ältere Ehepaare im Rentenalter. Eine Person ist leicht gehbehindert. Machen Sie sich für den Auftrag fit, indem Sie nachfolgende Aufgaben bearbeiten:
An dieser Aufgabe sollen folgende Kompetenzen entwickelt werden:
- Sich über die Bau- und Montagearten von Türschließern informieren, diese unterscheiden und auswählen
- Informationen über das Prinzip der hydraulischen Dämpfung beim Türschließer beschaffen
- Schließfolgeregelung beim Türschließer planen
- Auswahl eines Türschließers in Abhängigkeit bestimmter Rahmenbedingungen vornehmen
Nachdem Mülhausen kurz auf das geltende Normenwerk hingewiesen hatte, lenkte er die Aufmerksamkeit der Schüler auf die Themen Sicherheit im Gebäude und Türschließtechnik: „Ich sammle Holzkeile ein, wenn ich diese irgendwo an einer Feuerschutztüre sehe. Die sind nämlich verboten“, betonte er. Die Schüler fanden das zunächst witzig, erkannten aber umgehend die ernsthafte Bedeutung dieser Vorgehensweise. Aus pädagogischer Sicht ist durch diese Aussage des Praxisvertreters eine Anschlussbildung an bekanntes Schülerwissen und zugleich dessen Festigung erreicht worden. In der abschließenden workshopartigen Unterrichtseinheit traten die Auszubildenden immer wieder mit dem Experten in den Dialog und erweiterten durch die Verknüpfung von Theorie und Praxis ihr Wissen, mit dem sie im Anschluss den Lernjob bearbeiten konnten.
Fazit
Die Schüler Manuel Jandausch bescheinigte dem Referenten, dass er „die Schließfolgeregelung ausführlich vorgeführt und erläutert“ hat. „Das war eine gute Prüfungsvorbereitung“, hieß es von Seiten der Schüler. Manuel Torster fand den Praxisexkurs motivierend: „Ich habe an anderer Stelle die Schließfolgeregelung mal ausprobiert und festgestellt, dass diese nicht richtig eingestellt war.“ Diese Aussage steht für die Nachhaltigkeit des Expertengesprächs. Mit dem praxisorientierten Vortrag, dem Lernjob und der Moderation gelang es, den Schülern über einen ausschließlich technischen Informationstransfer zu Schlosssystemen und zur Türschließtechnik hinaus zu ermöglichen, eigenständig Wissensnetzwerke zu bilden und neue Kompetenzen zu erwerben.